(F) Das Ende einer Reise / Neues aus Elysion

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Morrigan

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Das Ende einer Reise

„Kalista! Seht nur! Kalista ist wieder da!“
Der Klang der aufgeregten Stimmen ließ die zarte Elfenfrau erleichtert aufseufzten. Sie war wieder Zuhause! Oder zumindest an einem Ort, der ihr noch lieber war.
Grau und massiv erhoben sich die uralten Mauern des Tempels aus den grünen Schößlingen des Waldes, überschattet nur von den noch älteren Eichen, die inzwischen nicht einmal mehr Feuer zu fürchten hatten. In den dunklen Efeuranken balgten sich die Vögel und das sanfte Rauschen der Blätter durchtränkte jede Bewegung, jeden Gedanken. Zaghaft strich sich Kalista durch die zerzausten Haare und versuchte ihr grünes Kleid ein wenig vom Staub der Reise zu befreien, doch es war vergebliche Mühe.
„Immerhin,“, dachte sie, als immer mehr grüngekleidete Wesen aus den großen Eichentoren quollen, um sie überschwenglich zu begrüßen, „Immerhin sehe ich wirklich aus, wie jemand, der seine Pilgerschaft beendet hat!“
Sie setzte ein huldvoll, glückliches Lächeln auf, als sie einige der kleinen Novizinnen erkannte, die sie vor Beginn ihrer Reise unterrichtet hatte. Die kleine Lysanna, wie groß war sie geworden, klammerte sich überschwenglich an ihre Beine und schwatzte aufgeregt auf sie ein.
„Kalista, Kalista ich kann jetzt Rosen wachsen lassen! Und ich habe den Steinball für ganze zwei Minuten in der Luft gehalten! Und. . .und Tynaia hat gesagt in Pflanzenkunde bin ich bestimmt eine der Besten!“
Jetzt hatten sie auch die anderen Mädchen erreicht und Kalista befand sich plötzlich inmitten eine Orkans von verschiedenen Stimmen, die um sie herum tobten und wurde beinahe umgestoßen von so vielen Körpern, die sich um sie drängten. Sie streichelte Köpfe, drückte Hände, lächelte zu allen Seiten und wünschte sich nur nie wieder fort zu müssen. Doch plötzlich wurde es still in der Meute und sie hob den Blick wieder zu den hohen Portalen, aus denen jetzt eine schlanke Gestalt trat, deren Aura allein genügte, die Novizinnen vor Ehrfurcht zurückweichen zu lassen. Maya erschien, die ehrwürdige Hohepriesterin, Herrin der Erde, Wächterin des Waldes und oberste Lehrerin der hohen Kräfte. Ihre langen grünen Gewänder schienen geradezu mit dem Waldboden zu verschmelzen, grüne Bänder schmückten ihr dunkles Haar und das letzte das Kalista sah, bevor sie in einer respektvollen Verneigung versank, war das gütige Lächeln mit der die Hohepriesterin ihre Arme ausbreitete, um einen Regen von Kirschblüten auf sie niedergehen zu lassen. Kalista erschauerte vor Freude. Sie hatte die Hohepriesterin bisher nur ein einziges Mal aus der Nähe sehen dürfen, auf dem Fest zu Ehren ihrer Abreise. Damals hatte Maya jede der drei Priesterinnen zu sich gerufen, um mit ihnen über ihre Ängste und Hoffnungen zu sprechen. Kalista erinnerte sich kaum noch dran, was sie ihr damals wohl erzählt hatte, viel zu nervös und überwältigt war sie gewesen, doch eines wußte sie noch genau:
„Wie ich höre, leistest du in den Novizenhäusern gute Arbeit. Alle deine Schützlinge schwärmen von dir.“
Mit diesem Lob hatte Maya sie begrüßt, dieses Lob hatte sie ihr mitgegeben auf ihre Reise, an dieses Lob hatte sich Kalista geklammert, wenn sie fror, hungrig, oder verzweifelt war. Es hatte ihr geholfen stark zu bleiben, stets mit dem Bild des Tempels vor Augen, der ihr Zuhause war, seit sie sich erinnern konnte.
