Eins, zwei, drei oder Notizen in der Reha-Anstalt

Eins, zwei, drei
oder
Notizen in der Reha-Anstalt

Ein Re-Start des kollabierten Systems war nicht nur erwünscht, sondern längst überfällig.


Prolog

Sie waren im Klinikcafé Eis essen. Anne zeigte Dalita ihre neusten Zeichnungen und wollte eine davon ihrer Tischnachbarin als Andenken an die nette Notgemeinschaft schenken. Dalita suchte sich einen Löwen aus und freute sich über das Geschenk, als sie sich auf einmal aus einer überbeweglichen, andauernd rotierenden „Einheit“ in ein stilles Mäuschen verwandelte. Anne durfte Dalita das erste Mal in dieser Verfassung erleben. Die Wirkung der Medikamente ließ abrupt nach. Jetzt musste es schnell aufs Zimmer gehen, solange sich Dalita noch selbständig fortbewegen konnte.

Auf der Station machten beide Frauen kurzen Stopp bei den Krankenschwestern. Dalita benötigte eine neue Dosis Medikamente. Das Klinikpersonal war sehr beschäftigt. Vor und in dem Büro herrschte eine Weile Chaos. Dalita wartete zitternd auf ihre Tablette. Herr Stierlitz aus dem Zimmer 01 mischte sich wie üblich in das Geschehen ein. Nach kurzer Einschätzung der Lage zog er eine Bilanz: „Was kann man in dieser Situation sagen? Nur eins, zwei, drei.“ Die Aussage war klar und eindeutig und musste nicht zweimal wiederholt werden.

Anne war froh, als Dalita endlich ihre Tablette bekommen hatte. So konnten sie sich weiter in Richtung Zimmer bewegen. Anne befürchtete das Auftreten von Freezing bei Dalita. Dann konnte man sie nur noch tragen. Oder wie eine Statue stehen lassen. Herr Stierlitz vergewisserte sich, dass alle ordnungsgemäß versorgt waren und fragte Anne vertrauensvoll und gleichzeitig verschwörerisch: “Nimmst du sie mit?“ Klar nahm Anne ihre Tischnachbarin mit. Er konnte sich auf Anne verlassen, bevorzugte es aber, den beiden Frauen noch eine Weile zu folgen. Da Dalita lediglich in ihrer Bewegung, nicht im Wahrnehmen der Realität eingeschränkt war, konnten die Frauen kaum ihr Lachen zurückhalten. Eine Krankenschwester kam ihnen entgegen: “Herr Stierlitz, wo wollen Sie denn hin? Kehren Sie bitte in Ihr Zimmer zurück.“ Anne war glücklich, unfallfrei das Zimmer von Dalita erreicht zu haben.

Parkinson hat viele Gesichter. Jeder Betroffene hat seinen eigenen Parkinson. Der Fittere sorgt für den Schwächeren. Die Notgemeinschaft Anne-Dalita funktionierte und ging langsam in eine Kumpelschaft über.

Zwei Wochen zuvor

Der Countdown lief. Bis zur Abreise in die Reha blieben gezählte Tage. Annes Gedanken waren schon beim Kofferpacken. Vier Wochen ist eine lange Zeit. Man möchte an alles gedacht haben, an praktische und weniger praktische Sachen, die man so brauchen könnte. Anne fürchtete sich vor langen, einsamen Fernsehabenden und wollte sie vermeiden. Sie hatte vor, den schon vor Monaten angefangenen Roman bis zum Ende zu lesen, zu zeichnen und möglichst wenig Zeit mit sozialen Netzwerken zu verbringen.

Ihr Mann Christian versuchte seit geraumer Zeit, etwas zu finden, was er allein in den langen vier Wochen anstellen könnte. Im dritten Corona-Jahr mutierte das Virus und brachte hohe Fallzahlen. Der Wunsch von Chris, dem Winter zu entfliehen und dorthin zu verreisen, wo die Sonne mehr Vitamin D spendete, bekam keinen festen Boden. Die Situation mit Risikogebieten und Einreisebestimmungen änderte sich fast täglich. Auch die Geboosterten blieben von Tests, Quarantäne und Mundschutztragen nicht verschont. Chris hatte keine Lust, aus dem sonnigen Urlaub dank der Maske mit einem auffällig weißen Fleck im Gesicht zurückzukommen.

„Ich könnte von Wittenberge nach Basel mit einem ICE für 20,- € fahren“, berichtete Chris nach einer mehrstündigen Sitzung am Computer. „Und von da nach Weil am Rhein. Das sind knappe 6 km, eine Stunde zu Fuß. Ich will mich sowieso viel bewegen.“
„Um den Reha-Ort gibt es bestimmt auch wunderschöne Wanderstrecken“, versuchte Anne einzuwenden.
„Mag sein, mit dir geht es aber nicht. Verstehst du, allein bin ich wie Berta ohne Leine“, erklärte Chris aufgeregt weiter, „nicht mehr aufzuhalten“. Beide dachten kurz an den unaufhaltsamen, sich sehr aggressiv verhaltenden Hund aus der Nachbarschaft. Berta musste nach einem unangenehmen Vorfall mit einer Katze eingeschläfert werden.

Anne hätte ihren Mann gern irgendwo in ihrer Nähe gewusst. Entweder gemeinsam in ihrem Zimmer in der Klinik oder in einem nahe liegenden Hotel. Sie hätten dann abends und an den Wochenenden zusammen etwas unternehmen können. Anne und Chris trennten sich für so eine lange Zeit das erste Mal. Sie vermieden keine Möglichkeit, einander darauf aufmerksam zu machen, dass Seitensprünge nicht nur unerwünscht wären, sondern auch nicht geduldet würden.

