Fingerübung 3 : Spannung

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Liebe Krimifreunde,

ein wichtiges - wenn nicht das wichtigste - Element eines Krimis ist die Spannung.

Egal ob es am Tempo liegt, an dem Rätsel oder der Situation, der Krimileser will unterhalten werden und Spannung ist dabei sehr wichtig.

Wie erzeugt ihr Spannung? wie fesselt ihr den Leser?

Schreibt eine Szene oder Kurzgeschichte, die sich um Spannung dreht, versucht es, dem Leser unmöglich zu machen, vor dem Ende mit dem Lesen aufzuhören.

Ich freue mich schon auf eure Beiträge.

Mit kriminalistischen Grüßen,

Michele Pistolero
 

Renee Hawk

Mitglied
ist wahrscheinlich etwas lang... sorry

Seit einigen Tagen flüsterten die Genossen geheimnisvoll in den Strassen meines Reviers.
Nicht genaues wisse man, so hieß es auf meine Nachfrage hin.
Und auch Minki, meine langjährige Freundin, zuckte nur unwissend ihre Schultern, doch sie riet mir zu einem Gespräch mit Harry Rotschopf.
Das war nicht so einfach.
Harry Rotschopf war der anerkanntest Reporter der Stadt. Seine Artikel waren legendär und seine Zeit sehr begrenzt. Dazu kam erschwerend, dass er mich, Oxana von der Wunderhöhe, Lokalreporterin vom Bärliner Tageblatt und Zuchtpreisträgerin der Großen Medaille von Bärlin, bestimmt nicht empfangen würde.

»Wenn du Erfolg haben willst, musst du etwas wagen«, sagte Minki und schupste mich in Richtung Verlagshaus.
»Aber... aber er wird mich hochkant rauswerfen. Minki, könntest du nicht mir ihm reden? Schließlich kennt ihr euch«, flehte ich sie an.
»Oxana, nun geh’ schon. Er wird dich schon nicht auffressen. Er ist nur ein aufgeblasener, alter Kater, der dir gern weiterhelfen wird«, antwortete mir Minki und klopfte aufmunternd auf meine Schulter.
Vorsichtig schleuste ich mich durch Drehkreuz, schritt staunend über den Marmorfußboden um dann am Ende des Raumes vor zwei Aufzügen zu stehen.
Wie durch Watte hörte ich die anderen Schritte, das Flüstern und Tuscheln.
Meine Ohren saugten alle Geräusche auf, wie ein trockner Schwamm das Wasser.
Hinter mir warteten zwei Katzen ebenfalls auf den Aufzug und unvermeidlich konnte ich ihrer Unterhaltung folgen.
»Morgen soll sie ankommen«, sagte die rechts hinter mir stehende.
»Wirst du zum Flughafen fahren und sie begrüßen?« fragte ihre Gesprächspartnerin.
Neugierig drehte ich mich um, nickte der rechts hinter mir stehenden Blondhaarigen zu und dann ihrer Freundin, die eine wild gescheckte Haarpracht mit sich herumtrug.
Die beiden Katzen grinsten gekünstelt zurück, schwiegen dann leider für den Rest der Wartezeit.

Das Büro des berühmten Journalisten sah aus wie ich mir das Büro eines berühmten Journalisten eben nicht vorgestellt hatte.
Keine Diplome an den Wänden, keine Auszeichnungen in Glasrahmen, keine Trophäen in Regalen und selbst Harry Rotschopf fehlte.
»Hallo?« rief ich schüchtern in den Raum hinein.
Niemand antwortet.
Einzig der leere Schreibtisch gähnte mir entgegen. Um mich blickend, musste ich feststellen dass erst vor kurzen zusammen gepackt wurde.
Plötzlich schrillte das Telefon.
In einem Anflug von Panik stürzte ich aus dem leeren Büro und rannte den Gang hinunter. Dabei schmiss ich wohl eine Katze mit einem Stapel Akten um und stieß in eine Gruppe rauchender Kater.
Im Aufzug atmete ich tief durch und schimpfte mich eine dumme, dumme Katze, die bei der kleinsten Kleinigkeit immer sofort in Panik geriet.
In der marmornen Vorhalle angekommen, wartete immer noch meine treue Freundin Minki auf mich.
Aufgeregt kam sie mir einige Schritte entgegen.
»Na! Und? Was hat der große Meister gesagt?«
»Nix«, sagte ich.
»Wie? Nichts? Er muss doch irgendwas gesagt haben?«
»Nein. Er konnte nichts sagen.«
»Nun verstehe ich gar nichts. Wie? Der konnte nichts sagen«, maulte Minki und hielt mich am Fell fest, sodass ich ruckartig in mitten meines Schrittes zurück gezogen wurde.
»Er war nicht da. Das ganze Büro war nicht da. Und nun komm, ich will ein Thunfischbrötchen.«