Um sie herum erhoben sich jetzt die Gesänge zu Ehren der Waldgeister, die ihr eine glückliche Heimkehr geschenkt hatten und leicht senke sich die Hand der Hohepriesterin zu einem Segen auf sie herab. Kalista lächelte. Sogar in dieser einfachen Geste erinnerte sie Maya daran, daß sie . . . anders war. Keine Pflanzenranken, nein, warme, fast menschliche Hände. Maya war die erste Hohepriesterin in einer Jahrhundertelangen Reihe, die nicht dem Volk der Floh’ora angehörte. Natürlich war dieses Amt nur der würdigsten Priesterin vorbehalten, der stärksten Kämpferin, der talentiertesten Beschwörerin der Geister. Doch in den letzten Jahrhunderten war diese Priesterin nun einmal immer aus einem Stamm der Floh’ora hervorgegangen. So war es gekommen, daß es dieses Volk gleichsam als ein Privileg betrachtete die Hohepriesterin der Erde stellen zu dürfen. Doch vor beinahe zwanzig Jahren hatte es nur eine Priesterin im Tempel gegeben, die in den Augen der letzten Hohepriesterin ihre Nachfolge antreten konnte - Maya, das Gargoylemädchen. Sie konnte alle Priester und Priesterinnen im Kampf besiegen, sie konnte sie besten Heiltränke herstellen, sie war die talentierteste Beschwörerin, sie konnte selbst Gedanken lesen, die von den Wäldern der Drachenkriegerinnen herüber wehten und den großen Felsen in der Prüfungskammer beinahe eine Stunde lang in der Schwebe halten. Kurz Maya war die mächtigste Priesterin der Erde, die man seit Jahren gesehen hatte. Und sie wurde Hohepriesterin, auch wenn viele von Kalistas Mitschülern diese Entscheidung immer noch skeptisch betrachteten. Kalista hingegen hatte Maya immer verteidigt. Für sie war es ein Beweis für die Gerechtigkeit innerhalb des Ordens, daß das höchste Amt eben doch nach Leistungen vergeben wurde und es nicht ausreichte, wenn man nur einem Pflanzenvolk angehörte.
„Wir freuen uns, daß du wieder bei uns bist. Ich hoffe deine Reise war erfolgreich.“ wehte jetzt Mayas sanfte Stimme zu ihr herunter und Kalista wagte es den Kopf zu heben. Maya lächelte sie glücklich an, ihre schwarzen Augen blitzten.
„Du bist die erste, die uns wieder zurückgegeben wurde.“
Kalista stockte der Atem. Die erste? Aber wie? Sie hatte doch ganze vier Wochen krank bei ihren Eltern verbracht. Wie konnte es sein, daß sie dennoch schneller gewesen war, als Dina, Keylo, Arie und Amaran? Ein kleiner Stich fuhr durch ihr Herz, als sie an den fröhlichen Menschen dachte, der ihr noch bei ihrer Abreise einen Blumenregen geschenkt hatte. Was war ihnen zugestoßen?
Mayas Lächeln vertiefte sich, sie hatte ihre Gedanken gehört.
„Mach dir keine Sorgen. Es ist nun einmal das Gesetz des Ordens, daß ihr alle verschiedene Wege beschreiten müßt, damit ihr ganz auf euch gestellt seid. Aber das die Anderen noch nicht zurück sind, kann auch daran liegen, daß sie die Prüfungsnachweise nicht so schnell erbringen konnten. Nicht jeder kann so talentiert sein, wie du mein Kind.“
Kalista errötete. Es war ihr peinlich das sie diese einfache Möglichkeit nicht in Betracht gezogen hatte.
„Komm herein. Ruhe dich noch aus. Sobald auch die Anderen zurück sind, werdet ihr eure Prüfung ablegen. Dann gibt es dazu keine Möglichkeit mehr.“
Kalista erwiderte das wehmütige Lächeln und folgte Maya ins Innere des Tempels, wo sie nun auch von den männlichen Priestern begrüßt wurde und dem Hohepriester ihre Huldigung darzubringen hatte. Dann ließ sie sich von dem schwatzenden Strom ihrer Schülerinnen zu den Novizenhäusern begleiten.

