farne (6 distichen)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]farne


ziehn ihre bahnen die menschen da zweigen die straßen die städte
[ 4]blühen als krusten von salz[ 4] in ihren schaum-spuren aus
vorne vorweg vor den wegen der wogen durchpflügen die surfer
[ 4]mit spitzer zehe den raum[ 4] stürzen verzückt in die nacht
schneiden den flug der delphine die fronten der bugwellen biegen
[ 4]ihren zyklonischen sog[ 4] wach durch die schlafende zeit

und diese bögen durchqueren einander in sprießenden spreiten
[ 4]schießen wie kandis-kristall[ 4] aus ihrer kreuzung hervor
häuser paläste arkaden und gänge wo sie sich begegnen
[ 4]wo ihre reise beginnt[ 4] gärten in prächtiger tracht
brechen hervor aus den sternigen plätzen die palm-feder-farne
[ 4]aus deren wipfeln der sturm[ 4] traumbild um raumbild entrollt
 

poetix

Mitglied
Hallo Mondnein,
deine Distichen lesen sich gut, was nicht selbstverständlich ist, da die Sprache verfremdet ist. Das wiederum macht es schwer, den Sinn deiner Verse zu entdecken. Immerhin kann ich einiges erspüren, und das gefällt mir.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16600

Gast
Guten Tag Mondnein,

beschränke mich mal auf das erste Distichon.

Ich finde es schade, dass hier alles in reinen Daktylen steht, in Anlehnung an die "alten" Sprachen. Für mich leiert es?

Außerdem finde ich die betonte Endsilbe in V2 mit "aus" zu schwach:

ziehn ihre bahnen die menschen da zweigen die straßen die städte
blühen als krusten von salz in ihren schaum-spuren aus
XxxXxxXx xXxxXxxXx
XxxXxxX XxxXxxX

Alternative? :

menschen ziehn ihre bahnen da zweigen straßen und städte
blühn als krusten von salz blasse spuren im schaum
XxXxxXx xXxXxxXx
XxXxxX XxXxxX

Und das Vorziehen des Subjekts "Menschen" in V1 schafft nach meinem Empfinden einen gefälligen Wechsel in der Satzkonstruktion der Gesamtzeile. Was mich selbst an meiner Alternative stört, ist, dass das schöne und seltene Wort "ausblühen" fehlt, das für den Vers eine gute Klammer bildet. Ist halt vieles subjektiv.

Ansonsten sehr gern gelesen!

lg manehans
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Aber die Tuba mit schrecklichem Klang - "Taratantara" sprach sie ...

Ja, Hans (lustig, einen anderen mit meinem eigenen fast schon selten gewordenen alten Allerwelts-Vornamen anzuschreiben), das war mir gar nicht aufgefallen, daß ich in der Tat alle Verse daktyliert habe, die Hexameter und auch die Pentameter, alles wie andra moi ennepe mousa usw. oder o Tite Tute Tati usw. oder at tuba terribili sonitu taratantara dixit ...

Bedenklich wäre es, meine ich, wenn dabei allzuschwere Silben in die doppelt-unbetonten gerieten.
ziehn [blue]ihre[/blue] bahn[blue]en die[/blue] mensch[blue]en da[/blue] zweig[blue]en die[/blue] straß[blue]en die[/blue] städte
Endplural-[blue]en + Artikel oder schlichtes da[/blue]; vokalharmonisch geschwächtes Possessivpronomen "[blue]ihre[/blue]"
blühen als krusten von salz in ihren schaum-spuren aus
Das "aus" gehört nicht nur zu "ausblühen", sondern auch (apo koinou) zu "auszweigen"; "als" und "spu-" sind vielleicht etwas schwer.
[red]vor[/red]ne [red]vorweg[/red] [red]vor[/red] den [red]wegen [/red]der [red]wogen [/red]durchpflügen die surfer
"durch" ist vielleicht etwas schwer, aber wieder ein schwaches "da" einzusetzen wäre Wiederholung, zu platt.
mit spi[red]tz[/red]er [red]z[/red]ehe den raum [red]stü[/red]rzen ver[red]zü[/red]ckt in die nacht
"spitzer" ist gewiß etwas sperrig.
schneiden den flug der delphine die fronten der bugwellen biegen
Meistens wieder die Plural-End-en + Artikel.
u.s.w. - da [red]oben [/red]sind viele [red]Alliterationen [/red]im Spiel, ein umstrittenes Stilmittel: den einen sind sie Zungenbrecher, den anderen klangliche Entsprechungs-Spiegel, so etwas wie die Flächen des Brilliantenschliffs, den dritten sind sie purzelndes und plätscherndes Geplapper.

Danke fürs kritische Reinschauen, Hans,
Hans
 
G

Gelöschtes Mitglied 16600

Gast
Hans,
Nun,
Zitat: Bedenklich wäre es, meine ich, wenn dabei allzu schwere Silben in die doppelt-unbetonten gerieten.

Da hast du auf jeden Fall Recht. Gerade weil du beim Schreiben der Hexa-Pentameter jede Silbe betrachten musst, ist es Schwerstarbeit, die nur der nachvollziehen kann, der sich an Solches traut. Deshalb Chapeau.

Zitat: da oben sind viele Alliterationen im Spiel, ein umstrittenes Stilmittel: den einen sind sie Zungenbrecher, den anderen klangliche Entsprechungs-Spiegel, so etwas wie die Flächen des Brilliantenschliffs, den dritten sind sie purzelndes und plätscherndes Geplapper.

Bei auffälligen Häufungen klingt es für mich mariniert. Gute Alliterationen ergeben sich oft natürlich und ungewollt. Die sind mir lieber, vor allem wenn sie den Rhythmus verstärken.

Deine oben aufgeführten Beispieländerungen zeigen, wie schwer es ist, im Nachhinein etwas zu revidieren.


lg Hans
 



 
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