Erinnerungen an sie

werman

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Es ist das erste Mal seit Jahren, dass ich beim alten Kindergarten, unserem alten Kindergarten bin. Als ich den Geruch des hölzernen Kindergartengebäudes rieche, ist sie wieder an meiner Seite, für einen Moment ist wieder alles in Ordnung. Seit ihrem Tod sind jetzt schon mehrere Jahre vergan-gen. Sie ertrug dieses Leben einfach nicht mehr und nahm Abschied. Das dem Horizont entgegen schaukelnde, vor Lebensfreude sprühende Mädchen, meine erste und beste Kindheitsfreundin konnte nicht mehr. Und so stehe ich nun alleine da, gebeutelt von Melancholie, und frage mich, wie das Leben solch eine schöne, hell im Gras leuchtende Blume so früh hatte verwelken lassen kön-nen. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich den Kontakt einfach abgebrochen hatte und dass mir erst durch ihren Tod so richtig bewusst wurde, wie sehr ich sie liebe und wie wertvoll unsere gemein-same Zeit ist. Im Gegensatz zu ihr bin ich zwar noch am Leben, doch auch ich bin vom Leben ge-zeichnet. Vom Mondlicht erleuchtet kullert mir eine einsame Träne über die Wange. Ich wische sie ab und gehe. Als ich an ihrem Haus vorbeikomme, sehe ich uns vor meinem inneren Auge, wie wir laut lachend spielen. Ein trauriges Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich so da stehe und be-ginne über die alten Zeiten zu sinnieren.

Wir fühlten uns so unglaublich frei als wir in ihrem Garten dem Himmel entgegen schaukelten. Nur wir zwei, zwei sorgenlose Kinder, die den wunderschönen Tag draussen an der Sonne genossen. Fast jeden Tag verbrachten wir zusammen und taten, was sorgenlose Kindergärtner eben so tun. Es war eine Freundschaft, so rein, wie es sie nur unter Kindern geben kann. Eine Freundschaft der nichts im Wege stand, kein Druck von aussen, keine anderen Freunde, nur wir zwei. Wir würden den ganzen Nachmittag Schuhweitwerfen spielen und es würde reichen, mehr brauchten wir nicht. Doch es konnte nicht für immer so bleiben. Denn selbst Simba, die Hauptfigur unseres Lieblings-films „Der König der Löwen“, musste erwachsen werden und sich dem Ernst des Lebens stellen. Und so blieb auch uns dieses Schicksal nicht erspart. Doch wie hätte ich erahnen können, dass alles so enden würde.
Wenn wir uns nun zufällig einmal begegneten, liefen wir wortlos aneinander vorbei, als ob wir Frem-de wären. Wir waren in dem Alter in dem die Jungs Mädchen möglichst meiden und auch umge-kehrt und lebten uns auseinander. Für mich war das etwas ganz Normales und ich bemerkte da-mals nicht, dass ich sie für immer verloren hatte. Die schöne Seifenblase unserer frühen Kindheits-freundschaft war verpufft und wir gingen getrennte Wege.
Die Nachricht ihres Todes traf mich dann wie ein Schlag tief in die Magengrube. Ich hatte lange nicht mehr an sie gedacht, doch als ich es erfuhr kamen alle diese Erinnerungen auf und stachen mir wie Nadeln ins Herz. Als mich ihr Vater an der Beerdigung als einen ihrer besten Kindheits-freunde erwähnte, wurde mir wieder bewusst wie nahe wir uns einst standen und der Schmerz brei-tete sich wie eine Seuche in meinem Körper aus.

Das Eintreten von starkem Schneefall reisst mich aus meinen Gedanken. Ich ziehe meine Mütze über und blicke noch ein letztes Mal zurück, bevor ich mich auf den Weg mache. Ich weiss, dass ich sie nie vergessen werde.
 

fuuly

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Hallo,
nur ein kurzer Einwand zu deiner Formatierung des Trennstriches.
Du hast vermutlich am Zeilenende den normalen Bindestrich (-) verwendet. Beim Kopieren und Einfügen verutscht er dann in die Mitte des Textes. Verwende daher lieber den bedingten Trennstrich
mit den beiden Tasten gleichzeitig (Strg -). Am Zeilenende wird er nur wirksam, wenn er gebraucht wird, und im Text verschwindet er oder ist nur als nichtdruckbares Zeichen (kleiner Haken) zu sehen.
Grüße
 

Wipfel

Mitglied
Hi wermann,
einen Nachruf hast du geschrieben, einen traurigen. Nachdenken über den Freitod verbunden mit Kindheitserinnerungen. Mir hat er gefallen, an einigen Stellen kannst du noch verdichten. Eine Stelle habe ich rausgesucht:
Das Eintreten von starkem Schneefall reisst mich aus meinen Gedanken.
Klingt gestelzt. Warum nicht einfach: Plötzlich schneit es. oder einfach nur: Dicke Flocken schneit es jetzt.

Grüße von wipfel
 



 
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