Ersatzteil (gelöscht)

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Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Deutlich runder, als ich die letzte Version erinnere. Und wie das so ist: auf polierten Oberflächen fallen Pickel um so mehr auf.

Über das Füttern konnte Peter das Denken verdrängen, doch als er danach in der Küche stand, sich Eier briet und auf das Zischen der Kaffeemaschine wartete, musste er an seinen Besuch denken und sein Herz schlug schneller, sodass er überlegte, Milch anstelle des Kaffees zu trinken.
Dativ ist hier angesagt: Über [blue]dem[/blue] Füttern...
Sodass lebt in wilder Ehe, [blue]so dass[/blue] hier eine Trennung der Sitte genüge täte.

Doch dann aß er hastig und eilte ohne ausgetrunken zu haben zum Live-Room.
Komm ma' nach drüben geeilt: ...und eilte[blue],[/blue] ohne ausgetrunken zu haben[blue],[/blue] zum...

Peter überlegte kurz am Terminal, dann fügte er Kuchen dem Speiseplan hinzu.
Fühlt sich für mich falsch herum an, darum: ...[blue]fügte er dem Speiseplan Kuchen hinzu.[/blue]

...,obwohl er das auch kaum einschätzen konnte.
Noch so'n Dreher: [blue]...obwohl er auch das kaum einschätzen konnte.[/blue]

Zu wenig verstand er von ihrem virtuellen Leben, dieses rein elektronische Reden, Arbeiten...
Didedu – Dativ: ...[blue]diesem[/blue] rein elektronischen Reden, Arbeiten...

Das Pflaster der breiten Trekker-Straße hatte Peter selbst gesetzt.
Frag' mal Fritzchen, was er gerade macht: „[blue]Trecker[/blue] fahr'n...“

...der metallische Geruch nach Öl...
Olfaktorischer Mißgriff: Öl riecht ölig.

...von Flechten und Algen zum Teil grün und gelb verziert.
Lass das Teil weg, ist schon in der Verzierung enthalten. Sonst hättest Du 'bedeckt' geschrieben, stimmt's? ;-)

..., wenn er denn blieb.
Ist es denn die Möglichkeit! So werden Verbformen ausgerottet:
..., wenn er denn [blue]bliebe[/blue].

Der Eingang stach schwarz daraus hervor und als sie eintraten umfing sie die Dunkelheit, bis sich ihre Augen daran gewöhnt hatten.
Von der Gewöhnung wird’s auch nicht heller. Geht’s nicht treffender?

Dann trat Peter auch auf den Hof hinaus, spürte intensiv, wie sich die Sonne auf ihn niederließ und die frisch entkeimte Haut begrüßte.
Sach ma', Lap, wat hast'te eigentlich gegen dat arme Dativchen?
Nicht einmal die Sonne gönnst Du [blue]ihm[/blue].
Das ist Kasualdiskriminierung, ist das, jawoll!

Entrüstet entwichen: mit waffenlosem Lächeln verblichen
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hey Rumpel, besten Dank!

Du glaubst nicht, wie schwer es als Berliner ist, dem Akudativ zu entfliehen.
:eek:

Ich werde Deine Korrekturen einarbeiten.

cu
lap
 

lapismont

Foren-Redakteur
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jon

Mitglied
Teammitglied
Ich hab zwar nicht ganz verstanden, wozu der Typ die lebenden Leichen im K… sorry: Liveroom hat (die Struktur dieser Gesellschaft müsste ich mir ratenderweise zusammenpuzzeln, was sicher auch geht), aber irgendwie interessiert mich dieses Detail auch nicht. Ich finde es so großartig, wie diese Land-Stimmung beschrieben ist, dieses Allein-Sein (inklusive der Anflüge von Einsam-Sein), das Unwirkliche der technischen Enklave in dieser Idylle … na eben einfach alles.

Es sind nur noch ein paar Pickel auszudrücken …

** Er drehte die Sense, holte den Schleifstein aus der Beintasche und begann[red]Komma[/red] mit ruhigen Bewegungen die Schneide zu schärfen.

** Peter setzte seine Arbeit ohne Hast fort, bis er genug für eine hoch bepackte Heukarre zusammen hatte.
Ganz kleiner Stolperer: Mag sein, dass sie Heukarre heißt, geerntet hat er aber Gras. Oder meinst du, er schnitt so viel Gras, dass es, wenn es zu Heu getrocknet ist, eine Heukarre fülllt?

