The Pitmistress
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jo, da man hier anscheinend mit mehr oder weniger objektiver und konstruktiver kritik rechnen kann, werd ich auch mal den anfang einer meiner geschichten posten 
wer das pc-game errät, in dessen welt die handlung spielt, kriegt 100 punkte *g*
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Die Schlägerei war in vollem Gange. Ohne Rücksicht auf Verluste prügelten Dutzende von Tavernengästen mit Fäusten, Bierkrügen und Einrichtungsgegen-ständen aufeinander ein, und die rauchgeschwängerte Luft erzitterte unter diversen Wut- und Schmerzensschreien. Längst wußte niemand mehr, wer als erstes zugeschlagen hatte, und keiner war bereit, diese günstige Gelegenheit, sich abzureagieren, ungenützt verstreichen zu lassen.
Selbst außerhalb der Gaststätte in den nächtlichen Straßen von Harrogath hallten die unvermeidlichen Geräusche des alkoholgetränkten Getümmels gedämpft zwischen den eng zusammenstehenden Häusern wider und wiesen einem späten Gast untrüglich den Weg. Zielstrebig näherte sich die hochgewachsene Gestalt dem Eingang und wurde von einem Schauer aus Glassplittern begrüßt, als einer der Kneipengäste die Party frühzeitig durch ein Fenster verließ. Wütend richtete sich der am Boden liegende Mann auf und nahm sich nicht einmal Zeit, sich die Splitter abzuklopfen, sondern rannte an dem Neuankömmling vorbei und stürzte sich wieder ins Getümmel.
Durch die offene Tür wehte ein Schwall warmer, stickiger Luft nach draußen, und der Fremde wich geschickt einem undefinierbaren Geschoß aus, als er das Gasthaus betrat. Der Wirt warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, während sich sein potentieller Kunde einen Weg zur Bar bahnte.
„Da kann selbst mein Dornenknüppel nichts ausrichten, wenn sich die Barbaren streiten!“, rief der resigniert wirkende Gastgeber dem Fremden über den Lärm hinweg zu, als sich dieser über den Tresen beugte.
„Nun, damit hab’ ich kein Problem“, erwiderte der Neuankömmling. „Eigentlich suche ich jemanden. Einen Barbaren namens Khor. Ich hoffe, er ist nicht gerade allzu beschäftigt.“
„Oh. Ich fürchte, Khor ist der Mann ganz unten.“ Der Wirt deutete auf ein dichtes Knäuel von Betrunkenen, die offensichtlich Probleme hatten, ihre verschiedenen Gliedmaßen wieder zu entwirren. Da sein Gegenüber ernsthaft zu erwägen schien, seinen relativ sicheren Platz an der Theke aufzugeben, um den Barbaren auszugraben, beeilte sich der Wirt hinzuzufügen: „Aber wenn Ihr wegen der Sache mit den Untoten hier seid, sprecht Ihr sowieso besser mit Caitlin da drüben.“
Der Fremde bedankte sich und wühlte sich in die angegebene Richtung einen Weg durch die Menge.
An einem zurückgezogenen Ecktisch angekommen, musterte er die athletisch gebaute Frau, die dort wohl schon seit einer geraumen Weile sitzen mußte. Vor ihr stand ein regelrechter Wald von leeren Bierkrügen, doch ihre Augen blickten den Neuankömmling wachsam an und versuchten offenbar, seinen von einem weiten Mantel kaschierten Körper nach möglichen Waffen abzusuchen.
„Ihr seid Caitlin?“, fragte er sie.
Die Frau nickte knapp.
„Was wollt Ihr?“
„Und Ihr gehört zu der Gruppe von Khor?“, bohrte er weiter.
„Sehe ich etwa so aus, als hätte ich das ganze Bier hier getrunken?“, gab sie mit einer Geste auf den Krügewald zurück.
„Natürlich nicht“, antwortete der Fremde lächelnd. „Ich habe gehört, daß Ihr vorhabt, etwas gegen diese Untotenplage zu unternehmen, und würde mich Euch gern anschließen. Mein Name ist Shoytac.“ Er streckte die Hand aus.
