(F) bzw. (Fan): Schwert und Knochen

jo, da man hier anscheinend mit mehr oder weniger objektiver und konstruktiver kritik rechnen kann, werd ich auch mal den anfang einer meiner geschichten posten :)
wer das pc-game errät, in dessen welt die handlung spielt, kriegt 100 punkte *g*

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Die Schlägerei war in vollem Gange. Ohne Rücksicht auf Verluste prügelten Dutzende von Tavernengästen mit Fäusten, Bierkrügen und Einrichtungsgegen-ständen aufeinander ein, und die rauchgeschwängerte Luft erzitterte unter diversen Wut- und Schmerzensschreien. Längst wußte niemand mehr, wer als erstes zugeschlagen hatte, und keiner war bereit, diese günstige Gelegenheit, sich abzureagieren, ungenützt verstreichen zu lassen.
Selbst außerhalb der Gaststätte in den nächtlichen Straßen von Harrogath hallten die unvermeidlichen Geräusche des alkoholgetränkten Getümmels gedämpft zwischen den eng zusammenstehenden Häusern wider und wiesen einem späten Gast untrüglich den Weg. Zielstrebig näherte sich die hochgewachsene Gestalt dem Eingang und wurde von einem Schauer aus Glassplittern begrüßt, als einer der Kneipengäste die Party frühzeitig durch ein Fenster verließ. Wütend richtete sich der am Boden liegende Mann auf und nahm sich nicht einmal Zeit, sich die Splitter abzuklopfen, sondern rannte an dem Neuankömmling vorbei und stürzte sich wieder ins Getümmel.
Durch die offene Tür wehte ein Schwall warmer, stickiger Luft nach draußen, und der Fremde wich geschickt einem undefinierbaren Geschoß aus, als er das Gasthaus betrat. Der Wirt warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, während sich sein potentieller Kunde einen Weg zur Bar bahnte.
„Da kann selbst mein Dornenknüppel nichts ausrichten, wenn sich die Barbaren streiten!“, rief der resigniert wirkende Gastgeber dem Fremden über den Lärm hinweg zu, als sich dieser über den Tresen beugte.
„Nun, damit hab’ ich kein Problem“, erwiderte der Neuankömmling. „Eigentlich suche ich jemanden. Einen Barbaren namens Khor. Ich hoffe, er ist nicht gerade allzu beschäftigt.“
„Oh. Ich fürchte, Khor ist der Mann ganz unten.“ Der Wirt deutete auf ein dichtes Knäuel von Betrunkenen, die offensichtlich Probleme hatten, ihre verschiedenen Gliedmaßen wieder zu entwirren. Da sein Gegenüber ernsthaft zu erwägen schien, seinen relativ sicheren Platz an der Theke aufzugeben, um den Barbaren auszugraben, beeilte sich der Wirt hinzuzufügen: „Aber wenn Ihr wegen der Sache mit den Untoten hier seid, sprecht Ihr sowieso besser mit Caitlin da drüben.“
Der Fremde bedankte sich und wühlte sich in die angegebene Richtung einen Weg durch die Menge.
An einem zurückgezogenen Ecktisch angekommen, musterte er die athletisch gebaute Frau, die dort wohl schon seit einer geraumen Weile sitzen mußte. Vor ihr stand ein regelrechter Wald von leeren Bierkrügen, doch ihre Augen blickten den Neuankömmling wachsam an und versuchten offenbar, seinen von einem weiten Mantel kaschierten Körper nach möglichen Waffen abzusuchen.
„Ihr seid Caitlin?“, fragte er sie.
Die Frau nickte knapp.
„Was wollt Ihr?“
„Und Ihr gehört zu der Gruppe von Khor?“, bohrte er weiter.
„Sehe ich etwa so aus, als hätte ich das ganze Bier hier getrunken?“, gab sie mit einer Geste auf den Krügewald zurück.
„Natürlich nicht“, antwortete der Fremde lächelnd. „Ich habe gehört, daß Ihr vorhabt, etwas gegen diese Untotenplage zu unternehmen, und würde mich Euch gern anschließen. Mein Name ist Shoytac.“ Er streckte die Hand aus.
„Sehr erfreut. Je mehr wir sind, desto besser. Bitte, nehmt doch Platz“, lud Caitlin ihn ein, während sie mit festem Griff seinen Händedruck erwiderte. „Sicher wißt Ihr schon, daß der König fünftausend Goldstücke demjenigen versprochen hat, der die Untoten vernichtet. Bisher haben wir jedoch nur herausfinden können, daß sie eine Art Anführer zu haben scheinen, der sie im Kampf befehligt; ein höherer Dämon, hat uns ein Seher gesagt. Im Moment befinden sie sich ungefähr zwei Tagesmärsche nördlich von hier. Wir warten noch auf Khor’s Bruder Actan, und morgen früh brechen wir auf.“
Shoytac runzelte skeptisch die Stirn. „Sind vier Leute nicht ein bißchen wenig?“
„Sechs“, korrigierte ihn Caitlin. „Zwei Zauberinnen sind auch noch dabei. Aber die beiden sind schon nach oben gegangen. Die Kleine war ganz schön sauer, als ihre Mutter sie von dem jungen Barbaren weggezerrt hat“, fügte sie grinsend hinzu.
Shoytac wollte etwas erwidern, doch eine schwere Hand auf seiner Schulter hielt ihn davon ab. Betäubender Alkoholgestank schlug ihm entgegen, als er sich überrascht umwandte.
„Na wen ham wa denn da? Willst dich an Caitlin ranmachn, he?“ Der riesige Barbar schwankte bedrohlich und wäre gestürzt, wenn er sich nicht an Shoytac abge-stützt hätte.
„Er will sich uns anschließen, Khor!“, erklärte Caitlin genervt. „Mann, du hast schon wieder genug. Das gibt morgen einen Schädel...“ Sie schüttelte unverständig den Kopf. „Helft mir mal kurz, ihn auf sein Zimmer zu schaffen“, fügte sie zu Shoytac gewandt hinzu.
Gemeinsam schleppten sie den laut grölenden Mann die Treppen hoch in seine Kammer und ließen ihn dort auf ein viel zu kleines Bett fallen.
„Ist er immer so?“, fragte Shoytac und betrachtete angeekelt einige Bierflecken auf seinem Ärmel.
„Naja, zumindest in jeder Taverne. Das einzige, was er noch besser kann als trinken, ist kämpfen.“
„Da bin ich ja beruhigt“, murmelte er, während sie den Betrunkenen mit seinem Rausch allein ließen.
Caitlin zog sich ebenfalls in ihre Kammer zurück. „Morgen bei Sonnenaufgang treffen wir uns am Stadttor!“, rief sie Shoytac nach, der in den Schankraum zurück-ging, um sich ebenfalls ein Zimmer zu mieten.
Die Sache versprach, interessant zu werden.

