Er und sie

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Montagmorgen war wie immer der schlimmste Zeitpunkt nach einem gemeinsam verbrachten Wochenende. Die Trennung stand unmittelbar bevor, ein Wiedersehen war wie immer ungewiss. Wie lange noch würde das so weitergehen?

Er bereitete das Frühstück zu, während sie im Bad war. Sie musste eher weg als er, also war es ein Ritual geworden, dass er alles liebevoll vorbereitete und sich fertigmachte, wenn sie weg war.. Wie immer deckte er den Tisch sorgfältig, schälte die Gurke und schnitt sie in hauchdünne Scheiben, wie sie es gerne mochte, vergaß nicht die weichgekochten Eier, das Schwarzbrot, den Aufschnitt und den fettarmen Käse. Alles so, wie sie es beide liebten. Bald durchzog Kaffeedurft die Wohnung.

Sie kam aus dem Bad, in Jeans, T-Shirt und einem lose darüber fallenden Herrenhemd, welches sie verblüffend jung aussehen ließ. Das ungeschminkte Gesicht verstärkte diesen Eindruck. Ihre noch feuchten raspelkurz geschnittenen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und verliehen ihr das Aussehen eines sehr gutaussehenden, fröhlich aussehenden jungen Mädchens. Sie setze sich ihm gegenüber und schenkte ihm Kaffee ein. Er bemühte sich, nicht allzu sehr auf das kleine Dekollete zu schauen, das ihr T-Shirt freigab und die goldene Kette, die in ihrer Halsgrube ruhte. Die Kette, die er ihr geschenkt hatte, als sie in die andere Stadt zog. Damit er immer ein wenig bei ihr war.

Während er geduldig zuhörte, plauderte sie unausgesetzt und das machte sie wie immer unwiderstehlich. Die bevorstehende Trennung schmerzte ihn. Er unterbrach sie nicht, verflocht aber seine Finger mit den ihren und wünschte sich, die Zeit würde stehenbleiben.

Das tat sie nicht.

"Ich muss jetzt aber los", sagte sie mit einem Blick auf die Uhr. Ihre Augen ruhten in seinen. "Wann sehen wir uns wieder?", wagte er zu fragen. "Du weißt doch, ich habe viel zu tun in diesem Monat, aber ich mache alles Menschenmögliche wahr", erwiderte sie, stand auf und nahm ihre Tasche. "Außerdem - bevor du fragst, es gibt keinen anderen", fügte sie hinzu. Er seufzte leise. Für ihn gab es auch keine andere. Wie auch. Ja wie? Er nahm sie in die Arme und sie küssten sich lange.

Zehn Minuten später hörte er sie leichtfüßig die Treppe hinabeilen. Der Abschied fiel ihr immer leichter als ihm. Kein Wunder, war sie doch anders als er. Sie, seine kleine Schwester.
 
K

KaGeb

Gast
Hi Doc,

niedlicher Text - mit Macken, wie sie Schwestern meist haben. :)
Du nutzt (für mich) zu viele Um-(Be-)schreibungen.

Ein paar Ideen:

Der Montagmorgen war [strike]wie[/strike] immer der schlimmste Zeitpunkt nach einem gemeinsam[red]en[/red] [strike]verbrachten[/strike] Wochenende. Die Trennung stand [strike]unmittelbar[/strike] bevor, ein Wiedersehen [strike]war[/strike] wie immer ungewiss. Wie lange noch würde das so weitergehen?

Er bereitete das Frühstück [strike]zu[/strike], während sie im Bad war. Sie musste eher weg [strike]als er, also war es ein Ritual geworden, dass er alles liebevoll vorbereitete und sich fertigmachte, wenn sie weg war.[/strike]. Wie immer deckte er den Tisch [strike]sorgfältig[/strike], schälte [strike]die[/strike] [red]eine[/red] Gurke [strike]und schnitt sie[/strike] in hauchdünne Scheiben, [strike]wie sie es gerne mochte[/strike], vergaß nicht die weichgekochten Eier, das Schwarzbrot, den Aufschnitt und [strike]den[/strike] fettarmen Käse. Alles so, wie sie es beide liebten. [strike]Bald durchzog [/strike]Kaffeedurft [red]hing in der Luft[/red] [strike]die Wohnung.[/strike]

Sie kam aus dem Bad, [strike]in[/strike] Jeans, T-Shirt [red]und[/red] [strike]und einem lose darüber fallenden[/strike] Herrenhemd, [strike]welches sie verblüffend jung aussehen ließ[/strike]. Ungeschminkt, [red]noch feucht Haare, so kurz geschnitten, Rapseln in alle Himmelsrichtungen, so fröhlich, so jung. [/red]

[strike]Das ungeschminkte Gesicht verstärkte diesen Eindruck. Ihre noch feuchten raspelkurz geschnittenen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und verliehen ihr das Aussehen eines sehr gutaussehenden, fröhlich aussehenden jungen Mädchens.[/strike] Sie setze sich ihm gegenüber und schenkte ihm Kaffee ein. Er bemühte sich, nicht allzu sehr auf [strike]das kleine[/strike] [red]ihr [/red]Dekollete zu [strike]schauen[/strike] [red]starren[/red], das ihr T-Shirt freigab[red],[/red] und die goldene Kette, die in ihrer Halsgrube ruhte. Die Kette, die er ihr geschenkt hatte, als sie in die andere Stadt zog. Damit er immer ein wenig bei ihr war.