** … so dass er überlegte, Milch anstelle des Kaffees zu trinken. Doch dann aß er hastig und eilte, ohne ausgetrunken zu haben[red]Komma[/red] zum Live-Room.
Mittlerer Stolperer: Er überlegte, ob er lieber Milch trinken sollte, aß dann aber hastig. Du meinst vielleicht: Er überlegte, ob er Milch trinken sollte, blieb dann aber bei Kaffee. Er aß hastig und … 

** Da lagen die Fünf.
Die Formulierung "die Fünf" heißt, es ist eine als 5er-Gruppe "konzipzierte" Einheit. Du meist aber doch eher "die fünf".

** Der Anblick einer leeren Liege störte durch das Fehlen des Körpers; …
Das klang mir etwas "verwürcht". Erstens, weil "eine leere Liege" auch heißen könnte, dass es zum Glück keine gab. Zweitens weil "leere Liege" und "fehlender Körper" irgendwie doppelt gemoppelt sind. Drittens weil nicht der Anblick stört, sondern das Fehlen den Anblick stört.

** dunkel im Schatten der ausgeschalteten Terminals und Anzeigen.
Kleiner Stolperer: Warum hat eine Liege mehrere Terminals?

** Er warte[red]te[/red] kurz. Doch sie sagten nichts über sein Gespräch nachher.
Kleiner Stolperer: Sagten sie etwas anderes?

** Ob die anderen auch aufgeregt waren? Doch in den fahlen Gesichtern der Gruppe regte sich nichts.
Feinheit: Vor das "doch" gehört, worauf es sich bezieht – nicht auf "ob sie aufgeregt waren?" sondern auf "Er versuchte zu erkennen, ob …"

** Es war nicht so, dass er den Verwaltungskram hasste, aber es kostete ihm [red] ihn [/red] viel Kraft, hinter die ganzen Verordnungen und Gesetze zu steigen, … obwohl er auch das kaum einschätzen konnte. Zu wenig verstand er von ihrem virtuellen Leben, diesem rein elektronische[red]n[/red] Reden, Arbeiten...


** die in ewigen[red]m[/red] Hunger auf die Ernte warteten.

** In letzter Zeit schickte die Firma jedoch immer öfter einen Separated Bit, der drahtlos im Netz steckte und schweigend seiner Arbeit nachging, bleich und effizient.
Bei "im Netz steckte" dachte ich an ein Service-Programm – aber ist das "bleich"?

** Die Zeit würde kommen, da es kaum noch Menschen gäbe, die sich nach den wilden Jahren der Jugend für ein Leben ohne Netz entschieden.
… oder "außerhalb des Netzes"?

** Peter wischte einige neue Spinnenweben aus den Ecken [strike]der Wände[/strike] im Maschinenraum, während er flüchtig prüfte, ob das Kraftwerk vorzeigbar wäre.

** Er spürte das Holz des Gatters[red]Komma[/red] auf das er sich schwer stützte, es war rissig und grau, verziert von Flechten und Algen. Etwas Kamilleduft zog von der Wiese herüber und doch stand Peter nicht der Sinn nach einer Mittagspause.
Deutlicher Stolperer: Was hat der Kamilleduft mit dem Appetit auf Mittagessen zu tun?

** »Peter Dombrowsky?«[red]Komma[/red] sprach der Mann ihn an.
»Ja,« antworte[red]te[/red] Peter und lüpfte den Hut.

** Er war ein Nischenprodukt, ein Freak.
Er war ein Produkt? Ich meine: Kann ja im (mehrfacher Hinsicht) sein, aber ich stutzte hier.

** »Ja.« Dann leuchteten die Augen plötzlich auf.[red]ohne Absatz[/red]
»Zeigen Sie mir die Schweine!«

**… das so entschuldigend wie unnötig war,
Ich weiß, sowas wird gern mal benutzt, ist aber nicht sehr sinnig. Es ist ein bisschen wie "Der Ball ist so rund wie blau."

** Der Eingang stach schwarz daraus hervor und als sie eintraten[red]Komma[/red] umfing sie Dunkelheit. Ihre Augen reagierten langsam; bis sie die Schatten durchdrangen, schwiegen die Männer.