Am nächsten Morgen begrüßten die ersten Sonnenstrahlen eine einsame Gestalt, die mürrisch am Stadttor lehnte. Actan hatte gewußt, daß es keine gute Idee gewesen war, so früh aufzubrechen. Sein Bruder würde Ewigkeiten brauchen, bis er wieder als volles Mitglied der Rasse Mensch durchgegen konnte. Wenn Khor in diesem Zustand von einem Untoten angegriffen wurde, könnte er sich höchstens mit seinem stinkenden Atem wehren. Es war keinesfalls so, daß Actan nicht selbst gern dem Alkohol zuspräche, aber vor einem wichtigen Auftrag konnte er sich zumindest beherrschen.
Eine sich gemächlich dem Tor nähernde Gestalt riß ihn aus seinen Gedanken. Unter einem schwarzen Mantel glänzte ein Kettenhemd, und das Morgenlicht brach sich in einem sorgfältig gearbeiteten Schwertgriff am Gürtel des Mannes. Der Neuankömmling setzte ein freundliches Lächeln auf und begrüßte den Barbaren: „Ein schöner Tag, um ein paar Zombies zurück in ihre Gräber zu schicken, nicht wahr? Mein Name ist Shoytac, und ich werde Euch begleiten, wenn Ihr nichts dagegen habt.“
„Actan“, stellte sich sein Gegenüber wortkarg vor, immer noch den Blick auf Shoytac’s Schwert geheftet. „Entschuldigt meine Neugier, aber dürfte ich mir mal Eure Waffe genauer ansehen? Sie erinnert mich an das berühmte Schwert, daß Der Abtrünnige angeblich geführt haben soll.“
„Die Ähnlichkeit ist wirklich bemerkenswert, ich weiß“, meinte Shoytac unbe-haglich und legte die Hand ans Heft. „Nichts gegen Euch, aber meine Waffe behalte ich lieber selbst.“
Der Barbar lachte laut auf. „Ihr gefallt mir. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, oder?“ Er klopfte Shoytac jovial auf die Schulter. Dieser Mann war bestimmt eine Be-reicherung für ihre Gruppe, dachte er und war sogar bereit, heute einmal Nachsicht mit Khor und seinem Kater zu haben.