„Sehr erfreut. Je mehr wir sind, desto besser. Bitte, nehmt doch Platz“, lud Caitlin ihn ein, während sie mit festem Griff seinen Händedruck erwiderte. „Sicher wißt Ihr schon, daß der König fünftausend Goldstücke demjenigen versprochen hat, der die Untoten vernichtet. Bisher haben wir jedoch nur herausfinden können, daß sie eine Art Anführer zu haben scheinen, der sie im Kampf befehligt; ein höherer Dämon, hat uns ein Seher gesagt. Im Moment befinden sie sich ungefähr zwei Tagesmärsche nördlich von hier. Wir warten noch auf Khor’s Bruder Actan, und morgen früh brechen wir auf.“
Shoytac runzelte skeptisch die Stirn. „Sind vier Leute nicht ein bißchen wenig?“
„Sechs“, korrigierte ihn Caitlin. „Zwei Zauberinnen sind auch noch dabei. Aber die beiden sind schon nach oben gegangen. Die Kleine war ganz schön sauer, als ihre Mutter sie von dem jungen Barbaren weggezerrt hat“, fügte sie grinsend hinzu.
Shoytac wollte etwas erwidern, doch eine schwere Hand auf seiner Schulter hielt ihn davon ab. Betäubender Alkoholgestank schlug ihm entgegen, als er sich überrascht umwandte.
„Na wen ham wa denn da? Willst dich an Caitlin ranmachn, he?“ Der riesige Barbar schwankte bedrohlich und wäre gestürzt, wenn er sich nicht an Shoytac abge-stützt hätte.
„Er will sich uns anschließen, Khor!“, erklärte Caitlin genervt. „Mann, du hast schon wieder genug. Das gibt morgen einen Schädel...“ Sie schüttelte unverständig den Kopf. „Helft mir mal kurz, ihn auf sein Zimmer zu schaffen“, fügte sie zu Shoytac gewandt hinzu.
Gemeinsam schleppten sie den laut grölenden Mann die Treppen hoch in seine Kammer und ließen ihn dort auf ein viel zu kleines Bett fallen.
„Ist er immer so?“, fragte Shoytac und betrachtete angeekelt einige Bierflecken auf seinem Ärmel.
„Naja, zumindest in jeder Taverne. Das einzige, was er noch besser kann als trinken, ist kämpfen.“
„Da bin ich ja beruhigt“, murmelte er, während sie den Betrunkenen mit seinem Rausch allein ließen.
Caitlin zog sich ebenfalls in ihre Kammer zurück. „Morgen bei Sonnenaufgang treffen wir uns am Stadttor!“, rief sie Shoytac nach, der in den Schankraum zurück-ging, um sich ebenfalls ein Zimmer zu mieten.
Die Sache versprach, interessant zu werden.
Am nächsten Morgen begrüßten die ersten Sonnenstrahlen eine einsame Gestalt, die mürrisch am Stadttor lehnte. Actan hatte gewußt, daß es keine gute Idee gewesen war, so früh aufzubrechen. Sein Bruder würde Ewigkeiten brauchen, bis er wieder als volles Mitglied der Rasse Mensch durchgegen konnte. Wenn Khor in diesem Zustand von einem Untoten angegriffen wurde, könnte er sich höchstens mit seinem stinkenden Atem wehren. Es war keinesfalls so, daß Actan nicht selbst gern dem Alkohol zuspräche, aber vor einem wichtigen Auftrag konnte er sich zumindest beherrschen.
Eine sich gemächlich dem Tor nähernde Gestalt riß ihn aus seinen Gedanken. Unter einem schwarzen Mantel glänzte ein Kettenhemd, und das Morgenlicht brach sich in einem sorgfältig gearbeiteten Schwertgriff am Gürtel des Mannes. Der Neuankömmling setzte ein freundliches Lächeln auf und begrüßte den Barbaren: „Ein schöner Tag, um ein paar Zombies zurück in ihre Gräber zu schicken, nicht wahr? Mein Name ist Shoytac, und ich werde Euch begleiten, wenn Ihr nichts dagegen habt.“
„Actan“, stellte sich sein Gegenüber wortkarg vor, immer noch den Blick auf Shoytac’s Schwert geheftet. „Entschuldigt meine Neugier, aber dürfte ich mir mal Eure Waffe genauer ansehen? Sie erinnert mich an das berühmte Schwert, daß Der Abtrünnige angeblich geführt haben soll.“
„Die Ähnlichkeit ist wirklich bemerkenswert, ich weiß“, meinte Shoytac unbe-haglich und legte die Hand ans Heft. „Nichts gegen Euch, aber meine Waffe behalte ich lieber selbst.“
Der Barbar lachte laut auf. „Ihr gefallt mir. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, oder?“ Er klopfte Shoytac jovial auf die Schulter. Dieser Mann war bestimmt eine Be-reicherung für ihre Gruppe, dachte er und war sogar bereit, heute einmal Nachsicht mit Khor und seinem Kater zu haben.