„Schauen darf man“, fing Chris jedes Mal an.
„Gegessen wird aber zu Hause“, beendete Anne den bekannten Spruch.

Gesunde Eifersucht schadete nie. Anne wollte aber den eigentlichen Schwerpunkt nicht verlagern und versuchte sich auf ihre Erwartungen von der Rehabilitationsmaßnahme zu konzentrieren. Sie wollte lernen, mit ihrer unheilbaren Krankheit besser umgehen zu können. Sie beabsichtigte, damit lange zu leben und mit Würde alt zu werden. Die Krankheit bestimmte bereits seit Jahren Annes Alltag. Die Tabletten bewirkten Wunder am Anfang, entfalteten aber mit der Zeit starke Nebenwirkungen. Anne schaffte es schon lange nicht, die von ihr erwartete Leistung im Job ohne weiteres zu bringen. Sie geriet dadurch oft in Panik. Jede etwas aus der Reihe fallende Situation wurde sehr schnell zu einer Stresssituation, was sich nicht unbedingt gut auf Annes Psyche auswirkte. Zu Hause war die Lage wesentlich entspannter. Volles Verständnis und allzeitige Unterstützung ihres Mannes milderten das Problem, konnten es aber nicht aus der Welt schaffen. Der Medikationsplan bedurfte einer Überarbeitung. Anne erhoffte eine bessere Anpassung durch Einnahme der Medikamente unter ständiger ärztlicher Beobachtung.

Chris machte sich halb scherzhaft, halb ernsthaft Sorgen, dass sich seine werte Frau in der Klinik nicht benehmen wird: „Nicht, dass sie dich bald nach Hause schicken.“ Anne war es bewusst, dass sie im Zeitalter der medizinischen Geschäftspraktiken krank geworden war. Die jüngsten Krankenhausaufenthalte hatten erwiesen, dass es mit Annes Einstellung nicht lange funktionieren konnte. Sie hörte zu, analysierte und erschrak über die Erkenntnis von ihrem Dasein als das einer winzigen Schraube in einer gigantischen Maschinerie.

Das Personal wiederholte mechanisch die vorgeschriebenen Floskeln: „Jetzt wird sich das Desinfektionsmittel kalt auf der Haut anfühlen.“ oder „Jetzt muss ich mit der Nadel piksen, nicht erschrecken.“ Und das mehrmals am Tag, während des ganzen Krankenhausaufenthaltes. Die netten Krankenschwestern und Krankenpfleger samt Ärzte machten keinen Unterschied zwischen den neu aufgenommenen und den erfahrenen, quasi alteingesessenen Patienten. Anne hatte das mit dem Piksen und Kaltwerden ziemlich schnell verstanden. „Na, dann piksen Sie schon schnell“, war gewöhnliche ihre Antwort. Sie war eine harte Nuss. Ihre Venen gaben aus welchem Grund auch immer ungern Blut her. Es wurde demnach viel gepikst.

Zwecks Identifizierung rief das Personal laut und deutlich die Namen von Patienten aus und wartete, bis jemand darauf reagierte. Wenn kein Echo kam, ergaben sich schon hin und wieder kleine Missverständnisse beim Zuordnen der Patienten zum Mobiliar, das entsprechend mit Namen versehen wurde.
Anne wehrte sich gegen die bloße Abfertigung und bemühte sich, auf keinen Fall den Durchblick in ihrer Behandlung zu verlieren.

„Sind Sie vom Fach?“, fragte der Chefarzt während eines Krankenhausaufenthaltes.
„Nein, ich passe nur gut auf“, antwortete Anne.

Fünf Tage vor dem Reha-Beginn bekam Anne einen Anruf aus dem Klinikum mit dem freundlichen Hinweis auf die Notwendigkeit des aktuellen PCR-Test-Ergebnisses am Tag der Anreise. Mit dem Corona-Virus sei nicht zu spaßen. Man bedenke, dass es sich um keinen Urlaub, sondern um einen Krankenhausaufenthalt handle. Freigänge seien für Patienten nicht vorgesehen. Nur einem festgelegten Besucher würde pro Tag eine Stunde gegönnt, ein negatives Schnelltestergebnis vorausgesetzt. Es klang nicht unbedingt begeisternd. Anne wird selbst ihrer Freizeit Schmied sein müssen.

Der Antritt

Am Montag den 10. Januar war es soweit. Das Gepäck, die Krankenkassenkarte, der Mundschutz sowie das Ergebnis des PCR-Tests waren eingepackt. Es ging in die Reha.

Der Aufenthaltsort begrüßte Anne und ihren Mann mit nasskaltem Wetter und einer langen Warteschlange für einen Schnelltest. Während der Wartezeit konnte sich Anne in der Gegend umschauen. In der Nähe der Klinik befand sich ein großer, schöner See, an dem Anne später eventuell spazieren gehen könnte, vielleicht aber gar nicht durfte. Das galt es aber noch herauszufinden. Durchgefroren aber glücklich, ein negatives Testergebnis zu haben, sprachen Chris und Anne in der Klinik an der Registratur vor und stellten fest, dass die ganze Strapaze gar nicht erforderlich gewesen war, weil niemand danach fragte. Egal, andersherum wäre es schlechter.


