Als ich die Story das erste Mal las, hatte ich so den Effekt am Ende: "Aha, und nun?" Natürlich war mir klar, dass es um die Challenger-Katastrophe ging und dass der alte Mann Ronald Reagan war. Natürlich war mir auch klar, dass es eine Satire auf Starrsinn und auf sturer Beharren war. Selbstverständlich ist das erkennbar. Aber ich fragte mich: Gefällt mir das jetzt? Und warum ausgerechnet Reagan und die Challenger?
Ohne Zweifel schreibst Du schön und flüssig. Du (oder Ihr) kannst Dialoge sehr lebendig schildern, und - nicht nur in dieser Geschichte, sondern in anderen von Dir auch - hat man das Gefühl, dass man im Zuhörerraum sitzt, während die Personen interagieren. In diesem speziellen Fall ändert es nur nichts an meinem anfänglichen "Aha, und nun?" Ja, Personen können stur sein. Machthaber können stur sein. Ehefrauen können stur sein. Und Kollegen ebenfalls. Warum das Beispiel mit der Challenger?
Erst als ich die Diskussion über die Geschichte nachlas, wurde mir deutlich, dass Du tatsächlich eine echte Botschaft damit aussenden möchtest. Ronald Reagan als Beinahe-Massenmörder. Für seine Opfer, damit sie nicht vergessen werden...
Nun, auch aus allem, was Du dann erklärend dazu schreibst (und glaube mir, ich bin ein Kind des Kalten Krieges, genau an der Mauer aufgewachsen. Ich habe vieles hautnah miterlebt), wird mir aber immer noch nicht wirklich klar, warum Du ausgerechnet die Challenger-Katastrophe ausgewählt hast bei all dem Infernalischen, was Du da über Ronald Reagan erzählst. Ausgerechnet an etwas, an dem er, wie Du selbst sagst, vermutlich gar nicht beteiligt war, hängst Du Deine Story auf, um satirisch zu mahnen.
Vielleicht ist deshalb diese Satire für mich so ein Rohrkrepierer. Sie ist nicht realistisch genug, um betroffen zu machen. Sie ist aber auch nicht absurd genug, um einen mitzunehmen. Zumindest gilt dies für mich. Ob Dein Sendungsbewusstsein gegen Ronald Reagan als Quasi-Zentrum alles Bösen, der beinahe noch schlimmer als Adolf Hitler in die Geschichte eingegangen wäre, der Realität entspricht oder - bei aller Kritik an der Person Reagan - deutlich überzogen ist, will ich hier gar nicht diskutieren. Du empfindest es so, und Du kannst das gerne satirisch aufarbeiten. Ich finde es halt nur nicht ansprechend.
Allgemein möchte ich noch sagen, weil es hier ja Streitigkeiten über den Punkt gab, was Satire darf und was nicht: Ich denke, das kann man nicht pauschalisieren. Und es mag auch zu jeder Zeit anders empfunden werden. Zudem ist Satire auch IMMER verletzend. Mal trifft man mehr Menschen damit, mal weniger. Und sie gefällt eben. Oder auch nicht. Selbstverständlich darf Satire nicht alles, insbesondere wenn sich Hetze oder andere ähnliche Dinge hinter Satire verbergen. Ansonsten aber, so finde ich, darf sie sehr weit gehen. Und manchmal entsteht sie sogar vollkommen ungeplant... Ein Beispiel: Ich habe jüdische Freunde, Israelis, die wiederum Nachkommen von Holocaust-Überlebenden sind. Als ich einst bei ihnen zu Besuch war, zeigten sie mir ein Youtube-Video, das sie brüllend komisch fanden. Es war ein Ausschnitt aus dem "Untergang", die berühmte Szene, in der Hitler total ausrastet. Dem Ausschnitt waren englische Untertitel untergelegt, die aber mit dem Originaltext gar nichts zu tun hatten (ähnlich der Leasingvertragrede von Gerhard Polt, die einer Hitlerrede unterlegt wurde). Ich kannte dieses Video schon, und ich hatte es geschmacklos gefunden. Unpassend. Über Hitler zu lachen, fällt schwer. Wiewohl, der Große Diktator, über den habe ich auch gelacht... Zurück zu meinen Freunden: Ich erkannte, dass sie das Video aber, trotz ihrer Historie, richtig lustig in seiner Absurdität fanden, während ich, als Deutscher, ein mulmiges Gefühl dabei hatte. So ist das eben mit Satire.