** Es stank nach Schweinemist, Schrot und gedämpften Kartoffeln.
Kann man Schrot durch den Mist- und Kartoffelgeruch hindurch denn noch riechen?

** Doch der Mann blickte ihn erneut nur ernst an. [red]Ohne Absatz[/red]
»Nein, nicht nötig. Ich akzeptiere.«

** durchschritt das kaum sichtbare Seuchenfeld in der Türöffnung …
Seuchenschutzfeld?

** Vieles geschah von selbst oder hatte die Gruppe bereits festgelegt, …
Nicht leicht zu erkennen, aber hier sind die Satzglieder vermischelt worden: Einmal ist "vieles" als Subjekt verwendet (Vieles geschah von selbst), zugleich aber als Objekt (die Gruppe hatte vieles schon erledigt). Das geht nicht. Es sei denn, Peter züchtet auch Stil-Blüten ;-)

** »Danke!«[red]Komma[/red] krächzte er und ging weiter.
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
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Da siehst Du mal den Unterschied zwischen einem Amateur und einer Professionellen: wo ich Dir gerade einmal Clerasil aus dem Drogeriemarkt bieten konnte, macht Jon gleich ein richtiges Peeling. Porentief.

Hut und ab gezogen
 

lapismont

Foren-Redakteur
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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Ulrike,

sehr vielen dank auch Dir für die intensive Hautpflege. Erstaunlich, erstaunlich, wie tief manche Mitesser sind.

Auch bei Deinen Anmerkungen war einiges nicht leicht auszukurieren, besonders, da ich in einem bestimmten Duktus bleiben wollte.
;)

Ich hoffe aber, es gelang mir.

Und ja, Schrot riecht man, es ist ein ganz besonderer Duftcocktail, den ich auf immer mit Stall verbinden werde, auch wenn der Bauernhof, der hier Pate stand, so nicht mehr existiert.

Das Verständnisproblem ist natürlich beständig. Irgendwie weigern sich die meisten meiner Texte beharrlich klarer zu werden. Darum wohl werden es meist Gedichte.
:D

cu
lap
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Sehr gern geschehen …

Mach dir wegen der "offenen Fragen" bezüglich der Gesellschaft dort keine Sorgen: Was nötig ist, ist da, die nächste Ebene (, die nicht unmittelbar benötigt wird), kann man leicht selbst hinzu-entschlüsseln, und mehr muss eine so kurze Kurzgeschichte nicht leisten. Kann sie auch gar nicht, sie ist nur ein Schlaglicht. Gemessen an der Länge steckt ja schon jede Menge "Gesellschaftsentwurf" drin (, man merkt den Dichter, der dicht zu schreiben gelernt hat).
 

sternsucher

Mitglied
Hallo Lapismont,
eine interessante Gesellschaft die du da gezeichnet hast. Obwohl, oder gerade weil mir die näheren Umstände fehlten und ich meine Fantasie bemühen musste.
Bleibt nur die Frage, ob das erstrebenswert ist. (Die Gesellschaft meine ich)

Schöne Grüße, Sternsucher
 
D

Dominik Klama

Gast
In einer agrarischen Produktionszelle angesiedelte SF-Kurzgeschichte, deren (eigentlich belangloser) Held Peter nervös auf einen Besucher und dessen Entscheidung wartet. Lesespannung baut sich auf, weil erst nach und nach klarer wird, was das für ein merkwürdiges Landarbeiter-Kollektiv ist, dem Peter hier offenbar vorsteht, und welche Funktion darin dem sechsten Mann, dem Neuankömmling zukommen könnte. Schließlich begreift man, dass es sich um einen „satirischen“ bzw. „gesellschaftskritischen“ bzw. „ökologisch engagierten“ Text handelt, der Auswüchse der modernen Landwirtschaft und der industriell durchrationalisierten Nahrungsmittelproduktion für Milliarden Erdbewohner kritisch beleuchten will.

Gut, okay, als spannende SF-Geschichte ist das sauber aufgezäumt und funktioniert auch. Aber ich persönlich interessiere mich für SF gar nicht – und finde auch Spannung in der Literatur längst nicht so wichtig, wie oft angenommen wird.

