Fliegen und Spinnen
Das Tigerkätzchen war eines von sechzehn. Sie alle hatten Grau, Schwarz und Braun im Fell, die einen mehr Tupfen, die anderen mehr Tiger. Und manche hatten einen weißen Bauch.
Sie lebten in einem Obstgarten mit drei Zwetschgenbäumen und einem Holzstapel, bis irgendwann [blue]irgend[/blue]jemand kam, [strike][red]alle[/red][/strike] [blue]sie[/blue] einfing und wegbrachte. Jetzt ist das Tigerkätzchen eines von einem in einer Wohnung ohne Bäume und Holzstapel.
Tagsüber, wenn es allein ist, schnellt das Tigerkätzchen wie eine Sprungfeder von Schränken auf Fensterbänke, von Stühlen unter Schränke, immer auf der Suche nach unsichtbaren Fliegen oder Spinnen.
Morgens ist eine Frau da mit nassen Haaren. Im Bademantel schlurft sie in die Küche, gähnt und macht eine Büchse Katzenfutter auf. Manchmal gibt sie noch ein Ei dazu, manchmal lehnt sie nur neben der Kaffeemaschine und gähnt, bis ihr die Augen tränen. Dann geht sie wieder hinaus. Wenn sie zurückkommt, hat sie schwarzen oder dunkelblauen Kratzstoff an und riecht blumig-süßlich. Sie greift ihr Köfferchen und gähnt sich zur Wohnungstür hinaus.
Das Tigerkätzchen macht sich auf die Jagd nach unsichtbaren Fliegen und Spinnen.
Abends werden die Fenster grau, die unter den Tisch geschobenen Stühle bekommen immer mehr Beine und das Rattern und Klingeln von draußen hört sich so weich an wie Watte. Dann kommt die Frau zurück und bringt beißend-verschwitzten Geruch mit. Sie stellt ihr Köfferchen neben die Küchentür und geht ins Schlafzimmer, um den dunklen Kratzstoff auszuziehen. In weichem grauem Stoff kommt sie zurück in die Küche und öffnet Schränke. Sie räumt Sachen aus Tüten und stopft den kalten leuchtenden Schrank voll. [blue]Hätte es die Tüten nicht bemerkt und wäre neugierig?[/blue] Wenn der Schrank offen steht, summt er aufgeregt, bis [blue]Das "bis" passt nicht so richtig, finde ich.[/blue] die Frau ihn wieder zuwirft. Manchmal holt sie Stücke von frischer Hühnerleber heraus und kocht sie in einem kleinen Topf auf dem Herd. Das ist ein Fest für das Tigerkätzchen. Nach dem Essen kriecht es unter das Sofa und schnurrt, während die Frau in den plappernden und dudelnden Kasten schaut. Eine Flasche spuckt mit Plop den Korken aus, und die Frau trinkt Modriges [blue]Wie das Zeug heißt, kann sie nicht wissen. Einfach streichen?[/blue] aus einem Glas, das so fein ist, dass es bei jeder Berührung singt.
Später knallt es manchmal und Scherben fallen. Dicke grüne Flaschenscherben klimpern auf den Boden vor dem Sofa. Manchmal auch dünne Singscherben. Das Tigerkätzchen sieht eine Hand nach unten kommen, nach der größten Scherbe tasten und sie mit nach oben nehmen. Dann fallen ein paar rote Tropfen. Das Tigerkätzchen leckt sie auf.
[red]Später[/red][blue] Wdh., weglassen? [/blue]wenn die Frau das Zimmer verlassen hat, springt das Tigerkätzchen auf das Sofa. Hinter der Küchentür [blue]Kann sie die so benennen?[/blue] steht ein Korb, aber hier ist es weicher und warm vom Körper der Frau. Das Tigerkätzchen dehnt sich und bohrt die Krallen in die Kissen. Es leckt sich den Bauch [strike][red]und[/red][/strike][blue],[/blue] schmeckt noch Rot auf der Zunge, träumt von Zwetschgenbäumen und dem Holzstapel. Einst war es eines von sechzehn. In der Nacht jagt es unsichtbare Fliegen und Spinnen.