Der Beginn der Reha-Maßnahme

„Ihr Mann kann Sie nicht weiter begleiten“, meinte relativ freundlich die Rezeptionsdame und händigte Chris gleichzeitig einen Stoß Papier aus. „Die Unterlagen müssen Sie sorgfältig in Ruhe zu Hause lesen, den Besucherantrag ausfüllen und das nächste Mal mit einem frischen, negativen Testergebnis hier vorlegen.“ So konnte Chris zum alleinigen, berechtigten Besucher während des vierwöchigen Reha-Aufenthaltes werden. Es wäre ratsam das Klinikgelände nicht zu verlassen, wegen der Versicherung verständlich, so die Rezeptionsdame. „Ein dem Gefängnis ähnlicher Aufenthalt“, ging es Anne durch den Kopf. „Es besteht die Gefahr, mit einer Trainingshose auskommen zu können.“ Anne blickte auf ihre zwei Koffer und nahm sich für später vor, aus dem Gefängnis auf jeden Fall auszubrechen, zumindest an den Wochenenden.

Die Aufnahmemaschinerie verschluckte Anne am Nachmittag ganz. Unzählige Fragebögen waren auszufüllen. Der Vertrag mit der Klinik samt mannigfaltigen Einwilligungen mussten unterschrieben werden. Der behandelnde Arzt, die zuständige Oberärztin sowie der Chefarzt der Station statteten den freundlichen Kennenlernbesuch ab. Erst gegen Abend konnte Anne aufatmen. Sie war froh, allein die Stille auf ihrem Zimmer genießen zu dürfen.


Der Reha-Alltag

Die Erinnerungen vom letzten Krankenhausaufenthalt im Sommer vergangenen Jahres waren noch frisch. Anne bekam die Unterlagen einer anderen Patientin mit dem gleichen Familiennamen zum Unterschreiben vorgelegt. Aufgrund des häufigen Auftretens des durchaus verbreiteten Namens wäre das eventuell verständlich. Man erwartet aber, dass zumindest zwei noch besser drei Anhaltspunkte deiner Identität bei jeglicher Zuordnung in der krankenhäuslichen Maschinerie berücksichtigt werden. Die üblichen wären dann Name, Vorname und Geburtsdatum. Wenn die Vornamen Anne und Hanna auch unglücklicherweise starke Ähnlichkeit aufwiesen, war der 20-jährige Altersunterschied (und noch dazu aufwärts!) gar nicht akzeptabel. Lediglich der äußerst schwache gesundheitliche Zustand konnte Anne vom Ausrasten abhalten. Das ging gar nicht! Das war aber leider gang und gäbe im krankenhäuslichen Alltag, bundes- sowie weltweit.

Annes Chef erzählte neulich von seinen Erfahrungen. Auf dem Weg vom Zimmer zum OP-Saal wurde er an vier verschiedenen Zwischenstationen gefragt, welches von seinen beiden Knien an dem Tag operiert werden sollte. Danach wurde jedes Mal ein Kreuz auf dem betroffenen Knie angebracht. Der operierende Arzt freute sich über vier Kreuze auf einer Seite. Andernfalls würde das ganze Spiel wohl von Neuem beginnen müssen.

Anne entschloss sich, jedes Mal bei und ohne Bedarf ihr beachtliches aber immerhin 20 Jahre geringeres Alter zu verraten, indem sie im Vorbeifahren auf die Frage „Frau Müller?“ laut vom Krankenbett rief: „Ja-a-a, Anne, Jahrgang 72!“ Sie hinterfragte mehrmals wegen der ihr servierten Medikamenten. Ohne Verpackung konnte sie selbst die Richtigkeit schlecht überprüfen. Es blieb nichts anderes übrig als dem Pflegepersonal zu vertrauen und zu hoffen, dass sie nicht die Tabletten ihrer „Doppelgängerin“ bekommt. Wer weiß, woran die gute Frau litt.

Jemand klopfte an Annes Zimmertür.
„Herein…“
Die Krankenschwester Maria öffnete die Tür und steckte ihren Kopf ins Zimmer.
„Herr Müller… Nein, Sie sind nicht der Herr Müller…“
„Offensichtlich…“
Die Tür fiel wieder zu.
„Es fängt aber gut an...“
Die Tür ging wieder auf.
„Frau Rieck oder Frau Müller?“
„Müller…“
„Hier ist Ihr Terminplan für morgen.“
„Danke.“
Fünf Minuten später öffnet dieselbe Krankenschwester die Tür.
„Guten Abend, Frau Rieck.“
„Frau Müller doch… Hier der Terminplan… Wissen Sie noch?“
An dem Abend hatte Anne keine Lust mehr, ihr Zimmer zu verlassen. Am nächsten Morgen stellte sie fest, dass ein gewisser Herr Rieck zwei Türen weiter untergebracht war.
„Das ist eine Verwechslungs-Pandemie!“, stellte Anne für sich selbst fest. „Sei achtsam, Anne.“

Wenn man die Situation nicht ändern kann, ist die beste Option, seine Einstellung dazu zu ändern. Das praktizierte Anne in letzter Zeit immer öfter. Manches Mal sogar erfolgreich. Sie schüttelte mit dem Kopf und beließ es dabei. Im nächsten Augenblick zog ein älterer Patient ihre Aufmerksamkeit an. Herr Stierlitz war in Begleitung eines Physiotherapeuten auf dem Flur unterwegs. Von seinen Bewegungsübungen wurde er ständig abgelenkt, durch Spione, die offensichtlich hinter jeder Ecke auf ihn lauerten. Anne wusste, dass die Parkinson-Krankheit auch von Halluzinationen begleitet werden kann. Alles war ihr bewusst. Es gab an der Sache viel Tragik. Lustig war es in dem Moment trotzdem. Annes Augen und die des Therapeuten trafen sich. Sie lächelten einander an.