In den nächsten Tagen fühlte sich Kalista, als hätte sie nie ihre bescheidene Kammer verlassen, sich nie durch ganz Elysion geschleppt, nie in dunklen Kellern gegen ihre Müdigkeit und die Elemente gekämpft. Denn die Wälder im Herzen des Floh’ora Reiches waren so unveränderlich, wie die heiligen Riten des Tempels und der Tagesablauf einer jeden Priesterin. Sie verbrachte wieder viele Stunden mit ihren kleinen Schülerinnen in den Übungshallen der Novizenhäusern, erzählte von ihren Erfahrungen und unterrichtete sie in Kräuterkunde und Schwertkampf. Vor den Augen einer staunenden Lysanna ließ sie den schwersten der drei Übungssteine mehrere Runden im Raum herumfliegen und erzählte ihr von ihrer Begegnung mit den Steinweisen.
Nach etwa zwei Wochen kehrten auch Keylo und Arie in den Tempel zurück und feierten ihren triumphalen Einzug. Aber auch sie waren erschöpft und Kalista war erschüttert, ihre starke Drachenfreundin Keylo völlig haltlos auf ihr Bett fallen zu sehen. Sie war nicht einmal mehr ansprechbar, während die zarte, sensible Arie die Strapazen der Reise scheinbar mühelos hinter sich gelassen hatte. Das Menschenmädchen besuchte Kalista noch am selben Abend in ihrer Kammer. Kalista sah nur kurz auf, als sie sich auf einem ihrer Stühle niederließ. Sie wußte schon, was sie fragen würde, noch bevor sie tief Luft geholt und sich verlegen die caramellfarbenen Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte. Kalista lächelte. Arie war von ihrer Reise mit einem Haarschnitt zurückgekehrt, der für jede Elfe eine Schande gewesen wäre.
„Wie war es?“
Kalista seufzte. Sie hatte diese Frage so oft gehört, aber das bedeutete nicht, daß sie eine Antwort darauf wußte.
„Schön, schrecklich. Schrecklich schön?“ lächelte sie verlegen.
Doch Arie nickte. Auch sie kannte das Gefühl, daß es niemand verstehen konnte . . . niemand konnte wirklich wissen was sie durchgemacht hatten und eigentlich wollte es auch niemand wirklich offenbaren. Die Reise war das kleine private Heiligtum das sich jeder von ihnen hart erkämpft hatte.
„Was ist mit Keylo? Ich habe geglaubt sie niemals müde oder resigniert zu sehen.“
„Sie war zusammen mit Amaran in den Drachenwäldern . . . es war ihr Volk, ein Kampf. Sie mußten tagelang die Tänze der Geister zelebrieren . . .“
Arie verstummte und Kalista schloß schaudernd die Augen. Die Tänze der Geister für die Seelen der Verstorbenen . . . das alleinige Recht eines Elementpriesters, der seine erste Weihe erhalten hatte. In Gedanken sprach Kalista ein Dankgebet, daß ihr diese Tortur erspart geblieben war. Dann hörte sie Arie leise schluchzten und ging zu ihr herüber.
„Warum ist es so? Warum lernen wir zu kämpfen? Sieh was die Kämpfe aus Keylo gemacht haben? Und warum müssen ausgerechnet wir die Tänze durchführen? Warum nicht die Alten . . .“
Kalista strich ihrer Freundin sanft über die Schulter.
„Es ist das Gesetz der Orden. Du weißt doch, was die Neriaden erzählen. Einst gab es Krieg zwischen den Priestern und dem barbarischen Volk. Die Geister waren wütend und die Priester mußten lernen zu kämpfen und unbesiegbar zu werden, um ihre Heiligtümer zu schützen . . . und das wir die Tänze zelebireren soll uns helfen die Geister zu verstehen. Es macht uns stärker . . .“ auch sie verstummte, denn sie wußte, daß dies nicht die Antwort war, die Arie hören wollte. Spielerisch strubbelte sie dann durch Aries kurzes Haar.
„Warum hast du es abgeschnitten? Dein Haar war so hübsch.“
Arie kicherte und schniefte gleichzeitig. Dann fuhr sie sich mit der Hand über das Gesicht und straffte die Schultern. Als sie sich zu Kalista umdrehte, blitzten ihre dunkeln Augen wieder.
Ich habe es nicht freiwillig abgeschnitten, aber es gab einen . . . kleinen Zwischenfall bei meiner Feuerprüfung!“
Daraufhin brachen sie beide in albernes Gekicher aus.
„Wie hast du es geschafft, daß du heil geblieben bist?“
Kalista lächelte geheimnisvoll und tätschelte ihre langen, blonden Flechten, die nun wieder ordentlich auf ihren Rücken hinab hingen.
„Mein Volk hätte mich nicht aufgenommen, hätte ich sie verloren. Das macht vorsichtig!“
Wieder lachten sie, denn jede von ihnen wußte nun, wie schwer es war allein zu überleben.
„Was glaubst du wann die Anderen zurückkommen werden?“
Arie zuckte nur die Schultern.
„Ich weiß nicht, aber Dina wird sicher furchtbar wütend darüber sein, daß sie die Letzte ist!“
„Laß sie doch wütend sein. Es wird ihren Hochmut wohl kaum abkühlen.“
Sie tauschten einen wissenden Blick. Es genügte eben nicht, wenn man einem Pflanzenvolk angehörte . . .
Arie gähnte lautstark und erhob sich dann, um sie zu umarmen.
„Ich werde jetzt schlafen gehen. Sehen wir uns morgen in der Übungshalle?“
„Natürlich.“
Sie nickten einander lächelnd zu.
„Keylo wird es schaffen! Sie ist stark.“
Arie drückte sie noch einmal an sich und verließ dann das Zimmer.

