Fanny Hensel-Mendelssohn

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hermannknehr

Mitglied
Die Augen waren ihre Mitte,
die dunkelten, wenn er sie rief
und er ihr scheu mit einer Bitte
die Schulter strich, die etwas schief

den Rücken krümmte, ohne dass
es sie entstellte oder störte,
ein Makel der Natur, das was
man schnell vergaß, wenn man sie hörte.

Sie war brillant auf dem Klavier
und half dem Bruder dabei, der
sie liebte, doch nicht allzu sehr

ermunterte zu komponieren,
was sein Metier war, ohne ihr
zu schaden oder zu brüskieren.
 

Herr H.

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Hallo Hermann,
Gedichte von dir lese ich stets mit Freude, so auch dies über Fanny Hensel und das enge Verhältnis zu ihrem Bruder Felix. Die Vierzeiler finde ich sehr gelungen. In S2Z3 würde ich schreiben: "Ein Makel und Gebrechen, das ..." Die Dreizeiler allerdings überzeugen nicht wirklich, insbesondere der zweite. Zwar ist deutlich, worauf du inhaltlich hinaus willst, aber die Aussage bleibt blass und auch lyrisch hinter den Vierzeilern zurück. Dennoch gern gelesen!

LG von
Herrn H.
 

hermannknehr

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Hallo Herr H.,
Vielen Dank für Deinen freundlichen Kommentar. Deine Anregung für die Formulierung "Makel und Gebrechen" gefällt mir nicht ganz, da es ja kein echtes Gebrechen war, nur ein Schönheitsfehler, den sie ignorierte und der sie auch nicht (besonders beim Klavierspielen) behinderte. Ich denke aber darüber nach.
LG
Hermann
 
Hallo Hermann,

zunächst möchte ich dir danken für deine Würdigung von Fanny Hensel-Mendelssohn, die ihr Leben lang im Schatten ihres berühmteren Bruders Felix stehen musste, und es zu Unrecht, wie ich finde, nicht so zu Ruhm und Ansehen gebracht hat, wie sie es aufgrund ihres musikalischen Könnens verdient gehabt hätte. Zwar wurde ihre außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeit von anderen Komponisten und auch von Kritikern in hohem Maße gewürdigt, doch widersprach ein professionelles Auftreten von Komponistinnen in der Öffentlichkeit dem damaligen Rollenbild der Frau, wonach „der Frau als Grundlage ihres Lebens doch ein anderes Walten zum ersten Beruf zugewiesen ist“, wie es in einem Nachruf wenige Tage nach ihrem Tode heißt.

Schon der Vater hat seine Tochter Fanny auf ihre künftige Rolle als Frau und Mutter verwiesen. Auch ihr Bruder Felix sah es nicht gerne, dass seine Schwester, die er „Fenchel“ nannte, allzu engagiert als Komponistin in Erscheinung trat, nicht weil er sie als Konkurrenz fürchtete, sondern eher, um sie vor Schaden zu bewahren. Gewiss hat Fanny unter diesen Umständen sehr gelitten, aber ohne die Zustimmung ihres Bruders wollte sie dem Rat ihres Gatten, mehr Werke zu veröffentlichen, nicht folgen. Als Felix schließlich ihr dazu seinen „Handwerkssegen“ gab, war es für eine erfolgreiche Karriere leider zu spät, denn wenige Monate danach erlag sie einem Gehirnschlag.

Zu deinem Sonett: es hat leider einige sprachliche Mängel, auf die Herr H hingewiesen hat.

Als Musiker finde ich es immer amüsant, wenn jemand „auf dem Klavier“ spielt. Das erinnert mich an eine Anekdote von Mark Twain. Er wurde einmal von einem Pianisten gefragt, ob er Klaviermusik liebe. „Sehr“, antwortete der Dichter. „Ein Klavier hat mir einmal das Leben gerettet. Der Fluss war über die Ufer getreten. Als das Wasser den ersten Stock unseres Hauses erreichte, schwamm mein Vater auf einer Kommode davon. Ich habe ihn auf dem Klavier begleitet.“

Übrigens ist im Titel der Name Mendelssohn falsch geschrieben, solltest du korrigieren lassen.

