Feind oder Freund

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tessa_zwei

Mitglied
In unserem Hinterhof machten sich, einige Jahre nach der Verlegung der Pflastersteine, klammheimlich allerlei Pflänzchen zwischen den Fugen breit, die wir
anfangs ohne viel Aufhebens herausrissen. Hiernach kam ein Kraut mit einem unfassbar harten Stängel, der sich nicht herauszupfen und auf keinen Fall abbrechen ließ. Deshalb schnitten wir diese Pflanze stets mit einem Messerchen ab.

Auf einmal war er da, unser ganz spezieller Freund. Je älter der Hof wurde, desto aufdringlicher wurde auch er. Wir wollten ihm nicht gestatten, hier zu sein, und unternahmen alles Mögliche, ihn zu bekämpfen.
Der erste Versuch bestand darin, die Wurzeln möglichst komplett zu entfernen, um seiner Vermehrung vorzubeugen. Es erwies sich jedoch als ungemein schwierig, seine tief in Erde gehenden Ausläufer vollständig zu entfernen. Die Fugen zwischen den Pflastersteinen waren zu schmal. Man konnte auch mit allerlei Werkzeug nicht richtig ansetzen und schaffte es nicht, die Pfahlwurzeln komplett herauszuziehen. Einmal besorgten wir uns sogar ein Abflammgerät. Zugegebener Maßen sah unser Hof nach der Aktion ganz ordentlich aus, aber das Nachgrünen konnte auch nicht verhindert werden.

Er kämpfte wie ein Löwe gegen alle unsere Bemühungen, ihn los zu werden, und wuchs immer wieder von Neuem. Er hatte sich regelrecht festgebissen und gab zu keiner Zeit auf.
Da wir keine Chemie einsetzen wollten, war unser Kampf von Anfang an aussichtslos. Grund dafür sind eine Wiese gleich neben dem Hof und die Tatsache, dass die betreffende Pflanze nicht nur unglaublich vital, sondern auch sehr schlau ist. Sie schickt für ihren Fortbestand vorsorglich hunderte von Samenschirmchen auf die Reise. Diese lassen sich nieder, wo es ihnen gefällt. Und ist der Weg nicht weit und sind die Bedingungen angenehm, dann auch gerne auf kurzem Weg zu Steinen, die ganz herrlich die Sonnenwärme speichern.

Notgedrungen haben wir uns mit ihm arrangiert: Er darf an den Randbereichen gedeihen und hat zusätzlich eine Ecke bekommen, wo die Sonne durchkommt. Bin ich ehrlich, dann sieht es wunderschön aus, wenn er unseren Frühling mit seinem herrlichen Gelb erleuchtet.
Sollte es ihm einfallen, wieder einmal alles zu zuwuchern, so können wir das Kraut auch ganz schnell aufessen, immerhin ist es ungespritzt und einen Hund haben wir auch nicht!
 
Zuletzt bearbeitet:

Vasco

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Hallo @tessa_zwei ,

hat mich sehr amüsiert Dein Text und hättest Du das kleine Ratespiel um das Pflänzlein mit der Pfahlwurzel nicht offenbart, hätte ich auch eine volle Bewertung gegeben.

Bei dem Kraut mit hartem Stengel tippe ich auf Hartriegel, auch so ein spezieller Fugenfreund mit unterirdischen Ausläufern.

Was kann man tun?

Wir haben leider weniger brauchbare Erfahrungen gesammelt mit einer Anzahl Kaninchen. Die Kinder rupfen, die Nager mampfen...zumindest eine Zeit lang. Man unterschätzt, wie alt diese Biester werden können.

Schatten. Ein vogelfreundlicher Baum beschattet bereits nach sieben bis zehn Jahren eine große Fläche und zwingt die Ritzensiedler zu Mickerwuchs. Auch das erfordert eine gewisse Ausdauer.

Wie man so ein Gewucher auch nutzbar machen kann, habe ich in einer kurzen Geschichte mit dem Titel 'Gartenprobleme' beschrieben, die ich vor einigen Jahren hier mal eingestellt habe. Viel Erfolg!
 

Rachel

Mitglied
Hat mir gut gefallen. Interesse weckender Einstieg, passende Länge. Auch der Schluss, die Sache mit dem "fehlenden" Hund, der ja alles vollbieseln könnte, ist für mich eine weitere überlegenswerte Andeutung in unsere wuchernde Zeit. Geschwind hoffte ich, mitten im Lesen, gegen Ende hin, dass das Wort Löwenzahn nicht fällt - und dann kam es. Bin aber angetan ... eine Menge übles Unkraut ist erwähnt, ohne es direkt zu benennen.

Dass ich die Geschichte auch als Gartenkennerin hätte lesen können! Ha! Was will ich mehr.

Klasse! :)

LG, Rachel
 

tessa_zwei

Mitglied
Liebe Rachel, lieber Vasco,
Danke für Eure Kommentare! Freut mich, dass die MInigeschichte gefällt. Interessant, dass es Eurer Meinung nach keine Auflösung gebraucht hätte; daran hatte ich gar nicht gedacht. Vielleicht ändere ich das tatsächlich noch.

@Vasco: Um ehrlich zu sein, weiß ich wirklich nicht, wie diese Pflanze mit dem harten Stängel (ohne Blätter, gelbe kleine Blüte) heißt. "Hartriegel" wäre vom Namen sehr passend, aber ich bin mir nicht sicher, ob er es tatsächlich ist. Vom Aussehen her tippe ich auf gelbes Habichtskraut, bin jedoch kein Experte.
Deine Geschichte "Gartenprobleme" suche und lese ich sehr gerne.

Herzliche Grüße
Tessa
 

Vasco

Mitglied
Hallo Tessa,
ich finde das Habichtskraut auch für furchtbar, sehr widerspenstig. Aber immerhin geben die Blätter einen beruhigenden Tee ab...
Weiterhin viel Erfolg bei der Unkrautbekämpfung wünscht

Vasco
 



 
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