Erfurt

A

annabelle g.

Gast
lieber omar, ich sehe schon, dass wird NETT werden für uns beim hessentreff! annabelle (sehr gespannt)
(dein szenario ist natürlich die maximale konfrontation. es geht aber auch drunter - besonders wenn die künftigen nazis erst zehn sind und hinten in der klasse rumlärmen. da IST noch spielraum, tätig zu werden!)
anna bella
 

gladiator

Mitglied
Merkwürdig...

...die meisten Einträge drehen sich um den Täter, kaum einer um die Opfer. Das finde ich bemerkenswert. Hagets Gedicht gibt ihnen immerhin zwei Zeilen, aber letztlich dreht es sich doch wieder nur um den Täter. Ich hätte ein Gedicht sinnvoller gefunden, dass sich einmal mit der Frage auseinandersetzt, wie es so sein kann, wenn man sich morgens in die Abiprüfung setzt und zwei Stunden später entweder tot ist oder der Hinrichtung seines Lehrers beiwohnen musste. Aber das nur am Rande.

Dass sich die "Öffentlichkeit" und speziell die Medien exzessiv auf solche Ereignisse stürzen und sie bald wieder vergessen, ist inzwischen nichts Neues und muss zwar immer wieder beklagt werden, wird sich aber niemals ändern.

Viel wichtiger wäre eigentlich, dass sich die Verantwortlichen an solche Dramen erinnern und vor allem daraus die richtigen Konsequenzen ziehen. Und da sieht es meiner Meinung nach ziemlich schlecht aus. Politiker fordern unter anderem das Verbot von Gewaltvideos und Gewaltspielen sowie eine bessere psychologische Betreuung von Kindern in Schulen.
Meiner Meinung greift das erstens zu kurz und ist zweitens ziemlicher Schwachsinn. Wenn jemand so weit ist, dass Filme und Spiele sein Leben beeinflussen, dann ist schon viel früher etwas schief gelaufen, und zwar nicht in der Schule, sondern in der Erziehung durch die Eltern.
Ich meine, stellt Euch doch mal vor: Da wächst einer 18 Jahre lang in einem Elternhaus heran, plant eine solche Wahnsinnstat und führt sie auch noch aus, hat 500 Schuss Minution zuhause und seine Eltern wissen nicht einmal, dass ihr Sohn von der Schule geflogen ist. Das ist doch unfassbar! Natürlich kann man für jede schief gegangene Erziehung indiviudelle Erklärungen und Enschuldigungen finden, und ich will auch nicht unbedingt die Eltern in diesem speziellen Fall verurteilen, aber das Grundproblem in unserer Gesellschaft ist doch, dass viele viele junge Menschen schlicht und einfach sozial verwahrlosen, weil sich niemand um sie kümmert. Es gibt doch Elternsprechtage, meine Mutter ist früher zu jedem Sprechtag gegangen, die wusste sehr wohl, wie es um mich und mein Schülerdasein bestellt ist. Heutzutage wird die Verantwortung einfach immer weiter gereicht, von den Eltern in die Schule und von das zum Jugendamt und letztlich zur Justiz. Niemand kümmert sich um die Jugendlichen, und in vereinzelten Fällen wächst sich das dann zu einer so krankhaften Psychose aus.

Schlimm finde ich das, sehr schlimm!

Gruß
Gladiator
 

GabiSils

Mitglied
Lieber Gladiator,

im Prinzip hast Du sehr recht: die Gewaltvideos sind nicht schuld, sie sind Symptom dafür, daß etwas sehr viel Grundlegenderes nicht stimmt.
Allerdings glaube ich nicht, daß "heutzutage" mehr Jugendliche verwahrlosen und die Eltern weniger Verantwortungsbewußtsein haben. Auch heute noch sind es nur *manche* Eltern, die die Verantwortung abschieben, und *manche* Jugendliche verwahrlosen.
Die Auswirkungen sind vielleicht andere, krassere, da spielt natürlich die Medienlandschaft eine große Rolle. Man erfährt auch schneller und unmittelbarer von solch unbegreiflichen Taten.
Was war denn früher besser? Noch vor hundert Jahren war Kinderarbeit gang und gäbe, Kinder hatten zu spuren und zu gehorchen und liefen gerade in kinderreichen, sozial schwachen familien allenfalls so mit. Emotionale Zuwendung durch die Eltern war sicher nicht alltäglich.

In der Tat mußten bei diesen Verhältnissen die *Kinder* sehr früh Verantwortung tragen, zum Familienunterhalt beitragen und im Haushalt/auf dem Hof mitarbeiten. Das klingt aus heutiger Sicht vielleicht hart und grausam, aber das Leben dieser jungen Menschen hatte jedenfalls einen Sinn, oder nicht? Eben dieser ging mit der Verbesserung der Lebensbedingungen verloren, und nun sucht man nach Mitteln, die entstandene Leere zu füllen.