Liebe Grüße
Lupenleser Friedhelm
 

hermannknehr

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Hallo Lupenleser,
wie mir die Verunstaltung des Namens Mendelssohn passieren konnte, weiß ich auch nicht. War wohl etwas in Eile. Jetzt muss ich sehen, wie ich Bernd erwische, dass er das ändert.
Vielen Dank für Deine ausführliche Beschreibung von "Fenchel". Auch mir war die Person ans Herz gewachsen.
Gerne hätte ich etwas mehr über meine Mängel in dem Sonett erfahren.
Danke für das Interesse.
Hermann
 
Gerne hätte ich etwas mehr über meine Mängel in dem Sonett erfahren
Hermann,

ich bin nicht weiter darauf eingegangen, weil HerrH dazu schon seine Einwendungen vorgetragen hatte, die ich voll teile. Nun, da du danach fragst, etwas konkreter:

ein Makel der Natur, das was
Worauf bezieht sich "das was"? Doch auf den Makel, müsste also "der" heißen, "Gebrechen" passte da schon besser.

Sie war brillant auf dem Klavier
und half dem Bruder dabei, der
Diese Passage verstehe ich nicht recht. Wobei half sie dem Bruder? "Auf dem Klavier" ist Umgangssprache, Vorschlag:

Sie spielte meisterhaft Klavier
wie auch ihr Bruder Felix, der

was sein Metier war, ohne ihr
zu schaden oder zu brüskieren.
Diese Passage ist grammatisch nicht korrekt. "Brüskieren" ist ein transitives Verb und verlangt ein Akkusativobjekt, also "oder sie zu brüskieren".


LG LL
 

hermannknehr

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Hallo Leselupe,
vielen Dank für Deine konkrete Kritik. Also: "das was" bezieht sich nicht auf den Makel, sondern auf das Krümmen, auf das Schiefe, was man aber vergisst, wenn man sie spielen hört.
Nummer zwei: es ist bekannt, dass Fanny, als ältere Schwester, zumindest in den Jugendjahren wesentlich besser Klavier spielen konnte, als ihr Bruder. Sie half ihm aber immer wieder dabei, da sie ihn sehr liebte.
Nummer drei: schaden und brüskieren gehen als transitive Verben nicht in einem Satz, da das eine Verb den Dativ, das andere den Akkusativ verlangt.
Man kann es aber stehen lassen, wenn man ausdrücken will, dass Felix konkret ihr nicht schaden will (transitiv) und allgemein nicht brüskieren will (intransitiv).
Gruß
Hermann
 
Man kann es aber stehen lassen, wenn man ausdrücken will, dass Felix konkret ihr nicht schaden will (transitiv) und allgemein nicht brüskieren will (intransitiv).
Eben nicht, es ist umgekehrt: das Verb schaden ist intransitiv (jemandem schaden = Dativ) und brüskieren ist transitiv (jemanden brüskieren = Akkusativ).

Gruß LL
 

hermannknehr

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O.k., o.k., ich bin kein Germanist und nehme alles wohl etwas zu locker. Vielleicht kann man den Satz aber doch so stehen lassen, dass nämlich Felix konkret seiner Schwester nicht schaden will und ganz allgemein nicht brüskieren will, wie man eben nicht anecken will (vor Publikum, Familie etc.).
Danke für die Aufmerksamkeit.
Gruß
Hermann
 
Hallo Hermann,

ich kann nicht so nachlässig mit der Sprache umgehen, aber bei deinem Gedicht überwiegt für mich als (Chor)Musiker die Freude darüber, dass du uns die leider verkannte Fanny Hensel-Mendellsohn nahegebracht hast. Leider habe ich vor vielen Jahren nach einem Verkehrsunfall und einem Hörsturz meine umfangreiche Musiksammlung aufgegeben. In Erinnerung ist mir aber von Fanny der reizende Morgengruß aus ihren Gartenliedern, ein Stück, das ich auf Youtube gefunden habe:

Hier klicken

Meine Hoffnung ist, dass Fannys Werke in der Zukunft mehr Beachtung finden. Ich werde das mal bei mir bekannten Dirigenten anregen. Nächstes Jahr wäre dazu schon Gelegenheit, denn da jährt sich ihr Geburtstag zum 210. Mal.

Übrigens, dem Namen im Titel fehlt noch ein "h" zum Mendelsssohn.

Gruß LL
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Lupenleser,
vielen Dank für Deinen wohlwollenden Kommentar. Er hat mich sehr gefreut, besonders, weil Du ja bekannt bist für Deine spitze Feder. Die richtige Schreibweise von Mendelssohn habe ich eigentlich Bernd schon gemailt. Es muss sich aber irgendwie wieder ein Fehler eingeschlichen haben.
LG
Hermann
P.S. Der Morgengruß von Fanny ist sehr schön. Ich habe ihn noch nicht gekannt.
 



 
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