Eingemachtes

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Kaleidoskop

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Gunnar liebte seine Frau.
Sie war eine von denen, die den Nachtisch noch selber kochen.
Wenn sie im Herbst die Birnen einweckte, roch es nach Vanille, Zimt und Williams Christ.

Am Wochenende fand das Leben statt. Es war die Zeit der Genüsse, die Zeit der eingemachten Früchte. Die Weckgläser standen dicht an dicht im Regal des Vorratsraumes, bereit; von ihm vernascht zu werden.

Gewöhnlich nahm er sich ein Glas und zog voller Vorfreude an der Gummilasche. Nicht immer gab der Deckel sofort nach und den Inhalt frei. Zu seiner größten Bestürzung riss die Gummizunge oft genug einfach ab. Das geschah besonders dann sehr häufig, wenn er zu schnell und ruckartig daran zog.

Mitunter ertappte er sich dabei, das Birnenglas anzupflaumen:” Du blödes Ding, was stellst du dich so an? Brauchst du etwa eine Sonderbehandlung? Denkst du, du bist der einzige Nachtisch? Es gibt Dutzende von Plastikbechern, die ich einfach nur aufzureißen bräuchte und die dankbar wären, wenn ich sie auslöffelte.”

Doch es nutzte ihm nichts. Das Glas blieb stumm; verschlossen.

Meist stellte er es kurzerhand ins Regal zurück, zu den anderen, deren Gummilasche bereits fehlte.

Er war kein Freund von Fertiggerichten. Er mochte das Eingemachte seiner Frau. Darin befand sich kein künstliches Aroma, keine Bindemittel, keine Farb- oder Konservierungsstoffe.

Heute hatte er Lust auf Nachtisch, dabei war noch gar nicht Wochenende. Behutsam nahm er eines der unberührten Gläser, wischte mit seiner Hand vorsichtig die feine Staubschicht von dem Glasdeckel; hielt es und zog langsam, wobei sich all sein Gefühl in den Fingerspitzen zu sammeln schien, an der Lasche …

pffffft.
 



 
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