Falkenstein (Grusel-Sonett)

Wolke9

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Es nachtet grausig auf Falkenstein’s Zinnen.
Das Auge bleibt starr im Mondlicht hängen.
Ein Ohr lauscht hinein, ins Muscheldrängen.
Im losen Haar verfangen sich Spinnen.

Gar schauerlich zerrt diese Nacht am Gewand.
Im Schatten verfilzen die Schimmer zu Warzen.
Der Wind pfeift, Holz knurrt, Stimmen knarzen.
Der Nachtschweiß rinnt über der Quader Rand.

Im Gemäuer tränt stetig ein hallendes Pochen.
Es keucht. Ein Rascheln duckt sich gebrochen.
Aus düsterer Ferne heult Gesang - ein Kazoo?

Ein mattes Geheimnis am Horizont simmert.
Oh, diese Nacht, wie sie wabert und flimmert!
Dort, ein Tor schwingt auf! Im Licht stehst du.
 
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Scal

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Hallo Wolke9,

„im Schatten verfilzen die Schimmer zu Warzen“,

diesen Vers empfinde ich - exemplarisch – als ein Indiz dafür, dass ein feines dichterisches Gespür in dir „west“.

Dein Gruselsonett-Gebilde insgesamt freilich erlebe ich wie einen Versuch, sich – übend - in ein Frack-Korsett hineinzuzwängen, einer sich wie zeitlos anfühlenden Modeströmung wegen.
Es zwickt unter der Achsel, es spannt an der Schulter; kein Wunder, dass ein bisserl ein Stöhnen vernehmbar ist …
Eine Frau würde vielleicht sagen: „Nicht übel, das Kostüm, aber kaufen würde ich es mir nicht, man sieht noch den Nachtschweiß des Schneiders am Rand, und außerdem bezweifle ich, dass ich den Leuten damit gefalle.“

Nun gut, vielleicht erging's mir ja ähnlich, frönte ich derlei Zeitlosem.

Lieben Gruß
Scal
 

Wolke9

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Hallo scal,

also es ist einfach so, dass ich gerne was ausprobiere. Und warum nicht auch ein Sonett? Kann ja nicht schaden. Wenn Du wissen willst, um was es mir dabei ging …

Strophe 1: Vers 1: ein LI
Vers 2: die Augen
Vers 3: das Ohr
Vers 4: der „Pelz“

Strophe 2: Vers 1: der Grusel
Vers 2: im Auge
Vers 3: im Ohr (das sind übrigens sechs Hebungen, eine „Todsünde“ in einem Sonett , absichtlich, wegen dem Grusel)
Vers 4: im „Pelz“

Strophe 3: Vers 1 – 3 : in die Ferne lauschen

Strophe 4: Vers 1 -3 : in die Ferne sehen

Kurz, ein LI bewegt sich mit seinen Sinnen auf ein "lyrisches Du" zu. … so das Konzept für’s Grusel-Sonett. „Grusel-Sonett“ deshalb weil ich Gruselgeschichten (eine meiner Lieblingsgeschichten ist „das Gespenst von Canterville“) und Krimis mag. Für meine Idee fand ich es passend.
Aus meiner Warte gesehen ist es ein Konzept-Gedicht. Ob das geneigte Leser*Innen auch so lesen, bleibt ihnen überlassen.

Aber es freut mich natürlich immer, wenn es jemanden gefällt, egal wie er oder sie es liest. :)

Viele Grüße Wolke9
 

Scal

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Interessant.
Tja, möglicherweise habe ich (wieder einmal ?) zu spontan meinen Mund geöffnet ?
Hm ... gibt was zum Nachdenken.

Lieben Gruß
 

fee_reloaded

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Ich bin auch ein großer Fan von Gruselgeschichten und -balladen, liebe Wolke9,

und die Freude am Grusel dringt deinem Gedicht aus jeder Silben-Pore.