Trommeln und Fackeln führten den Zug an, der sich in einem großen Bogen durch den Tempel auf die Halle der Prüfung zubewegte. Rechts und links säumten sämtliche Novizen und auch die Priester den Weg, die nicht zur Prüfungskommission gehörten. Kalista bemühte sich den Blick gesenkt zu halten, doch der Zauber ihrer Umgebung fesselte sie. Ein schier endloser Tunnel aus grünen Gewändern und ab und zu das Aufblitzen eines bekannten Gesichts. Lysanna winkte ihr übermütig zu. Beschämt und ertappt richtete Kalista den Blick wieder auf Keylos Gewand. Sie war dazu ausersehen worden das Opfer zu tragen und schritt nun sehr stolz und aufrecht vor ihnen her. Kalista ging neben Dina und hinter ihnen folgten Arie und Amaran. Kalista suchte in den Falten der ausladenden Zeremoniengewändern nach Dinas Hand und spürte, wie sie zitterte. Ein kleines Lächeln stahl sich über ihr Gesicht. Dina war erst zwei Tage zuvor gestützt von Amaran in den Tempel zurückgekehrt. Die Reise hatte sie völlig erschöpft und ihr jeglichen Hochmut ausgetrieben, das behauptete zumindest Amaran. In ihrer Gegenwart bemühte sie sich nichts von ihrer Schwäche erkennen zu lassen, und doch erregte sie nirgends mehr Aufruhr und war zu allen freundlich und hilfsbereit. Kalista wagte es nicht sich auszumalen, was sie gesehen und erlebt haben mußte, doch sie bemühte sich ihr etwas Mut zu machen und drückte ihre Hand.
Der Fakelzug kam nun vor dem Haus der Hohepriester zum stehen und die Trommeln verstummten. Nach einem spannungsvollen Moment öffneten sich die breiten Türen und Maya trat Hand in Hand mit Scharon, dem Hohepriester auf die Plattform hinaus ins Freie. Die Stille verflog, als aus hunderten von Kehlen das Lobgebet für die Geister aufstieg. Auch Kalista fiel in den Chor ein und ließ sich von ihrem Hochgefühl davon tragen. Elfen, Menschen, Drachen, Feen, Gargoyles, Floh’oras, beinahe alle Völker von Elysion waren hier vertreten, lebten und arbeiteten in Eintracht. Und wenn sie jetzt ihre Prüfung ablegte, dann gehörte sie wirklich zu ihnen. Dies war ihre wirkliche Initiation, auf diesen Tag hatte sie beinahe zwanzig Jahre lang hingearbeitet. Und dennoch war sie nervös. Ihre erste Weihe hatte sie als Beste abgelegt, doch in dieser Prüfung galt es nicht nur zu Beweisen, daß sie die Geister der Erde kontrollieren und einigermaßen ein Schwert handhaben konnte, es galt zu zeigen, was sie in den anderen Klöstern und bei den Steinweisen gelernt hatte.
Maya und Scharon hoben nun ihre Hände zum rituellen Gruß und gleichzeitig erhoben sich hunderte von Armen ihnen entgegen. Auch Kalista legte ihre Finger zusammen und berührte leicht Herz, Mund und Stirn, bevor sie ihre Handflächen dem sternengeschmückten Himmel entgegenstreckte. Dann warf sie einen verstohlenen Blick auf Dina, die immer noch vor Aufregung zitterte. Sogar ihre gelockten Haare vibrierten und ihre grüne Haut hob sich blaß gegen ihr dunkelgrünes Gewand ab. Sie sah geradezu mitleiderregend zart und zerbrechlich aus. Doch auch Scharon sah zarter aus als Maya und das obwohl er sie um einen Kopf überragte.
„Wir heißen euch willkommen, ihr, die ihr eure Pilgerschaft beendet habt und nun bereit seid eure Prüfung abzulegen.“ hob Maya an und Keylo stellte die große Schale mit den Blumengebinden vor ihr ab.
„Wir bitten die Geister um ihren Segen.“
