rubber sole
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Zuerst verspürte ich ein leichtes Kribbeln, ich fühlte es zunächst nur an vereinzelten Stellen. Dann wurde es stärker, weitflächiger, und dann sah ich sie. Hunderte, wenn nicht tausende schwarz-rote Ameisen, die auf meinen beiden Händen unaufhörlich in Bewegung waren, vom Radialgelenk abwärts bis zu den kleinen Fingergelenken. Es schien, diese winzigen Tierchen wären systematisch, wie nach einem Muster, dort aktiv. Die Unterarme waren nicht betroffen, sie befanden sich unter einer fest anliegenden Folie. Und es fühlte sich ausgesprochen gut an auf der Haut, ein angenehmes Gefühl, das ich so noch nicht kannte, ich genoss es.
Die sedierende Wirkung meines Schlummertrunks ließ allmählich nach, ich sah nun immer deutlicher, was dort auf meinen Fingern geschah. Diese Miniaturgeschöpfe verrichteten ihre Arbeit nicht um mir zu schaden, nein, sie halfen mir, indem sie die auf meinen Händen befindliche Schicht aus Blütenhonig vollständig in sich aufnahmen, mit Genuss, wie mir schien, und diese leckere Substanz sofort vor Ort verstoffwechselten und ausschieden. Dies gehörte zum Plan. Im Prinzip war es eine therapeutische Anwendung auf Basis von Ameisenscheiße, die mit den feinen Beißorganen der Tierchen subcutan in meinen Körper verbracht wurde. Dabei schützte ein dünner Fettfilm die Oberhaut meiner Hände vor unerwünschten Irritationen.
Und dann sah ich sie heranschweben, die zwei dezenten Assistentinnen des Dr. Wahyuni. Sie schabten mit einem Bambusspan sanft die Haut auf meinen Händen frei, streiften die Ameisen, eine nur hier in Indonesien vorkommende Unterart der Carabera Diversa, in einen mit Nährlösung gefüllten Behälter, bevor sie mich mit ihren kleinen geschickten Händen wuschen; alles war wieder schier und entspannt. Ich hatte nun einen freien Blick auf meine schlanken, langgliedrigen Finger. Und deren vorheriger Zustand war es, der mich hierher geführt hatte, in das medizinische Dschungelcamp des Naturheilers Dr. Wahyuni, nahe dem Ort Sangatta, auf der Insel Kalimantan. Allein der Anblick meiner Finger ließ mich euphorisch werden. Als ich dann die ersten Bewegungsübungen durchführte, war meine Begeisterung grenzenlos. Jetzt, nach dem dritten Behandlungszyklus, war von dem Zustand einer fortschreitenden Arthrose nichts mehr zu spüren, alles fühlte sich absolut geschmeidig an – der Idealzustand für die Hände eines Pianisten. Vor dieser Behandlung hatten mehrere Ärzte in Deutschland prognostiziert, dass die Arthrose in meinen kleinen Fingergelenken nicht zu stoppen wäre und unweigerlich zum Ende meiner Karriere als Berufsmusiker führen würde. Dass dies nun nicht eintreten würde, habe ich dem indonesischen Urwald-Doktor auf dieser exotischen Insel zu verdanken. Ich war der Empfehlung eines befreundeten Kollegen aus Singapur gefolgt und hatte mich dorthin in Behandlung begeben.
Als ich nun in das freundliche Gesicht des Naturheilers blickte, war meine erste Reaktion ein ehrfürchtiger Dank. Direkt anschließend erklärte ich dem Doktor, dass ich diese Tierchen liebend gerne mit nach Deutschland nehmen würde, sie wären sensationell. Dr. Wahyuni zögerte nur kurz, bevor er mich fragte, ob ich auch diesen westlichen Reflex besäße, alles, was aus dem globalen Süden wertvoll und nützlich sei, nach Zuhause mitnehmen zu wollen. Ich hatte niemals in meinem Leben kolonialistische Ambitionen an mir festgestellt, ich schwieg betreten, und antwortete dann mit einem verlegenen „Nein, natürlich nicht.“
Die sedierende Wirkung meines Schlummertrunks ließ allmählich nach, ich sah nun immer deutlicher, was dort auf meinen Fingern geschah. Diese Miniaturgeschöpfe verrichteten ihre Arbeit nicht um mir zu schaden, nein, sie halfen mir, indem sie die auf meinen Händen befindliche Schicht aus Blütenhonig vollständig in sich aufnahmen, mit Genuss, wie mir schien, und diese leckere Substanz sofort vor Ort verstoffwechselten und ausschieden. Dies gehörte zum Plan. Im Prinzip war es eine therapeutische Anwendung auf Basis von Ameisenscheiße, die mit den feinen Beißorganen der Tierchen subcutan in meinen Körper verbracht wurde. Dabei schützte ein dünner Fettfilm die Oberhaut meiner Hände vor unerwünschten Irritationen.
Und dann sah ich sie heranschweben, die zwei dezenten Assistentinnen des Dr. Wahyuni. Sie schabten mit einem Bambusspan sanft die Haut auf meinen Händen frei, streiften die Ameisen, eine nur hier in Indonesien vorkommende Unterart der Carabera Diversa, in einen mit Nährlösung gefüllten Behälter, bevor sie mich mit ihren kleinen geschickten Händen wuschen; alles war wieder schier und entspannt. Ich hatte nun einen freien Blick auf meine schlanken, langgliedrigen Finger. Und deren vorheriger Zustand war es, der mich hierher geführt hatte, in das medizinische Dschungelcamp des Naturheilers Dr. Wahyuni, nahe dem Ort Sangatta, auf der Insel Kalimantan. Allein der Anblick meiner Finger ließ mich euphorisch werden. Als ich dann die ersten Bewegungsübungen durchführte, war meine Begeisterung grenzenlos. Jetzt, nach dem dritten Behandlungszyklus, war von dem Zustand einer fortschreitenden Arthrose nichts mehr zu spüren, alles fühlte sich absolut geschmeidig an – der Idealzustand für die Hände eines Pianisten. Vor dieser Behandlung hatten mehrere Ärzte in Deutschland prognostiziert, dass die Arthrose in meinen kleinen Fingergelenken nicht zu stoppen wäre und unweigerlich zum Ende meiner Karriere als Berufsmusiker führen würde. Dass dies nun nicht eintreten würde, habe ich dem indonesischen Urwald-Doktor auf dieser exotischen Insel zu verdanken. Ich war der Empfehlung eines befreundeten Kollegen aus Singapur gefolgt und hatte mich dorthin in Behandlung begeben.
Als ich nun in das freundliche Gesicht des Naturheilers blickte, war meine erste Reaktion ein ehrfürchtiger Dank. Direkt anschließend erklärte ich dem Doktor, dass ich diese Tierchen liebend gerne mit nach Deutschland nehmen würde, sie wären sensationell. Dr. Wahyuni zögerte nur kurz, bevor er mich fragte, ob ich auch diesen westlichen Reflex besäße, alles, was aus dem globalen Süden wertvoll und nützlich sei, nach Zuhause mitnehmen zu wollen. Ich hatte niemals in meinem Leben kolonialistische Ambitionen an mir festgestellt, ich schwieg betreten, und antwortete dann mit einem verlegenen „Nein, natürlich nicht.“