Vor allem würde mich der belehrende Impuls an der Sache stören, das „Bewusstsein wecken Wollen“, welches dann immer am leichtesten geht, wenn man fürs erhoffte „neue Bewusstsein“ sein eigenes privates Leben gar nicht groß umwerfen müsste. Würde mich stören, wenn er mehr rauskäme, dieser Impuls, was er glücklicherweise aber nicht tut, weil der Leser diese Story gar nicht versteht, sofern er sie sich nicht weitgehend selbst zusammenreimt. Nun, das ist wirklich nicht übel aufgezogen!

Das Beste am Ganzen ist aber wahrlich nicht der SF-Klimbim von virtuellem Leben und winzigen Bit-Handwerkern und auch nicht das Aufrüttelnde vom Leben, das sich freiwillig in Maschinen einbauen lässt, sondern dass hier jemand weiß, was auf Bauernhöfen getan wird, wie es dort aussieht, wie es dort riecht, wie dort die Gegenstände heißen. Heute sind es nur noch wenige Menschen, die uns das zur Literatur machen könnten. (War mal ganz, ganz anders.) Darum schön, wenn einer, der das kann, es dann auch tut für uns.

Aber, oho! Auf der Ebene der Details hat mir hier vieles überhaupt nicht gefallen:

„Im Live-Room“: Ein Wohnzimmer wäre „Living Room“. Raum für Lebendes wäre vielleicht ein „Life Room“. „Live Room“ muss wohl etwas mit dem Fernsehen zu tun haben, wo gewisse Übertragungen gerne mal „live“ sind. „Life is live, la la la la la“, sang, tief schürfend, einst ganz Österreich.

Zweimal lese ich das Wörtlein „nachher“ sehr weit hinten in einem Satz. Und beide Male verdirbt es diese Sätze: „Doch sie sagten nichts über sein Gespräch nachher.“ „Vielleicht gab es ja etwas zu feiern nachher.“

„Peter, dessen Magen einen Sprung machte und sich irgendwo im Innern mit dem wild schlagenden Herz traf.“ Boing! Die bildhaft denkende Sprache des Lyrikers. Aber hier wird sie unfreiwillig komisch. Und das muss nicht sein.

„Bang öffnete Peter das Gatter und winkte seinen Gast herein.“ Dass jemand eine Türe „bang“ öffnet, ist nach Hermann Bang in der Literatur wahrscheinlich nur noch selten vorgekommen. In der Zukunft wird dann aber wohl wieder mehr gebangt und gebarmt und verstohlen geseufzt werden als heute in diesen prosaischen Tagen.

„Das bohrende Gefühl in seinem Bauch, das er für Hunger gehalten hatte, ist Angst, stellte Peter plötzlich fest.“ War Angst. Das (raunende) Imperfekt ist das Präsens der Prosa. Und ist man erst mal auf dieser Zeitebene, dann bleibt man es meistens besser auch. Ausnahmen bestätigen jede Regel. Aber nicht hier!

„Schmale Schultern, bleich und merkwürdig verschwommen.“ Schultern, die bleich sind und verschwommen, kann ich mir aber echt schwer vorstellen, dachte ich sogleich. Dann erst ging mir auf, dass „bleich“ und „verschwommen“ sich nicht auf die Schultern, sondern den ganzen geschulterten und geschundenen Mann beziehen wollen.

„Die Kaninchen stoben lautlos durch ihre Käfige.“ Der schwarze Rappe stob wild wiehernd davon durchs hohe Gras der argentinischen Savanne. Stieben braucht, denke ich, mehr Platz, als im Hasenstall ist.

„Ein jeder von ihnen [lag] in einem eigenen kleinen Zentrum aus Licht und geheimnisvoller Starre.“ Ich lag beim Lesen auch in einem „Zentrum aus geheimnisvoller Starre“. Das geht natürlich nicht. Gemeint ist vielleicht: „Sie lagen in geheimnisvoller Starre.“ Die von ihrem Sinngehalt her zueinander schlecht passenden Wörter „Zentrum“ und „Starre“ aber mit einer einzigen Präposition „in“ zu verbinden im Rahmen der Satzkonstruktion, das ist schlechter Stil.

