ahorn
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Text in Voll unter Segel
Franziska wusch ihre Hände an der Schürze ab, marschierte zum Küchentisch, griff einige Gläser.
Tanja band ihren Pferdeschwanz neu, lächelte und ging auf sie zu. »Warte Franzi, ich helfe dir!«
Sie stellte die Trinkgefäße wieder ab. »Schläft sie«, flüsterte Franziska.
»Ja! Setzt dich, ich räume ab.«
Franziska schob ihren Rock an die Beine, setzte sich. »Otonia is a richtig siasss Madl.« Sie grinste. »Grod a bissal frech!«
Tanja kniff ihre Augen zusammen und presste die Lippen aufeinander.
»Pardon!« Franziska zuckte mit den Achseln. »Ich vergesse immer, dass du kein Bayrisch verstehst. Sie ist für ihr Alter ganz schön keck.«
Ein Glas in an ihre Brust gedrückt, spielte Tanja an ihrer Halskette und zog ihren Mund schief. »Sprechen wir von Antonia?«
»Lass die Sachen stehen«, forderte sie Tanja auf, »Das bisschen erledigte ich morgen.«
Franziska fasste eine Weinflasche, hielt den Flaschenhals oberhalb eines Weinglases. »Noch einen Schluck?«.
»Gerne«, entgegnete Tanja und setzte sich an Franziskas Seite. Dann stütze sie ihr Kinn auf und betrachtete sie.
»Eins verstehe ich nicht. Warum ist Anton, dein Ex-Mann, nicht mit ihr gegangen, obwohl sie schwanger war?«
Franziska klopfte auf Tanjas Arm, umklammerte mit der anderen Hand das Weinglas. »Ich habe es dir bereits erzählt«, presste sie hervor. »Er hatte nichts mit ihr. Eifersüchtig wollte er mich machen.« Sie senkte den Kopf. »Alle Mannsbilder waren hinter ihr her. Schen war sie mit ihren langen Rabenhaaren« Franziska grinste. »Die waren gefärbt, das sah man. Aber, sie strahlte was mystisches aus.« Franziska vergrub ihr Kinn in den Händen. Ihre Augen leuchteten. »Sie hatte irgendetwas von einer Zigeunerin. In ihren langen schwingenden Rock, ihrer Bluse, dessen Ärmel sie über die Schulter gezogen hatte. Mei, wie sie tanzte. Barfuß am Lagerfeuer mit den Hüften tänzelnd, wie eine aus dem Orient.«
Sie nahm einen Schluck, kratzte sich am Genick. »Kind, musst verstehen, das waren damals verrückte Zeiten. Überall waren diese jungen Leut, in ihren Lagern. Die Welt wollten sie verbessern. Mei, recht hatten sie.«,Sie wandte ihr Gesicht dem Fenster zu. »Der Olde hätte am liebsten son Raket in den Hof gestellt, um den Bolschewisten es Recht zu zeigen.«
Tanja zog die Augenbrauen zusammen und drehte sich eine Locke ins Haar. »Sie war doch schwanger?«
Franziska schlug auf den Tisch. »Die Leut haben es geredet«, schimpfte sie. »I war schwanger vom Vale. In der Scheun sind wir gewesen. I war gramisch auf den Anton. Hätte mich nie der Gerti anvertrauen sollen. Gut ist sie geworden seit damals. Ich habe ihr Vergeben.« Sie rieb ihre Hände, dabei wandte sie ihr Gesicht ab. »Da war die Geschicht von der Amisha.«
Tanja kniff ein Auge zu. »Amisha?«
Franziska schlingerte den Kopf, den Hals. »So nannte sie sich. Ihren richtigen Namen kannte keiner.« Sie zupfte an ihrem Glas. »Jedenfalls erzählte meine Schwester überall im Dorf, dass sie es mit dem Leibhaftigen in der Kirch auf dem Altar getrieben hätte.«
Tanja speerte den Mund auf. »Und dann?«,
»Mein Vater hat mich gerufen. Was mir einfiele mit dem Knecht, dem Damischen. Hab ihm gesagt, dass sie de Vale beschworen, und sie ihn verdammt hätte mich ebenfalls auf dem Altar. Bleed wa i.«
»Wo bleibt da übahabt.«
»Wer?«
»De Vale. Da woite doch grod weng des Obstlers zum Donau-Hof.«
»Wie?«
»Egal, de kommt bestimmt gleich. Hat sicher irgendeinen Parteibazi getroffen. Das de Mannsbilder immer mit de Politik. Verstehst? I ned.«
»Was ist aus Amisha geworden?«
»Vertrieben hat der Fone sie. Samt ihrer ganzen Gruppn, mit der Schrotflinte aus dem Dorf getrieben« Sie lächelte. »Die Amisha ist dann mit ihrer Freundin nach Indien. Ihr Karma suchen.« Sie rieb mit dem Zeigefinger an der Nase. »a nett‘s Feundin hat’s gehobt.«
Franziska klopfte auf den Tisch. »Gut mit den oidn Gschichdn.« Sie legte ihre Hand auf Tanjas Schulter. »Nach vorne müssen wir sehen. Mei bin ich froh das mein Bua dich jetzt hat.« Sie grinste. »Du wirst ihm a guts Weib und er dir a gut Mo. Du wirst ihm seine Flausen austreiben, des spür i.« Sie zwinkerte, klatschte sogleich in die Hände. »Wenn erst was Kleines unterwegs ist, dann seid ihr eine richtige Familie. Und dann die Ontonia, wenn dein Tante auf Weltreise geht. Den brauch sie net mehr bei ihrem Vater wohnen. Mei wird des schee.« Franziska stand auf, ergriff ihr Glas und drehte sich wie zum Tanz um ihre Achse.