Aus der offenen Tür eines Doppelzimmers zurück in der Taverne erklang eine ungeduldige Stimme: „Jetzt mach endlich, Sayna, du bist schon schön genug!“ Lin’Taphia verfluchte die Tatsache, daß es in ihrem Zimmer einen Spiegel gab.
„Jaja, ich komm’ ja schon!“ Ihre Tochter warf sich zum Abschied noch einen kritischen Blick im Spiegel zu, bevor sie sich ihr Bündel schnappte und Lin folgte.
„Wieso mußt du immer so trödeln? Immerhin ziehen wir in den Kampf und nicht zu einem Schönheitswettbewerb!“
„Reg’ dich nicht auf, ich bin ja schon fertig.“ Sayna war immer noch ein wenig beleidigt auf ihre Mutter, weil diese sie gestern Abend mitten im schönsten Flirt unterbrechen hatte müssen. Den jungen Mann würde sie wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen, also was machte es schon, wenn sie ein bischen an ihrer Flirttechnik arbeitete? Mütter waren manchmal so anstrengend.
Andererseits hatte sie keinen Grund, sich zu beschweren, da Lin ihre Tochter auf alle ihre Reisen und Abenteuer mitnahm und ihr viele nützliche Dinge beibrachte. Dinge, die viel interessanter waren als die langweiligen Stunden mit den Gilden-lehrerinnen.
Die zwei Zauberinnen machten sich endlich auf den Weg zum angegebenen Treffpunkt, wo der Barbar Shoytac bereits in ein angeregtes Gespräch verwickelt hatte. Die Beiden unterbrachen ihre Diskussion über Repliken berühmter Waffen, als die Frauen zu ihnen stießen. Hände wurden geschüttelt und Begrüßungsfloskeln ausgetauscht, als Shoytac Khor entdeckte. Der muskelstrotzende Barbar stützte sich mit einer Hand schwer auf Caitlin, während er sich mit der anderen grummelnd den Kopf hielt.
Actan grinste schadenfroh. „Na, war’s noch lustig gestern?“
„Ach laß mich doch in Ruhe!“, schnappte Khor.
„So, wenn niemand etwas vergessen hat, können wir ja losmarschieren“, unterbrach Caitlin geschickt den drohenden Streit.
Inzwischen war die Sonne schon vollständig über den Horizont geklettert und spiegelte sich in den Rüstungen und Waffen der kleinen Gruppe, als sie sich in Bewegung setzte, einem ungewissen Schicksal entgegen.
An der Spitze der Gruppe marschierte Khor, an den in weiser Voraussicht niemand ein Wort richtete. Hinter ihm waren die Magierinnen in eine laut geflüsterte Diskussion verwickelt, der Actan amüsiert lauschte. Das Schlußlicht bildeten Shoytac und Caitlin, die sich über Khor’s maßlosen Alkoholkonsum aufregte. Nach ihren Erzählungen zu schließen, kannten sich die beiden schon seit längerem und hatten auch andere Aufträge zusammen übernommen. Sie mußten ein gutes Team abgeben, wenn die Amazone trotz ihrer offensichtlichen Abscheu gegenüber Khor’s liebster Freizeitbeschäftigung immer noch mit ihm zusammenarbeiten wollte. Dabei war sich Shoytac sicher, daß sie auch allein bestens zurechtkommen würde, und musterte ihr energisches Kinn, die hohen Wangenknochen und die intelligenten Augen. Von ihrem Kinn lief eine lange Narbe quer über den Hals und verschwand im Ausschnitt ihrer eng anliegenden Lederrüstung, die ihre atemberaubende Figur nur noch besser zur Geltung brachte. Über ihrer Schulter hing ein langer schwarzglänzender Bogen, der über und über mit komplizierten Runen bedeckt war, sodaß Shoytac schon nach kurzem Hinsehen schwindlig wurde. Hastig wandte er den Blick ab und versuchte, auch einen Beitrag zu der bisher etwas einseitigen Unterhaltung beizutragen.
