Ereignishorizont

Phil Trepal

Mitglied
Ereignishorizont


Ich konnte spüren, wie es von außen - der freien Welt - heranrollt. Bereits entschieden in der Distanz.

Die Strähne fällt mir wieder vor die Augen, mit einem dünnen Stock piesacke ich den Köder. Der Schwimmer tanzt und springt über das aufgewühlte Wasser. Aber es ist kaum Leben darin. Der Basalt begleitet das unruhige Szenario mit fast silbrigen, kühlen Formationen. Beinahe infantil und ohne Verstand gleiten vereinzelnd und zufällig die grauen Äschen dahin.

Sie sind langweilig.

Sie bewegen sich nicht mehr in der abgekochten Brühe, die in Dosen verpackt zu Hause steht.
Ein Prepper. Das bin ich. Das sagen sie. So reagieren sie auf mich. Aber von außen spüre ich es. Ich spüre, wie etwas sich in der Ferne manifestiert.

Es ist Ausgrenzung.

Tagelang war ich unruhig gewesen. Sie sagten, ich könne Dinge sehen, die anderen verborgen bleiben. Doch es interessiert sie nicht. Ich hatte es auf Papier geschrieben. Immer wieder. Und von ihrem Verstand her ließen sie mich spüren, dass ich nicht zu ihnen gehöre.

Das Radio lief in Dauerschleife. Warnung um Warnung.

Graues Raster auf den Papierbögen um es zuordnen zu können. Der Bleistift zum Stummel geschnitzt, die Farbe leer, das letzte Papier dahin. Asphaltgrauer Basalt am Kiesbett, aschgraue Nuancen übereinander gelagert bis ganz oben. Ein Lichtfunkeln - von der Sonne in den Bach geworfen - reißt den Spiegel auf und ich sehe mich nicht mehr im Wasserspiel. Bis vorgestern habe ich es gespürt. Ich habe versucht, es auszudrücken, versucht Hinweise zu streuen.

Und ich habe doch angefangen, das Leben zu lieben.

Und sie schnitten mich.

Der Lichtkegel springt wie beim Schach von einem Raster zum nächsten. Er folgt einer Logik. Er reizt mich, scheuert mich auf. Ich versuche den Kies auf ihn zu werfen, aber ich treffe ihn nicht.
Die Warnungen kamen in unterschiedlichen Wellen. Doch der Alltag ist ihnen zur Maxime geworden.

Es ist Ausgrenzung.



Ein Leuchten am Horizont und ein Poltern wie Wolkenturm auf Wolkenturm unruhig gestapelt - so rollt es heran.

Ich bin ein Prepper! Das sagen sie.

Aber sie akzeptieren mich nicht.

Doch mir bleibt noch Zeit – und seien es nur Sekunden - nachsichtig in mir selbst zu forschen und ihren Schnitt zu tackern.

In multiplen Gedankengängen, in Entscheidungen und mentaler Technik frei loszulassen und hundertmal zu vergeben und ihnen keine Konsequenz hinterherzuwerfen.

Es wird wärmer, die Vögel kreischen auf und flattern davon. Aufgeregt. Weg von dem orangefarbenen Gewölk, das schemenhaft in Karmesin übergeht. Wie eingeweicht - satt getränkt auf feuchtem Papier - entfaltet sich die Farbenexplosion am Horizont, gefolgt von heranrasenden, aus der Angel gehobenen Ozonfetzen.

Ich bin ruhig und warte.

Ich bin ein Prepper.

Das ist, was sie gesagt haben, aber sie haben mir nicht geglaubt.

Das Leuchten am Horizont nimmt kolossale Gestalt an. Ich sehe das Blau nicht mehr und erhebe mein Gesicht, spüre den Windhauch aus der Ferne darüberstreichen, Rauschen in meinen Ohren.

Brodeln in der Ferne.

Als wäre die Sonne mein unmittelbarer Bezugspunkt - näher als ein Erdenbürger je sein kann- legt sich die Hitze auf mein Gesicht. Mein Schweiß fließt über die Ausgrenzung und benetzt meine leuchtende Silhouette, kristallisiert sich salzig auf meiner Haut.

Aber sie haben mir nicht geglaubt.

Und trifft es sie, so habe ich es nicht gewollt.






 



 
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