Etwas ratlos

chachaturian

Mitglied
Etwas ratlos


Nicht wirklich abgeführt
nur begleitet und eingekreist
schwenkend ein rosa Portemonnaie
lange schwarze Haare
junges Gesicht aus Südamerika vielleicht
hinauf die Treppen
aus dem U-Bahn-Schacht
wurde sie hier nicht geduldet?

Leben kurz vorm
deutschen Abschiebeknast
Fangespiel, Reiseernst
Straßen aus Blei
heimatlos in der Heimat
lose Steine
verschüttet

Ganz falsch - klärt mich jemand auf
ich hatte mich verraten
düster, ratloser Blick hinterher
nein, nein sie saß am Rand
wollte springen
gut, daß ich nicht U-Bahnfahrer bin

Was war deine Fahrt?
zwischen welche Räder
bist du geraten?
habe nur dein Gesicht gesehen
Gründe blieben mir verborgen

Wie oft überall
würde ich jemanden
auf einen Tee einladen
ihn einfach umarmen
als Bruder oder Schwester
wenn sie begegnen
den Fallen
von dieser Welt
und Spiegelschriften

2/2006

Kommentare und Anregungen an den Autor. Danke

Literaturpodium
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Svalin

Mitglied
Hallo chachaturian,

Konkrete Alltagsgefährdungen für Idealismus, Menschlichkeit und Gerechtigkeit gibt es wahrscheinlich mehr als einem lieb sein kann. Herbeidichten bräuchte man sie also nicht. Genau das scheint mir hier aber durch die Spekulationen eines unbeteiligten Dritten zu passieren: dahergekommen & dahergesagt. Wollte man es positiv sehen, wäre das die absolute Bereitschaft zur Empathie und Anteilnahme: sich auch da noch angesprochen zu fühlen, wo gar nichts ist. Als Vorübung vielleicht. Oder im Leerlauf. Je nachdem.
habe nur dein Gesicht gesehen
Gründe blieben mir verborgen
Das spricht m.E. für eine allzugroße Verhaftung an tatsächlich Erlebtes. Insofern würde ich diesen Text eher der Tagebuch-Rubrik zurechnen.

Viele Grüße
Martin
 

chachaturian

Mitglied
Die hier zitierte Stelle, ist meines Erachtens eine schwache Stelle. Mir ist nur keine bessere Ausrichtung eingefallen. Deshalb ist sie so nüchtern geblieben. Gewiß könnte man jetzt Gründe in das Ganze hineinlegen. Es wäre unkomliziert die Vermutung in eine Gewißheit umzuschreiben und es bliebe völlig glaubwürdig. Als Begründung wäre das ja möglich. Mir schien es aber besser, die Sache der Phantasie des Lesers zu überlassen.

Schöne Grüße

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