Die Zeit verging wie im Flug, und als die Sonne im Zenit stand, hielt die Söldnergruppe nach einem geschützten Rastplatz am Rand eines kleinen Wäldchens Ausschau. Schnell war ein geeigneter Ort gefunden, und die Magierinnen, nicht an das zügige Tempo gewohnt, daß der Rest der Truppe vorlegte, ließen sich erschöpft aufs weiche Moos fallen. Erleichtert legte sich auch Khor in den kühlen Schatten, wo ihm sein Kopf nicht mehr ganz so sehr brummte.
Währenddessen kramte Actan einige Streifen Dörrfleisch aus seinem Rucksack und verteilte sie großzügig.
Shoytac hatte gerade die Hälfte seiner Portion vertilgt, als ihm plötzlich ein Schwall süßlichen, irgendwie muffigen Geruchs in die Nase stieg. Alarmiert legte er das restliche Fleisch beiseite und tastete nach seinem Schwertgriff. „Riecht Ihr das auch?“
Im Wald neben ihm knackte das Unterholz, und die Zauberinnen wichen angeekelt vor dem strengen Geruch zurück.
„Vielleicht ein totes Tier?“, fragte Actan ohne Überzeugung.
„Wohl eher tote Menschen. Das sind die verdammten Zombies!“ Sein Bruder sprang auf, seine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Während die Gruppe den Abstand zwischen sich und dem Lagerplatz vergrößerte, zog jeder entschlossen seine Waffe.
Caitlin hörte die Magierinnen hinter sich murmelnd irgendwelche Zaubersprüche vorbereiten und legte den ersten Pfeil auf die Sehne. Aufmerksam suchte sie die Baumgrenze nach Zielen ab, doch der bewundernde Blick, den Actan Shoytac’s Schwert zuwarf, entging ihr nicht. Die lange Klinge leuchtete in einem unheimlichen Blau, doch ihr Besitzer schenkte dem auffälligen Glühen keinerlei Beachtung und schloß sorgfältig das Visier seines Helms, während er weiterhin den Waldrand beobachtete.
wer das pc-game errät, in dessen welt die handlung spielt, kriegt 100 punkte *g*
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Die Schlägerei war in vollem Gange. Ohne Rücksicht auf Verluste prügelten Dutzende von Tavernengästen mit Fäusten, Bierkrügen und Einrichtungsgegen-ständen aufeinander ein, und die rauchgeschwängerte Luft erzitterte unter diversen Wut- und Schmerzensschreien. Längst wußte niemand mehr, wer als erstes zugeschlagen hatte, und keiner war bereit, diese günstige Gelegenheit, sich abzureagieren, ungenützt verstreichen zu lassen.
Selbst außerhalb der Gaststätte in den nächtlichen Straßen von Harrogath hallten die unvermeidlichen Geräusche des alkoholgetränkten Getümmels gedämpft zwischen den eng zusammenstehenden Häusern wider und wiesen einem späten Gast untrüglich den Weg. Zielstrebig näherte sich die hochgewachsene Gestalt dem Eingang und wurde von einem Schauer aus Glassplittern begrüßt, als einer der Kneipengäste die Party frühzeitig durch ein Fenster verließ. Wütend richtete sich der am Boden liegende Mann auf und nahm sich nicht einmal Zeit, sich die Splitter abzuklopfen, sondern rannte an dem Neuankömmling vorbei und stürzte sich wieder ins Getümmel.
Durch die offene Tür wehte ein Schwall warmer, stickiger Luft nach draußen, und der Fremde wich geschickt einem undefinierbaren Geschoß aus, als er das Gasthaus betrat. Der Wirt warf ihm einen entschuldigenden Blick zu, während sich sein potentieller Kunde einen Weg zur Bar bahnte.
„Da kann selbst mein Dornenknüppel nichts ausrichten, wenn sich die Barbaren streiten!“, rief der resigniert wirkende Gastgeber dem Fremden über den Lärm hinweg zu, als sich dieser über den Tresen beugte.