Als Konzeptgedicht habe ich dein im Gewand eines Sonetts daherkommendes Gegrusel aber definitiv nicht erkannt oder verstanden. Das verhindert m.M.n. genau die gewählte Form des Sonetts, dessen ureigenste Charakteristik - nämlich das Konzept der These-Antithese-Synthese (verteilt auf Quartette und Terzette) ich hier nicht entdecken konnte. Scal hat es ganz gut erklärt - das Ganze wirkt ein wenig wie in ein nicht ganz passendes Korsett gezwängt...so, als würde die Form den Inhalt und behindern und umgekehrt.
Auch eröffnet sich eine Ich-Du-Perspektive erst in der allerletzten Zeile des Gedichtes - zu spät, um den Text davor dann noch in eine Ich-Perspektive umzudeuten. Was spräche gegen:

Mein Auge bleibt starr im Mondlicht hängen.
Mein Ohr lauscht hinein, ins Muscheldrängen.
Lautmalerisch hätte sich da m.E. auch noch viel viel mehr tun können zum Beispiel. Das vermisse ich hier ein wenig - gerade Gruselthemen leben auch vom Klangbild der verwandten Sprache - nicht nur von den Bildern.
Auch metrisch wirkt das Gedicht stellenweise etwas zu erzwungen, wenn ich es mal so sagen darf.

Richtig schön Fahrt aber nimmt das Gedicht dann im ersten Terzett auf - da finde ich schön in das Gruselthema hinein - auch klanglich! Leider aber holpert es in der dritten Zeile dann doch etwas sehr und das bremst wieder.
Das Gleiche in Terzett zwei.

Im Gemäuer tränt stetig ein hallendes Pochen.
Es keucht. Ein Rascheln duckt sich gebrochen.
Aus düsterer Ferne heult Gesang. Ein Kazoo?
x Xxx Xx X xX X xX


Ein mattes Geheimnis am Horizont simmert.
Oh, diese Nacht, wie sie wabert und flimmert!
Dort, ein Tor schwingt auf! Im Licht stehst du.
X - x X X X X X X X.
Ein Vorschlag von mir wäre: die jeweils dritten Zeilen der Terzette dynamischer gestalten und kürzen (und auf mehr Rhythmik achten):

Im Gemäuer tränt stetig ein hallendes Pochen.
Es keucht! Ein Rascheln duckt sich gebrochen.
Aus düsterer Ferne Gesang - ein Kazoo?

Ein mattes Geheimnis am Horizont simmert.
Oh, diese Nacht, wie sie wabert und flimmert!

Dort schwingt ein Tor auf - im Licht, da stehst du!


Auf jeden Fall aber gerne gelesen und mich gegruselt!
LG,
fee
 

Wolke9

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Hallo scal,

du hast das Grusel-Sonett so gelesen, wie Du es eben gelesen hast. Ich finde das o.k.. Ich kann und will Dir nicht vorschreiben, wie du Gedichte zu lesen und zu interpretieren hast (und bin deswegen übrigens auch nicht gekränkt, beleidigt oder so was in der Art). Ich erkläre nur, warum ich es so geschrieben habe, wie ich es geschrieben habe, meine Herangehensweise an das Gedicht halt.

Danke für’s Kommentieren.

Viele Grüße Wolke9


Hallo fee,

Tja das mag sein. Das LI könnte ein „Ich“-Erzähler sein, muss aber nicht. Genausogut könnte die Geschichte ein Außenstehender erzählen. Dieses Sonett ist so aufgebaut, dass man als Leser*In nicht weiß, wer dieses LI ist. Alles ist möglich. Du hast ja auch genau dieses gruselige Element, diese Unsicherheit, dieses Nichtwissen, das Schwebende, das sich nur auf sinnliche Wahrnehmungen beschränkt, benannt. Sicher wäre eine eindeutige „Ich“-Perspektive klarer, aber eben auch weniger gruselig.

Wir als Leser*Innen lavieren sozusagen in dieser Unsicherheit, die schließlich in einem „du“ aufgelöst wird. Wir lesen, wissen nicht was da los ist, würden es aber gerne wissen. Genau diese schwebende Bewegung der Eindrücke abzubilden war meinen Intention. Alles was diese Unsicherheiten auflösen würde, wäre dem Grusel abträglich. Ich möchte das beibehalten, denn so wird der Spannungsbogen im Grusel-Sonett sozusagen „scharf“ gemacht.
Ich habe mir also etwas dabei gedacht, warum ich das Grusel-Sonett genauso geschrieben habe, wie ich es geschrieben habe.