„Was soll´s? Ich bin bereit auch über mich selbst in einer ähnlichen Situation, sollte es soweit kommen, zu lachen. Solange ich das bewusst registrieren kann. Andernfalls wird es mir ohnehin schon egal sein.“

Es bleibt einem nichts übrig, als sich einfach gegen das Fortschreiten der Krankheit zu wehren. Man macht sich durch entsprechende Übungen extra groß, während Parkinson einen eher klein geduckt macht. Man tankt die schwindende Energie indem man sie quasi verschwendet. Man achtet darauf, große Schritte zu machen, sich ständig zu strecken und kein Durchhängen der Arme zuzulassen. Man deponiert zum Beispiel alle täglich benötigten Gegenstände absichtlich nicht praktisch, griffbereit in Küchenschränken auf Augenhöhe oder gar auf dem Tisch. Man stellt sie am besten ganz nach oben ins Regal, damit man sich äußerst strecken muss, um an sie ranzukommen. Man zwingt sein Gehirn zu arbeiten, ungeachtet der Streiche, die es immer öfter mit einem spielt.

Die Krankheit lässt keinen Körperteil aus. Mit der Zeit wird das Mundwerk immer träger. Man spricht leiser. Man vernachlässigt das deutliche Artikulieren, was Chris besonders in letzter Zeit bei Anne auffiel. Die Tipps und Tricks bei Behebung dieses Problems sind total einfach. Man muss den Mund richtig aufmachen und lauter sprechen, den Schalldruckpegel 80 Dezibel beim Sprechen anstreben. Die Logopädin konnte Chris jedoch nicht ganz recht geben.

„Haben sich auch andere Leute beschwert? Oder nur ihr Mann?“
„Ich kann Ihrem Gedankengang folgen… haha… doch, doch… meine Kollegen in der Firma mussten auch schon hin und wieder nachfragen, was ich mir da unter die Nase gemurmelt hatte…“
„Ich meine nur… Wir werden nicht jünger… Wird Ihr Mann womöglich schwerhörig? Für mich sprechen Sie deutlich genug.“
Anne musste lächeln. Ihr war es wirklich schon mal aufgefallen, dass Chris in letzter Zeit zum Beispiel auf den Krach der Dorfjugenddisco freitags nachts weniger empfindlich reagierte. Die Geräuschkulisse störte ihn nicht mehr beim Schlafen, was auch sehr erfreulich war.

Es ist jedoch trotzdem nicht verkehrt, sich mit dem notwendigen Wissen zu bewaffnen, auch wenn die Logopädin Frau Schleich Annes Mitwirken in der Logopädie-Gruppe überflüssig fand.
„Das bringt Ihnen nichts, Frau Müller. Sie können gehen, wenn Sie mögen.“
„Ich habe eigentlich nichts anderes vor. Meinen Tagesablauf bestimmt der Terminplan. Wenn ich schon da bin, mache ich auch gern mit.“

Es ging mit dem Lesen und Ergänzen der vorgegebenen Sätze weiter. Das Ziel war, den träge werdenden Mund anzustrengen und gleichzeitig die Gehirnwindungen zu sensibilisieren. Frau Schmidt war an der Reihe. Sie kämpfte mit ihrem Satz, strengte sich an, die sich willkürlich bildenden Laute in Worte zu formen. Das fiel ihr schwer. Sie hatte ihr Mundwerk nicht wirklich in ihrer Gewalt. Alle Gruppenmitglieder hatten eins gemeinsam. Sie sprachen langsam. Als ob sie Angst hätten, etwas falsch zu sagen. Und eigentlich berechtigt, denn einer mehr, der andere weniger muss sich bei ganz einfachen, alltäglichen Dingen merklich konzentrieren. Nun war Herr Lange dran.

„Nach dem Mittagessen räume ich das schmutzige Geschirr und das Besteck in …“
Herr Lange schaute hilflos in die Runde. Frau Schleich kam ihm zur Hilfe.
„Eine tolle Erfindung, ein Gerät fürs Geschirr spülen.“
„Die Waschmaschine.“
„Ja, schon viel wärmer, aber noch nicht richtig… Geschirr… spülen…“

Es hatte keinen Sinn, Herrn Lange weiter zu quälen. Der Verschleiß war irreparabel. „Leute, Leute, wo enden wir, wo landen wir?“- ging es Anne durch den Kopf. Sie erinnerte sich an die üblichen Symptome: Formulierungsschwierigkeiten, Gedankenrisse sowie Wortbildungsstörungen. Die Krankheit wird früher oder später die Oberhand gewinnen. Hoffentlich später. Anne ist zwar nicht die jüngste Parkinson-Patientin, zählt jedoch mit ihren fünfzig Jahren immer noch zu den Früherkrankten.

Die Uhr zeigte 12.30 Uhr – gute Zeit fürs Mittagessen. Um 13.30 Uhr hatte Anne schon die nächste Anwendung. Also ab in die Kantine.

