eNDe einer Berufsbeziehung

runword

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Wenn D gegen acht ins Hotel kommt, hat N gerade seine Schicht begonnen. Ein routinierter Wortwechsel begleitet die Übergabe des Schlüssels. Der Fahrstuhl trennt ihre heutigen Leben für immer voneinander ab. Sein Klingeln wird D wieder in einen neuen Tag spucken und N das Ende der Schicht verkünden.
D liebt das bequeme Leben im Hotel. Nichts erinnert ihn abends an den Morgen. Und morgens wartet der Anzug auf ihn, wie immer frisch aus der Reinigung. N liebt es, morgens den Anzug auszuziehen. Er lässt mit ihm die Nacht zurück im Hotel. Schon heute abend wird er der verstoßenen Geliebten wieder verfallen.
D braucht sich nicht auszumalen, was für ein Leben N verpasst. Er lebt es. N hat die ganze Nacht Zeit, sich auszumalen, was für ein Leben D verpasst. Manchmal schreibt er darüber. In diesen Geschichten ist D ein stets vom Leben gehetzter Vertreter, der dem Leben hinterher hetzt.
Wenn es etwas gibt, was D noch mehr hasst als Hetzerei, dann ist das Stillstand. Schon früh hat er seine Angst vor dem Ankommen erkannt. Das Geräusch des Lebens, mit dem er sich umgibt, hält ihn wach. Wenn N die Stille nicht mehr ertragen kann, versucht er zu schlafen. Aber N ist selten müde.

Eines Abends wartete N vergebens auf D. Die ganze Nacht über malte er sich aus, warum D nicht ins Hotel gekommen war. Hatte er sich überhetzt? Auch an den darauffolgenden Abenden kam D nicht. N tippte auf Selbstmord. Eine Woche später kündigte er.
 



 
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