Aus der offenen Tür eines Doppelzimmers zurück in der Taverne erklang eine ungeduldige Stimme: „Jetzt mach endlich, Sayna, du bist schon schön genug!“ Lin’Taphia verfluchte die Tatsache, daß es in ihrem Zimmer einen Spiegel gab.
„Jaja, ich komm’ ja schon!“ Ihre Tochter warf sich zum Abschied noch einen kritischen Blick im Spiegel zu, bevor sie sich ihr Bündel schnappte und Lin folgte.
„Wieso mußt du immer so trödeln? Immerhin ziehen wir in den Kampf und nicht zu einem Schönheitswettbewerb!“
„Reg’ dich nicht auf, ich bin ja schon fertig.“ Sayna war immer noch ein wenig beleidigt auf ihre Mutter, weil diese sie gestern Abend mitten im schönsten Flirt unterbrechen hatte müssen. Den jungen Mann würde sie wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen, also was machte es schon, wenn sie ein bischen an ihrer Flirttechnik arbeitete? Mütter waren manchmal so anstrengend.
Andererseits hatte sie keinen Grund, sich zu beschweren, da Lin ihre Tochter auf alle ihre Reisen und Abenteuer mitnahm und ihr viele nützliche Dinge beibrachte. Dinge, die viel interessanter waren als die langweiligen Stunden mit den Gilden-lehrerinnen.
Die zwei Zauberinnen machten sich endlich auf den Weg zum angegebenen Treffpunkt, wo der Barbar Shoytac bereits in ein angeregtes Gespräch verwickelt hatte. Die Beiden unterbrachen ihre Diskussion über Repliken berühmter Waffen, als die Frauen zu ihnen stießen. Hände wurden geschüttelt und Begrüßungsfloskeln ausgetauscht, als Shoytac Khor entdeckte. Der muskelstrotzende Barbar stützte sich mit einer Hand schwer auf Caitlin, während er sich mit der anderen grummelnd den Kopf hielt.
Actan grinste schadenfroh. „Na, war’s noch lustig gestern?“
„Ach laß mich doch in Ruhe!“, schnappte Khor.
„So, wenn niemand etwas vergessen hat, können wir ja losmarschieren“, unterbrach Caitlin geschickt den drohenden Streit.
Inzwischen war die Sonne schon vollständig über den Horizont geklettert und spiegelte sich in den Rüstungen und Waffen der kleinen Gruppe, als sie sich in Bewegung setzte, einem ungewissen Schicksal entgegen.

