Fingerübung KW47

ex-mact

Mitglied
Informationen zum Hintergrund der Fingerübungen gibt es hier: http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=14805

Willkommen zur Fingerübung in KW 47 - wer an dieser Übung teilnehmen möchte, stellt bitte in diesen Thread einen Text ein, in dem die unten aufgeführten Begriffe (direkt oder nachvollziehbar verwandt) vorkommen (und möglichst in einem sinnvollen Zusammenhang stehen). Der Text darf nicht länger als zwei Standard-Seiten (maximal 3600 Zeichen) sein, und sollte möglichst eine Seite (1800 Zeichen) überschreiten.
Der Text soll den Leser dazu verführen, mehr von der Geschichte zu erfahren - oder vom Autor zu lesen.

Die Begriffe für die Fingerübung (alle Begriffe bzw. die "Platzhalter" in den Klammern oder erkennbar verwandte Alternativen sollen im endgültigen Text Verwendung finden, dabei sollen sie nicht einfach nur erwähnt werden sondern wesentlicher Bestandteil des Plots sein):

- Tradition (Regeln, althergebrachte Gewohnheit)
- Religion (Glaube, tiefe innere Überzeugung)
- Weltverständnis (Weltsicht, Ideologie)
- allein (einsam oder auch "frei", Einzelperson)
- abtrünnig (Ketzer, Ungläubiger, Aussenseiter, Asozialer)
- Erneuerung (Neuer Anfang, Gründung, Verbesserung)
 

Renee Hawk

Mitglied
Das Blatt wendet sich

„Ketzer, Abtrünniger, Ungläubiger “, schreien die Einen, „Hexer, verbrennt Ihn ...“, schreien die Anderen. Der Mob hat mich bereits verurteilt, noch bevor ein Inquisitor oder Richter mein Antlitz sah.
Es riecht nach Moder, Fäulnis und Fäkalien. Ratten leisten mir ab und zu Gesellschaft. Seit drei Wochen höre ich das Geschrei dieser aufgebrachten Stadtbewohner. Wie ein Tiger in Gefangenschaft gehe ich auf und ab, immer hin und her. Es wird schon zu einer althergebrachten Gewohnheit. Langsam gewöhnen sich auch meine Augen an diese Dunkelheit. Ich höre das Rasseln der Schlüssel. Der Wächter kommt. Ist es wieder Zeit für eine Mahlzeit? Mahlzeit, was für ein Begriff für einen Krug verfaultes Wasser und einen halben Laib Brot übersät mit Schimmel. Dann höre ich das Knarren der Tür. Langsam schiebt sich ein Lichtstreifen in meine Zelle. Dieser Hoffnungsschimmer verschwindet im gleichen Augenblick, als ich das metallene Klappern der Schüssel auf dem Steinboden höre. Wieder in Askese. Was treibt mich noch voran? Es ist nicht die Hoffnung auf eine gerechte Verhandlung durch eine weltliche Macht. Nein, es ist die tiefe innere Überzeugung meiner Unschuld.
