Erinnerungen (Pantun)

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Sidgrani

Mitglied
Hier in der Straße, da wurd ich geboren,
hier haben wir unsere Kindheit verbracht.
Alles ist anders, ich fühl mich verloren,
so lang ist es her, mir winkt schon die Nacht.

Hier haben wir unsere Kindheit verbracht,
hier haben wir abends im Grase gesessen.
So lang ist es her, mir winkt schon die Nacht.
Nie werd ich dein heiteres Lachen vergessen.

Hier haben wir abends im Grase gesessen,
umschlungen die Sterne am Himmel gezählt.
Nie werd ich dein heiteres Lachen vergessen,
wir waren so glücklich, als wir uns vermählt.

Wir haben die Sterne am Himmel gezählt,
gleich Sternschnuppen brannten unsere Herzen.
Wir waren so glücklich, als wir uns vermählt.
Jetzt musstest du gehen, vorbei sind die Schmerzen.

Gleich Sternschnuppen brannten unsere Herzen,
alles ist anders, ich fühl mich verloren.
Jetzt musstest du gehen, vorbei sind die Schmerzen.
Hier in der Straße, da wurd ich geboren.
 
Hallo Sid,
man könnte theoretisieren, zum Beispiel, ob man noch Schmerzen auf Herzen reimen sollte. Aber ich kann mir nicht helfen. Mir vergeht die Theorie, weil ich dein Gedicht zum Heulen schön finde.
LG
Ekki
 

Sidgrani

Mitglied
Hallo Ekki,

ob man noch Schmerzen auf Herzen reimen sollte
ich stimme dir zu, dieser Reim ist ziemlich abgenutzt, vielleicht wäre das eine Alternative (obwohl nicht ganz rund):

Wir haben die Sterne am Himmel gezählt,
gleich Sternschnuppen leuchtete unsere Liebe.
Wir waren so glücklich, als wir uns vermählt,
doch hofften vergeblich, dass es immer so bliebe.

Danke und einen lieben Gruß
Sid
 

kakadu

Mitglied
Hi Sid,

ein leicht variiertes Pantum lese ich hier von dir. Ich würde die Gedichtform von der Redaktion im Titel in Klammern ergänzen lassen.

Ich finde die Verse angenehm zu lesen. Die Metrumwechsel machen mir keine Schwierigkeiten. "Herzen - Schmerzen" würde ich auch versuchen zu ersetzen. Sehr gut gefällt mir allerdings die rhythmische Variation in diesem Vers:

gleich Sternschnuppen brannten unsere Herzen.

In amphibrachischen Versen mag ich es sehr gerne, wenn ab und zu ein zweisilbiger Versfuß (hier: brannten) den schnellen Rhythmus etwas bremst. Das gibt dem Vers rhythmisch etwas mehr Biss! Das könntest du ruhig öfter machen! Hier könntest du dadurch z.B. das veraltete Dativ-E in "Grase" vermeiden:

hier haben wir abends im Gras gesessen.

Und im "vermählt"-Vers die hässliche Ellipse:

Wie waren wir glücklich, so frisch vermählt!

Auch bereits im ersten Vers ginge das gut:

Hier in der Straße wurd ich geboren,


Vielleicht magst du mal schauen, dass du den Amphibrachys auf diese Weise etwas rauer gestaltest? Ich glaube, das würde dem Gedicht gut tun, weil es etwas Tempo rausnehmen und auch dem Leiern entgegenwirken würde. Möglicherweise findest du dabei ja auch eine schöne Alternative zum Herzen-Reim. Ich kann mir gerne auch noch ein paar Gedanken dazu machen. Was meinst du?

LG Claudi
 
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Gelöschtes Mitglied 16600

Gast
Hallo Sid,
der Amphibrachys ist ja recht selten, umso mehr freue ich mich, ihn hier bei dir wieder zu entdecken.
Auf der anderen Seite, frage ich mich, ob dieses Metrum ideal zum besinnlichen Thema gewählt ist.
Der Amphibrachys ist wie ein Pferd, das losgaloppiert und nicht mehr anhält.
Die Erinnerungen jedoch wollen verweilen, nicht hasten.
Der Inhalt ist so wertvoll, dass ich ihn in ein neues Gewand packen würde.
LG Hans
 

petrasmiles

Mitglied
Der Amphibrachys ist wie ein Pferd, das losgaloppiert und nicht mehr anhält.
Es rennt ja auch, das Leben, und reißt die Sterne und die Liebe bis hin zur Geburt mit sich in den Abgrund - bis irgendwann Zerbrochenes heilt und das entkernte Leben amöbenhaft weitergeht - vielleicht auf dem Weg zu neuer Festigkeit ... wer kann das sagen?
Ich mag dieses Gedicht!

Liebe Grüße
Petra
 

mondnein

Mitglied
der Amphibrachys ist ja recht selten
Amphibrachyen sind nur Daktylen mit Auftakt, so wie Trochäen nur Iamben mit Auftakt sind. In der hexametrischen Dichtung völlig normal, kaum erwähnenswert.

Auch die Anapäste, die in diesem Gedicht eigentlich die häufigsten Versfüße sind, sind nur Daktylen mit "verschobenen" Taktstrichen (um die Taktbestimmung in unserer Notenschrift zur Hilfe zu nehmen, wo der Taktstrich vor der Hauptbetonung zu stehen pflegt und die Unbetonten vor der Hauptbetonung als Auftakt gelten können).

grusz, hansz
 



 
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