An der Spitze der Gruppe marschierte Khor, an den in weiser Voraussicht niemand ein Wort richtete. Hinter ihm waren die Magierinnen in eine laut geflüsterte Diskussion verwickelt, der Actan amüsiert lauschte. Das Schlußlicht bildeten Shoytac und Caitlin, die sich über Khor’s maßlosen Alkoholkonsum aufregte. Nach ihren Erzählungen zu schließen, kannten sich die beiden schon seit längerem und hatten auch andere Aufträge zusammen übernommen. Sie mußten ein gutes Team abgeben, wenn die Amazone trotz ihrer offensichtlichen Abscheu gegenüber Khor’s liebster Freizeitbeschäftigung immer noch mit ihm zusammenarbeiten wollte. Dabei war sich Shoytac sicher, daß sie auch allein bestens zurechtkommen würde, und musterte ihr energisches Kinn, die hohen Wangenknochen und die intelligenten Augen. Von ihrem Kinn lief eine lange Narbe quer über den Hals und verschwand im Ausschnitt ihrer eng anliegenden Lederrüstung, die ihre atemberaubende Figur nur noch besser zur Geltung brachte. Über ihrer Schulter hing ein langer schwarzglänzender Bogen, der über und über mit komplizierten Runen bedeckt war, sodaß Shoytac schon nach kurzem Hinsehen schwindlig wurde. Hastig wandte er den Blick ab und versuchte, auch einen Beitrag zu der bisher etwas einseitigen Unterhaltung beizutragen.
Die Zeit verging wie im Flug, und als die Sonne im Zenit stand, hielt die Söldnergruppe nach einem geschützten Rastplatz am Rand eines kleinen Wäldchens Ausschau. Schnell war ein geeigneter Ort gefunden, und die Magierinnen, nicht an das zügige Tempo gewohnt, daß der Rest der Truppe vorlegte, ließen sich erschöpft aufs weiche Moos fallen. Erleichtert legte sich auch Khor in den kühlen Schatten, wo ihm sein Kopf nicht mehr ganz so sehr brummte.
Währenddessen kramte Actan einige Streifen Dörrfleisch aus seinem Rucksack und verteilte sie großzügig.
Shoytac hatte gerade die Hälfte seiner Portion vertilgt, als ihm plötzlich ein Schwall süßlichen, irgendwie muffigen Geruchs in die Nase stieg. Alarmiert legte er das restliche Fleisch beiseite und tastete nach seinem Schwertgriff. „Riecht Ihr das auch?“
Im Wald neben ihm knackte das Unterholz, und die Zauberinnen wichen angeekelt vor dem strengen Geruch zurück.
„Vielleicht ein totes Tier?“, fragte Actan ohne Überzeugung.
„Wohl eher tote Menschen. Das sind die verdammten Zombies!“ Sein Bruder sprang auf, seine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Während die Gruppe den Abstand zwischen sich und dem Lagerplatz vergrößerte, zog jeder entschlossen seine Waffe.
Caitlin hörte die Magierinnen hinter sich murmelnd irgendwelche Zaubersprüche vorbereiten und legte den ersten Pfeil auf die Sehne. Aufmerksam suchte sie die Baumgrenze nach Zielen ab, doch der bewundernde Blick, den Actan Shoytac’s Schwert zuwarf, entging ihr nicht. Die lange Klinge leuchtete in einem unheimlichen Blau, doch ihr Besitzer schenkte dem auffälligen Glühen keinerlei Beachtung und schloß sorgfältig das Visier seines Helms, während er weiterhin den Waldrand beobachtete.
 
Hallo The Pitmistress,

erst mal ein freundliches Hallo bei der Leselupe.

Zum Text :
Dein Faible für lange Sätze im ersten Absatz kann ich nicht teilen, ist aber wohl Geschmackssache.
Insgesamt könntest du die Figuren ein weniger lebendiger darstellen. Ich hatte den Eindruck, du seist beim Schreiben auf der Flucht gewesen. Laß dir Zeit, führe die einzelnen Szenen mehr aus, dann kann sich der Leser ein wenig mehr in das Geschehen hereinleben.

Zum Inhalt kann man ja noch nicht viel sagen, fängt ja recht gewöhnlich an.

Bis bald,
Michael
 
lol, nicht gleich alle auf einmal...

naja, ich post trotzdem ein update, vielleicht liests ja doch irgendwer:


Endlich brachen die ersten Untoten zwischen den Bäumen hervor, und Adrenalin strömte durch Shoytac’s Adern, als er sich mit den beiden brüllenden Barbaren auf den Gegner stürzte. Unter ihrem wütenden Ansturm und einem regelrechten Pfeilhagel wurde der Vormarsch der Zombies zum Stehen gebracht, und innerhalb von Sekunden waren die drei Männer eingekreist.
Shoytac versuchte, sich mit einem energischen Rundumschlag etwas Luft zu verschaffen, während er die gierig nach ihm greifende Menge zu seiner Linken mit dem Schild von sich stieß. Seine Klinge riß tiefe Wunden und wurde mit einer solchen Kraft geführt, daß sie nicht wenige Untote in der Mitte durchtrennte, als plötzlich einige Zombies schreiend Feuer fingen. Geschrieen hatten sie zwar auch schon vorher, aber sobald die ersten Flammen an ihnen emporzüngelten, verwandelte sich ihr drohendes Murren in entsetztes Kreischen. Ab und zu fuhr ein greller Blitz in die Masse und verwandelte angreifende Untote in schwelende Aschehäufchen.
Die vernichtenden Zauber der etwas abseits stehenden Magierinnen verschafften Shoytac den benötigten Platz, um richtig loszulegen. Sein inzwischen bluttriefendes Schwert zuckte vor und zurück, hin und her, zerschmetterte die spärlichen Waffen seiner Gegner und bohrte sich tief in halbverwestes Fleisch.
Die schwerfälligen Zombies waren keine Gegner für die erfahrenen Kämpfer, und in gleichen Verhältnis zum Anstieg der Leichenhaufen lichteten sich die Reihen der Untoten.
Mit einem einzigen Schlag streckte Shoytac drei weitere Feinde nieder und wirbelte herum. Doch es waren keine Untoten mehr übrig, die seiner jetzt nur mehr schwach durch eine Schicht schnell trocknenden Blutes glühenden Klinge zum Opfer hätten fallen können.
Schwer atmend ließ er seine Waffe sinken und nahm den Helm ab. Als er sich mit der behandschuhten Hand erschöpft den Schweiß von der Stirn wischte, fiel sein Blick auf die beiden Barbaren, die sich ausgelaugt ins blutgetränkte Gras hatten fallen lassen. Khor’s riesige Axt war über und über mit dem Blut seiner Feinde besudelt, und auch Actan hatte mit seinen beiden Schwertern offensichtlich reiche Ernte unter den Untoten gehalten.
Unterdessen stieg Caitlin ungerührt über die Leichen und sammelte ihre Pfeile wieder ein. Jeder einzelne stak tief im Körper eines Feindes, und Shoytac nickte der Amazone zu, bewundernd ob ihrer absoluten Präzision.
Sayna lehnte erschöpft an ihrer Mutter, die tröstend auf sie einredete. Offensichtlich hatte die junge Zauberin nie gegen so viele Gegner gleichzeitig kämpfen müssen, die ihr wahrscheinlich noch tagelang Alpträume bescheren würden. Immerhin hatte sie ihre Mutter, dachte Shoytac bitter. Er selbst hatte schon seit Ewigkeiten keine Nacht mehr durchschlafen können, und halbverrottete Zombies waren geradezu harmlos gegen die Ausgeburten der Hölle, denen er schon gegenübergestanden hatte.

„Euer Schwert ist gar keine Replik, oder?“ Endlich brach Actan das Schweigen, das sich zwischen der kleinen Gruppe ausgebreitet hatte, während sie ihr neues Lager unweit des Kampfschauplatzes aufschlugen. Die ganze Zeit hatte Shoytac sich gefragt, wann jemand darauf zu sprechen kommen würde – und was, zum Teufel, er dann antworten sollte.
Er beschloß, es mit der Wahrheit zu versuchen. Zumindest mit einem Teil davon.
„Nun, in gewissem Sinne ist es doch eine. Es stammt noch aus der Schmiede von Griswold in Tristram.“
„Griswold, hm? Bestimmt ein seltenes Stück. Er hatte damals immer nur die beste Qualität.“ Actan starrte abwesend ins Feuer, offensichtlich in Erinnerungen versunken.
Shoytac nutzte die kurze Pause, um das Thema zu wechseln. „Scheint so, als ob die Untoten nicht so schlecht organisiert sind. Das vorhin war wohl ein Erkundungstrupp.“
„Dann werden sie uns schon erwarten, wenn sie gemerkt haben, daß die Zombies nicht mehr zurückkommen“, warf Caitlin ein. „Den Überraschungseffekt können wir also vergessen.“
Khor meinte wegwerfend: „Wir müssen es nur schaffen, ihren Anführer auszuschalten. Jeder weiß, daß die verfluchten Leichen nichts von Taktik verstehen. Schlag’ der Schlange den Kopf ab, und der Leib ist auch keine Gefahr mehr.“
„Nur müssen wir erst mal an ihn herankommen. Er wird bestimmt nicht an der Spitze seiner Männer reiten, um sie moralisch anzuspornen.“
Caitlin lächelte humorlos. „Es genügt, wenn er in Schußweite ist.“