Meine Füße tragen mich zur Schüssel und somit zu meinem Überleben. Ich lasse mich nieder, nehme die Schüssel in die Hand und taste mit meinen Fingern über den Laib Brot. Hastig und unter enormen Schmerzen beiße ich ein Stück des Brotes ab und schlucke es einfach herunter. Nach einigen Bissen lehne ich mich an die Wand zurück und schließe die Augen. Ein Gefühl der Müdigkeit übermannt mich und meine Gedanken drehen sich.
Langsam, sehr langsam kommen diese schrecklichen Bilder auf mich zu. Bilder von Menschen, die ich auf meinem Weg zur wahren Religion traf. Und mit einemmal sehe ich diese helle Lichtreflexion. Lachend laufe ich auf diesen Punkt zu. Ich strecke meine Arme aus und weiß, meine Rettung ist gekommen. Adonai, mein Fürst wird mich retten.
Dann spüre ich einen harten Tritt. Ich schrecke aus meinem Traum auf und sehe in die Gesichter von zwei mir unbekannten Männern. In den Klingen ihrer Hellebarden spiegeln sich Fackeln und eine Fratze die mich auslacht. Einer dieser Soldaten packt mich kräftig am rechten Arm und zieht mich in die Höhe. Unsanft werde ich an die Wand gedrückt. Meine Beine zittern und meine Augen versuche ich mit einer Hand zu verdecken. Sie brennen fürchterlich. Es ist hell geworden, als mich die Männer in den Gang stoßen. Es sind sechs Soldaten mit Spießen. Keine Regung in ihren Gesichtern. Schweigend stehen drei zu meiner rechten und drei Männer zu meiner linken Seite. Ich spüre einen harten Gegenstand in meinem Rücken und werde so vorwärts getrieben. Ich frage nicht, sie sprechen nicht und doch weiß ich, was passieren wird.
Eine schreiende Menge empfängt mich. Ich erkenne nichts. Ein Nebelschleier liegt auf meinen Augen. Dann vernehme ich eine dunkle Stimme.
„Martin von Klosterburgh, setzt Dich.“
Ich spüre eine feste, fleischige Hand auf meiner rechten Schulter, die mich sanft in den Stuhl drückt.
„Ich bin Euer Bruder Tuberius. Der Kardinal sandte mich hierher, um Euch geistigen Beistand zu leisten.“
„Bruder Tuberius, ich danke Euch im Namen des Herrn.“, stammele ich schwach und taste nach der Hand auf meiner Schulter.
„Ich eröffne die Verhandlung gegen Martin von Klosterburgh. Es wird Euch vorgeworfen, die Witwe Magnusen mit Hilfe schwarzer Magie verführt zu haben, Eure Ideologie verbreitet zu haben und eine frevelhafte Sekte mit dem Namen „Neuer Anfang“ bereits in der Hansestadt Lübeck gegründet zu haben.“
Ich höre diese Worte und kann nicht glauben, was mir vorgeworfen wird. Tränen steigen in die Augen und der Nebel klärt sich auf.
Ich stehe vor dem jüngsten Gericht.