Während er geduldig zuhörte, plauderte sie [strike]unausgesetzt[/strike] [red]ununterbrochen[/red] und das machte sie wie immer unwiderstehlich. Die bevorstehende Trennung schmerzte ihn. Er unterbrach sie nicht, verflocht aber seine Finger mit den ihren und wünschte sich, die Zeit würde stehenbleiben.

[strike]Das tat sie nicht.[/strike]

"Ich muss jetzt [strike]aber[/strike] los", sagte sie mit [strike]einem[/strike] Blick auf die Uhr. [strike]Ihre Augen[/strike] [red]Ihr Blick[/red] ruhte[strike]n[/strike] in seine[strike]n[/strike][red]m[/red]. [blue]("Cut"= Neuer Zeilenanfang)[/blue]
"Wann sehen wir uns wieder?"[strike], wagte er zu fragen[/strike]. ("cut")
"Du weißt doch, ich habe viel zu tun in diesem Monat, aber ich mache alles Menschenmögliche wahr", erwiderte sie, [strike]stand auf und nahm ihre Tasche.[/strike] "Außerdem - bevor du fragst, es gibt keinen anderen", fügte sie hinzu. Er seufzte leise. Für ihn gab es auch keine andere. Wie auch. Ja wie? Er nahm sie in die Arme und sie küssten sich [strike]lange[/strike].

Zehn Minuten später hörte er sie leichtfüßig die Treppe hinabeilen. Der Abschied fiel ihr immer leichter als ihm. Kein Wunder, war sie doch anders als er. Sie, seine kleine Schwester.


Bin mal gespannt, was du übernimmst ...

LG
 
I

Inky

Gast
Ich bin von diesem Text angerührt und stimme Gageb`s Anmerkungen und seiner Überarbeitung vollkommen zu, sie lassen den Text bis zum erstaunlichen Ende leichter fließen.
Herzliche Grüße, Inky
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Text ist nicht niedlich, das ist keine literarische Kategorie, niedlich sind nur Tierbabys.
Einigen Aenderungen kann ich zustimmen, einiges Ueberfluessige muss weg, korrekt. Werde darueber nachdenken.
Denn ich liebe den Text eigentlich so wie er ist.
Bis bald und danke fuers fundierte Feedback.
 
I

Inky

Gast
Sorry - mit dem "niedlich" stimme ich nicht überein.Das ist mir entgangen.
 
Eine Kürzest-Kurzgeschichte, die den Leser am Schluss auf etwas konventionelle Weise überrumpelt. Ich fand sie beim ersten Durchlesen ausgesprochen flüssig und hatte insoweit nichts Wesentliches auszusetzen. Nur: Der Kaffeeduft hat ein überflüssiges R, und vielleicht sollte der Titel auch besser lauten: Er und Sie. Die Regel dürfte deine Version bestätigen, doch die Praxis scheint eher auf meiner Seite zu sein.

Die im ersten Kommentar enthaltenen Vorschläge laufen insgesamt auf Raffung und noch mehr Schlagkraft hinaus. Das würde ich bei einem wesentlich längeren Text (Romankapitel, lange Erzählung usw.) gut finden, hier bei diesem ausgesprochen kurzen jedoch nicht. Besser so lassen, sonst magert er formal zu sehr ab.

Inhaltlich ist der Text nach meinem Verständnis ein Anstoß, über Ausmaß und Charakter von Geschwisterbeziehungen nachzudenken. Es geht doch wohl in Richtung inzestuöse Neigungen? Wobei der Text offenlässt, ob sie im konkreten Fall praktisch ausgelebt werden. Wenn er den Blick auf ihren Ausschnitt bewusst vermeidet, kann ich das als realisiertes Inzest-Tabu werten - aber wenn sie ihm versichert, es gebe keinen anderen (unausgesprochen: außer ihm), dann kann das entweder eine scherzhafte Bemerkung sein oder es enthüllt eine Beziehung, die sich über jenes Tabu hinweggesetzt hat.

Arno Abendschön
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Montagmorgen war der schlimmste Zeitpunkt nach einem gemeinsam verbrachten Wochenende. Die Trennung stand bevor, ein Wiedersehen wie immer ungewiss. Wie lange noch würde das so weitergehen?

Er bereitete das Frühstück zu, während sie im Bad war. Sie musste eher weg als er, also war es ein Ritual geworden, dass er alles liebevoll vorbereitete und sich fertigmachte, wenn sie weg war.Wie immer deckte er den Tisch sorgfältig, schälte eine Gurke in hauchdünne Scheiben, wie sie es gerne mochte, vergaß nicht die weichgekochten Eier, das Schwarzbrot, den Aufschnitt und den fettarmen Käse. Alles so, wie sie es beide liebten. Kaffeeduft hing in der Luft.