Ein kleiner Feuerball aus Scharons Hand entflammte die Blumen und die Lobgesänge hoben wieder an, bis sich der letzte Rauch verflüchtigt hatte.
„Mögen die Prüfungen beginnen! Kalista, Priesterin der Erde, tritt vor.“
Kalista schluckte und trat aus der Reihe heraus vor die Terrasse.
„Du hast deine erste Prüfung mit dem besten Ergebnis abgelegt und wirst daher als erste in die Halle der Prüfung gehen. Folge mir.“
Scharon sprach einen Segen über ihren Haupt aus, dann folgte sie Maya durch die schweren Steinportale in die Prüfungskammer, während draußen die Gesänge wieder begannen. Die große Prüfungshalle, die gleichzeitig die Trainingsstätte der geweihten Priester war, glänzte im Fackellicht. Maya gesellte sich zu den anderen Mitgliedern der Prüfungskommission. Sie selbst würde die Elementkräfte prüfen, Tynaia ihre Kenntnisse über Heiltränke und ihre Fähigkeiten bezüglich der Geisteskraft, Bilka, ihre ehemalige Lehrerin würde sie im Kampf testen und als Zeuge der männlichen Priesterschaft war ein finster dreinblickender Mensch geladen worden, der sie nur kurz mit einem Blick taxierte, bevor er sich wieder über seinen Notizblock beugte.
„Wir wollen beginnen.“ sagte Maya freundlich und ließ sich auf einem erhöhten Stuhl nieder.
Kalista nickte, begab sich in die Mitte das Raumes, begrüßte die Prüfer und faltete dann still die Hände, um sich zu sammeln. Mit geschlossenen Augen streckte sie die Hände aus und fühlte die Hitze durch ihre Finger fließen. Sie formte einen kleinen Feuerball, ähnlich dem mit dem Scharon das Opfer entflammt hatte und ließ ihn in der Mitte des Raumes schweben. Dann schwang sie die Arme in der Luft und beschwörte einen Windstoß, der die Flammen in die Form eines fünfstrahligen Sternes auffächerte. Kalista wollte auflachen so leicht schien es ihr auf einmal. Ihre Beschwörung glich einem Tanz, einer fließenden Einheit, die keinerlei Sorgen zuließ. Der warme Wind umschmeichelte ihre Gewänder und der feine Stoff ihrer ausladenen Ärmel streifte ihr Gesicht. Mit zu Boden gerichteten Handflächen erhob sie direkt unter dem Feuerstern eine Erdsäule aus dem Boden und formte darüber einen Kelch aus wundervollen weißen Lilien. Sie öffnete die Augen und hob die Hände weit über den Kopf. Leise lachend drehte sie sich im Kreis und eine Wasserfontäne schoß aus dem Boden und wand sich in Spiralen den Kelch hinauf, füllte ihn aus und erhob sich zu einer riesigen Fontäne, die genau unter dem Zentrum des Sternes in tausende glitzernder Strahlen zerbrach.
Für einen kurzen Moment hielt sie dies alles in der Schwebe, dann sackten ihre Arme herunter und mit ihnen die Säule und das Wasser, während sich Feuer und Wind langsam verflogen. Nur die Lilien blieben zurück und Kalista überreichte sie Maya mit einer demütigen Verbeugung. Die Hohepriesterin lächelte warm und sogar der mißmutige Priester glotze sie aus großen Augen an.
„Ich denke wir können diesen Teil der Prüfung abschließen.“