Reneè Hawk ©KW 47/2001
 
R

Rote Socke

Gast
Das Buch der Bücher
von Volkmar S.P.

Silam legte die Sauerstoffmaske nieder und seine Schüler folgten dem Beispiel. Die Sauerstoffpause betrug zehn Minuten, die Nächste würde in zwei Stunden sein. Silam las weiter, las aus dem Buch der Bücher, fast ein heiliges Buch in diesen Tagen. Natürlich war es eine Kopie des Originals, in mühevoller Detailarbeit, auf eine Leseplatine projiziert. Das Buch fanden sie vor zehn Jahren, nach Sprengarbeiten in einer Katakombe, welche durch die Sprengkraft freigelegt worden war. Die Bauzeit der Katakombe wurde von den Gelehrten auf das Jahr 100 vor der neuen Zeitrechnung datiert und befand sich in Nurat, einer trostlosen Felsenlandschaft. Dort fanden sie Überreste einer legendären Epoche und das ledergebundene Buch. Eigens für die Übersetzung wurde eine Sprachenmaschine gebaut. Nach vielen Fehlversuchen, konnte der Inhalt der Schriften endlich gedeutet werden. Jahre zuvor zerbrachen sich die Gelehrten die Köpfe über jene mysteriöse Zeit, stritten wortgewaltig bei jedem Kongress, rätselten darüber, was in jener Zeit geschehen sein konnte. Es wurde vermutet, dass Nordamerika, Europa und der halbe asiatische Kontinent, um das Jahr 2o vor der neuen Zeitrechnung von der Erdoberfläche verschwunden waren. Nun wussten sie, dass der Untergang auf das Jahr 2020 zu legen war. Das Buch löste ein weiteres Rätsel, nämlich das Verschwinden jeglichen Lebens auf den verbliebenen Kontinenten. Was noch viel wichtiger war, das Buch gab die Antwort auf die Frage, woher der Mensch stammte. Denn auch diese Frage beschäftigte die Gelehrten seit dem Jahr 1. Eigentlich würde man heute das Jahr 5782 schreiben. Aber seit der Entdeckung des Buches stimmte ja die Zeitrechnung nicht mehr. Der Weltrat einigte sich auf die Jahreszahl 7802. Im Buch wurde von einem Messias berichtet, der vor 2020 Jahren geboren sei und seither die Zeitrechnung bestimmte. Heute wurde die Erde von exakt 1,2 Millionen Menschen bevölkert. Mehr ließ die Stratosphäre nicht zu. Für die Sauerstoffproduktion gab es zu wenig Waldgebiete. Der künstlich produzierte Sauerstoff reichte nur zur Atmungsunterstützung der Menschen. Alle zwei Stunden mussten die Menschen puren Sauerstoff einatmen, um ihren Organismus erhalten zu können. Tiere gab es keine, außer den wenigen Exemplaren in den Labors, die bereitgehalten wurden für eine Neuzüchtung, falls die klimatischen Umstände das eines Tages zulassen sollten.
Der Weltrat war zuständig für alle wichtigen Angelegenheiten, von denen es aber kaum welche gab, bis zu dem Tag, als sie das Buch fanden. In dem Buch war von Gläubigen die Rede. Es hatte also verschiedene Religionsformen gegeben, doch nicht allein das. Es musste zu jener Zeit auch verschiedene Ideologien gegeben haben. Interessant fand man die Tatsache, dass es quasi keine Einzelgänger gab, wie das heute der Fall war. Heute gab es keine Gruppierungen, keine Religionen, keine Ideologien. Aber die letzten Rätsel waren noch nicht gelöst. So konnte man zum Beispiel mit den Begriffen: Ketzer und Asozial nichts anfangen, niemand wusste das zu deuten. Bei dem Begriff Tradition, waren die Gelehrten etwas weiter gekommen. Sie vermuteten Zusammenhänge der Glaubensformen und den Funden in der Katakombe. Eine nähere Untersuchung der Utensilien stand noch aus. Ein Glaube oder eine Religionsform oder sollte es gar eine Ideologie sein, ja die gab es heute auch, würde man die damaligen Begriffsformen anwenden wollen. Es gab Menschen auf der Erde und die wollten leben. Sie lebten zwanglos und das was sie bewegte oder verunsicherte, trugen sie dem Weltrat vor und der Weltrat gab ihnen Antworten. Also war der Weltrat eine Richtschnur für alle Menschen. Vielleicht war dies eine Religionsform, eine Ideologie, eine Regelform. Aber damals musste es viele dieser Regeln gegeben haben, entschlüsselten die Gelehrten aus dem Buch. Wer damals die Regeln nicht befolgte, musste zwangsläufig ungläubig sein, Ungläubige waren trotzdem unfrei. Irgendwie ein großer Wirrwarr für die Gelehrten, aber auch eine große Herausforderung die letzten Rätsel zu lösen. Würde sich mit dem neuen Wissen etwas verbessern lassen in der heutigen Zeit? Auch diese Frage beschäftigte die Gelehrten.
Aber was war im Jahr 2020 wirklich geschehen? Die Augen der Schüler klebten förmlich an den Lippen von Silam, und dieser rief geduldig mit dem Tastenstift die nächste Seite auf.
 

