Der Halbmond warf einen Silberstreifen auf das schwarze Meer. Das Neonlicht an Deck des Schiffs brannte grell in meinen Augen. Der Seewind störte. Er löste immer wieder einzelne Strähnen meines feinen Haars aus dem Knoten und blies sie mir ins Gesicht. Der Matrose hatte die Taue verstaut. Das Schiff legte ab. Nach getaner Arbeit setzte sich der Matrose neben einen älteren Kameraden und nahm den abgebrannten Zigarettenstummel aus dem Mundwinkel des anderen. Stumm trat er ihn aus. Er legte sein Funkgerät zur Seite und begann, in die Luft zu starren.
Das Schiff rollte nun mit einem dumpfen Grollen auf das dunkle Meer hinaus. Die Fähre war fast leer. Nur ein paar Eltern mit Kleinkindern und älteren Menschen befanden sich an Bord. Die Ferienzeit war vorüber. Das Lärmen hatte sich verloren.
Ich ging an die Bar und bestellte zwei Viertel Weißwein. Vorsichtig tastend, um nichts zu verschütten, kehrte ich mit den Gläsern zurück ans Heck. Er wollte seinen Weißwein nicht. Ich trank den seinen, nachdem ich meinen geleert hatte, in stillen Zügen. Langsam ging es mir besser. Die Spannung fiel von mir ab. Ich konnte es nicht ertragen, wie er mit seinem Auto immer auf der Überholspur fuhr. Kurz bevor er ein langsameres Fahrzeug erreichte, bremste er ab. Wenn er so kurz auffuhr, setzte ich meine Sonnenbrille ab. Ich wollt mir nicht die Augen verletzen, wenn der Airbag in ausgelöst werden würde. In jenem Moment fuhr er stur weiter, als ob er nichts bemerkt hätte. Vielleicht hatte ich ja auch gar nicht die Sonnenbrille abgenommen. Es hätte auch sein können, daß ich in jenem Moment gedacht hatte, daß ich es tun könnte.
Das Schiff röhrte. Wellen kamen auf. Sein Blick war auf den Bug gerichtet. Er wandte seinen Kopf zu mir. Alles schien gut. Sein Lächeln. Dann seine Umarmung. Er wollte nichts trinken. Das Hämmern im Kopf setzte ein. War er nicht soeben neben mir mit Bob Dylan auf der Überholspur entlang geflogen? „Like a rolling stone“ malträdierte meinen Schädel. Ich stellte mich ein paar Schritte abseits und schaute wieder auf den Mond. Ein blinkendes Schiff durchkreuzte die Silberspur.
War er nicht seit jeher auf der Gewinnerseite gewesen, während ich ständig der Verlierer war? Ich stellte mich vor ihn und sprach: „Ging es dir jemals in deinem Leben so richtig schlecht?“ Ich wußte, er wollte nicht darüber reden. Er sah durch mich hindurch. Er antwortete nicht. Hatte er jemals zufriedenstellend eine meiner Fragen beantwortet?
Ein Mann mit zwei Bullterriern kam auf das Deck. Die Hunde hechelten laut, als ob sie keinen Atem bekämen. Er sah sie nicht. Er blickte wieder in die bedrohliche Gischt am Rande des Buges. Ich holte mir einen weiteren Weißwein. Der Kellner an der Bar wollte mit mir flirten. Aber nun sah ich ihn nicht. Ich hatte nur ihn im Auge, der im Moment nicht in meinem Blickfeld war. Er hielt mich besetzt. Seine Armee war in mich einmarschiert und hatte meinen Geist erobert. Als ich zurückkehrte mit dem Wein in der Hand, war er nicht mehr da.
Ich stieg auf das Oberdeck. Die ersten Ausläufer der Insel waren zu sehen. Es war das 15. Mal, daß ich zurückkehrte. Ich schaute mich um. Und dann entdeckte ich ihn. Er schaute auf den Mond. Der Schornstein verpuffte seinen Atem in die Luft. Der Mond schien zu vibrieren. Das Schiff verlangsamte seine Fahrt und begann sich unter lautem Rören zu drehen. Er sprach kein Wort. Ich ließ mich von seiner Lautlosigkeit tragen und versank in Gedanken.
Die Passagiere begannen damit, in den Bauch des Schiffs zurückzukehren. Ich nahm vorsichtig seine Hand und führte ihn hinunter. Wir setzten uns ins Auto. Ich sah, daß die Lade hinuntergelassen wurde. Die Autos vor uns stellten die Motoren an. Dann waren wir an der Reihe. Er raste über die Insel unserem kleinen Haus entgegen. Ich blickte aus dem Fenster. Wir waren schon in dem Städtchen angelangt. Erstaunt sah ich, daß die Portale der Kirche weit geöffnet waren. Ein Lichtschimmer fiel auf die Straße. Ich machte ihn darauf aufmerksam. Es war das erste Mal seit fünfzehn Jahren, daß ich die Tür offen stehen sah. Ich vermeinte ihn murmeln zu hören: „Es ist doch schön, daß die Tür offen ist.“
Wir hielten Einzug. Das Haus war über die Jahre hinweg eingewachsen von Bougainvilleasträuchern. Geld für einen Gärtner hatten wir nicht. Ich öffnete eine Flasche Rotwein, nachdem wir das Gepäck in den Schrank geräumt hatten. Ich trank die Flasche sehr schnell. Als ich spürte, wie mein Körper schwer wurde, legte ich mich ins Bett.
