Erinnerungen ans 21. Jahrhundert

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klaatu

Mitglied
Erinnerungen ans 21. Jahrhundert

Arm in Arm
tanzten sie Cancan
auf der Wall Street.

Ihre Kleidung
löste sich auf
und flog
in Fetzen davon.

Sie waren nackt,
doch das war ihnen
noch nicht nackt genug.

Ihre Haut wurde durchsichtig,
ließ die Adern durchscheinen.
Fleisch und Muskeln
wurden weich
und tropften klatschend
zu Boden.
Übrig blieben
tanzende Knochen.

Und der Vortänzer tanzte sich
boxend zur ersten Reihe vor,
wo er einen Stepptanz
auf den breiigen Resten
seiner Kinder und Kindeskinder
aufführte.​
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo klaatu
Das gefällt mir.

Nur eine Kleinigkeit:
Wenn sich Kleidung auflöst, passt das Bild der
fliegenden Fetzten nicht mehr so gut.

Wie wäre es einfach mit:

Ihre Kleidung
riss
und flog
in Fetzten davon


L.G
Patrick
 

Tula

Mitglied
Hallo klaatu

ich bin auch diesen Zeilen gern gefolgt. Sinnbildlich mag sich jeder Leser darunter etwas vorstellen, der Tanz an der Wall Street ist ja immer ein Vergnügen für jene, die nur Profit im Auge haben und den Rest der Welt um sich nicht mehr wahrnehmen.

Was mir an der Umsetzung weniger gefällt ist der zu starke Zeitraffer, zum Beispiel beim Übergang von der ersten zur zweiten Strophe. Das kommt irgendwie recht schroff, beinah 'unlogisch', inhaltlich scheint etwas zu fehlen.

Auch wenn lange Gedichte oftmals kritisiert werden, könnte man bei diesem und der Beschreibung des allmählichen 'Zerfallprozesses' wohl noch an weiteren Details arbeiten oder gar Einzelheiten des Zerfalls um die Tanzenden herum mit einbringen, oder gar die Ursache(n) mit einbeziehen (in der Sonne versengen ?). - Damit käme vielleicht auch der Widerspruch des 'trotzdem weiter Tanzens' im Vergleich zur Zerstörung der Umwelt (so lese ich vor allem die letzte Strophe) etwas deutlicher hervor.

LG
Tula
 

revilo

Mitglied
geht so.....das Ende ist zu dramatisch.....ein offenes Ende, wo dem Leser Raum zur Spekulation bleibt, wäre schöner....LG revilo
 

klaatu

Mitglied
@ Patrick
@ Tula

Danke für die Anregungen. Beim Schreiben war ich gedanklich wohl schon so sehr beim Ende, dass ich einen sinnigen Übergang völlig vergessen habe. Ich habe mich jetzt für einsetzenden Regen entschieden, der die Kleidung auflöst. Das passt auch super zu der ursprünglichen Aussage des Textes.

@ Revilo
Was soll es da am Ende noch zu spekulieren geben? Eindeutiger geht es kaum und eindeutig soll es auch sein.

Danke für eure Kommentare!
k
 

revilo

Mitglied
@ Revilo
Was soll es da am Ende noch zu spekulieren geben? Eindeutiger geht es kaum und eindeutig soll es auch sein.


...und genau das ist die Schwäche des Gedichts...ich mag diese Zeigefingerlyrik einfach nicht....LG revilo
 

klaatu

Mitglied
@ Revilo

Ich kann mir denken, was du mit der Zeigefingerlyrik meinst. Da stehe ich auch nicht sonderlich drauf. In diesem Fall wollte ich aber nicht nur mit dem Finger darauf zeigen, sondern gleich einen Stepptanz darauf hinlegen. Muss auch mal sein.

LG
 



 
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