ex-mact

Mitglied
"Ranafall! Ranafall!"
In ekstatischen Chören schrie die Menge ihren Wunsch hinaus, das monatliche Wunder ihres Heilands zu sehen und in ihrem Glauben bestärkt zu werden. Der große Platz vor der Halle des Volkes war restlos mit menschlichen Marionetten gefüllt, die ihre Arme flehend der kleinen Empore oberhalb des Kaiserforums entgegenstreckten.
"Ranafall! Ranafall!"
Einmal im Monat musste Ira die Prozedur über sich ergehen lassen, die aus der schüchternen Studentin der Theokratie "Deamio", die Göttin der Erneuerung, machte. Beinahe ein Dutzend Mönche fingerten an ihr herum, zupften den schweren Umhang zurecht, rückten ihre Krone hin und her, bis ihre Kopfhaut brannte und schubsten sie schließlich auf den winzigen Balkon, wo sie die Gläubigen überblicken und ihren Segen verteilen konnte.
"Ranafall!"
Der Ruf klang jetzt drängender, Ira biss die Zähne zusammen und versuchte, einen Kloß im Hals hinunter zu schlucken. Wenn die verdammte Droge doch endlich wirken würde! Zitternd griff sie nach dem eisigen Geländer, ihr Atem ließ eine Dampfwolke in die Kälte hinaufsteigen. Es war nur kurz nach Jahresgeburt, die Wärme der Sonnenschwestern reichte noch nicht aus, die Luft über den Gefrierpunkt zu erhöhen. Ausser dem traditionellen "Kaparall", dem muffig riechenden, mit Blut und Schweissflecken übersäten Umhang, trug Deamio nichts am Körper und solange das Gift sie noch nicht unter Kontrolle hatte, spürte sie die arktische Temperatur nur zu gut. Sie fror, ihr war elend und ihr Verstand kreiste immer schneller um die alte Frage, was man von ihr erwartete - und wie sie diese Erwartung je erfüllen konnte.
Als sie glaubte, die Kälte und Angst nicht mehr ertragen zu können, wandte sie den Kopf zur Seite und sah sich nach den Mönchen um. Bis auf einen hatten aber alle den Balkon verlassen.
Der Mann war jung, kaum älter als sie selbst. Er hatte die Kapuze zurückgeschlagen und sein glänzender Schädel schimmerte noch deutlich heller als sein Gesicht. Blinzelte er ihr zu?
"Es wirkt nicht! Ich weiss, wer ich bin - und ich bin keine Göttin! Ich kann nicht die Hoffnung einer ganzen Welt sein... bitte, ich möchte wieder hinein. Vielleicht kann ich in einer Stunde..."
Der Junge hob die Hand und legte zwei Finger an die Lippen. Sein Blick huschte zur angelehnten Balkontür, prüfte, ob dahinter jemand lauschte, und heftete sich dann wieder auf Iras nackten Körper, der nur dürftig vom Umhang verborgen wurde.
"Ich weiss. Aber es ist zu spät, eine neue Deamio zu finden - und das weißt Du. Es hat in den letzten Wochen deutlich mehr Ketzer gegeben, die Schule ist überfüllt und die anderen werden weitere asoziale Elemente nicht mehr dulden. Willst Du verantwortlich für die Morde sein, die dann folgen?"
"Ranafall!"
Hier draußen klang der Schrei noch verzweifelter, noch unbedingter. Eine ganze Welt brauchte Ira jetzt gleich - und sie zweifelte. Warum konnte sie die Dinge nicht so sehen, wie alle anderen? Sie war die Deamio, auserwählt von den wahren Göttern, die in ihren metallenen Burgen draußen in der Steinwüste lebten und alle zweihundert Jahre die Religion erneuerten, einen Anfang machten und dann die Welt sich selbst überließen.
"Ranafall!"
Das galt ihr! Ihr Blick verschwamm, der Mönch wurde durchsichtig und das Licht breitete sich in ihrem Gesichtsfeld aus. Abrupt drehte Ira, die Deamio, sich zur Menge um und wirkte das Wunder, das für weitere fünf Wochen Leben in dieser Welt ermöglichte.
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein neuer Anfang