Als Mensch mit exorbitanter Schwäche beim „Dämmerungssehen“, wie es der Augenarzt nennt, möchte ich Rumpelsstilzchen widersprechen. Von der Gewöhnung wird es wesentlich besser! Und deshalb habe ich mich selbst zu anderen Leuten oft sagen hören: „Erst hab ich überhaupt nichts gesehen. Ich hab nur Schwarz gesehen überall. Aber als die Augen sich gewöhnt hatten, ging es einigermaßen und ich habe begriffen, dass das seltsame Geräusch von ... her kam.“ Ich denke, man redet so, also kann man es auch schreiben innerhalb von Literatur. Was natürlich nicht stimmt, ist, dass die Dunkelheit wegginge, wenn der Mensch seine Wahrnehmungsfähigkeit ändert. Sie sieht nur anders aus. (Ha! Sehe grade, das ist mittlerweile wohl zu „Augen reagierten langsam“ verändert worden. Meine Anmerkungen beziehen sich auf die Version, wie sie in der pdf-Datei mit sämtlichen Storys bis Herbst 2008 steht. Kriege ich einen Hinweis, Werk des Monats sei etwas, was im April 2008 veröffentlicht worden ist, schlage ich zum Lesen sofort mein Festplatten-pdf auf, weil ich es irgendwie übersichtlicher, „handlicher“ oder stabiler oder, ich weiß nicht, finde als das Internet.)

Auch ich finde es überhaupt nicht gut, stilistisch gesehen, wenn die Sonne sich auf einen Menschen niederlässt. Die Sonne hat keinen Hintern, der Mensch ist kein Stuhl. Aber rein grammatisch betrachtet, ginge der Satz von Lapismont so halbwegs an. Frage ich, wo etwas IST, kommt Dativ: auf dem Hof. Frage ich, wohin sich etwas BEWEGT, kommt Akkusativ: bis in die Milchstraße. Ächzend geht das auch bei „sich setzen“: Das Sonnenlicht setzte sich auf den Herrn Dombrowsky drauf. Ließ sich nieder auf ihn.

Ich hoffe, ich komme nicht selber auch so rüber, bezüglich Jons Kritik aber meine ich, dass die Schulmeisterei hier durchgegangen ist. Jon amüsiert sich allzu gerne über kleine, nicht besonders entscheidende Punkte, die man dem Autor als individuelle Eigenheiten, lokale Färbung (In Max Frischs „Stiller“ wimmelt es von an sich ja „falschem“ Schweizerdeutsch – und kein Lektor scheint ihm damals drein geredet zu haben) oder literarische Freiheit durchaus zugestehen könnte. Ein Beispiel: Es sei ein grober Schnitzer, wenn der Duft von Kamillen Lust auf Mittagessen wecke. Aber vielleicht trinkt Peter zu jeder Mahlzeit eben eine Tasse Kamillentee, dann ist das wie bei den Madeleines, die andernorts im Tee zerfallen, gewisse Gedanken steigen dann auf, wenn es danach riecht. Oder er ernährt sich ausschließlich von Kamillenpastillen, da alles auf dem Hof Erzeugte in der Stadt gebraucht wird.

Übrigens finde ich gerade das gut, wenn (z.B. per „Seuchenschutzfeld“) der Autor in der Schnitzeljagd, die er dem Leser zum „Verstehen“ des Gelesenen aufnötigt, eher nebenbei und wie absichtslos auch einmal ein Schnitzelchen einstreut, von dem er doch ganz genau weiß, dass er das an keiner Stelle weiter „erklären“ wird. Kann man sich doch schön was denken! Geht natürlich nicht, wenn so ein einziger kurzer Hinweis das Verständnis der ganzen Gesichte völlig umkippen würde, so man ihn überhaupt bemerkte. Ist hier aber nicht der Fall. Wann und wo diese Seuchen waren, ob nun innerhalb des Hofes oder draußen in der übrigen Welt, muss man notwendig gar nicht wissen.

Dennoch wäre ich schon dankbar, wenn jemand erklären könnte, warum es in einer Welt, in welcher unsichtbare, unkommunikative Handwerker durch Netzverbindungen ins Haus gelangen, um Probleme zu richten, in der, aber wundern wir uns darüber nicht, immerhin die gute alte Agrarbürokratie von Brüssel noch fröhlich Urständ feiert, mit einem Mal so etwas unglaublich Altmodisches wie ein schwarzes Taxi um die Ecke biegt. Ging’s nicht mit dem Fliegenden Bügeleisen, mit Beamen, mit Energie-Bit-Transfers per www?

