Für mich sind das durchaus ansprechende Bilder. Sehen die Lyrik Experten das ganz anders?
Wie beantwortet man jetzt Deine sehr gute Frage, ohne in den Verdacht einer Expertenselbstkrönung zu geraten?

Na... ich deute den "Lyrik Experten" einfach in "Lyrik Vielleser" um, dann passts. Das Expertentum ist letztlich sowieso nur unterkomplexen Wissensbereichen wie physikalischen Eichtheorien, der Lösung diophantischer Gleichungen oder der Abseitsregelung im Fußball vorbehalten.
Zu Deiner Frage im Speziellen, nämlich bzgl. der beiden von Dir genannten Formulierungen:
Die erste Passage finde ich auch ganz gelungen, auch wenn sie streng genommen nicht extrem kreativ ist. Sie ist aber auf alle Fälle treffend und bietet durchaus einen gewissen Nachdenk-Echoraum an.
Die zweite von Dir zitierte Stelle gefiele mir sogar noch besser und ich empfände sie als gleichermaßen poetisch wie anspielungsreich, wenn nicht das sprachlich sehr grobe "nehme .... mit rein" den Effekt kaputt machte. Das ist sprachlich schon ein ziemlicher Leberhaken. "Komm doch rein", "ich will da rein", "hey - ich nehm dich rein", das sind Formulierungen aus einer sehr "flappsigen" Alltagssprache und ein ganz schöner Registerwechsel im Vergleich zu dem doch sehr lyrischen Mondschein-Bild.
Dabei mag ich sprachliche Kontrasteffekte in einem Gedicht grundsätzlich ganz gerne, also durchaus auch den Wechsel von einem "hohen" in ein "niedriges" Sprachregister, sofern dieser Tonfallwechsel irgendwie im weitesten Sinn "ästhetisch" begründbar ist. Aber hier ist das sehr umgangssprachliche "mit rein" wohl nur deshalb zur Anwendung gekommen, um einen (noch dazu etwas unbeholfenen) Reim mit "allein" zu erzeugen. Das überzeugt mich nicht wirklich.
Ich vermute aber, Litze, dass Du nicht nur auf die beiden von Dir zitierten Passagen abheben wolltest, sondern es schön(er) finden würdest, wenn nicht nur auf dem (zugegebenermaßen etwas bizarren) See-Tank herumgehackt würde und stattdessen inhaltlich diskutiert würde.

Und ich finde auch, dass das Gedicht eine inhaltliche Diskussion verdient hat. Daher also zu dem in Deiner Frage implizierten Allgemeinen:
Ich empfinde das Gedicht, von kleineren Unebenheiten abgesehen, als ganz gut gelungen. Der in einem freien Rhythmus gehaltene, ruhige Sprachfluss mit zurückhaltend eingesetzter Endreimung gefällt mir sogar ganz ausgesprochen gut. Dieser sprachliche Flow passt auch sehr schön zur naturidyllischen Haltung und der Schilderung, wie sich die abendliche Welt beruhigend, ja beglückend, auf das lyr. Ich auswirkt. Wäre die sprachliche Gestaltung auf Augenhöhe mit dem Rhythmus und dem Gegenstand des Gedichts, wäre dieser Beitrag geradezu entzückend. Nur gibt es sprachlich eben - neben dem hauptsächlichen Lapus des "rein genommenen Mondlichts" - doch ein paar Ungeschicklichkeiten:
LG!
S.
-------
Eine Rügenweise
[Der Titel ist, wie ich finde, gut gelungen - auch und gerade in seiner angedeuteten Doppeldeutigkeit.]
Es beruhigt meine Seele,
es beruhigt mein Herz,
stehe ich abends am Ostseestrand,
wo die Wellen rauschend
ihre Reise beenden
sie ein Ende finden - auf Steine und Sand.
[Kleiner Typo: auf Steinen und Sand; keine große Sache.]
Am Firmament erstrahlen tausende Lichter,
jetzt zeigen sich die Sterne Rügens,
solch ein friedliches Licht
[Dass die "Sterne Rügens" ein besonders friedliches Licht verbreiten,
wirkt hier eher wie eine Behauptung und bleibt wenig greifbar.]
konnt ich einmal erst sehen,
es war das leuchtende Kreuz des Südens.
[Dieses "Kreuz des Südens" fällt buchstäblich etwas vom Himmel; ein Bezug zu Rügen oder
zum besonders "friedlichen Licht" bleibt unklar, hier scheint also der Halbreim vom weiter
obigen "Rügens" mit "Südens" bestimmend gewesen zu sein; das ist nicht ganz überzeugend.]
Die Luft schmeckt nach Salz
und dem Seetang vom Meer,
[Der Zusatz "vom Meer" bei Seetang ist, zumal im Kontext Rügen, unnötig.]
der Wind weht über Dünen - leise,
dieser flüstert mit den Gräsern
[Die Verwendung des Demonstrativpronomens "dieser" ergibt hier wenig Sinn.]
und den Sträuchern am Strand,
auf seine eigene geheimnisvolle Weise.
Ich baue mir ein Lager
im weichen Sand
und nehme den Mondschein mit rein,
[das Thema "rein" ist obig ja schon ausführlich beschrieben]
schweigend wirft er sein Licht auf das Meer
[Komma oder Semikolon nach Meer - um noch schnell eine Korinthe zu teilen.]
bin gerne - mit ihm so allein.