Die Menschenmenge stand dicht gedrängt um den Scheiterhaufen. Alle waren neugierig und tuschelten hinter vorgehaltener Hand. Die Frauen waren in der Überzahl, kaum eine von ihnen hatte bisher an einer Hexenverbrennung teilgenommen. So ein Spektakel riss sie auf ungewöhnliche Weise aus ihrem trostlosen Alltag.
Ein Raunen ging durch die Menge, als die gefesselte Hexe unter schwerer Bewachung aus dem Gefängnis geführt wurde.
„Jetzt gibt es kein Entrinnen mehr!“, schrie eine aufgebrachte Frau. „Du richtest keinen Schaden mehr an, du Ungläubige!“
Aber Miranda hatte keine Angst, nicht um sich selbst. Sie ließ sich ohne Gegenwehr die Leiter zum Scheiterhaufen hochschieben. Ein Leinensack wurde ihr über den Kopf gezogen, um die Menge vor dem Bösen Blick zu schützen. Eilig, als könnte sie noch flüchten, band man sie an den Mast, der aus den Holzscheiten ragte.
Der Pfarrer der kleinen Stadt redete ein paar Worte. Aber er war nicht ehrlich. Er spürte Mirandas Blicke durch den Sack hindurch auf seinem Rücken brennen. Er wusste aus tiefer innerer Überzeugung, dass ihre Seele nicht zu retten war.
Die Menge wurde unruhig. „Nun macht schon!“, schrie sie. „Wir wollen die Hexe brennen sehen!“
Der Scharfrichter nahm ein Streichholz aus der Tasche. Er war zufrieden mit seiner Arbeit. Er hatte Miranda nicht lange foltern müssen. Schon die Territion hatte ihr einen gehörigen Schrecken eingejagt. Daumenschrauben genügten dann, um sie zum Geständnis zu bringen. Als das Streichholz aufflammte, zogen sich die Wolken zusammen. Als die ersten Holzscheite brannten, kam eine fürchterlicher Wind auf. Die Menschen sahen sich besorgt um. Ausgerechnet jetzt. Der Sack flog von Mirandas Kopf. Ihre Augen sprühten Funken, als sie zum Himmel schaute. Erschrocken mussten die Zuschauer mit anschauen, wie Miranda ihre Arme zum Himmel hob, als wäre sie nie gefesselt gewesen. „Verflucht seid ihr! Verflucht sei euer Weltverständnis und euer Glaube!“, schrie sie mit donnernder Stimme. Dann schlugen die Flammen, vom Wind angefacht, über ihr zusammen.
Das Unwetter war nicht mehr aufzuhalten. Die Menschen stoben auseinander, als Dachziegel, Unrat, Äste und sogar brennende Holzstücke auf sie niederprasselten.

Kurz nachdem Miranda aus dem Gefängnis geführt worden war, trat eine alte Frau, verkleidet als Putzfrau, zur Hintertür des Gefängnisses ein. Die Tarnung war fast überflüssig, denn sogar die Wärter waren hinaus gegangen, um dem Spektakel beizuwohnen. Ein einziger Gefangener befand sich in seiner Zelle. Aber der war eifrig bemüht, sich an den Gitterstäben seines hochgelegenen Fensters hinaufzuziehen. Vielleicht könnte er ja etwas von dem sehen, was da draußen vor sich ging. Er hatte kein Auge für die Frau, die eilig auf Mirandas Zelle zusteuerte. Sie stellte ihren Eimer ab und begann das Stroh, das als Bettstatt gedient hatte, zu durchwühlen. Sie fand das kleine Bündel.
Miranda hatte das Baby erst vor zwei Tagen geboren. Die ständig besoffenen Wärter hatten nichts bemerkt. Sie trauten sich nicht in die Nähe dieser Außenseiterin.
Viel, viel schwieriger war es, die Schwangerschaft vor dem Scharfrichter zu verstecken. Aber da sie in viele Lumpen gewickelt war, hatte er sie nicht nur für schmutzig, sondern auch für fett gehalten. Unter der ersten Folter gestand sie, so dass der Scharfrichter darauf verzichtet hatte, sie ausziehen zu lassen, um nach Hexenmalen auf ihrer nackten Haut zu suchen.
Das Baby gab keinen Mucks von sich, als wüsste es genau, dass es still zu sein hatte. Die alte Frau legte es in ihren Eimer zu dem Putzlumpen und deckte es zu. Dann trat sie wieder ins Freie.
Ein Blick nach oben verriet ihr, dass sie sich beeilen musste. Die Wolken zogen sich bereits bedenklich zusammen.
Sie lief aus der Stadt, dorthin, wo die Zirkuswagen auf sie warteten.
„Schnell, schnell!“, rief sie und sprang auf einen der Wagen. „Wir müssen weg, es ist nicht mehr viel Zeit.“
Als sie sich eine Stunde später umsah, stand eine große schwarze Rauchwolke über den Resten der kleinen Stadt. Die Frau lächelte zufrieden und drückte ihre Enkeltochter liebevoll an die Brust. Dann sah sie nur noch nach vorn, einem neuen Anfang entgegen.
 