Ach so, noch: Ich habe nebendran mit dem Kuli notiert, aus welchen Namen die 5-er-Gruppe besteht: Also, da waren Lisa und Samantha und Hans und Mia, die Jüngste. Ich atmete auf, als mit dem Auftauchen von Frank meine Spannung sich löste, da nun alle im Kästchen lagen. Da fragte ich mich aber, warum kommt der Frank denn so spät erst dazu? Und anschließend fragte ich mich: Warum muss ich überhaupt wissen, wie die heißen, welches Geschlecht sie haben, wie alt sie sind, wenn sie am Ende in der ganzen Geschichte ihre fünf Nebenfiguren-Auftritte eigentlich niemals bekommen haben? (Im Gegensatz zu Lars, dem Seehund. Äh, den Sehhund?)
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh, Danke Dominik für diese so ausführliche Betrachtung der Geschichte. Ich werde mich nächste Woche intensiver mit den Anmerkungen beschäftigen.

Danke!
 

F. Alexander

Mitglied
Hallo lapismont,

neu hier in diesem Forum (relativ gesehen :) ), lese ich mich nach und nach durch die hier geposteten Geschichten. Da ich geschichten grundsätzlich mehrfach lese, bevor ich kommentieren, dauert es etwas. :)
Deine Geschichte fiel mir zunächst durch den Titel auf, dachte ich zuerst an eine Body-SF oder Robotergeschichte. Beim ersten Lesen war ich daher etwas verwirrt, als ich im Anfangsbild in eine ländliche Idylle stolperte. Zwar drehte sich der Eindruck im Nachgang, doch das Anfangsbild störte mich und ließ den Leseeindruck nicht rund sein.
Beim zweiten Lesen jedoch ergab sich ein anderes Bild. Wenn ich möglicherweise hier auch an der wahren Bedeutung vorbeischramme, mein Eindruck ist folgender:
Du beschreibst eine dystropische Zukunft, in der Menschen, zumindest Menschen eines bestimmten Typus, eher zweitrangig sind. Auch wenn mir sich nicht ganz erschließt, welche Eigenschaften dieser Typus haben muss. Die Wechselbeziehung zwischen Peter und seinem Kollektiv sind sehr ambivalent. Zum einen scheint Peter der Bestimmer zu sein, zum anderen aber auch extrem abhängig von seinen "Ersatzteilen". Ein Widerspruch, den du in der Geschichte nicht auflöst. Mehr Hintergrund der Gesellschaftsform, in der deine Geschichte stattfindet, hätte ich als hilfreich empfunden. Daher bleiben -für mich- am Ende zu viele Fragen offen.

Stilistisch und sprachlich finde ich deine Geschichte überaus gelungen. Die Bilder, die du benutzt funktionieren und nehmen mich mit durch die Geschichte.

lieben Gruß
F. Alexander
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Dominik Klama,

so nun etwas ausführlicher zu Deinen Bemerkungen.

Zunächst Dank für das Lob bezüglich der landwirtschaftlichen Details. Ohne sie wäre ich nie auf die Idee der Story gekommen.
Erstaunlich ist Dein Leseempfinden in Richtung Satire oder Kritik. Darauf habe ich es gar nicht angelegt, aber wahrscheinlich kann kein Autor seine politischen Bedenken aus so einem Text heraushalten.

Der "Live-Room" soll tatsächlich so heißen. Hier ist die Gruppe live - für Peter. Es ist nicht wirklich ein Wohnzimmer, denn die Gruppe liegt hier nur, sie wohnt in einer virtuellen Welt.

Das Problem mit "nachher" verstehe ich nicht. Am Ende eines Satzes wirkt es betonter. Vielleicht ist diese Verwendung auch regional? Habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht, würde mich aber schon sehr interessieren, was daran störend ist.

„Peter, dessen Magen einen Sprung machte und sich irgendwo im Innern mit dem wild schlagenden Herz traf.“ Boing! Die bildhaft denkende Sprache des Lyrikers. Aber hier wird sie unfreiwillig komisch. Und das muss nicht sein.
Ich habs geändert, auch wenn ich mich immer wieder wundere, warum Prosaiker lyrische Sätze als unfreiwillige Komik empfinden.