„Wo ist hier der Ausgang?“
Herr Stierlitz lief verzweifelt den Flur hoch und runter.
„Wo wollen Sie denn hin? Hier ist die Tür ins Treppenhaus. Dahinten sind die Fahrstühle. Unten im Foyer ist die große Eingangstür - der Ausgang in die große Welt.“
Herr Stierlitz wirkte etwas verunsichert. Er wusste mit der Vielfalt an Möglichkeiten nicht wirklich etwas anzufangen.
„Ich bleibe lieber hier…“
„So ist es am sichersten…“
Anne vermutete gewisse Einschränkungen seiner Freizügigkeit vonseiten des Klinikpersonals.
„Uwe, du bist ja auch da.“
Der Stuhl an der Wand im Flur, zu dem Herr Stierlitz grade sprach, war leer. Uwe hatte sich schon längst in Luft aufgelöst. Im wahrsten Sinne des Wortes. Uwe war Luft.

In der Kantine herrschte ein reges Gedränge. Die Einen gingen ohne zusätzliche Hilfe, die anderen schoben den Rollator vor sich her und die dritten fuhren bequem im Rollstuhl um das Büfett herum. Anne winkt zu der schicken Dame Ende siebzig am Fenstertisch, bedient sich am Büfett und gesellte sich zu ihr.
„Mahlzeit, Tine.“
„Mahlzeit. Ich muss gleich los. Ich habe um 13.00 Uhr die Hydrojet-Massage.“
„Das ist ja toll! Das passt ganz gut nach dem Mittagessen.“

Die Hydrojet-Massage ist eine äußerst angenehme Anwendung. Man liegt auf einem warmen Wasserbett und genießt das Leben. Im Inneren der Matratze sprudelt Wasser. Die zahlreichen Düsen massieren den Körper in sanft kreisenden Bewegungen. Die Verspannungen lösen sich. Die Muskulatur lockert sich. Man schwebt quasi schwerelos über dem Wasserbett. Da kommt einem der alte Witz in den Sinn: „Herr Doktor, wissen Sie, wenn ich so liege, dann geht es.“ Ja, so ließ sich das Leben ertragen.

Tine und Anne teilten einen Tisch in der Kantine. Die Tischplätze wurden den Patienten gewöhnlich zugeteilt. Die Notgemeinschaften nach dem Zufallsprinzip funktionierten größtenteils. Tine und Anne bildeten dabei keine Ausnahme. Schon von Anfang an stellten sich mehrere Gemeinsamkeiten heraus. Es fing gleich mit dem auffallend kurzen Haarschnitt der beiden Frauen an. Während bei Anne banaler Haarausfall der Grund dafür war, hatte Tine eine aufwendige OP hinter sich. Im Kampf gegen die Krankheit hatte sie der sogenannten Tiefen Hirnstimulation zugestimmt, indem sie einen „Hirnschrittmacher“ ins Gehirn einsetzen ließ. Zwei Elektroden sendeten elektrische Impulse an Nervenzellen und beeinflussten dadurch bestimmte Bewegungen.

„So, ich muss los. Lass es dir weiterhin schmecken, Anne. Heute Nachmittag kommt mein Mann und bringt eins von meinen Bildern. Eine Krankenschwester findet meine Arbeiten sehr schön. Ich schenke ihr eins davon.“

Das war noch eine Gemeinsamkeit. Tine und Anne malten gern. Sie präsentierten einander ihre „unsterblichen Kunstwerke“. Jede der beiden Frauen hatte ihre „Top 10“ in der Galerie. Tine malte mit Acrylfarben auf Leinwand. Anne bevorzugte den Blei- und Kohlestift. Tine gehörte zu der Kategorie von Menschen, für die das Biblische „Geben ist seliger denn Nehmen“ kein einfacher Spruch, sondern Anleitung zum Handeln war. So bekam letztendlich nicht nur die begeisterte Krankenschwester, sondern auch Anne ein schönes Bild zum Andenken.

Auch wenn nicht wirklich auf Augenhöhe, freute sich Anne sich auch zum Thema Golf mit Tine austauschen zu können. Tine war eine fortgeschrittene Golfspielerin. Die Krankheit bereitete ihr leider Schwierigkeiten beim Ausüben ihres Hobbys. Für Anne war Golf eher eine Spielerei. Die große Wiese hinter dem Haus forderte die Idee einfach heraus: Wir probieren es mit Golf. Das Ganze blieb auf Laienniveau. Aber immerhin.

Zwei Wochen waren sehr schnell verstrichen.
„Ich wünsche dir alles Gute, Tine. Schade, dass dein Rücken immer noch weh tut.“
„Der Schrittmacher muss auch noch besser eingestellt werden. Ich wünsche dir, Anne, hier mehr Erfolg.“
„Ich bin erstmal ganz zufrieden. Die Umstellung der Tabletten hat gefruchtet. Ich komme mir ab und an wie eine Simulantin vor. Stress ist hier ja kein Thema. Ich bin geheilt! Holt dich dein Mann ab?“
„Er sollte jede Minute hier eintreffen. Meine Handynummer hast du ja…“
„Ja, ich werde dir zweimal im Jahr schreiben… zu Ostern und zu Weihnachten… Mach´s es gut, Tine…“

Vor Jahren besaß Anne ein Ergometer. Für Sportgeräte jeglicher Art im Besitz von Hobbysportlern besteht generell die Gefahr, mit der Zeit zum Kleiderständer á la „Herrendiener“ zu werden. Bei Anne war das grundsätzlich nicht der Fall. Sie trat schon in längeren jedoch regelmäßigen Zeitabständen fleißig in die Pedale. Und nur gelegentlich nutzte sie es zum Nachtrocknen der Wäsche, wenn sie vom Regen ganz unverhofft überrascht worden war. Im Idealfall wünschte sich Anne den TV-Anschluss im Raum, wo das Ergometer stationiert war. So verliefe das Training schneller, nicht so monoton und langweilig. Die Platzierung des Gerätes in den Raum mit dem schon vorhandenen TV-Anschluss stand nicht zur Debatte. Die restlichen Mitbewohner, also ihr Mann empfand es als Störfaktor. Als Folge geriet das Sportgerät in Vergessenheit. Eines sonnigen Tages verkaufte es Chris über Ebay-Kleinanzeigen. Den Fernsehanschluss in dem besagten Raum gab es schon kurze Zeit danach. Die Reihenfolge der Geschehnisse könnte kaum logischer sein. Herr Stierlitz hätte in diesem Fall gesagt: „Eins, zwei, drei.“