Den Gedankenstrich halte ich für eine gute Idee. Ich muss nur erst rausfinden, wie man das ändert.

Es freut mich, wenn es Dich beim Lesen ein bisschen gegruselt hat. Danke für’s Kommentieren.

Viele Grüße Wolke9
 

Scal

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Hallo Wolke9,

meine Bemerkung "Mund öffnen" und "zum Nachdenken" war nicht ironisch gemeint, das frage ich mich tatsächlich.
fee ist da vorbildlicher. Sie hat sich die Mühe gemacht, ihre Einschätzung zu begründen.
 

Wolke9

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Hallo scal,

Was kommentierst Du denn jetzt, fee’s Kommentar (da bin ich die falsche Adresse) oder mein Gedicht?

Ja stimmt, fee hat beschrieben, wie es ihr besser gefallen würde ( sie darf es IN IHREN EIGENEN GEDICHTEN gerne so machen, wie es ihr besser gefallen würde, aber nicht an meinen Gedichten) und ich habe begründet, warum ich es genau so geschrieben habe, wie ich es geschrieben habe ... was Du übrigens versehentlich überlesen hast.

Für sachliche Kritik, Analyse, usw. bin ich allerdings jederzeit offen. Nothing is perfect.

In diesem Sinne, viele Grüße Wolke9
 

Scal

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Ist gut. Ich hab's nicht überlesen.

Mein Eindruck ist, dass du meine "jüngsten" Äußerungen nicht so verstehst, wie ich sie selber gemeint habe und aufgefasst haben wollte.
Das sind so die Dinge, die halt passieren, wenn man nicht "leibhaftig" miteinander kommuniziert.
 

fee_reloaded

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fee hat beschrieben, wie es ihr besser gefallen würde ( sie darf es IN IHREN EIGENEN GEDICHTEN gerne so machen, wie es ihr besser gefallen würde, aber nicht an meinen Gedichten)
Nein, ich hatte das nicht so gemeint, Wolke,

sondern darauf Bezug genommen, dass du weiter oben
Aus meiner Warte gesehen ist es ein Konzept-Gedicht. Ob das geneigte Leser*Innen auch so lesen, bleibt ihnen überlassen.
geschrieben hast. Da dachte ich, eine Rückmeldung wäre für dich ev. interessant.

Und außerdem habe ich noch laut angedacht, dass man das Konzept (so es denn für dich als Autor wichtig wäre), ev. leichter erkennen könnte, würde man das "ich" früher deutlich machen. Nicht mehr und nicht weniger.

Die, die mich schon besser kennen, wissen: ich schreibe wirklich nie Kommentare, die kundtun, wie ich ein Gedicht von jemand anders lieber hätte (einfach, weil ich diese Art von Kommentaren reichlich sinnlos und vor allem für den Autor selbst nicht hilfreich finde). So denke ich nicht. Jede Form der Rückmeldung aber sollte doch das sein, was dich hier weiterbringt. Auch, wenn die ev. in eine etwas andere Richtung läuft, als du dir das gewünscht/erhofft hast. Der Leser macht einen Teil des Gedichts, indem er beim Lesen seinen eigenen Erfahrungshorizont hereinholt. Das ist nun mal so. Da kann dann auch mal ein Inhalt anders "abbiegen" und nicht so ankommen, wie geplant. Oder es tun sich Perspektiven auf, die man als Autor gar nicht bewusst da hineingepackt hat. Das macht es doch erst spannend, wie ich das sehe. Es gibt daher auch kein Richtig oder Falsch - sondern immer nur einen Dialog (sofern beide Seiten dafür offen sind).

Das wollte ich also noch klären, damit wir uns da nicht missverstehen und für dich nicht nochmals Grund zum Laut-Werden besteht in Zukunft. Ich verstehe meine Vorschläge immer nur als Beispiele, die (m)einen Gedanken verdeutlichen sollen. Nicht als Verbesserungs-Anweisung.