Die Sonne brannte regelrecht das Fell weg und doch hatten Minki und ich auf der Terrasse von Carlos Spezialitätenrestaurant Platz genommen.
»Ein Thunfischsandwich und eine Wasser mit einem Spritzer Zitrone bitte«, bestellte ich beim Kellern, einem rassigen Perserkater aus der Ukraine.
»Für mich das gleiche, bitte«, sagte Minki und legte die Speisekarte auf ihren Schoß, holte tief Luft und fragte erneut: »Was war in dem Büro los?«
Allerdings hörte ich ihre Frage nur wie ein Flüstern an mir vorüberziehen, denn Olek, der Kellner, zwinkerte mir unaufhörlich zu, bis ich sie zischen hörte: »Oxana, du bist eine liebestolle Perserschlampe. Hallo! Hier spielt die Musik.«
»Ach Minki, ist der nicht süß?« hauchte ich verliebt über den Tisch und blickte dabei in ein ziemlich sauer werdendes Katzengesicht.
»Komm zur Sache, Mieze. Also, was war bei Harry Rotschopf?«
»Nichts. Aber das hatte ich dir schon gesagt. Der scheint aus dem Büro ausgezogen zu sein. Da ist nichts mehr, bis auf seinen Schreibtisch, das Telefon und Staubflocken. Alles weg. Keiner da«, erzählte ich mit der Schulter zuckend.
»Hast du denn wenigstens mal bei den Kollegen gefragt wo er sein könnte oder was mit ihm passiert ist?«
»Nein. Als das Telefon klingelte, bin ich in Panik weggelaufen.«
Minki schüttelte den Kopf, während ich Olek mit dem Bestellen an unseren Tisch herankommen sah.
»Guten Appetit«, sagte er singend und platzierte das Besteck auf die Serviette.
»Mahlzeit«, himmelte ich ihn an und er zwinkerte mir wiederum zu.
»Lass es dir schmecken«, hörte ich Minki, ich nickte ihr verträumt zu und biss in mein Brötchen.
»Hey... was ist das?« rief Minki erregt und zerrte den Belag aus meinem Sandwich.
»Hey... was soll das?!« rief ich ebenso erregt und schaute mit großen grünen Augen, scheinbar ziemlich entsetzt, auf das Stück Papier, das sie in ihren Pfoten hielt.
»Das war in deinem Sandwich«, sagte meine Freundin und faltete das feuchte Papier auseinander.
»Da steht ja was drauf«, sprudelte es spontan aus meinem Maul.
»Was du nicht sagst!« gab Minki genervt von sich.
»Nun lies schon vor«, drängelte ich sie.
»Nun warte doch einen Moment. Ich muss das Papier erst glatt streichen. Kann ja sonst nichts erkennen.«
Feinsäuberlich und sehr vorsichtig faltete sie das Papier auf dem Tisch auseinander. So über Kopf konnte ich die schwarze Filzstiftschrift nicht lesen, also rückte ich mit meinem Terrassenstuhl um den Tisch zu Minki herum.
»Was steht da? Kannst du das lesen?« fragte ich meine Freundin und stupste ihr dabei ständig in die Rippen.
»Das ist Holländisch, Oxana. Und da steht folgendes: Ick ben gefangen worden. A.u.b. julie muten mij helpen en mij befrijen van deze gansters. H.R.«, sagte sie andächtig, hob ihren Blick und sagte mit fester Stimme: »Rotschopf ist in Schwierigkeiten!«