In der Reha-Klinik waren Ergometer frei zugänglich. Nur ein ganz Fauler hätte sie umgehen können. Die vier zur Verfügung stehenden Ergometer waren dennoch nie voll ausgelastet.

Anne trat wieder einmal fleißig in die Pedale. Im Trainingssaal gab es zwar auch keinen Fernseher, dafür aber sozusagen eine „live-Übertragung“. Anne beobachtete ihr Umfeld. Im Raum herrschte ein geordnetes Chaos, ein ständiges Kommen und Gehen, Fahren und Wegfahren bzw. Gefahren- und Weggefahrenwerden. Da kam ein Herr, geschätzt Mitte fünfzig, in einem Rollstuhl in den Trainingssaal gefahren. Es war etwas zu früh für ihn. Er sah noch verschlafen aus. Seine Haare lagen nicht. Er fühlte sich jedoch ganz wohl im Rollstuhl. Man sah es ihm an. Sein rechtes Bein war angewinkelt. Er zog es an seinen Körper heran. Der Fuß ruhte auf dem Sitz.

„Kann er sich wirklich nicht selbständig bewegen?“
Annes Einschätzung konnte natürlich fehlerhaft sein. Der erste Eindruck täuscht oft. Die Wahrnehmung der Realität ist eine äußerst subjektive Sache. Annes Augen begleiten den Mann bis er um die Ecke verschwindet. Dort bleibt ihr Blick an einer älteren Patientin hängen.

„Helfen Sie mir bitte hinein.“
Die Therapeutin hilft der Frau in ihre Jacke. Die beiden beabsichtigen an die frische Luft zu gehen. Die Jacke oder aber die Patientin gibt nicht sofort nach.
„Aua.“
„Verzeihung. Habe ich Ihnen weh getan?“
„Das ist bloß ein Feedback-Aua, kein Aua-Aua. Verstehen Sie, was ich meine?“

Die Therapeutin versteht generell alle und alles. Sie nickte und lächelte freundlich. Der Job wäre nichts für Anne, nicht auf Dauer. Anne konnte dem Gespräch zwischen den beiden nicht im vollen Umfang folgen. Der Saal war gut gefüllt. Die zwischenmenschlichen Unterhaltungen und das Klinken und Klacken der Sportgeräte sorgten für eine etwas lautere Geräuschkulisse.
„Auweia!“, kam seitens der Patientin.
Anne rätselte im Stillen: „Ist das jetzt ein Überraschungs- oder Erschreckens-Feedback?“

Die „neue Tine“ hieß Dalita. Als Anne sie das erste Mal zu Gesicht bekam, dachte sie: „Auweia!“ Überbeweglichkeit ist nichts Neues für Parkinson-Patienten. Sie wird durch Medikamente verursacht. Anne war keine Ausnahme. Die jüngste Umstellung der Medikation war im Großen und Ganzen erfolgreich, aber… Nichts aber! In dem Moment, als Anne ihre neue Tischnachbarin sah, hatte sie kaum etwas an ihrem eigenen Zustand auszusetzen. Anne war nicht überbeweglich. Dafür aber Dalita.

„Zur Visite erscheint meist ein ganzer Pulk. Alle sind dabei, die erfahrenen und weniger erfahrenen Mediziner. An meinem Beispiel wird gelernt, geübt und geforscht.“
„Und was sagen so die klugen Köpfe?“
„Viel und nichts. Sie kriegen es erstmal nicht „gebacken“.

Dalita ähnelte einer Windmühle. Der ganze Körper samt Extremitäten waren ständig in Bewegung. Sie konnte kaum ruhig sitzen. Sie kam mit ihren Beinen und Füßen ständig in Berührung mit denen von Anne unterm Tisch. Die Füße schlüpften andauernd aus den Schuhen. Sie entschuldigte sich von Zeit zu Zeit für das Schubsen. Wenn sie es merkte. Das war nicht immer der Fall.

„Mensch, Dalita, das ist doch nicht der Rede wert. Ich würde mir Sorgen machen, solltest du aufhören, mich unter dem Tisch anzustoßen, haha…“

Anne war bemüht, sich maximal ungerührt zu verhalten. Es nützte wenig bis gar nichts, den Betroffenen andauernd an seinen Ausnahmezustand zu erinnern. Anne selbst war jedem einzelnen dankbar, der ihre Unregelmäßigkeiten übersieht. Es gab auch so genug Augen in der Klinikkantine, die Dalita auffällig unauffällig beobachteten.

