Erscheinung

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Vera-Lena

Mitglied
Erscheinung

Aus der Sonne
schwebte ein Engel herbei
und legte mir seine Glückseligkeit zu Füßen.

Wie heißt du, wollte ich
ihn fragen,
doch sprechen war seine Sache
nicht,
nur der Glanz, der allmählich
verblasste,
Tropfen aus Licht,
seinem Mantel entfallen
wie Konfetti.

Die Berge lächelten mir zu
in ihrer unendlichen Geduld.

Ich fühlte mich entrückt
in ein irgendwo-nirgendwo.

Sehnsucht umkreiste mich.

Wo ist meine Heimstatt
fragte ich den Feuerball,
aber die Antwort der Sonne
erreichte mich nicht.
 

Perry

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

deine stumme "Engelserscheinung" gefällt mir gut, reflektiert sie doch den Hoffnungsglauben mancher Menschen an der ihn umgebenden Natur.
Konstruktiv frage ich mich, aus welchen Grund Du bei "war seine Sache nicht" die ansonsten "normale" Satzform verlässt (deutlichere Alliteration, Umgangssprache)? Auch die stellenweise Rückkehr in die Gegenwartsform in der 2. Strophe fällt ins Auge (Konjunktiver Einstieg, trotzdem würde ich statt entfallen, entfielen verwenden).
Gern gelesen und LG
Manfred
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Manfred,

danke für Deinen Kommentar!

So weit ich das sehe, bin ich immer in der Vergangenheit geblieben. Ich kann doch nicht schreiben :"Wie hießest du"

Auch das Wort "entfallen" sehe ich nicht als Gegenwart, sondern da lese ich dann :"sie waren seinem Mantel entfallen", weil das Licht ja jetzt langsam verblasste, also musste das Erscheinen der Lichttropfen zeitlich schon ein wenig her sein.

Aber das muss ja nicht so einleuchtend sein.

"Sprechen war seine Sache nicht". Da bin ich in die Umgangssprache gegangen, weil ich diese "Vision" als etwas beschreiben wollte, das, wenn man sie erlebt, sie einem ganz natürlich vorkommt.

In mir brennt eine Frage im Zusammenhang mit diesem Gedicht. Vielleicht kannst Du mir etwas dazu sagen.

Wirkt es insgesamt eher tröstlich oder wirkt es, durch die letzte Strophe eher traurig?

Dir ein schönes Osterfest und liebe Grüße
Vera-Lena
 

Perry

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

der Schluss ändert tatsächlich das "entrückte Schweben" in eine Enttäuschung.
Was die zweite Strophe anbelangt, wäre vielleicht auch folgende Version denkbar:

Wie heißt du, wollte ich
ihn fragen,
doch sprechen war
seine Sache nicht.
Der Glanz verblasste
allmählich,
Tropfen aus Licht
entfielen seinem Mantel
wie Konfetti.

LG
Manfred
 

Vera-Lena

Mitglied
Erscheinung

Aus der Sonne
schwebte ein Engel herbei
und legte mir seine Glückseligkeit zu Füßen.

Wie heißt du, wollte ich
ihn fragen,
doch sprechen war
seine Sache nicht.

Der Glanz verblasste
allmählich,
Tropfen aus Licht
entfielen seinem Mantel
wie Konfetti.

Die Berge lächelten mir zu
in ihrer unendlichen Geduld.

Ich fühlte mich entrückt
in ein irgendwo-nirgendwo.

Sehnsucht umkreiste mich.

Wo ist meine Heimstatt
fragte ich den Feuerball,
und lauerte
auf seine Antwort
voller Zuversicht.
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo,Mondnein,

danke für Deine Rückmeldung!

Leider verstehe ich diesen Satz nicht. Wer ist aus Deiner Sicht "der Mann"? Der Engel (kann ja nicht sein, denke ich), das Lyri? Mehr Personen kommen ja in dem Text nicht vor.

Möchtest Du mir bitte Deinen Satz erläutern? Sozusagen als ein Ostergeschenk?

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Hallo Vera-Lena

Auch mir gefällt das Gedicht sehr. Wie Mondnein sagt, "der perfekte Mann"! Spaß beiseite: ich kann dir keinen Verbesserungsvorschlag machen, da ich denke, dass das Gedicht, so wie es ist, schon optimal sei und seiner Idee gerecht wird.

