Einfach nur da sein

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poetix

Mitglied
Zu sein statt nicht zu sein -
ich wackle mit dem Bein
und denk so vor mich hin.
Zwar scheint mir alles klar,
doch ist es sonderbar -
es kommt heraus: Ich bin.

Ich kann es gar nicht fassen,
möcht alles andre lassen,
nur fühlen und ich liebe,
umarme diese Welt,
die mir so gut gefällt,
in der ich gern noch bliebe.

Oh, gib mir Zeit, du Macht,
die mich hierher gebracht,
damit ich diese Gabe
in Ruhe nutzen kann,
bis schließlich irgendwann
ich keine Lust mehr habe.
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo,

leider ist das nicht mehr locker sondern gleitet ins infantile ab. Die erste Strophe finde ich noch gut, auch das Reimschema gefällt aber dann kommen noch zwei Strophen und am Ende fügt sich alles nicht zu einem überzeugenden Ganzen.

Gruß

Jürgen
 

poetix

Mitglied
Hallo Jürgen,
danke für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir die erste Strophe gefällt. Dass es dann infantil wird ... na ja. Die kleinen Kinder haben einen unmittelbareren Zugang zur Welt als wir. Und solch einen unbefangenen Blick wollte ich auch werfen. Dass es dabei infantil wird, war natürlich nicht beabsichtigt. Die Kohärenz des Ganzen schien mir ganz natürlich gegeben zu sein, ich habe sie nicht gesucht. Schade, wenn es da hapert.
Viele Grüße
Christoph
 
Hallo poetix,

vielleicht gehe ich mit einer zu großen Naivität an deinen Text heran, aber mein erster Gedanke war "großartig" - und dabei möchte ich es auch belassen. Mir gefällt, wie Du ein durchaus ernstes Thema mit Humor betrachtest und dabei die melancholische Grundstimmung erhalten bleibt - das alles auch noch sprachlich einwandfrei umgesetzt.

Gruß, A.D.
 

poetix

Mitglied
Hallo Andere Dimension,
vielen Dank für deinen Kommentar und die Bewertung. Genau so, wie du es beschrieben hast, war es gemeint.
Viele Grüße
poetix
 
C

cellllo

Gast
Hallo poetix
Dein Gedicht erinnerte mich sofort an ein berühmtes
Gedicht von Matthias Claudius
und da man selbiges täglich singen soll,
sei dies bei dieser Gelegenheit hier angeboten !
M.C. war ja noch ganz in der christlichen Tradition eingebunden
und verwendet hier einen raffiniert kindlich-lieben Sprachduktus
( um seine Sozialkritik raffiniert naiv zu verpacken....).
Umso interessanter finde ich es, wie Du auf ganz andre Weise
einen ähnlich spontan unbefangenen Effekt erzielst
und dadurch jede Schwülstigkeit gekonnt vermeidest
und dass auch Du in der letzten Strophe in die Form
einer Anrede übergehst : du Macht....
ganz ohne pathetisch zu werden.....
Schön ! Gerne gelesen !
cellllo

Matthias Claudius

TÄGLICH ZU SINGEN

Ich danke Gott und freue mich
Wie's Kind zur Weihnachtsgab´,
Daß ich bin, bin! Und daß ich dich,
Schön menschlich Antlitz! hab´,

Daß ich die Sonne, Berg und Meer
Und Laub und Gras kann sehen
Und abends unterm Sternenheer
Und lieben Monde gehen,

Und daß mir denn zu Mute ist,
Als wenn wir Kinder kamen
Und sahen, was der heilge Christ
Bescheret hatte, Amen!

Ich danke Gott mit Saitenspiel,
Daß ich kein König worden;
Ich wär geschmeichelt worden viel
Und wär vielleicht verdorben.

Auch bet ich ihn von Herzen an,
Daß ich auf dieser Erde
Nicht bin ein großer reicher Mann
Und auch wohl keiner werde.

Denn Ehr und Reichtum treibt und bläht,
Hat mancherlei Gefahren,
Und vielen hat's das Herz verdreht,
Die weiland wacker waren.

Und all das Geld und all das Gut
Gewährt zwar viele Sachen;
Gesundheit, Schlaf und guten Mut
Kann's aber doch nicht machen.

Und die sind doch, bei Ja und Nein!
Ein rechter Lohn und Segen!
Drum will ich mich nicht groß kastei'n
Des vielen Geldes wegen.

Gott gebe mir nur jeden Tag,
So viel ich darf, zum Leben.
Er gibt's dem Sperling auf dem Dach;
Wie sollt er's mir nicht geben!
 

molly

Mitglied
Hallo Christoph,

schön, mal wieder etwas von Dir zu lesen. Der Text gefällt mir sehr und hat auch mich an Matthias Claudius "Lied" erinnert.

Lass es Dir gut gehen.

Viele Grüße
Monika
 

poetix

Mitglied
Hallo cellllo,
vielen Dank für deinen Kommentar und dafür, das du mich auf das wunderbare Gedicht von Matthias Claudius aufmerksam gemacht hast. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich es nicht kannte. Aber der Vorteil ist: Was man noch nicht gekannt hat, kann man noch als neu erleben. Das hat Spaß gemacht, vor allem, weil die Thematik der meinen ähnlich ist, wie du erwähnt hast. Bei mir fehlt allerdings die soziale Komponente, dadurch fällt es etwas kürzer aus.
Es freut mich, dass dir auch meine Bearbeitung des Themas gefallen hat.
Viele Grüße
poetix
 

poetix

Mitglied
Hallo Monika,
auch dir vielen Dank für deinen Kommentar, deine Bewertung und, vor allem, für deine guten Wünsche.
Viele Grüße
Christoph
 

poetix

Mitglied
Zu sein statt nicht zu sein -
ich wackle mit dem Bein
und denk so vor mich hin.
Zwar scheint mir alles klar,
doch ist es sonderbar -
es kommt heraus: Ich bin.

Ich kann es gar nicht fassen,
möcht alles andre lassen,
nur fühlen und ich liebe,
umarme diese Welt,
die mir so gut gefällt,
in der ich gern noch bliebe.

Oh, gib mir Zeit, du Macht,
die mich hierher gebracht,
damit ich mich erlabe,
die Ruhe nutzen kann,
bis schließlich irgendwann
ich keine Lust mehr habe.
 



 
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