Nachdem sie noch eine Weile Belanglosigkeiten ausgetauscht, ein bescheidenes Nachtmahl zu sich genommen und die Wachen für die Nacht eingeteilt hatten, legte sich einer nach dem anderen schlafen, bis nur noch Shoytac übrig war.
Sorgfältig löschte er ihr kleines Feuer und machte es sich bei einem riesigen Findling in der Nähe gemütlich. Seine Augen hatten sich schnell an die Dunkelheit gewöhnt, denn es herrschte keine absolute Finsternis. Der Mond beleuchtete mit seinem fahlen Schein die Umgebung und Shoytac’s neue Gefährten, die, langgestreckten Haufen aus Leder und Lumpen gleich, rund um die rasch erkaltende Feuerstelle lagen. Der in seinen schweren Umhang gewickelte Wächter ließ seine Gedanken treiben und den Blick müßig über die schlafenden Gestalten gleiten.
Er beobachtete die kleinen Dampfwölkchen, die sein Atem verursachte, und genoß den Frieden, als plötzlich ein seltsames Geräusch die nächtliche Stille durchbrach. Es war kein sehr lautes Geräusch und konnte beinahe von einem Tier stammen... fast wie... ein Grunzen... Shoytac mußte unwillkürlich lächeln, als ihm klar wurde, daß es nur Khor war, der schnarchte. Es versprach, eine ruhige Nacht zu werden.

Nachdem seine Wache ohne weitere Ereignisse zu Ende gegangen war, erhob sich Shoytac, um Caitlin zu wecken, die ihn ablösen sollte. Als er die Hand nach ihrer Schulter ausstreckte, um sie wachzurütteln, hielt er noch kurz inne, um ihr Gesicht zu betrachten. Im Schlaf wirkten ihre sonst so entschlossenen Züge auf einmal sanft und entspannt, und irgendwie weckten sie in Shoytac das Bedürfnis, der Amazone eine Strähne ihres im Mondlicht wie flüssiges Silber schimmernden Haares aus der Stirn zu streichen.
Sie öffnete so unvermittelt die Augen, daß seine Hand schuldbewußt zurückzuckte.
„Bin ich schon dran?“, fragte sie murmelnd.
„Ich wollte Euch gerade aufwecken.“ Er verfluchte seine Ungeschicklichkeit und richtete sich hastig auf. „Alles ruhig bis jetzt. Obwohl wir bei dem Lärm, den Khor verursacht, wahrscheinlich sowieso nichts hören würden.“ Hinter ihm drehte sich der Barbar grunzend auf die andere Seite.
Caitlin lächelte ihr Gegenüber an. „Dann kann ich nur hoffen, daß Ihr einen gesunden Schlaf habt.“ Sie stand ebenso auf und nahm ihren Bogen zur Hand.
„Gute Nacht“, verabschiedete sich Shoytac aus der Welt der Wachen und machte es sich auf seinem eigenen Lager bequem. Es dauerte lange, bis er endlich eingeschlafen war.
Die Amazone setzte sich ebenfalls zu dem großen Felsbrocken. Neben ihr lehnte griffbereit der Köcher mit Pfeilen, und der Bogen ruhte auf ihrem Schoß. Abwesend glitten ihre Finger über die aufwendigen Schnitzereien im dunklen Holz der Waffe und zeichneten die vertrauten Linien nach.
Vor vielen Jahren, als sie die Insel der Amazonen verlassen hatte, überreichte ihr die Matriarchin persönlich diesen Bogen. „Eine Unserer mächtigsten Waffen für eine Unserer mächtigsten Kriegerinnen. Mögen Eure Pfeile auch weiterhin immer ins Ziel treffen.“ Die Worte hallten noch immer in ihrer Erinnerung nach. Sie fragte sich, woher wohl Shoytac seine außergewöhnliche Klinge haben mochte und ob sie tatsächlich aus der Schmiede von Griswold stammte.
Irgendwie wußte sie nicht recht, was sie von dem Mann halten sollte. Er kämpfte zwar mit einer Hingabe und Wut, die man im Allgemeinen den Paladinen zuschrieb, doch er hatte nichts von deren distanzierten, fast schon überheblichen Art, mit Nicht-Ordensbrüdern umzugehen. Auch trug er keine der typischen, augenschmerzend hell strahlenden Vollrüstungen, sondern nur mittelschwere Panzerung und ein geschwärztes Kettenhemd.
Besagtes Kettenhemd hörte sie nun leise klirren, als sein Besitzer sich unruhig im Schlaf hin und her wälzte. Er mußte unter irgendwelchen Alpträumen leiden, denn plötzlich fuhr er hoch und starrte erschrocken in die Dunkelheit. Caitlin meinte, sein Herzklopfen fast bis hierher hören zu können, als er sich mit beiden Händen übers Gesicht fuhr und ein paar Mal tief durchatmete.
Shoytac haßte diese Träume, die ihn fast jede Nacht heimsuchten, doch eigentlich waren es ja mehr Erinnerungen. Erinnerungen an zerstörte Dörfer, geschleifte Burgen und endlose Schlachtfelder, an gnadenlos niedergemetzelte Kinder und schreiende Verwundete, an die grausam verstümmelten Leichen seiner Freunde, die von den Heerscharen der Hölle abgeschlachtet worden waren.
Er sog noch einmal tief die eiskalte Nachtluft ein und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. Schließlich war er gekommen, um den Dämonen und Untoten ein klein wenig von all dem Schmerz zurückzuzahlen.