Sie kam aus dem Bad, in Jeans, T-Shirt und einem lose darüber fallenden Herrenhemd, welches sie verblüffend jung aussehen ließ. Das ungeschminkte Gesicht verstärkte diesen Eindruck. Ihre noch feuchten raspelkurz geschnittenen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und verliehen ihr das Aussehen eines fröhlich aussehenden jungen Mädchens. Sie setze sich ihm gegenüber und schenkte ihm Kaffee ein. Er bemühte sich, nicht allzu sehr auf ihr Dekollete zu starren, das ihr T-Shirt freigab, und die goldene Kette, die in ihrer Halsgrube ruhte. Die Kette, die er ihr geschenkt hatte, als sie in die andere Stadt zog. Damit er immer ein wenig bei ihr war.

Während er geduldig zuhörte, plauderte sie ununterbrochen und das machte sie wie immer unwiderstehlich. Die bevorstehende Trennung schmerzte ihn. Er unterbrach sie nicht, verflocht aber seine Finger mit den ihren und wünschte sich, die Zeit würde stehenbleiben.

Das tat sie nicht.

"Ich muss jetzt los", sagte sie mit Blick auf die Uhr. Ihre Augen ruhten in seinen.
"Wann sehen wir uns wieder?", fragte er.
"Du weißt doch, ich habe viel zu tun in diesem Monat, aber ich mache alles Menschenmögliche wahr", erwiderte sie, stand auf und nahm ihre Tasche. "Außerdem - bevor du fragst, es gibt keinen anderen", fügte sie hinzu. Er seufzte leise. Für ihn gab es auch keine andere. Wie auch. Ja wie? Er nahm sie in die Arme und sie küssten sich lange.

Zehn Minuten später hörte er sie leichtfüßig die Treppe hinabeilen. Der Abschied fiel ihr immer leichter als ihm. Kein Wunder, war sie doch anders als er. Sie, seine kleine Schwester.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich habe nun einiges geandert und ich hoffe, diese Version findet Gnade vor aller Augen.
Lieber Arno, es geht um eine Inzestbeziehung, richtig, die Intensitaet ist nur angedeutet, das gefiel mir besser als eine sehr deutliche Schilderung.
Vielen Dank fuers Lesen!
 
U

USch

Gast
Hallo Doc,
sehr schöne an der kleinen Abschiedssequenz entwickelte Geschichte mit der Inzest-Überraschung am Ende.
LG Uwe
 

Grauschimmel

Mitglied
Danke gern gelesen

Oh ja Doc, eine sehr schöne Geschichte! Guten Morgen!
Warum schockt mich deren Schluss nicht? Eigentlich liebe ich solche Wendungen im Schlusssatz gar nicht und müsste anders reagieren. Ja, sie sind anders, Deine Protagonisten, aber erst im letzten Satz. Ich habe zwei Menschen gesehen, die wirklich einander „lieb haben“! Warum sollen sie das nicht auch „körperlich fühlen dürfen“?
Nur weil sie Bruder und Schwester sind? Welcher Richter bestimmt hier was „gut“ und wer „böse“ ist? Toleranz sollte die Aufklärung des neuen Jahrtausends sein! Brauchen wir da noch solche Klassifizierung oder gar strafrechtliche Bewertungen wie „Inzest“?
Danke Doc für Deine Geschichte und mein neuerliches Nachdenken über mich, die Welt und überhaupt… die Kürzungen sind schon ok …, die machen das Ende „hammerig“!
Lieben Gruß aus L., Grauschimmel!
 

Grauschimmel

Mitglied
offen und über den Lifeticker!!!

... ich sage der Text ist "o.k.", um meinen Kommentar damit zu untermauern! Und der Durchschnitt des Autors wird von 7.2 auf 7.0 gesenkt!!! Bin ich zu blöd???
Herzliche Entschuldigung an Dich, lieber Doc!
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber grauer Schimmel, vielen Dank für Deine positive Kritik. Bruder und Schwester sind ein weites Thema. Wer will dort urteilen?
Ich habe versucht, es sensibel zu verpacken.
LG Doc
 
P

Paul Schubert

Gast
Hallo DocSchneider,

das Thema verträgt keine lauten Töne. Und Dir gelingt es meisterhaft, diesen Eindruck zu vermitteln.

Ich habe spontan zweimal gelesen, weil ich nicht glauben wollte, was ich im letzten Satz erfahren habe. Aber es gab -- jedenfalls für mich -- nirgendwo einen Hinweis auf die Art der Beziehung. Doch ich war keineswegs »sehr enttäuscht«, dass dann völlig anders kam, als ich erwartet hatte. Im Gegenteil, das hat meinen Respekt vor der Leistung vergrößert.

Gruß, Paul
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Paul Schubert, vielen Dank für die positive Beurteilung. Wenn man den Text zum zweiten Mal liest, sorgt er erst für Gänsehaut. Falls man ihn richtig versteht. Es gab an anderer Stelle Leser, die sich auch so eine gute Geschwisterbeziehung gewünscht haben...;-(
LG Doc
 



 
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