„Nun, damit hab’ ich kein Problem“, erwiderte der Neuankömmling. „Eigentlich suche ich jemanden. Einen Barbaren namens Khor. Ich hoffe, er ist nicht gerade allzu beschäftigt.“
„Oh. Ich fürchte, Khor ist der Mann ganz unten.“ Der Wirt deutete auf ein dichtes Knäuel von Betrunkenen, die offensichtlich Probleme hatten, ihre verschiedenen Gliedmaßen wieder zu entwirren. Da sein Gegenüber ernsthaft zu erwägen schien, seinen relativ sicheren Platz an der Theke aufzugeben, um den Barbaren auszugraben, beeilte sich der Wirt hinzuzufügen: „Aber wenn Ihr wegen der Sache mit den Untoten hier seid, sprecht Ihr sowieso besser mit Caitlin da drüben.“
Der Fremde bedankte sich und wühlte sich in die angegebene Richtung einen Weg durch die Menge.
An einem zurückgezogenen Ecktisch angekommen, musterte er die athletisch gebaute Frau, die dort wohl schon seit einer geraumen Weile sitzen mußte. Vor ihr stand ein regelrechter Wald von leeren Bierkrügen, doch ihre Augen blickten den Neuankömmling wachsam an und versuchten offenbar, seinen von einem weiten Mantel kaschierten Körper nach möglichen Waffen abzusuchen.
„Ihr seid Caitlin?“, fragte er sie.
Die Frau nickte knapp.
„Was wollt Ihr?“
„Und Ihr gehört zu der Gruppe von Khor?“, bohrte er weiter.
„Sehe ich etwa so aus, als hätte ich das ganze Bier hier getrunken?“, gab sie mit einer Geste auf den Krügewald zurück.
„Natürlich nicht“, antwortete der Fremde lächelnd. „Ich habe gehört, daß Ihr vorhabt, etwas gegen diese Untotenplage zu unternehmen, und würde mich Euch gern anschließen. Mein Name ist Shoytac.“ Er streckte die Hand aus.
„Sehr erfreut. Je mehr wir sind, desto besser. Bitte, nehmt doch Platz“, lud Caitlin ihn ein, während sie mit festem Griff seinen Händedruck erwiderte. „Sicher wißt Ihr schon, daß der König fünftausend Goldstücke demjenigen versprochen hat, der die Untoten vernichtet. Bisher haben wir jedoch nur herausfinden können, daß sie eine Art Anführer zu haben scheinen, der sie im Kampf befehligt; ein höherer Dämon, hat uns ein Seher gesagt. Im Moment befinden sie sich ungefähr zwei Tagesmärsche nördlich von hier. Wir warten noch auf Khor’s Bruder Actan, und morgen früh brechen wir auf.“
Shoytac runzelte skeptisch die Stirn. „Sind vier Leute nicht ein bißchen wenig?“
„Sechs“, korrigierte ihn Caitlin. „Zwei Zauberinnen sind auch noch dabei. Aber die beiden sind schon nach oben gegangen. Die Kleine war ganz schön sauer, als ihre Mutter sie von dem jungen Barbaren weggezerrt hat“, fügte sie grinsend hinzu.
Shoytac wollte etwas erwidern, doch eine schwere Hand auf seiner Schulter hielt ihn davon ab. Betäubender Alkoholgestank schlug ihm entgegen, als er sich überrascht umwandte.
„Na wen ham wa denn da? Willst dich an Caitlin ranmachn, he?“ Der riesige Barbar schwankte bedrohlich und wäre gestürzt, wenn er sich nicht an Shoytac abge-stützt hätte.
„Er will sich uns anschließen, Khor!“, erklärte Caitlin genervt. „Mann, du hast schon wieder genug. Das gibt morgen einen Schädel...“ Sie schüttelte unverständig den Kopf. „Helft mir mal kurz, ihn auf sein Zimmer zu schaffen“, fügte sie zu Shoytac gewandt hinzu.
Gemeinsam schleppten sie den laut grölenden Mann die Treppen hoch in seine Kammer und ließen ihn dort auf ein viel zu kleines Bett fallen.
„Ist er immer so?“, fragte Shoytac und betrachtete angeekelt einige Bierflecken auf seinem Ärmel.
„Naja, zumindest in jeder Taverne. Das einzige, was er noch besser kann als trinken, ist kämpfen.“
„Da bin ich ja beruhigt“, murmelte er, während sie den Betrunkenen mit seinem Rausch allein ließen.