Am nächsten Morgen standen sie in aller Frühe auf, um den verlorenen Nachmittag vom Vortag wieder wettzumachen. Mit klammen Gliedern schüttelten sie ihre taunassen Decken aus, und jeder packte seine Sachen zusammen.
Als die Sonne gerade ihre ersten zaghaften Strahlen über den nahen Hügelkamm schickte, setzte die kleine Gruppe ihren Weg in Richtung Norden weiter fort. Shoytac fragte sich, ob sie schon heute auf die Hauptstreitmacht der Untoten treffen würden, während er in Actans Kielwasser durch das kniehohe Gras schritt. Aufmerksam beobachtete er den Horizont, doch außer ein paar vereinzelten Bäumen und Unmengen von Gras konnte er nichts erkennen.
Plötzlich schien sich bei einem der Bäume etwas zu bewegen, und ein ganz in schwarz gekleideter Mann trat dahinter hervor. Er war sogar noch ein gutes Stück größer als Khor und dabei nur etwa halb so breit. Erst auf den zweiten Blick erkannte Shoytac, daß der sehnige Körper des Fremden ganz in eine pechschwarze leichte Lederrüstung gehüllt war. An seinem Gürtel hingen zwei gefährlich aussehende Klauenwaffen, wie sie vom Orden der Viz-Jaq’taar, den Assassinen, häufig benutzt wurden. Irgendwie kam Shoytac das hagere Gesicht des Mannes vage bekannt vor, doch er konnte sich nicht mehr erinnern, wo er es das letzte Mal gesehen hatte.
Der Fremde stellte sich mit einer eleganten Verbeugung vor: „Mein Name lautet Regjikaydo, und ich vermute, Ihr seid aus dem selben Grund hier wie ich. Mein Auftrag lautet, den abtrünnigen Nekromanten, der in dieser Gegend sein Unwesen treibt, zur ewigen Ruhe zu betten.“
Shoytacs Herzschlag setzte für ein paar Sekunden aus. Wieso zum Teufel hatten sie einen Magierkiller auf ihn angesetzt? Er hatte schon seit Jahrzehnten nicht mehr Magie beschworen als ein durchschnittlicher Barbar – nämlich gar keine. Wie hatten sie ihn also aufspüren können? Der Spitzname Magierkiller kam schließlich nicht von ungefähr; die Ziele der Viz-Jaq’taar waren ausschließlich verrückte Zauberer, Dämonenmagier und dergleichen, da der Orden angewandte Magie angeblich genau lokalisieren konnte.
Er spürte den Blick des Assassinen auf sich ruhen, in dessen Augen ein nachdenklicher Ausdruck lag.
„... Meinen Informationen zufolge haust er in einem befestigten Turm hier in der Nähe, und seine Armee wächst mit jeder Minute, die wir untätig verstreichen lassen“, hörte er Regjikaydo gerade sagen.
Erleichtert lockerte Shoytac seine Hand, die sich unwillkürlich um den Schwertgriff gekrampft hatte, und schalt sich selbst für sein Mißtrauen. Der Magierkiller war also hinter Demselben her, und anscheinend wußte er bedeutend mehr über den gemeinsamen Feind als sie.
Nachdem Regjikaydo offiziell in der Gruppe willkommen geheißen worden war, brachte er ihre Informationen auf den neuesten Stand. Demzufolge war ihr Gegner also ein Nekromant, der mit Mächten herumgepfuscht hatte, die seinen ehemaligen Gildenkollegen nicht umsonst verboten waren. Angeblich war er dadurch von einem der Drei Großen Übel selbst „vom rechten Pfad abgebracht worden“ und hatte sich „unwiderruflich dem Bösen verschrieben“, wie sich ihr neuester Gefährte auszudrücken pflegte.
Shoytac reichte allein die Tatsache, daß es Untote waren, gegen die es zu kämpfen galt. Schon in seiner Kindheit hatte er einen ausgeprägten Haß gegen die wandelnden Knochenhaufen und herumschlurfenden Leichen entwickelt, und die ausgesetzte Belohnung war für ihn nur ein willkommener Bonus.

