Flockade - Sonett

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Walther

Mitglied
Flockade

Die Flocken stürzen sich hinab, als gäb’s
Das Paradies auf Erden. Gibt’s nicht. Gab’s nie.
Und wird es niemals geben. Ein Genie
Schreib seinen Streich auf eine Wand. Recht scheps

Hängt eine Tür in ihrer Fassung, schlägt
Nach dem, der kommt und geht. Die Flocken tanzen,
Der Wind verweht nicht nur die besten Chancen:
Er ist's, der sie an ihre Ziele trägt.

Am besten hochgeschlagen trägt man Kragen.
Der Niederschlag trifft jeden, auch das Dach
Der Gartenhütte, wo sie um sich schlägt,

Die Tür. Sie liebt den Schnee, den Wind, den Krach:
Sie hat am Ende so viel mehr zu sagen
Als der, der klagt, dass er ein Schicksal trägt.
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Hallo Walther,

bei "Flockade" musste ich wirklich feiern. Ron Winkler hatte mit (sic!) "wir lieben diese komplizierten Intensivstationen
eines besonderen Klimas." schon recht. Du hast das ganz eigen und entzückend "verinhaltet".
Das Sonett freut sich!

Lg EV
 

sufnus

Mitglied
Hey Walther,

in letzter Zeit war ich hier auf der Lupe etwas lese-sparsam bei den festen Formen zugange... aber dieses Sonett ist wirklich ganz ausgesprochen wohlmundend respektive -tönend. Die kecken Reime (tanzen - Chancen) und metrischen Stolperdrähte (Himmel, als gäb's) sind, finde ich, gar famose Würzzutaten zu einem Flockenbild, bei dem ich eher an Backzutaten (Succade, Orangeade) denken muss als an eine Blockade, vermutlich, weil ich gerade nicht auf astbruchblockierten Straßen oder Schienen unterwegs bin, sondern behaglich am Schreibtisch sitze.
An einer Stelle hast Du 5-Hebigkeit verlassen - das würd ich persönlich sogar noch an zwei weiteren Stellen (S1Z2 und S3Z1) implementieren, weil es dadurch (für mein Liking) etwas geschmeidifiziert wird (ohne dass es zur Glattbügelung kommt). Und ich meine, noch zwei kleine Auslassungen (S1Z1, S1Z4, entdeckt zu haben.
So sähe also meine entsprechend durchgesehene Fassung aus:

Flockade

Die Flocken stürzen sich vom Himmel, als gäb’s
Das Paradies auf Erden. Gibt es nicht. Gab’s nie.
Und wird es niemals geben. Ein Genie
Schreibt seinen Streich auf eine Wand. Recht scheps

Hängt eine Tür in ihrer Fassung, schlägt
Nach dem, der kommt und geht. Die Flocken tanzen,
Der Wind verweht nicht nur die besten Chancen:
Er ist es auch, der sie an ihre Ziele trägt.

Am besten hochgeschlagen trägt man seinen Kragen.
Der Niederschlag trifft jeden, auch das Dach
Der Gartenhütte, wo sie um sich schlägt,

Die Tür. Sie liebt den Schnee, den Wind, den Krach:
Sie hat am Ende so viel mehr zu sagen
Als der, der klagt, dass er ein Schicksal trägt.


... unabhängig von diesen Kinkerlitzchen... ganz wunderbar... ein Traum in Weiß! :)

LG!

S.
 
Hallo Walther,

nun muss ich doch weinen, dass ich hier von Schnee träumen muss/darf, während ich von Mücken zerstochen werde. Die vielsagende Gartentür gefällt mir sehr — wie beim Taifun hier.

Bei der ersten Zeile könnte man ev. die Wortstellung ändern:

Vom Himmel stürzen Flocken sich, als gäb‘s
auf Erden Eden. Gibt’s nicht. Gab es nie. [oder: Gibt es nicht. Gab‘s nie.]
Und wird es niemals geben. [etc.]

(Nur meine 50 Cents…)

Genieße die Flockade ohne Bastonade und mit Gartentür Musik!
LG,
RP
 

Walther

Mitglied
Hallo Walther,

bei "Flockade" musste ich wirklich feiern. Ron Winkler hatte mit (sic!) "wir lieben diese komplizierten Intensivstationen
eines besonderen Klimas." schon recht. Du hast das ganz eigen und entzückend "verinhaltet".
Das Sonett freut sich!

Lg EV
Hey EV,
dank der lobeshmyne, die ich eher nicht verdient habe, glaube ich. ich wollte ein wenig gegen den strich schreiben. mehr nicht,
lg W.
Hey Walther,

in letzter Zeit war ich hier auf der Lupe etwas lese-sparsam bei den festen Formen zugange... aber dieses Sonett ist wirklich ganz ausgesprochen wohlmundend respektive -tönend. Die kecken Reime (tanzen - Chancen) und metrischen Stolperdrähte (Himmel, als gäb's) sind, finde ich, gar famose Würzzutaten zu einem Flockenbild, bei dem ich eher an Backzutaten (Succade, Orangeade) denken muss als an eine Blockade, vermutlich, weil ich gerade nicht auf astbruchblockierten Straßen oder Schienen unterwegs bin, sondern behaglich am Schreibtisch sitze.
An einer Stelle hast Du 5-Hebigkeit verlassen - das würd ich persönlich sogar noch an zwei weiteren Stellen (S1Z2 und S3Z1) implementieren, weil es dadurch (für mein Liking) etwas geschmeidifiziert wird (ohne dass es zur Glattbügelung kommt). Und ich meine, noch zwei kleine Auslassungen (S1Z1, S1Z4, entdeckt zu haben.
So sähe also meine entsprechend durchgesehene Fassung aus:

Flockade

Die Flocken stürzen sich vom Himmel, als gäb’s
Das Paradies auf Erden. Gibt es nicht. Gab’s nie.
Und wird es niemals geben. Ein Genie
Schreibt seinen Streich auf eine Wand. Recht scheps

Hängt eine Tür in ihrer Fassung, schlägt
Nach dem, der kommt und geht. Die Flocken tanzen,
Der Wind verweht nicht nur die besten Chancen:
Er ist es auch, der sie an ihre Ziele trägt.