Es war dunkel, es war feucht, es stank nach faulen Eiern und wir befanden uns in der Kanalisation von Bärlin.
»Ich hätte nicht auf dich hören sollen. Schau dir mal mein Fell an! Die Flecken werde ich nicht mehr herausbekommen und erst der Gestank«, sagte ich zu meiner Freundin, die vor mir her durch einen verschlammten Tunnel lief.
»Halt deine Klappe, Oxana. Wir sind gleich da«, flüsterte Minki, während sie weiter nach vorne schlich.
»Das ist unfair. Was habe ich mit diesem Rotschopf zu tun?« brummelte ich vor mich her.
»Er ist in Lebensgefahr. Es ist meine Pflicht ihn zu befreien«, sagte Minki und ging unbeirrt weiter bis sie vor einem etwas erhöhten Durchgang stehen blieb.
Sie hielt einen Plan in ihren Pfoten und leuchtete mit dem Lichtstrahl ihrer Helmlampe auf das Papier. Angestrengt studierte die Katze unsere missliche Lage.
»Genau! Es ist deine Pflicht und nicht meine«, protestierte ich und hatte selbstverständlich nicht bemerkt, dass meine Freundin stehen geblieben war und rumste heftig in ihr Kreuz.
Mit voller Wucht prallte ich von ihren Muskelpartien zurück und landete rücklings im schleimigen Morast.
Minki konnte ihr Lachen nicht unterdrücken und schien sich prächtig zu amüsieren. Dennoch hielt sie mir ihre Pfote entgegen und zog mich empor.
»Das ist zuviel Minki. Ich kann das nicht... «, sagte ich bedrückt und deutete auf mein nasses Fell, das nun in langen, verölten Strähnen an meinen Flanken herunterhing.
»Das trocknet wieder, Oxana«, gab sie tröstend zurück und legte ihr Arm um meine Schulter. »Und nun komm. Wir haben einen Fall zu lösen.«
»Aber... ich bin doch nur eine kleine Lokalreporterin, die die große Schauspielerin und Großherzogin von Bärlin Nikita Ryschlow interviewen wollte, wenn sie endlich von den letzten Dreharbeiten nach Hause kommt. Mehr wollte ich nicht«, sagte ich schmollend.
»Oxana...«, begann Minki, »... du bist doch meine Freundin. Und du vertraust mir doch?«
Ich nickte ihr bestätigend zu.
»Dann vertraue mir auch jetzt. Du wirst ein Exklusivinterview mir ihr bekommen. Das verspreche ich dir, so wahr ich Minki Marplé heiße.«
Wahrscheinlich hatte sie mal wieder recht. Minki würde das Kind schon schaukeln. Daher zuckte ich betrübt meine Schultern und folgte ihr durch den erhöhten Kanallauf.
Minkis Ausführungen zu Folge, sollte dieser direkt unter dem Lagerhaus des vermutlichen Entführers von Rotschopf, einem gewissen Don Alvareze enden.
Meine Freundin hatte mir noch im Restaurant den Notrufzettel von Rotschopf übersetzt und erstaunlicherweise befand sich auf der Rückseite eine Zeichnung der Kanalisation.
Wie nun das Stück Papier ausgerechnet in mein Thunfisch kam, wusste Minki auch nicht sofort zu beantworten. Ich hingegen vertrat die These, dass Rotschopf sich selbst entführt hatte, um mich zu ärgern und mir kein Interviewtermin bei der Ryschlow beschaffen zu müssen.
Minki erklärte mich für durchgeknallt und führte nun ihrerseits folgende These an:
Rotschopf wurde in der Nacht von Don Alvareze entführt.
Da dieser mit der Ryschlow eine Liebschaft pflegte und scheinbar Rotschopf ihm einen Skandal ankündigte, wurde er entführt und soll nun zum Schweigen gebracht werden.
Auf meine Frage hin, weshalb sich Don Alvareze vor einem Zeitungsskandal fürchten könnte, antwortet die Detektivin, das Don Alvareze bei der nächsten Bürgermeisterwahl kandidieren wolle und sich daher keinen Ausrutscher erlauben dürfte – und! seine Frau, Donna Alvareze, würde ihn wahrscheinlich mit einem Reisigbesen durch die Stadt jagen, fügte Minki kichernd hinzu.
»Irgendwie einleuchtend«, flüsterte ich, denn wir kamen an unserem Ziel an.

Minki faltete den Zettel zusammen und gab mir ein Zeichen, dass wir diese rostbefleckte Eisenleiter hinauf klettern müssen um den Kanaldeckel etwas anzuheben.
Mir schwante nichts gutes als ich nach oben zu den kleinen Lichtkegeln blickte, die sich durch die Luftlöcher des gusseisernen Deckels wie lange Finger in den Kanalgang streckten.
Zügig kletterte meine Freundin hinauf, blickte sich zu mir herum und nickte mir aufmuntern zu. Ich folgte ihr.
Dabei knirschte die Metallverankerung der Leiter verdächtig unstabil und dass unkontrollierte Schwanken verursachte in mir auch keine Zuversicht.
Endlich bei meiner Freundin angekommen, lauschten wir erst in den Raum hinein.
Da nichts zu hören war, stemmten wir den Deckel mit gemeinsamer Kraftanstrengung in die Höhe und schoben ihn zur Seite. Dann blickten wir uns um, in dem wir nur unsere Köpfe vorsichtig über den Rand der Kanalöffnung hielten und uns vorsichtig bewegten.