„Überhaupt, dass du nicht aufgibst, vornehm mit Messer und Gabel zu hantieren, Dalita! Geschweige schon dein mutiges Greifen zur Untertasse mit einer Tasse darauf, egal ob sie leer oder voll ist. Alle Achtung. Ich mache es mir dagegen maximal einfach im Leben.“

Dalita hatte es nicht vor, mit ihren grade so Sechzig plus aufzugeben. Sie musste nur einen Arzt finden, der genug Ahnung hat. Sie macht grade eine schwierige Phase durch. Ihr Lebensgefährte war vorkurzem verstorben. Er ist die große Stütze für sie gewesen. Ihre Kinder sind mit dem instabilen psychischen Zustand der Mutter nicht zurechtgekommen und hatten zur Hilfe der Fachleute gegriffen. In der Psychiatrie wird schnell und professionell geholfen. Man wird medikamentös ruhig gestellt. Ein stationärer Aufenthalt in solchen Anstalten ist aber mit Vorsicht zu genießen. Wenn man keine wirklich starke psychische Störung anstrebt, muss man, egal wie, schnellstens von da wieder weg.

„Mein Bisschen an Überbeweglichkeit konnte hier vorerst gezügelt werden. Vielleicht muss bei dir nur die Dosis der das Übel verursachenden Medikamente reduziert werden?“
„So schlau waren die anderen auch schon. Damit wird leider das Gegenteil erreicht, und zwar Freezing.“
„Und was passiert dann?“
„Dann bleibe ich wie eingefroren dort stehen oder sitzen, wo es mich erwischt hat. Blöd ist es, wenn man allein unterwegs ist.“
„Ja, blöder geht es wohl nicht… Was anderes… Wie sieht es bei dir heute Nachmittag mit Terminen aus? Wollen wir uns auf ein Käffchen treffen?“

Zu Corona freien Zeiten war das Klinikcafé gut besucht. Zu Corona Zeiten gab es sozusagen keinen Fremdenverkehr. Die Patienten wurden zu den regulären Mahlzeiten gut versorgt. Hin und wieder verirrte sich der eine oder andere zum Eis essen. Man war schon froh, im Café nicht alleine zu sitzen.

Anne besaß inzwischen eine kleine Sammlung Skizzen und Zeichnungen aus der Reha-Zeit. Dalita durfte gern eines davon haben. Als Andenken. Der aktuelle Lieblingsscherz von Anne war: kleine Kinder malen oder basteln Geschenke selbst, ich bin auch schon in dem Alter.

„Es dauert nicht mehr lange, Anne, und du musst deine Koffer packen…“
„Mein Mann hatte vier Wochen sturmfrei und sich nicht gelangweilt. Aus dem Urlaub in der Türkei hatte er Corona mit nach Hause geschleppt. Jetzt sitzt er die Quarantäne ab…“
„Wenn ich hier raus bin, habe ich viel vor. Ich brauche eine neue Mietwohnung. Die alte muss ich zeitnah aufgeben. Ich werde wohl eine Weile bei meiner Mutter bleiben müssen…“

Die Frauen saßen und erzählten über dies und das. Wie immer. Trotzdem war etwas anders. Anne konnte es nicht sofort herausfiltern. Dalita wurde irgendwie immer ruhiger und leiser. Anne kannte sie so noch nicht.

„Oh Gott, das ist es!“
„Ja, wir sind dabei, eine neue Medikation auszuprobieren. Die Wirkung lässt offensichtlich früher als erwartet nach. Ich habe keine Tablette mit. Wir müssen los und zwar schnell. Ich fürchte aber, dass es mit dem Schnell nicht mehr klappen wird.“


Epilog


Die Reha war zu Ende. Anne fühlte sich erholt und ein wenig schlauer. Sie wird sich groß recken. Sie wird die ihr beigebrachten Übungen fleißig weiter machen. Sie wird immer in Bewegung bleiben, trotz aller Bemühungen der Krankheit sie lahmzulegen. Sie hat viel gelernt. Ihre Trophäe, der selbst geflochtene Korb ist ganz schön schief und ungleichmäßig gearbeitet, aber allein gemacht! Für ein nächstes Mal nimmt Anne sich vor, einen Sommerschal mit bunten Farben ihrer Wahl mitzubringen.

Die Koffer wurden gepackt; die ausstehenden Zahlungen an der Rezeption beglichen. Die Medikamente für die Überbrückungszeit und die Aufenthaltsbescheinigung waren noch bei den Schwestern im Büro abzuholen. Gleich holt Chris Anne mit dem Auto ab.

Sie verabschiedete sich von Dalita in ihrem üblichen Stil, indem sie ihr versprach, zu Ostern und Weihnachten zu schreiben. Sie wird sich bei den beiden neuen Kumpelinen auch zum Geburtstag melden. Sie hatte unauffällig das Datum vom jeweiligen Terminplan abgeschrieben und will die Frauen damit überraschen.

Der Aufenthalt in der Klinik war auch etwas von den Diskussionen zu einem möglichen Überfall Russlands auf die Ukraine geprägt. Anne hatte sich vor der Reha, zugegeben, viel zu wenig mit dem Thema beschäftigt. Ihre ukrainischen Wurzeln verhalfen ihr in der Klinik auf den Posten mindestens einer stellvertretenden Botschafterin der Ukraine. Alle wollten wissen, ob der Krieg wirklich ausbrechen wird. Anne glaubte fest daran, dass Putin nur angibt und gegen die Ukraine keinen fatalen Krieg führen würde. Das Thema ließ ihr aber keine Ruhe und wird sie nun auch zu Hause sehr beschäftigen. Im Übrigen freute sich Anne auf ihr Zuhause. Und auf ihren Mann Chris.

Die Heimreise begann. Anne blickte nochmals zurück auf das Klinikgebäude. Ihr Smartphon brummte. Dalita hatte eine Aufnahme aus ihrem Fenster gemacht.
„Da fährt sie weg, meine Anne“, lautete der Kommentar dazu.
 
