Elisa die Spinne

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MartinaM

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Elisa war eine kleine Spinne, die sich vor ein paar Jahren in einem Lautsprecher eingenistet hatte. Sie hatte herausgefunden, dass der Ort kühl, trocken und sauber war und, dass sich viele kleine Insekten, Mücken und Käfer in den Kabelwirren, den Steckern, Stöpseln und Verschlüssen verirrten und verfingen. Diese konnte sie also, ganz ohne Aufwand verspeisen. Wie aber war es dazu gekommen?
Elisa war nicht mehr die Jüngste, und manchmal kribbelten ihre Beine, wenn sie zu lange auf der Jagd gewesen war. Zudem mochte sie keine Netze. Das war eine Jugendangewohnheit: Ihre Energie darauf zu verschwenden, ein Netz bauen, dass dann doch durch einen leichten Windstoß, einen Vogel, ein Säugetier oder sonstige Störenfriede in einem Augenblick zerstört würde-das war nichts für sie. Außerdem war sie zu jener Zeit besonders flink und behände, weshalb sie eine erfolgreiche Jägerin war, und so gar kein Netz brauchte.
Mit der Zeit aber musste sie sich nach einer entspannteren Lage umsehen, die ihrem körperlichen Zustand besser entsprach. Die runden, glatten Lautsprecher hatte sie zufällig gefunden. Da das Innere flauschig ausgelegt war, und der Plüschboden sie gar zu kuschelig gemütlich zu einem Mittagschlaf einlud, ließ sie sich verführen.
Es war eine Einladung, die, wie sie schnell entschieden hatte, defintiv sein sollte. Sie beschloss, zu bleiben.
Elisas Freunde verstanden diese Wahl nur mit Mühe: Einerseits kannten sie ihren unkonventionellen Lebensstil, andererseits ging das schon etwas zu weit! Ein Lautsprecher! Was für eine seltsame Idee...

Um ihre Verwandten, Kollegen und Mitspinnen zu beruhigen, lud sie sie allesamt, nachdem sie sich eingerichtet hatte, zum Kaffee ein. Sie hatte einen feinen Imbiss zubereitet und liebevoll den Tisch gedeckt. Die Wohnung war geräumig und gut durchlüftet, die Gäste waren positiv überrascht: Ganz so schlimm war es doch gar nicht in den Lautsprechern!
Das Gebäck war lecker, und der Kaffee schmeckte, der Nachmittag nahm einen angenehmen Lauf.
Plötzlich aber erscholl ein fürchterliches Getöse: Jemand hatte die Musik aufgedreht. Alle Anwesenden erzitterten, verstummten, sahen einander ratlos an und wussten nicht, was sie tun sollten. Das Tönen wurde nicht leiser, nicht ruhiger, nicht erträglicher. Elisa, die allen Ohrenstöpsel angeboten hatte, die entrüstet abgelehnt worden waren (man hatte gehört, dass diese schädlich seien und die Wachsüberreste auf Dauer dem Gehör schaden würden), wusste sich nicht zu helfen. Nach einer kurzen Weile verabschiedeten sich ihre Freunde, kopfschüttelnd über eine solche Verrücktheit. Elisa schien nicht mehr ganz bei Sinnen zu sein.
Sie blieb also alleine zurück. Sie pflegte allerdings weiterhin ihre Freundschaften – außerhalb ihrer Wohnung versteht sich. Mit der Zeit verminderte sich ihr Gehör allerdings tatsächlich, die Musik war doch allzu oft an und auch die Ohrenstöpsel bewirkten keine Wunder. Innerhalb weniger Wochen wurde Elisa taub. Dies brachte mit sich, dass ihr Zuhause ihr noch wohliger erschien als früher: die lauten Töne erreichten sie in der Tat nicht mehr. Ihre Bekannten verstand sie durchs Lippenlesen und sprechen hatte sie ja nicht verlernt. Ein Telefon hatte sie nie besessen, und sie würde sich jetzt auch keines anschaffen.

Alles in Einem war sie fast glücklich über diese Entwicklung. Sie war ohnehin alt, da gehörte taub sein fast schon dazu.
Doch die wirkliche Überraschung trat nach einigen weiteren Wochen ein: Ihr Körper, ihre Tasthärchen, sowie ihr Inneres wurden immer feinfühliger für die Musik, der sie täglich ausgesetzt war. Natürlich konnte sie sie nicht hören, sondern bloß spüren. Aber wie! Sie erkannte verschiedene Genres und Stils, pfiff ab und zu mit und wippte im Takt. So kam es, dass die Melodien ihr Dasein versüßten, sie im Alltag begleiteten, sie durch und durch einwickelten, umhüllten.
Das alles geschah unbewusst: Elisa änderte nichts an ihren Beschäftigungen, besuchte ihre Freunde, kümmerte sich um das Essen, reinigte die Wohnung, ging ab und zu, für Spaziergänge oder andere Vergnügen, aus.

Aber mit der Zeit musste sie sich eingestehen, dass die Musik, nein, die Vibration, dieses fast enthusiastische Vibrieren, ihr wahre Sicherheit gab. Die Sicherheit, die kein Spinnennetz und auch kein noch so üppiges Jagdrevier ihr jemals hatte geben können.
Ihr zuhause war ein Kokon geworden, eine unerwartete Umgebung der Geborgenheit, in der sie nun lebte, eingewebt im pulsierenden Zauber der Musik. Die anderen glaubten ihr nicht, als sie ihnen von ihrer Entdeckung, ihrer Zufriedenheit erzählte. Doch sie lächelten zärtlich über Elisa, die Spinne, die im Lautsprecher ihr wahres Haus, ihr eigentliches Spinnennetz gefunden hatte.
 

molly

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Hallo Martina,

Elsa, die alte Spinne, hat es sich in einem Lautsprecher bequem gemacht. Natürlich könnte ein Weberknecht diesen Platz auch für sich ausgesucht haben, doch die Musik hätte ihn gleich vertrieben. Eine ruhige Geschichte über eine zufriedene Spinne.
Gerne gelesen.
Vile Grüße
molly

Ein paar Vorschläge habe ich für Dich, .
In Deiner Kindergeschichte sind einige zu lange Sätze, z.B.:
Elisa, die allen Ohrenstöpsel angeboten hatte, die entrüstet abgelehnt worden waren (man hatte gehört, dass diese schädlich seien und die Wachsüberreste auf Dauer dem Gehör schaden würden), wusste sich nicht zu helfen.

Sie blieb also alleine zurück. Sie pflegte allerdings weiterhin ihre Freundschaften – außerhalb ihrer Wohnung versteht sich. Mit der Zeit verminderte sich ihr Gehör allerdings tatsächlich, die Musik (war) erklang doch allzu oft an und auch die Ohrenstöpsel bewirkten keine Wunder.
dieses fast enthusiastische Vibrieren,
Ich würde Dir hier ein kindgerechtes Wort vorschlagen, vielleicht wild ...
 



 
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