engelskonzert (gescheiterter Beitrag einer "Nacht"-Ausschreibung)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Noch einmal von vorne, Orlando,

der Leser macht das Gedicht. Aber es macht nicht jeder das gleiche, sondern er holt das an Verständnis hervor, was er greifen kann.
Bei Dichtern, das sind in der Leselupe nach ihrem Selbstverständnis alle, ohne Gesellenstück kommt man nicht in die Zunft, bringt jeder etwas an Gedichtlesefähigkeit mit.

Eigentlich.

Und in den Diskussionen, die man im Lauf der Jahre verfolgen kann, lernen alle voneinander, zum Beispiel über "Metaphern": Das sind Bilder, die meistens für irgendeinen Inhalt stehen, ihn verkürzen, ver-"dichten", seinen ästhetischen Reiz zuschärfen, und das heißt wiederum: etwas Neues, Überraschendes, was über den Horizont oder die übliche Erwartung hinausgeht, in die Imagination werfen.
Es gibt auch Metaphern, die nicht für einen anderen Inhalt stehen, man nennt sie "absolute Metaphern". Sie sind seit über hundert Jahren sehr beliebt. Ein altes Beispiel sind die "Elis"-Gedichte von Georg Trakl.
Jüngere, gleichfalls überaus beliebte, allbekannte Beispiele wären der Tambourin-Man von Bob Dylan, oder die Walrus-Verse von John Lennon. Um nur ein paar Beispiele zu nennen, die eine Berühmtheit haben, die durch die Decke schießt. Und die atemberaubend schön sind.

Aber das ist bei diesem Gedicht gar nicht der Fall. Es hat ein großes theologisches Thema: Das Verhältnis von "Gesetz" (Altes Testement) und "Gnade" (Neues Testement); zugleich das Verhältnis von Nacht zu Tag. Zugleich das Verhältnis von schülerhaft beobachtender Bildbeschreibung einer nicht ganz unbedeutenden Ikone zum lehrerhaften Weiterbohren in der Beobachtung. Das sind erzählende Elemente, was man auf Neuhochdeutsch "Narrative" nennt.
Die dabei vorkommenden Neologismen sind leicht auflösbar: Eine "rosenrockblüte" ist nicht Schreibfehler für einen Hosenrock, sondern ein Rock, der wie eine Rosenblüte aussieht. Aus Blüten entwickeln sich Früchte - hier das Kind der Gottesgebärerin (Theotokos), die Blüte selbst kommt üblicherweise aus einem Grün hervor. Hier kommt ein Engelskonzert aus dem Grün der Nacht hervor. Das mag etwas gewagt sein, weil die Farbe "Grün" selten mit "Engeln" oder gar mit "Nacht" zu tun hat. Aber das schafft einen interessanten Zusammenhang, die Metaphern stehen gar nicht isoliert, sie verbinden sich "narativ" (Grün => Blüte => Rock => Mutter => Kind als Frucht aus dieser Rosenblüte), und bleiben doch offen, rätselhaft.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
pardon, Schreibfehler: die Metaphern verbinden sich "narrativ"
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebe Dichterinnen und -außen!

Habe gerade die komische "Diskussion" noch einmal gelesen.

Ist schon interessant.
Ich las gerade: "nicht einmal unter den ersten 30". Und Eure Bewertungspunkte. Schande!

Es ist Zeit, das Stück wieder aufs Titelblatt der 12 Körbe zu stellen, wo ich immer ein Gedicht von Feire Fiz exhibitioniere, mit einem (kaum von irgendeinem Leser genutzten) link auf die entsprechende Leluseite:


grusz, hansz
 
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Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Das erste Mal, daß ich dem Weihnachtsgeweih nicht entfliehen kann. Und da hole ich mein sommerliches Weihnachtslied ausgerechnet in dieser verfluchten Jahreszeit hervor?

Was für ein Fehler!
 



 
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