Froh über die Verstärkung ihrer Truppe und die Absichten des Assassinen (Shoytac hatte die beiden Zauberinnen kurz erbleichen sehen, als sie den Magierkiller als solchen erkannt hatten) zogen sie in die Richtung weiter, in der Regjikaydo die Zuflucht des korrumpierten Nekromanten vermutete.
Gemächlich bewegte sich die Sonne auf ihrer Bahn, doch von wärmenden Strahlen konnte kaum die Rede sein. Seit die Söldner Harrogath verlassen hatten, war es merklich kälter geworden, und ihre mittägliche Rast mußten sie schon auf einer dünnen Schneedecke halten. Das hatte Sayna schließlich überzeugen können, endlich auf die Worte ihrer Mutter zu hören und sich in den Umhang zu wickeln, um sich keine Lungenentzündung zu holen.
Sie drangen tief ins winterliche Hügelland vor, und die glitzernde weiße Pracht blendete Shoytac, soweit das Auge reichte. Endlich versank die Sonne hinter dem Horizont, doch der Schnee reflektierte das übrige Licht und tauchte die Umgebung in einen eisblauen Schimmer.
Caitlin war inzwischen ein Stück voraus auf eine Anhöhe geklettert, um nach einem Platz für die Nacht Ausschau zu halten, als sie plötzlich einen leisen Ruf ausstieß und ihre Begleiter vorsichtig zu sich winkte. Als sich Shoytac neben die Amazone legte und ebenfalls über den Rand spähte, lief ihr erneut ein Schauder über den Rücken.
„Verdammt“, murmelte jemand.
Hinter dem Hügel befand sich eine weitere Erhebung, auf deren höchsten Punkt ein großer Turm thronte, dessen schwarze Mauern sich wie Schmutz auf der makellosen Schneedecke ausnahmen. Der Hügel unter dem finsteren Bollwerk wimmelte von unzähligen Skelettsoldaten und Zombies, die ihr provisorisches Heerlager rings um den Turm weiter ausbauten. Patrouillen wurden ausgeschickt und andere kehrten zurück, während das riesige Tor des Bauwerks unermüdlich neue Untote ausspuckte.
Neben der Amazone wurde Regjikaydo bleich, als er sah, mit was für einer Armee er es inzwischen zu tun hatte, und die beiden Barbaren tauschten besorgte Blicke aus. Shoytac starrte mit steinerner Miene auf die Befestigungen, doch in seinen Augen brannten unauslöschlicher Haß und grimmige Entschlossenheit, als die Menschen den Aussichtsposten wieder verließen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen.
„Nun, irgendwelche Vorschläge?“, fragte Caitlin deprimiert. Die Belohnung schien in weite Ferne gerückt zu sein.
 

Renee Hawk

Mitglied
hat schon einer gesagt das es sich um Diablo II "Lord of Destruction" handelt? Ich will die 100 Punkte für meine Amazone und ihre Jägerin.

Kritik kommt später, lade mir dein Werk zum in Ruhe lesen runter *gg*.

es grüßt den Barbaren
Reneè [vom Stamm der Amazonen]
 



 
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