ex-mact

Mitglied
Die Zahl der Teilnehmer schrumpft, es wird Zeit für neue Projekte :)

Hier meine - wie immer nur als das Beissen eines Flohs in der Matratze zu verstehenden - Denkanstöße:

Renee Hawk:

- zu "beanstanden" finde ich, bis auf die Präsenz-Erzählzeit, kaum etwas
- Kleinigkeiten wie "feste, fleischige" (widerspricht einander IMHO) oder "Sekte ... bereits ... gegründet zu haben..." könnten "geschliffen" werden
- um den Hauptcharakter kennenzulernen wünschte ich mir etwas mehr Persönlichkeit. Es wird hier fast nur Handlung beschrieben, wenig Gefühl, Emotion, Empfinden



Rote Socke:

- schöner Plot, mit Können aufgebaut
- Wortwiederholungen (Sauerstoff...) und Zeitprobleme (das Buch fanden...) holpern am Beginn etwas
- Fokus der Erzählung wechselt von Menschen zum Buch, etwas irritierend
- stellenweise etwas unklare Erklärungen (der Sauerstoff... reichte nur für die Menschen)
- zweiter Teil sehr allgemein, wenig "Plot" sondern globale Situationsbeschreibung, fehlende Spannung
- am Schluss wieder Rückleitung zur Erzählung, man möchte nun "wirklich" einsteigen in das Geschehen


Hera:

- etwas überraschungsarmer Plot, Protagonisten werden erst am Ende vorgestellt und "erwachen" somit nicht wirklich "zum Leben"
- teilweise etwas holperiger Stil ("redete ein paar Worte" etc), einige Worte könnten passender gewählt sein (Pfahl statt Mast..., Streichhölzer?)
- Umschnitt von der Mordszene auf die Großmutter im Gefängnisinneren unterbricht den Fluss sehr, der Rhythmus wechselt zu stark, auch der Satzbau ist hier anders
- dadurch, daß die Szene sehr abgeschlossen wirkt, kommt ein Weiterlesen-Wollen nur bedingt auf, man könnte sich vorstellen, daß dies ein "Prolog" ist, die eigentliche Story erst folgt
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Marc,

danke für die Kommentierung. Wie immer sehr lehrreich für mich!

Klar ist es schade, wenn die Beteiligung der FÜ's nicht so rege ist. Hat aber den Vorteil für Dich, dass Du nicht so viel lesen musst. Ich würd gern weitermachen.

Dein Text:
1. Mir fehlt ein Titel
2. Mir fehlt die Beschreibung der Umgebung. Da muss es doch noch mehr geben, wie der große Platz vor der Halle?
3. Leider liegt mir das Thema nicht, um es erwartungsvoll weiterlesen zu wollen.
4. Die Satzbildung wie immer perfekt.

Besten Gruss
Volkmar
 



 
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