erntezeit

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Perry

Mitglied
erntezeit

der ruf zu den waffen war schuld
dass der apfel meines vaters
nicht im heimischen hof landete

ich wuchs auf als häuslerjunge
holte täglich milch vom bauern
die zeitung von den großeltern

größer trat ich in seine stapfen
wollte fortführen was er begann
doch am scheideweg bog ich ab

wer die linien meiner zeilen zog
weiß nur der herbstliche wind
er schüttelte mich vom baum
 

wüstenrose

Mitglied
der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Hallo Perry,

dein schlichtes Gedicht gefällt mir sehr gut und berührt mich inhaltlich stark. Da sucht einer den Vater, hat ihn nicht, hat ihn doch, trägt ihn in sich, der Weg ist geebnet, der Sohn versteht und achtet des Vaters Herkunft und Lebensentwurf und geht dann, an der Wegscheide, doch in eine andere Richtung.
Wird sich der Sproß in einer neuen Welt etablieren? Man weiß es nicht so genau. Da ist auch Verlust von Halt und Haftung (das Gedicht kommt hier auf seinen Anfang zurück), eine Verortung in der Welt fällt schwer.
Das LyrI ist damit zugange, den Lebensweg zu bilanzieren. Die Bilanz fällt (in einer Zeit, in der jeder dahergelaufene möchte-gern-Promi seine ach-so-aufregende Vita ausbreitet) erfreulich unspektakulär aus. Und doch: wer Ohren hat zu hören, der vernimmt die Zwischentöne. Schön.

PS: evtl. später anstelle von größer ?

lg wüstenrose
 

Perry

Mitglied
Hallo wüstenrose

wo kommen wir her, wer sind wir und wo gehen wir hin, sind Fragen, die sich uns immer wieder mal stellen.
Einerseits stellt das Leben die Weichen, aber was uns geprägt hat, die Zeilen für unser gezogen hat, können wir nur vermuten. Gut für die, die Zeilen haben, auf denen sie schreiben können.
Danke für deine Eindrücke.
LG
Manfred

PS: Die Anregung, die Wiederholung des "groß" in "großeltern" und "größer" zu vermeiden, greife ich gerne auf.
 
Lieber Manfred,
Dein Vater-Sohn-Gedicht hat mich sehr angerührt, nicht zuletzt, weil ich auch Vater eines Sohnes bin und mit meinem Vater, der auch Kriegsteilnehmer war, so meine Probleme hatte.
Herzliche Grüße
Karl
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

jede Generation hat seine "bösen Geister", nur dass die heutigen nicht so offensichtlich zu erkennen sind.
Danke fürs Reinspüren und LG
Manfred
 



 
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