Ferdinands Unendlichkeitslupe

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ferdinand betrachtet die Tangente
und beginnt sogleich Experimente.

Ferdinand setzt an zum großen Wurfe:
Die Tangente schmiegt sich an die Kurve.

Beide treffen sich an einem Punkt,
Ferdinand vermutet, dass es funkt:

So ein Punkt ist winzig, winzig klein,
und symmetrisch muss das Ganze sein.

Doch: Wie sieht seine Umgebung aus?
Ferdinand läuft rasch aus seinem Haus.

Und er geht zum Optiker, Herrn Grupe,
und erwirbt sich eine starke Lupe.

Diese Lupe ist unendlich stark,
wär sie schwächer, nun, das wäre Quark.

Er erblickt, wie die Tangente trifft,
was er sieht, malt er mit seinem Stift.

Aufeinander liegen zwei Geraden,
und er sagt: "Da haben wir den Laden!"
 

Tula

Mitglied
Hallo Bernd
Hier kommt mir ein mathematischer Zweifel. Würde man in der Unendlichkeitslupe mehr sehen als einfach nur einen Punkt? Zwei Geraden wären mindestens zwei Punkte von beiden (Kreis, Tangente) und somit aber keine unendlich kleine Geometrie mehr.
Aber in der "fast-Unendlichkeitslupe" könnte sich Ferdinand in der Tat optisch täuschen lassen.

LG
Tula
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die Unendlichkeitslupe vergrößert das unendlich kleine zu einem endlichen Wert.
Unendlich kleine Zahlen sind Zahlen, deren Betrag kleiner ist, als der Betrag jeder reellen Zahl ungleich 0.

Wenn wir nur positive Zahlen betrachten, bedeutet es, dass die Werte zwischen Null und der kleinsten reellen Zahl liegen, die größer als Null ist. Man könnte es auch so formulieren, sie ist kleiner als jede reelle Zahl größer als Null.

Es gibt dabei aber mehrere verschiedene Stufen der Unendlichkeit.
Es gibt also unendlich Kleines, für das man zwei oder mehr Lupen braucht, um es zu sehen.

Andereseits gibt es auch umgekehrte Unendlichkeitslupen, mit der man unendliche Werte zu endlichen verkleinern kann.

Und das alles ist keine Verarsche. Die Grundlagen dafür hat Robinson gelegt und bewies, dass Newton mit der Infinitesimalrechnung recht hatte.
Cauchy und Weierstrass hatten im 19. Jahrghundert behauptet, dass Newton ungenau sei und alles auf Delta und Epsilon-Umgebung umgestellt, was weder sehr anschaulich noch intuitiv ist.
 

Tula

Mitglied
Hallo Bernd
wer wird dir jetzt noch widersprechen wollen ;)
rein intuitiv, eine "geometrische Limes-Variante" sollte bei unendlicher Annäherung eigentlich das erbringen, was es 'im Großen' bereits ist: ein Punkt. Das aus dem im Lupenbild eine Gerade werden kann, will mir nicht so recht einleuchten. Da aber jetzt selbst das Zeit-Raum-Universum nach letzten Erkenntnissen nicht mehr 'real' ist, scheint mir im Sinne der unendlichen Vielfalt alles möglich.

Das 13-Seiten-Paper werde ich wohl nicht lesen. Keine Zeit (=Ausrede um nicht anderes zuzugeben ...)

Adventsgrüße
Tula
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Tula,
danke auch für die Einwände.
Ich hatte erst ein kürzeres Essay, sogar mit Animation, das hat aber die Programmoberfläche teilweise blockiert.
Wenn man es im Bereich der reellen Zahlen ansieht, ist es ein Punkt. Erst mit unendlicher Vergrößerung wird es zur Gerade.
Die ist aber in der Schulmathematik nicht definiert. Da nimmt man lieber die Epsilontik mit Epsilon-Umgebung.

Berkeley kritisierte das Konzept bereits im 18. Jahrhundert.
zitiert nach: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Analyst
And what are these Fluxions? The Velocities of evanescent Increments? And what are these same evanescent Increments? They are neither finite Quantities nor Quantities infinitely small, nor yet nothing. May we not call them the ghosts of departed quantities?[4]
https://en.wikipedia.org/wiki/The_A...essed_to_an_Infidel_Mathematician#XXXV|59]]-4

https://de.wikibrief.org/wiki/The_Analyst
Und was sind diese Fluxions? Die Geschwindigkeiten abklingender Inkremente? Und was sind diese abklingenden Inkremente? Sie sind weder endliche Mengen noch unendlich kleine Mengen, noch nichts. Dürfen wir sie nicht die Geister der verstorbenen Mengen nennen?
Viele Grüße
Bernd
 
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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ist 0,999... = 1 oder ist 0,999... = 1?
In der Mathematik wird heute meist gelehrt, es sei gleich.
Der Grenzwert ist 1.
Dem widerspreche ich nicht, wenn man den Grenzwert als gleich bezeichnet.
Ich denke aber, der Grenzwert ist ein Unendlichstel kleiner als eins.
0,999+0,000... =1
0.000... ist dabei eine Zahl, die größer als Null ist, aber kleiner als die kleinste reelle Zahl.

Ein Beispiel wäre 0,000...(unendlich viele Nullen)...1
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Herzlichen Dank für die Diskussionen.
Ich versuche jetzt, die eigentlichen Fragen zu klären.
Der Berliner Mathematiker Ehrhard Behrends war regelrecht verzückt, als Lina ihm im Jahr 2002 eine E-Mail schrieb. «Ich bin in der sechsten Klasse und wir haben gerade periodische Dezimalbrüche durchgenommen», stand darin. Ihre Lehrerin habe behauptet, 0,999 Periode seien 9/9, also 1. «Das kann aber doch nicht sein», argumentierte Lina. «0,999 ist doch ein Unendlichstel kleiner als 1.» Zuvor hatte sie mit der Mathelehrerin und ihrer Mutter, einer Physiklehrerin, lange diskutiert. «Ich habe ihnen das mit der 1 aber einfach nicht geglaubt», sagt sie heute schmunzelnd. Darum schrieb sie ihr Problem einem Universitätsprofessor.
Es gibt zwei grundlegend verschiedene Auffassungen dazu.
Robinson hat bewiesen, dass 0,999... nicht gleich eins ist, nicht widerlegt werden kann.
Man kann es festlegen oder das Gegenteil.

Wenn ich eine Strecke immer mehr verkürze, wird sie immer kürzer, aber nie wird sie zu einem Punkt. Das entspricht 0,999... ist kleiner als 1
Wenn man eine Strecke immer mehr verkürzt, wird sie ein Punkt. Also 0,999...=1

Ich sage mit Robinson 1-0,999 ist größer als Null, aber kleiner als die kleinste reelle Zahl.
Wenn man sie unendlich vergrößert, wird sie eine Strecke.
Vergrößert man sie weitere Male unendlich stark, kann sie auch gebogen sein.

1-0.9=0,1
1-0,99=0,01
1-0,999=0,001
...
1-0,999... = 0,000... (unendlich kleiner Wert) ...1... - est ist also größer als 1.
Allerdings kann in dieser Unendlichkeit auch eine 2 oder eine drei stehen oder eine beliebige andere Ziffer, und es können weitere Ziffern folgen. Es ist wie eine Wolke zwischen 1 und der nächstliegenden reellen Zahl.
 



 
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