Ich verstehe allgemein hier den gereizten Tonfall nicht ganz, muss ich gestehen. Ist es nicht ein Zeichen von positivem Interesse, wenn anlässlich deines Textes zwei in eine Diskussion geraten und sich dafür gerne die Zeit nehmen?

LG,
fee
 

fee_reloaded

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Ich glaube, ich habe den Stein des Anstoßes jetzt gefunden, liebe Wolke...(sorry, ich grüble immer noch, warum du das Gefühl hattest, laut werden zu müssen (ohne dabei aber direkt mich anzusprechen))...

Ich habe mir also etwas dabei gedacht, warum ich das Grusel-Sonett genauso geschrieben habe, wie ich es geschrieben habe.
Davon gehe ich immer aus.

Und ich gehe, wenn ein Text für mich nicht ganz "fassbar" wird, durchaus auch davon aus, dass ich als Leser vielleicht nicht immer die Voraussetzungen mitbringe, um das zu er-lesen, was konkret gemeint war vom Autor. Das aber ist etwas, womit beide Seiten leben (und rechnen) müssen und worüber man als Autor keine Kontrolle hat. Und jemand anders wird es vielleicht genau so lesen, wie du es gemeint hast. Und andere wieder nicht.

Du hast erklärt, warum du das "ich" nicht im Text haben willst und deinen Punkt klar gemacht.
Ich habe versucht, zu erklären, warum gerade diese von dir gewollte Schwebe mir als Leserin es schwer macht, das Konzept zu erkennen (auf die schreibtechnischen Dinge möchte ich hier nicht nochmals eingehen...ich verstehe meine Anmerkungen dazu als ein Angebot, von dem man sich nehmen kann, wenn man möchte).
Nirgendwo steht jedoch auch nur die Andeutung des Gedankens, ich würde bezweifeln, dass du wüsstest, was du tust.

Für sachliche Kritik, Analyse, usw. bin ich allerdings jederzeit offen
Genau die hast du von mir bekommen. Der Kritiker ist ja auch Mensch und daher nie unpersönlich - also ist logischerweise auch jede Kritik immer eine Äußerung einer subjektiven Wahrnehmung - vermischt mit Erfahrung und erworbenem Wissen. Vielleicht hilft ja dies bei zukünftigen Einordnungsversuchen von Rückmeldungen.

Kein Grund jedenfalls, so zu reagieren, wie in Beitrag #8, meine ich.



LG,
fee
 
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Wolke9

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Hallo Scal,

Mein Eindruck ist, dass du meine "jüngsten" Äußerungen nicht so verstehst, wie ich sie selber gemeint habe und aufgefasst haben wollte.
Das sind so die Dinge, die halt passieren, wenn man nicht "leibhaftig" miteinander kommuniziert.
o.k., ich versteh'Deine Kommentare nicht.

Viele Grüße Wolke9



hallo fee,

sorry, ich grüble immer noch, warum du das Gefühl hattest, laut werden zu müssen
ich würde bezweifeln, dass du wüsstest, was du tust.
Ach? Du weißt aber schon, wie man solche Kommentare nennt, oder?

Ich werde nicht laut, sondern unmissverständlich deutlich. Wenn Du lieber ein Gedicht mit "Ich" hättest, dann schreib' Dir doch eins. Damit wären die Probleme wohl gelöst.

Viele Grüße Wolke9
 

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Ach? Du weißt aber schon, wie man solche Kommentare nennt, oder?

Ich werde nicht laut, sondern unmissverständlich deutlich. Wenn Du lieber ein Gedicht mit "Ich" hättest, dann schreib' Dir doch eins. Damit wären die Probleme wohl gelöst.
Oooookayyyyy......?????

Missverständlich läuft hier wohl eher so einiges bzw. alles wie ich es sehe. Oder willst du hier unbedingt falsch verstehen und Krawall lostreten?

Egal. Ich kann mit meiner Zeit definitiv Besseres anfangen und es gibt wirklich Wichtigeres.
Und da ich ja kein Problem habe, sondern du ganz offensichtlich, tu ich dir den Gefallen und gebe hier auf.
 
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