Caitlin zog sich ebenfalls in ihre Kammer zurück. „Morgen bei Sonnenaufgang treffen wir uns am Stadttor!“, rief sie Shoytac nach, der in den Schankraum zurück-ging, um sich ebenfalls ein Zimmer zu mieten.
Die Sache versprach, interessant zu werden.
Am nächsten Morgen begrüßten die ersten Sonnenstrahlen eine einsame Gestalt, die mürrisch am Stadttor lehnte. Actan hatte gewußt, daß es keine gute Idee gewesen war, so früh aufzubrechen. Sein Bruder würde Ewigkeiten brauchen, bis er wieder als volles Mitglied der Rasse Mensch durchgegen konnte. Wenn Khor in diesem Zustand von einem Untoten angegriffen wurde, könnte er sich höchstens mit seinem stinkenden Atem wehren. Es war keinesfalls so, daß Actan nicht selbst gern dem Alkohol zuspräche, aber vor einem wichtigen Auftrag konnte er sich zumindest beherrschen.
Eine sich gemächlich dem Tor nähernde Gestalt riß ihn aus seinen Gedanken. Unter einem schwarzen Mantel glänzte ein Kettenhemd, und das Morgenlicht brach sich in einem sorgfältig gearbeiteten Schwertgriff am Gürtel des Mannes. Der Neuankömmling setzte ein freundliches Lächeln auf und begrüßte den Barbaren: „Ein schöner Tag, um ein paar Zombies zurück in ihre Gräber zu schicken, nicht wahr? Mein Name ist Shoytac, und ich werde Euch begleiten, wenn Ihr nichts dagegen habt.“
„Actan“, stellte sich sein Gegenüber wortkarg vor, immer noch den Blick auf Shoytac’s Schwert geheftet. „Entschuldigt meine Neugier, aber dürfte ich mir mal Eure Waffe genauer ansehen? Sie erinnert mich an das berühmte Schwert, daß Der Abtrünnige angeblich geführt haben soll.“
„Die Ähnlichkeit ist wirklich bemerkenswert, ich weiß“, meinte Shoytac unbe-haglich und legte die Hand ans Heft. „Nichts gegen Euch, aber meine Waffe behalte ich lieber selbst.“
Der Barbar lachte laut auf. „Ihr gefallt mir. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, oder?“ Er klopfte Shoytac jovial auf die Schulter. Dieser Mann war bestimmt eine Be-reicherung für ihre Gruppe, dachte er und war sogar bereit, heute einmal Nachsicht mit Khor und seinem Kater zu haben.
Aus der offenen Tür eines Doppelzimmers zurück in der Taverne erklang eine ungeduldige Stimme: „Jetzt mach endlich, Sayna, du bist schon schön genug!“ Lin’Taphia verfluchte die Tatsache, daß es in ihrem Zimmer einen Spiegel gab.
„Jaja, ich komm’ ja schon!“ Ihre Tochter warf sich zum Abschied noch einen kritischen Blick im Spiegel zu, bevor sie sich ihr Bündel schnappte und Lin folgte.
„Wieso mußt du immer so trödeln? Immerhin ziehen wir in den Kampf und nicht zu einem Schönheitswettbewerb!“
„Reg’ dich nicht auf, ich bin ja schon fertig.“ Sayna war immer noch ein wenig beleidigt auf ihre Mutter, weil diese sie gestern Abend mitten im schönsten Flirt unterbrechen hatte müssen. Den jungen Mann würde sie wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen, also was machte es schon, wenn sie ein bischen an ihrer Flirttechnik arbeitete? Mütter waren manchmal so anstrengend.
Andererseits hatte sie keinen Grund, sich zu beschweren, da Lin ihre Tochter auf alle ihre Reisen und Abenteuer mitnahm und ihr viele nützliche Dinge beibrachte. Dinge, die viel interessanter waren als die langweiligen Stunden mit den Gilden-lehrerinnen.
Die zwei Zauberinnen machten sich endlich auf den Weg zum angegebenen Treffpunkt, wo der Barbar Shoytac bereits in ein angeregtes Gespräch verwickelt hatte. Die Beiden unterbrachen ihre Diskussion über Repliken berühmter Waffen, als die Frauen zu ihnen stießen. Hände wurden geschüttelt und Begrüßungsfloskeln ausgetauscht, als Shoytac Khor entdeckte. Der muskelstrotzende Barbar stützte sich mit einer Hand schwer auf Caitlin, während er sich mit der anderen grummelnd den Kopf hielt.