Dennoch kann ich wohl trotzdem eine kleine Analyse bieten mit dem Ziel, dir einen Spiegel vorzuhalten, damit du dich weiter verbessern kannst.

Zu deiner Frage, ob der Schluss eher tröstlich oder traurig wirkt, würde ich sagen, weder noch. Es ist eher ein Gefühl von Sensation und Verblüffen. Man fühlt sich - das heißt ich fühle mich - in das lyrische Ich hinein und verspüre eine gewisse Wärme, ein mitfieberndes Hoffen auf die Antwort des Engels auf die Allerweltsfrage, wo "meine Heimstatt" sei.
Pardon, es wurde die Sonne (der "Feuerball") gefragt, nicht der Engel, doch die beiden verschmelzen in bestimmter Hinsicht, da doch der "Engel aus der Sonne herbei schwebte".

Mit einer einfachen Sprache wird die Begegnung mit einem Engel beschrieben. Der Prosa-artige Erzählstil lässt das Gedicht flüssig lesen und erleichtert das inhaltliche Verständnis.

Die Harmonie in S5 ist erschütternd wohl-wollig, das heißt warm herzig - die Art, wie einem "die Berge zulächelnd in ihrer unendlicher Geduld".

Das Entrückt-sein in ein "irgendwo-nirgendwo" hört sich an wie ein Nirvana-Erlebnis oder möglicherweise ein Loch im Universum, ein schwarzes, doch so mit Honig gefüllt, entschuldige meine Assoziationen.

Die in S6 angedeutete "Sehnsucht" als romantisches Element. (Meine Analyse bloss als Notizen und Gedanken)

Ein professionelles Werk, so gefühlvoll.

"doch sprechen war seine Sache nicht", als lyrische Sprache, Lyrizismus (?), ja in der Tat etwas umgangssprachlich, doch irgendwie passend.

der Vergleich des Entfallen der Lichttropfen mit Konfetti ist etwas banal und kleinwüchsig.

Die "Glückseligkeit", die der Engel dem lyrischen Ich zu Beginn des Werkes "zu Füßen" legt ist einem tollen Einstieg dienlich.

Der "Engel" kann als Symbol und Allegorie des Christentums angesehen werden, insofern sehr spannend.

Auch die Harmonie, mit der Sonne in der letzten Strophe ist herzensrein, überhaupt wie wenn jemand mit einer Pflanze redet, so süß auf eine strenge Weise.

Das Werk könnte glatt aus der Romantik stammen, finde ich (wegen dem Element der Sehnsucht und der Naturverbundenheit vor allem, aber auch der Engel passt ins Bild).

Super sehr sehr gern gelesen!

LG,
Peter
 

Vera-Lena

Mitglied
Erscheinung

Aus der Sonne
schwebte ein Engel herbei
und legte mir seine Glückseligkeit zu Füßen.

Wie heißt du, wollte ich
ihn fragen,
doch sprechen war
seine Sache nicht.

Der Glanz verblasste
allmählich,
auch die gleißenden
Tropfen aus farbigem Licht.

Die Berge lächelten mir zu
in ihrer unendlichen Geduld.

Ich fühlte mich entrückt
in ein irgendwo-nirgendwo.

Sehnsucht umkreiste mich.

Wo ist meine Heimstatt
fragte ich den Feuerball,
und lauerte
auf seine Antwort
voller Zuversicht.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Peter,

danke für Deine Mühe, mir eine Interpretation zu diesem Text zu schreiben! :)

Die Sache mit dem Konfetti war mir selbst auch nicht so ganz geheuer und ich habe sie jetzt, auf Deine Anregung hin, aus dem Text genommen genauso wie den Mantel. Jetzt wirkt das Ganze geschlossener, denke ich.

Was mich geradezu glücklich macht, ist die Tatsache, dass Du Warmherzigkeit aus dem Text heraus liest.

Interessant finde ich, dass Du den Engel als Symbol des Christentums eventuell ansehen könntest. Darauf wäre ich gar nicht gekommen.

Dass Du an die Zeit der Romantik denkst bei diesem Text, leuchtet mir ein.

Nur ganz nebenbei bemerkt: Es gibt ein Buch herausgegeben von Hans Stempel und Martin Ripkens:" Der Engel neben Dir" . Darin stehen auch Gedichte aus der Gegenwartslyrik zB. von Günter Grass, Sarah Kirsch, Nelly Sachs, Kurt Bartsch usw.

Noch einmal danke, danke, danke!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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