Ich wünsche mir die früheren Zeiten gewiß nicht zurück. Man sollte sich aber vielleicht fragen, was man hier tun kann.

Gruß
Gabi
 

gladiator

Mitglied
Nun ja...

...ich habe ja nicht gesagt, dass früher alles besser war, aber offenbar war früher einiges anders, man muss sich fragen, was das war.
Sicher waren auch die Medien früher anders, aber ich wehre mich einfach dagegen, die "Medienlandschaft" mit in die Verantwortung zu ziehen, denn damit käme ihr eine Rolle zu, die meiner Meinung nach nur einmal mehr die Verantwortung abschiebt. Medien, und damit meine ich die Berichterstattung, reagieren doch nur auf die Wirklichkeit und die Gesellschaft, in der sie sich bewegen. Sie geben wieder, was passiert ist, in der einen oder anderen, mal angemessenen und viel zu oft nicht angemessenen Form. Aber sie erziehen die Kinder nicht zu Zombies. Ich glaube, dass es sich die meisten zu einfach machen, wenn sie diesen Schluss ziehen.
Und selbst wenn wir zu gestehen, dass durch Gewaltvideos und Spiele Kinder und Jugendliche zu Massakern animiert werden, selbst dann greift dieses Argument zu kurz. Denn ich kann nur wiederholen, wenn ein junger Menschen so weit gekommen ist, dann ist viel früher in seiner Erziehung etwas schief gelaufen.
Ich glaube, es gibt viele junge Menschen, die mit Horrorvideos und entsprechenden Spielen "kokettieren" (ich will mich selbst da nicht ausnehmen) und dabei entweder einen verantwortungsvollen Umgang lernen oder aber allein gelassen werden und sich ihre eigene Psychosensuppe zusammen kochen. Die Erziehung muss viel früher greifen und nicht erst dann, wenn die Munition im Schrank und die Metzelei auf dem Schirm ist.
Und vielleicht ist es wirklich wahr, vielleicht haben junge Menschen in der Vergangenheit früher Verantwortung übernehmen müssen, und damit meine ich jetzt nicht Kinderarbeit, und dadurch haben sie auch früher gelernt, im Leben einen Sinn zu sehen, ihren Standort gefunden.

Gruß
Gladiator
 

Haget

Mitglied
MoinMoin Gladiator,
ganz unabhängig von eigener Schuld oder (Mit-) Verantwortung der Medien:
Schon weil es sie mit ihren Berichten gibt, in denen Täter oft namentlich groß herausgestellt werden, wächst bei einigen Menschen offensichtlich die Idee, auch einmal (zumindest negativer) "Held" der Medien zu sein - vielleicht sogar "unsterblich" zu werden.
 

gladiator

Mitglied
Mag ja alles sein...

...aber der Umkehrschluss hieße doch, dass es weniger Massaker gäbe, wenn die Medien über voran gegangene Massaker nicht berichten. Und das glaube ich halt einfach nicht. Möglicherweise würden solche Menschen sich ein anderes Ventil suchen und entweder heimlich Menschen umbringen und so zu Massenmördern werden, oder "nur" die eigenen Eltern umbringen, oder vielleicht sogar nur sich selbst. Vielleicht sind es unter dem Strich dann weniger Tote, aber das löst doch nicht wirklich das Problem, oder?

grübelt
Gladiator
 

Haget

Mitglied
Problemlösungen habe ich nicht.
Aber mir fällt durchaus positiv auf, dass diesmal mehr ERFURT und nicht der Name des Täters im Vordergrund steht, der ja nach eigenen Aussagen etwas wie berühmt werden wollte.
 
E

ElsaLaska

Gast
Hallo Gladi,

"Ich hätte ein Gedicht sinnvoller gefunden, dass sich einmal mit der Frage auseinandersetzt, wie es so sein kann, wenn man sich morgens in die Abiprüfung setzt und zwei Stunden später entweder tot ist oder der Hinrichtung seines Lehrers beiwohnen musste. Aber das nur am Rande. "
Nee, nicht nur am Rande. Das ist genau das, worüber ich mir die ganze Zeit Gedanken mache. Ich meine, eine Abiprüfung ist schon "schlimm" genug, aber dann so etwas zu erleben, das ist schon unbeschreiblich. Das ist eine furchtbare Strafe und derartig unvorstellbar, das man wohl kein Gedicht oder einen anderen Text daraus machen kann, selbst wenn man wollte.
LG
Elsa
 

GabiSils

Mitglied
Ich denke wie immer an die Mütter, deren Kinder nie wieder nach Hause kommen.. das heißt, ich versuche krampfhaft, nicht daran zu denken.. dafür gibt es keine Worte.

Gabi
 

manka

Mitglied
Ciao belli,

falls ihr Interesse habt. Ein link zu nem Spiegelartikel, der die momentan laufende Diskussion über das Verbot/die Verschäfung von PC-Games bzw. Film schön diskutiert, natürlich auch in Bezug auf Erfurt.

Link

lG
manka
 



 
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