Am besten hochgeschlagen trägt man seinen Kragen.
Der Niederschlag trifft jeden, auch das Dach
Der Gartenhütte, wo sie um sich schlägt,

Die Tür. Sie liebt den Schnee, den Wind, den Krach:
Sie hat am Ende so viel mehr zu sagen
Als der, der klagt, dass er ein Schicksal trägt.


... unabhängig von diesen Kinkerlitzchen... ganz wunderbar... ein Traum in Weiß! :)

LG!

S.
Hi sufnus,
dein scharfes auge hat die lässlichkeit (nachlässigkeit?) entdeckt. :) deine vorschläge sind sehr gut. dennoch habe ich das silbenpaar fürs ersten rausgeschnibbelt. ich hoffe, dass du verstehst, warum ich es tat.
lg W.
Hallo Walther,

nun muss ich doch weinen, dass ich hier von Schnee träumen muss/darf, während ich von Mücken zerstochen werde. Die vielsagende Gartentür gefällt mir sehr — wie beim Taifun hier.

Bei der ersten Zeile könnte man ev. die Wortstellung ändern:

Vom Himmel stürzen Flocken sich, als gäb‘s
auf Erden Eden. Gibt’s nicht. Gab es nie. [oder: Gibt es nicht. Gab‘s nie.]
Und wird es niemals geben. [etc.]

(Nur meine 50 Cents…)

Genieße die Flockade ohne Bastonade und mit Gartentür Musik!
LG,
RP
lb RP,
die bugs sind jetzt draußen. danke, dass du beim rausfischen geholfen und vorschläge gemacht hast. oben ist mein reparaturergebnis. ich habe nicht alles berücksichtigt und bitte dafür um verständnis.
lg W.

PS: der dichter dankt @SilberneDelfine, @esnvhg und @sufnus fürs leseempfehlen!
 

mondnein

Mitglied
Das Paradies auf Erden. Gibt’s nicht. Gab’s nie.
ich liebe diesen rhythmische "Fehler" (Trochäus am Ende statt Iambus, oder man liest "nicht. Gab's" als Doppelkürze bzw. Unbetontenpaar).

Und der Punkt wirkt als Pause, um das "Gibt's nicht" nach kurzer Besinnung zu verstärken, zu verallgemeinern, mit einem gedachten Ausrufezeichen hinter dem letzten "nie". Das ist Hörerorientierung, Orientierung des Vorlesenden an das Verstehen des Hörers, und die Form wird aufgelockert, ein wenig aufgelöst. Dann leiert es nicht so schnell, und der "Fehler" ist volle Absicht (gegen die Vorgegebenheit der Form).

grusz, hansz
 

Walther

Mitglied
ich liebe diesen rhythmische "Fehler" (Trochäus am Ende statt Iambus, oder man liest "nicht. Gab's" als Doppelkürze bzw. Unbetontenpaar).

Und der Punkt wirkt als Pause, um das "Gibt's nicht" nach kurzer Besinnung zu verstärken, zu verallgemeinern, mit einem gedachten Ausrufezeichen hinter dem letzten "nie". Das ist Hörerorientierung, Orientierung des Vorlesenden an das Verstehen des Hörers, und die Form wird aufgelockert, ein wenig aufgelöst. Dann leiert es nicht so schnell, und der "Fehler" ist volle Absicht (gegen die Vorgegebenheit der Form).

grusz, hansz
Hallo lb Hansz,
das
Das Paradies auf Erden. Gibt’s nicht. Gab’s nie.
kann man so
Das Paradies auf Erden. Gibt’s nicht. Gab’s nie.
und so
Paradies auf Erden. Gibt’s nicht. Gab’s nie.
lesen. nachdem der nächste vers ähnliche spielchen erlaubt (Genie als Genie oder Genie z.B.), habe ich mir diese formulierungen erlaubt.
bei gedichten ist sowieso der vortrag, das deklamieren, von größer relevanz.
lg W.

der dichter dankt natürlich auch @mondnein fürs leseempfehlen!
 

Johnson

Mitglied
Interessant wie du dich hier noch einmal mit dem Geniekult auseinandersetzen willst. Deine spätere Barock-Nummer ist besser
 
Zuletzt bearbeitet:

Walther

Mitglied
Interessant wie du dich hier noch einmal mit dem Geniekult auseinandersetzen willst. Deine spätere Barock-Nummer ist besser
Hi Johnson,
danke fürs lesen und bedenken. das ist ein ganz anderes Thema und daher auch ein ganz anderes sonett. dieses hier muss man mögen, da es ein wenig gegen den strich gebürstet ist.
lg W.
 



 
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