Actan grinste schadenfroh. „Na, war’s noch lustig gestern?“
„Ach laß mich doch in Ruhe!“, schnappte Khor.
„So, wenn niemand etwas vergessen hat, können wir ja losmarschieren“, unterbrach Caitlin geschickt den drohenden Streit.
Inzwischen war die Sonne schon vollständig über den Horizont geklettert und spiegelte sich in den Rüstungen und Waffen der kleinen Gruppe, als sie sich in Bewegung setzte, einem ungewissen Schicksal entgegen.
An der Spitze der Gruppe marschierte Khor, an den in weiser Voraussicht niemand ein Wort richtete. Hinter ihm waren die Magierinnen in eine laut geflüsterte Diskussion verwickelt, der Actan amüsiert lauschte. Das Schlußlicht bildeten Shoytac und Caitlin, die sich über Khor’s maßlosen Alkoholkonsum aufregte. Nach ihren Erzählungen zu schließen, kannten sich die beiden schon seit längerem und hatten auch andere Aufträge zusammen übernommen. Sie mußten ein gutes Team abgeben, wenn die Amazone trotz ihrer offensichtlichen Abscheu gegenüber Khor’s liebster Freizeitbeschäftigung immer noch mit ihm zusammenarbeiten wollte. Dabei war sich Shoytac sicher, daß sie auch allein bestens zurechtkommen würde, und musterte ihr energisches Kinn, die hohen Wangenknochen und die intelligenten Augen. Von ihrem Kinn lief eine lange Narbe quer über den Hals und verschwand im Ausschnitt ihrer eng anliegenden Lederrüstung, die ihre atemberaubende Figur nur noch besser zur Geltung brachte. Über ihrer Schulter hing ein langer schwarzglänzender Bogen, der über und über mit komplizierten Runen bedeckt war, sodaß Shoytac schon nach kurzem Hinsehen schwindlig wurde. Hastig wandte er den Blick ab und versuchte, auch einen Beitrag zu der bisher etwas einseitigen Unterhaltung beizutragen.
Die Zeit verging wie im Flug, und als die Sonne im Zenit stand, hielt die Söldnergruppe nach einem geschützten Rastplatz am Rand eines kleinen Wäldchens Ausschau. Schnell war ein geeigneter Ort gefunden, und die Magierinnen, nicht an das zügige Tempo gewohnt, daß der Rest der Truppe vorlegte, ließen sich erschöpft aufs weiche Moos fallen. Erleichtert legte sich auch Khor in den kühlen Schatten, wo ihm sein Kopf nicht mehr ganz so sehr brummte.
Währenddessen kramte Actan einige Streifen Dörrfleisch aus seinem Rucksack und verteilte sie großzügig.
Shoytac hatte gerade die Hälfte seiner Portion vertilgt, als ihm plötzlich ein Schwall süßlichen, irgendwie muffigen Geruchs in die Nase stieg. Alarmiert legte er das restliche Fleisch beiseite und tastete nach seinem Schwertgriff. „Riecht Ihr das auch?“
Im Wald neben ihm knackte das Unterholz, und die Zauberinnen wichen angeekelt vor dem strengen Geruch zurück.
„Vielleicht ein totes Tier?“, fragte Actan ohne Überzeugung.
„Wohl eher tote Menschen. Das sind die verdammten Zombies!“ Sein Bruder sprang auf, seine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. Während die Gruppe den Abstand zwischen sich und dem Lagerplatz vergrößerte, zog jeder entschlossen seine Waffe.
Caitlin hörte die Magierinnen hinter sich murmelnd irgendwelche Zaubersprüche vorbereiten und legte den ersten Pfeil auf die Sehne. Aufmerksam suchte sie die Baumgrenze nach Zielen ab, doch der bewundernde Blick, den Actan Shoytac’s Schwert zuwarf, entging ihr nicht. Die lange Klinge leuchtete in einem unheimlichen Blau, doch ihr Besitzer schenkte dem auffälligen Glühen keinerlei Beachtung und schloß sorgfältig das Visier seines Helms, während er weiterhin den Waldrand beobachtete.