„Die Kaninchen stoben lautlos durch ihre Käfige.“ Der schwarze Rappe stob wild wiehernd davon durchs hohe Gras der argentinischen Savanne. Stieben braucht, denke ich, mehr Platz, als im Hasenstall ist.
Für mich ist stieben etwas, das kleine und flinke Tiere tun. Schneegestöber nimmt auch nicht viel Raum ein. Ich glaube, man erkennt doch die Bewegung der Kaninchen.

„Ein jeder von ihnen [lag] in einem eigenen kleinen Zentrum aus Licht und geheimnisvoller Starre.“ Ich lag beim Lesen auch in einem „Zentrum aus geheimnisvoller Starre“. Das geht natürlich nicht. Gemeint ist vielleicht: „Sie lagen in geheimnisvoller Starre.“ Die von ihrem Sinngehalt her zueinander schlecht passenden Wörter „Zentrum“ und „Starre“ aber mit einer einzigen Präposition „in“ zu verbinden im Rahmen der Satzkonstruktion, das ist schlechter Stil.
Ich denke das Semikolon verbindet nun die Beschreibung mit dem "lagen" im Satz vorher. Sicher ist das Bild wieder lyrisch, aber ich mag das Wegbrechen der Bewegung in diesem Teil. Es ist wie eine Yoga-Übung. Die Starre vermittelt das Nicht-Totsein während das Zentrum auf eine geistige Konzentration hindeutet.

Dennoch wäre ich schon dankbar, wenn jemand erklären könnte, warum es in einer Welt, in welcher unsichtbare, unkommunikative Handwerker durch Netzverbindungen ins Haus gelangen, um Probleme zu richten, in der, aber wundern wir uns darüber nicht, immerhin die gute alte Agrarbürokratie von Brüssel noch fröhlich Urständ feiert, mit einem Mal so etwas unglaublich Altmodisches wie ein schwarzes Taxi um die Ecke biegt. Ging’s nicht mit dem Fliegenden Bügeleisen, mit Beamen, mit Energie-Bit-Transfers per www?
Der Handwerker der neuerdings kommt, ist real da, allerdings online. Er ist rein geistig im Netz, daher "Separated Bit", ein abgetrenntes Teil. Der Grundgedanke in der Story ist ja, dass es immer weniger Menschen gibt, die komplett offline leben. Die Farbe des Taxis wird nicht genannt und auch wie es funktioniert nicht. So weit weg ist die Handlungszeit meiner Geschichte gar nicht. Warum etwas anderes erfinden, wenn man mit "Brüssel" eine ganze Assoziationskette heraufbeschwören kann? Selbst, wenn Brüssel irgendwann nichts mehr mit EU-Verwaltung zu tun hat, funktioniert der Teil, denke ich.

Zur Gruppe. Es ist wichtig, dieses, Du nanntest es Kollektiv, als Gruppe von Menschen zu sehen. Mit Namen und Eigenarten. Frank taucht vorher nicht auf, weil Peter sich über ihn keine Gedanken macht. Ich wollte die Szene nicht überstrapazieren. Namen sind ungeheuer wichtig um die Menschlichkeit zu betonen. Sowohl für Peter, der mit den starren Körpern umgeht und auch für die fünf Liegenden, dass sie Individuen bleiben und sich nicht verlieren.

Hallo F. Alexander,

auch Dein Leseeindruck überraschte mich. Ob die geschilderte Zukunft dystopisch ist, hängt davon ab, ob man diese Entwicklung gut findet oder nicht. Ich wollte klar stellen, dass meine Figuren ihr Leben freiwillig gewählt haben und damit glücklich sind, wenn auch etwas Melancholie anklingt. Der Titel "Ersatzteil" ist vielleicht etwas zynisch und soll zum Nachdenken anregen, wer hier das Ersatzteil ist. Nicht Peter hat den Neuen ausgewählt, sondern andersherum. Den Hintergrund auszubauen, sprengt vielleicht die Story, zumal es gar nicht mehr zu erzählen gibt. Dieser eine Tag im Leben von Peter ist aufregend.
 
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