Guten Abend, Franke!
Habe dein Gedicht nun auch des Öfteren gelesen und ich finde, die Wahl deines Themas und Settings ist wichtig und verdient besondere Aufmerksamkeit. Ich kann mich gut in deine Gefühle hineinversetzen, als du mit diesem menschenverachtenden Zynismus und der unglaublichen Kaltschnäuzig dieser Menschen aus deiner alltäglichen(!) Umgebung unvermittelt konfrontiert wurdest. Dies hat auch etwas von Initiation an sich und erinnert mich an diverse Kurzgeschichten.
Allerdings ist, das ist mein persönlicher Eindruck, dieses Gefühl der Empathie auch erst auf der Grundlage deines anschließenden Kommentars mit den entsprechenden Hintergrundinformationen so richtig möglich. In diesem Fall scheint mir die Methode der sprachlichen Verknappung und das bewusste Offenlassen der Deutungen in zwei, drei Richtungen nicht recht zu greifen.
Es kommt ja auch darauf an, was man mit der Veröffentlichung eines Gedichts beabsichtigt. Geht es darum, bestimmte emotionale Erfahrungen mit Lesern zu teilen, sie am selbst Erlebten teilhaben zu lassen oder ist es das Ziel, beim Publikum in einer Art Puzzle einen Gedankentransfer zu bewirken. Im ersten Fall ist mir die Wortwahl zu karg und direkt, im zweiten fehlt m. E. der informative Input, um wirkliche Zusammenhänge herzustellen.
Vielleicht könnte man in einer anderen Version den zynischen Satz des sich unvermittelt offenbarenden Täters bildlich im Gedicht aufgreifen oder das Gedicht als Collage gestalten, in dem die Wahrnehmung des kindlichen LIs mit dem Zynismus des Täters in Kontrast gesetzt wird.
Es ist nämlich der von dir im Kommentar zitierte Tätersatz, der mir noch lange im Ohr als Echo nachhallt und der viel Potential für dein Gedicht birgt...
P.S. Deinen Hinweis, dass du nur Verwirrung stiften wolltest, kaufe ich dir, mit Verlaub, nicht ganz ab.
Herzliche Grüße aus der Friedensstadt Osnabrück!
Artbeck