Als nächstes mußte sie Tynaia verschiedene Fragen in Bezug auf Heiltränke beantworten, die ihr jedoch meist leicht fielen. Dann mußte sie den großen Stein für fünf Minuten in der Mitte des Raumes halten und verschiedene Gedankenfetzen von jenseits des Waldes erhaschen und wiedergeben. Auf diese Prüfungen hatte sie sich gut vorbereitet und es machte ihr keine Schwierigkeiten zu erfahren, was die verschiedenen Wesen jenseits der Edena Wälder dachten. Sie hätte es sogar geschafft ihre Gedanken bis nach Besaid oder nach Yuna zu senden. Diese Fähigkeit half ihr indessen nicht in ihrem Kampf gegen Bilka, denn die riesige Drachenkriegerin führte nicht nur ihr Schwert geübter als jede Andere, sie war beinahe noch geübter darin ihre Taktik zu verschleiern, so daß Kalista in ihren unpraktischen Gewändern arg ins Schwitzen geriet. Natürlich konnte sie diesen Kapf nicht gewinnen, doch als sie sich zehn Minuten gegen Bilkas Attaken zur Wehr gesetzt hatte, ließ man dies als Nachweis ihrer Fähigkeiten gelten. Nun war der finstere Priester an der Reihe, der ihr die letzte Aufgabe stellen würde. Vor diesem Teil hatte Kalista sich am meisten gefürchtet, denn niemand konnte voraussehen, in welchem Gebiet der Zeuge noch einmal nachhaken würde.
„Ihre Demonstration der Elementkräfte war schon sehr beeindruckend, allerdings habe ich den Eindruck, daß ihre Hauptfähigkeiten, die Kommunikation mit den Geistern der Erde und des Waldes, dabei ein wenig zu kurz gekommen sind. Ihre Aufgabe wird daher sein eine Eiche wachsen zu lassen und zwar von der Größe, daß ihre oberen Äste das Dach der Halle berühren.“
Der Priester sah sie selbstzufrieden an und in Tynaias Gesicht las Kalista Besorgnis, doch sie lächelte nur, genau wie Maya. Es war eine sehr schwierige Aufgabe, sicherlich eine der schwersten, die in einer solchen Prüfung gestellt werden konnte, doch sicherlich wußte Maya, was Kalista in diesem Moment dachte. Sie dachte an einen wilden Sturm, den Sturm, der sie beinahe zerschmettert hätte und daran, wie sie mit letzter verzweifelter Kraft einen hohen Baum aus der Ebene herauf gerufen hatte um Schutz zu finden, kurz bevor ihr Volk sie gefunden hatte . . .
Kalista schloß die Augen und konzentrierte ihre Kraft auf einen Punkt in ihrem Inneren, von dem aus sie die Geister rufen konnte. Langsam hob sie die Hände und fühlte ein Prickeln durch sie hindurchgehen. Jetzt wußte sie, daß es gelingen würde, doch sie beherrschte sich und sah den Priester nicht an. Aus dem Boden sproß nun ein schlanker Stamm, der rasch wuchs und Äste trieb. Mit rasender Geschwindigkeit bildeten sich Wurzeln, Äste Blätter . . . und schließlich öffnete Kalista die Augen und berührte lächelnd den mächtigen Stamm der riesigen Eiche.
Maya hob die Hände zum Gruß.
„Die Geister der Erde begrüßen ihre neue Priesterin.“
Damit erhob sie sich und gab Kalista einen Kuß auf die Stirn. Dann verließ sie, gefolgt von Bilka und dem griesgrämigen Priester den Raum, denn nun sollte Amaran geprüft werden und sie mußte den Segen sprechen. Nur Tynaia bleib zurück, denn sie war als Zeuge berufen. Sie schenkte Kalista ein warmes Lächeln.
„Ich werde es ihm auch nicht leicht machen, keine Angst.“
Doch Kalista wollte nichts von Rivalität wissen, jetzt nicht mehr, nicht nach dieser Prüfung.
„Er wird es schaffen.“
Dann verließ auch sie die Prüfungshalle und übergab sich den Armen der Euphorie die auf dem Hof brodelte.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

eine tolle welt hast du hier erschaffen. gibt es noch mehr davon zu lesen? ganz lieb grüßt
 

Morrigan

Mitglied
Hi und danke auch ;-)

Nee biher gibts nur die drei Geschichten aus Elysion - ich mach das nur so nebenbei daher - aber immer wenn mir was einfällt werde ich es dich wissen lassen. Werd ja auch mal gern gelobt;-)

Liebe grüße zurück Morrigan
 



 
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