Vor uns lag ein Grau gestrichener Lagerraum.
Die Wände waren mit gefüllten Regalen bis unter die Decke voll gestellt.
Ich erblickte riesige Konservendosen mit Thunfisch, Gurken, Sauerkraut, Erbsen und Karotten und Champignons. Vor uns stapelten sich Säcke mit Reis, Mehl und Zucker, die als Zwischengänge angelegt waren.
Unauffällig, und auf der Suche das Rotschopf, schlichen wir hintereinander her durch die Quartratmeter großen Lagerhalle.
»Immer schön in Deckung bleiben«, hallten mir noch Minkis Worte im Ohr nach. Daher kroch ich mit meinem Bauch berührend über den grauen Betonboden. Mir war es nun egal, wie dreckig ich noch werden würde. Mein Fell war ohnehin schon ruiniert...
 

Yoanna

Mitglied
Unheil im Keller

Da ist es wieder! Colette stellt den Fernseher leiser, legt sich flach auf den Boden ihrer kleinen Portiersloge und drückt das Ohr gegen die Holzplanken. Ja, es kommt eindeutig von unten herauf, aus dem Keller, nur ganz leise zu hören, aber da ist es, ohne Zweifel.
Ein Schauer rieselt ihr den Rücken hinunter, sie muss schlucken. Hat sie also gestern Abend doch nicht geträumt. Da ist wirklich dieses Geräusch gewesen, dasselbe, das auch jetzt dumpf und gleichmäßig aus dem Fußboden heraufdringt.
Bumm – bumm – bumm.
Genau wie in der Geschichte, die mir der Professor aus dem dritten Stock neulich erzählt hat, denkt Colette. Von diesem Edgar Poe, den Namen kann man sich ja leicht merken, nur den Titel, den weiß ich nicht mehr, den hat er mir ja auf Englisch gesagt. Da ist auch so ein dumpf schlagendes Geräusch zu hören, und es ist das Herz des alten Mannes, den sein Hausdiener umgebracht hat. Genau so hört sich das an! Was soll ich nur tun?
Colette macht den Fernseher aus, ihr ist die Lust am Fernsehen vergangen.
Und keiner der anderen Hausbewohner hat es gehört, ich habe sie ja alle gefragt, nur den Professor nicht, das wäre mir peinlich gewesen, der hätte mich doch für verrückt erklärt. Die anderen haben mich ja auch schon alle so komisch angesehen.
Sie geht ins Bad, schaut prüfend in den Spiegel:
Warum höre nur ich dieses verdammte Geräusch? Ein schlechtes Gewissen wie der Mörder in der Geschichte habe ich schließlich nicht. Aber da ist nichts im Keller, habe doch heute Morgen nachgeschaut.
Bumm – bumm – bumm.
Als wenn jemand klopfen würde, ganz leise irgendwo da unten. Und wenn da einer versteckt wird? Gefoltert und anschließend womöglich brutal ermordet hinter einer Tür, die keiner der Hausbewohner kennt…
Colette, eine sonst sehr vernünftige Frau, die mit beiden Beinen fest auf der Erde steht, zieht sich die Bettdecke bis ans Kinn hoch und versucht, ihre hochwallende Fantasie einfach zu überschlafen.
Bumm – bumm – Bumm.
Schweißgebadet schreckt sie hoch, schiebt die wirren Haare aus dem Gesicht und blinzelt zum Wecker hinüber.
O Gott, schon so spät! Sie wirft sich ihren blassblauen Morgenmantel über und schlurft zur Tür. Da stehen drei schrill, jedoch übernächtigt aussehende Jugendliche, die ihr verlegen einen Zettel hinhalten.
"Guten Morgen, Entschuldigen Sie die Störung, wir wollten nur fragen, ob wir hier diese Petition aufhängen dürfen. Unser neuer Techno-Club in der Parallelstraße soll schon wieder geschlossen werden. Erst heißt es, wir sollen von der Straße runter, und dann dürfen wir nicht mal unsere Musik hören."
Colette ist mit einem Mal hellwach. "Gebt her!" Behende fischt sie ihre Brille aus der Tasche. "Natürlich wird das Ding aufgehängt. Wo soll ich unterschreiben?"
 



 
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