Ich erwachte einmal in jener Nacht. Er war an meiner Brust und trank die süße Milch. Beruhigt ließ ich es geschehen und sank wieder in tiefen Schlaf. Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten mich. Ich blickte zur Seite. Sein Laken war unberührt.
Das Schiff rollte nun mit einem dumpfen Grollen auf das dunkle Meer hinaus. Die Fähre war fast leer. Nur ein paar Eltern mit Kleinkindern und älteren Menschen befanden sich an Bord. Die Ferienzeit war vorüber. Das Lärmen hatte sich verloren.
Ich ging an die Bar und bestellte zwei Viertel Weißwein. Vorsichtig tastend, um nichts zu verschütten, kehrte ich mit den Gläsern zurück ans Heck. Er wollte seinen Weißwein nicht. Ich trank den seinen, nachdem ich meinen geleert hatte, in stillen Zügen. Langsam ging es mir besser. Die Spannung fiel von mir ab. Ich konnte es nicht ertragen, wie er mit seinem Auto immer auf der Überholspur fuhr. Kurz bevor er ein langsameres Fahrzeug erreichte, bremste er ab. Wenn er so kurz auffuhr, setzte ich meine Sonnenbrille ab. Ich wollt mir nicht die Augen verletzen, wenn der Airbag in ausgelöst werden würde. In jenem Moment fuhr er stur weiter, als ob er nichts bemerkt hätte. Vielleicht hatte ich ja auch gar nicht die Sonnenbrille abgenommen. Es hätte auch sein können, daß ich in jenem Moment gedacht hatte, daß ich es tun könnte.
Das Schiff röhrte. Wellen kamen auf. Sein Blick war auf den Bug gerichtet. Er wandte seinen Kopf zu mir. Alles schien gut. Sein Lächeln. Dann seine Umarmung. Er wollte nichts trinken. Das Hämmern im Kopf setzte ein. War er nicht soeben neben mir mit Bob Dylan auf der Überholspur entlang geflogen? „Like a rolling stone“ malträdierte meinen Schädel. Ich stellte mich ein paar Schritte abseits und schaute wieder auf den Mond. Ein blinkendes Schiff durchkreuzte die Silberspur.
War er nicht seit jeher auf der Gewinnerseite gewesen, während ich ständig der Verlierer war? Ich stellte mich vor ihn und sprach: „Ging es dir jemals in deinem Leben so richtig schlecht?“ Ich wußte, er wollte nicht darüber reden. Er sah durch mich hindurch. Er antwortete nicht. Hatte er jemals zufriedenstellend eine meiner Fragen beantwortet?
Ein Mann mit zwei Bullterriern kam auf das Deck. Die Hunde hechelten laut, als ob sie keinen Atem bekämen. Er sah sie nicht. Er blickte wieder in die bedrohliche Gischt am Rande des Buges. Ich holte mir einen weiteren Weißwein. Der Kellner an der Bar wollte mit mir flirten. Aber nun sah ich ihn nicht. Ich hatte nur ihn im Auge, der im Moment nicht in meinem Blickfeld war. Er hielt mich besetzt. Seine Armee war in mich einmarschiert und hatte meinen Geist erobert. Als ich zurückkehrte mit dem Wein in der Hand, war er nicht mehr da.
Ich stieg auf das Oberdeck. Die ersten Ausläufer der Insel waren zu sehen. Es war das 15. Mal, daß ich zurückkehrte. Ich schaute mich um. Und dann entdeckte ich ihn. Er schaute auf den Mond. Der Schornstein verpuffte seinen Atem in die Luft. Der Mond schien zu vibrieren. Das Schiff verlangsamte seine Fahrt und begann sich unter lautem Rören zu drehen. Er sprach kein Wort. Ich ließ mich von seiner Lautlosigkeit tragen und versank in Gedanken.
Die Passagiere begannen damit, in den Bauch des Schiffs zurückzukehren. Ich nahm vorsichtig seine Hand und führte ihn hinunter. Wir setzten uns ins Auto. Ich sah, daß die Lade hinuntergelassen wurde. Die Autos vor uns stellten die Motoren an. Dann waren wir an der Reihe. Er raste über die Insel unserem kleinen Haus entgegen. Ich blickte aus dem Fenster. Wir waren schon in dem Städtchen angelangt. Erstaunt sah ich, daß die Portale der Kirche weit geöffnet waren. Ein Lichtschimmer fiel auf die Straße. Ich machte ihn darauf aufmerksam. Es war das erste Mal seit fünfzehn Jahren, daß ich die Tür offen stehen sah. Ich vermeinte ihn murmeln zu hören: „Es ist doch schön, daß die Tür offen ist.“
Wir hielten Einzug. Das Haus war über die Jahre hinweg eingewachsen von Bougainvilleasträuchern. Geld für einen Gärtner hatten wir nicht. Ich öffnete eine Flasche Rotwein, nachdem wir das Gepäck in den Schrank geräumt hatten. Ich trank die Flasche sehr schnell. Als ich spürte, wie mein Körper schwer wurde, legte ich mich ins Bett.
Ich erwachte einmal in jener Nacht. Er war an meiner Brust und trank die süße Milch. Beruhigt ließ ich es geschehen und sank wieder in tiefen Schlaf. Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten mich. Ich blickte zur Seite. Sein Laken war unberührt.