Zuletzt bearbeitet:

onivido

Mitglied
Die Erzaehlung ist interessant, lehrreich und sehr gut geschrieben. Gerne habe ich ihn aber nicht gelesen.
Gruesse///Onivido
 

John Wein

Mitglied
Ein interessanter und anschaulicher Beitrag zu Morbus Parkinson. Man lernt bei dieser Fleißarbeit dieses Gebrechen einmal aus der Perspektive eines Betroffenen kennen und versteht gut die täglichen Mühen, Plagen und Nöte, die damit einhergehen. Der Klinikalltagmit seien programmierten Abläufen, ich hatte auch einmal etwas ähnliches in Kurzgeschichten, hat neben manchen Tücken auch erheiternde Seiten. Trotz des ernsten Themas ist es keine traurige Geschichte und ich habe sie gern gelesen.

Mir fällt spontan der Spielfilm „Love and other Drugs“, interessanterweise eine Komödie mit Anne Hathaway und Jake Gyllenhaal, ein und deine Geschichte hat mich daran erinnert.

Aufgefallen ist mir:
„Schauen darf man“, fing Chris jedes Mal Chris.
„Gegessen wird aber zu Hause“, beendete Anne den bekannten Spruch.
 
Die Erzaehlung ist interessant, lehrreich und sehr gut geschrieben. Gerne habe ich ihn aber nicht gelesen.
Gruesse///Onivido
Hallo onivido, vielen Dank fürs Lesen. "Interessant, lehrreich und gut geschrieben" - diese Einschätzung ist viel wert für mich! Es ist schade, dass du die Erzählung nicht gern gelesen hast. Ich bin an das Thema mit viel Optimismus herangegangen. Früher war ich der Meinung, dass von Parkinson nur ältere Leute betroffen werden können. Es ist erstaunlich, wie "jung" Parkinson sein kann... Egal wie... Es gilt: Jammern nützt nichts... Das Leben geht weiter, auch wenn nicht ohne Hindernisse...
Viele Grüße, Liselotte.
 
Ein interessanter und anschaulicher Beitrag zu Morbus Parkinson. Man lernt bei dieser Fleißarbeit dieses Gebrechen einmal aus der Perspektive eines Betroffenen kennen und versteht gut die täglichen Mühen, Plagen und Nöte, die damit einhergehen. Der Klinikalltagmit seien programmierten Abläufen, ich hatte auch einmal etwas ähnliches in Kurzgeschichten, hat neben manchen Tücken auch erheiternde Seiten. Trotz des ernsten Themas ist es keine traurige Geschichte und ich habe sie gern gelesen.

Mir fällt spontan der Spielfilm „Love and other Drugs“, interessanterweise eine Komödie mit Anne Hathaway und Jake Gyllenhaal, ein und deine Geschichte hat mich daran erinnert.

Aufgefallen ist mir:
Hallo John Wein, danke für dein Feedback. Der Satz "Trotz des ernsten Themas ist es keine traurige Geschichte" trifft gut zu. Das war mein Ziel. Parkinson bedeutet kein Ende des Lebens, sondern eine Umstellung und weiter leben...
Viele Grüße, Liselotte.
 

onivido

Mitglied
Hallo Liselotte, ich habe mich ungluecklich ausgedrueckt. Mein Gefuehll beim Lesen kommt davon, dass ich unbequeme Dinge lieber nicht zur Kenntnis nehme. Eine Vogel Strauss Taktik, nicht intelligent und auch nicht tapfer, aber ich kann nicht ueber meinen Schatten springen. Mein Banausentum geht so weit, dass ich mir keinen Film anschaue ,bei dem nicht ein happy end garantiert ist. Meine Mutter pflegte zu sagen:"Aber so ist doch das Leben nicht:" Worauf ich antwortete:"ich sehe mir einen Film an, damit er mich unterhaltet, nicht damit er mir das Leben spiegelt." Das konnte nicht nur meine Mutter nicht verstehen. Beste Gruesse///Onivido
 

Hans Dotterich

Mitglied
Hallo Liselotte,

Also ich habe die Lektüre genossen. Es ist tatsächlich eine echte Erzählung nach meinem Geschmack. Eine Erzählung, die einen sehr komplizierten Hintergrund als Kontext hat. Der oder die Erzählerin muss in seinem/ihrem Werk stringenter formulieren als das, was die Personen im Text wissen, als die fiktive Augenscheinlichkeit preisgibt. Ich glaube, das ist das Geheimnis guter Prosa. Genau das ist Dir gelungen.

Eine Sache, die mich ein ganz klein wenig verwirrt hat, ist Annes eigene Befindlichkeit als Parkinson-Patientin. Irgendwie erscheint sie mir als die Figur der außenstehenden, allwissenden Beobachterin, jedenfalls in Bezug auf Chris, Tine, Dalita und Schwester Maria. Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich in Deiner Absicht liegt und ob Du die Figur so anlegen wolltest. Ich gebe zu, es hat seinen Reiz. Aber das sind Feinheiten, die an meiner Begeisterung nicht nagen.

Grüße

Hans
 

Neto

Mitglied
Was für ein Zufall.
Ich hatte heute mit meiner Freundin telefoniert. Sie ist Ende 50 und fährt in vier Wochen in die Reha, um die Medikamente einzustellen.
Sie wird mir nun nicht mehr viel erzählen müssen. Ich habe ja bereits alles gelesen.
Danke für den Text.
 



 
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