Tanja zupfte an ihrer Kette. »Franzi ich muss dir auch was sagen.«
Franziska richtet sich auf, lauschte. »Wart«, wisperte sie, hob ihren Zeigefinger. »Da Bua, da Lauscher, den Hias krieg ich auch noch hin«, flüsterte sie.
Sie schlich zur Küchentür, schloss sie lautlos.
Ein paarungswilliges Männchen segelt durch die Nacht auf dem Weg zum Nest des Weibchens. Lange in Zuversicht des Erscheinens, der frohen Botschaft haarte sie aus.
»Mach das Licht aus!«
»Warum?«
»Es soll nicht jeder sehen, dass du da bist.«
Der Mann tippte auf den Lichtschalter, stolperte auf das Bett zu, legte sich zu ihr.
»Las das!«
»Ich dachte?
»Du kannst doch eh nicht. Alles klar mit deiner Tochter?«
»Welcher?«
»Hast du mehrere?«
»Du weißt wie ich das meine. Bei dir ist alles gut gelaufen?«
»Alles nach Plan.«
»Wärme mich. Mir wird kalt!«, erklang die Frauenstimme zittrig. »Ich weiß nicht, ob wir das richtig machen?«
»Schätzchen! Richtig oder falsch! Es ist die einfachste Lösung. Für Sentimentalität gibt es da keinen Platz.«
Er liebkoste ihren Rücke, küsste ihre Schulter.
»Ja! Ja!«, kam es gedehnt über ihre Lippen.
»Hallo! Was machst du da?«
»Wenn du schon bei mir bist«.
»Do liagt wa in meim Bett!«, schrie ein Mädchen.
Sie stand auf dem Flur direkt an der geöffneten Tür ihres Kinderzimmers und deutete auf ihr Bett.
»Schätzchn sei leis«, flüsterte Franziska, die mit ihr zuvor das Obergeschoss bestiegen hatte, schritt sodann auf sie zu. »Des is de Ontonia. Tanjas Tochta«, tuschelte sie, stellte dabei eine Reisetasche neben dem Kind ab.
»Sprich Deutsch mit mir«, wisperte das Mädchen. Ihre Stirn fiel in Falten. »Tanja hat eine Tochter?« Sie kratze sich am Nacken. »Ich dachte, sie hat einen Bruder?«
Franziska stöhnte, verdrehte die Augen. »Hat sie. Der hat an Gripp oder so. Hom mia est gestan erfahrn!«
Das Mädchen stampfte mit einem Fuß auf. »Warum schläft sie in mein Bett?«
Franziska deutete auf Toni, der im Schlaf sich wendete. »Grod de Nochd. I hob für se an Luftmatratze hervorgeholt«, flüsterte sie und legte die rechte Hand auf ihre Schulter.
Alina ballte eine Faust. »Trotzdem ist das mein Zimmer!«
»Sei liab zua ihr. Des Heisl is voi! Und ...«, Franziska atmete durch. »Sie hat es nicht einfach, wusste ned einmal, ob se zur Hochzeit ihr Muada keman durft.« Sie schüttelte ihren Kopf. »Ihr Vater soll a Tyrann sen.« Sie richtete sich auf. »Sagt Stephen!«
Torbens Körper schwankte wie bei Windstärke fünf, obwohl die See glatt vor ihm lag. Er raffte das Segel, damit das Schlingern aufhörte. Ohne Erfolg. Er kämpfte sich zum Ruder vor. Eine Stimme erklang, wie aus dem Nichts. Wer rief ihn? Er war allein auf dem Boot.
»Hey! Hey!«, drang an sein Ohr.
War es der Klabautermann, der ihn warnte? Ihn vor Unheil zu beschützten.
»Hey! Hey!«
Immer hörbarer vernahm er den Ruf. Zunehmend heftiger wühlte die See. Er sah zum Mast. Ein Mädchen mit rundem, sommersprossigen Gesicht, langen rotbraunen Zöpfen, die seitlich an ihrem Kopf baumelten, rief seinen Namen. War das sein Name?
»Antonia aufstehen!«
Er schlug die Augen auf. Düsternis überkam ihm, dann erhellt der Tag seine Netzhaut. Toni sah sich um. Es war nicht in seinem Zimmer, nicht in seiner Koje. Ein Mädchen, dessen Gesicht er im Traum gesehen hatte, saß neben ihm, wippte ausgelassen mit ihrem Hintern.
»Du liegst in meinem Bett!
»Wenn du weiter hüpfst nicht mehr lange.« Er gähnte. »Wie spät ist es?«
Sie spähte zum Fenster und gluckste: »Fast Mittag.«
Er zog seine Mundwinkel hinauf. »Welche Uhrzeit haben wir?«
»Neun!«
Toni tippte an seine Schläfe. »Ist das Mittag?«
Die Arme verschränkt, wandte sie ihren Blick ab. »Habe ja fast gesagt. Kommst wohl aus der Stadt. Bei uns steht man früh auf. Gleich nach dem Gocklenschrei.«
»Gocklenschrei?«
»Hahnenkrähen! Kannst du koa deitsch.«
Toni trocknete sich ab. Die morgendliche Dusche hatte ihm seine Kräfte geweckte. Ein gesicherter Start für den schwersten Törn seines Lebens. Der eine Tag mit der Schwester hatte ihm zugesetzt. Jetzt nahm er die Kampfansage an, vier Tage die Rolle eines braven Mädchens, er verdrehte seine Augen, einer braven Tochter zu spielen.
Warum war er nur so doof gewesen? Hatte dem Reiz nicht widerstanden? Es war nicht das Schicksal, dass ihn gepackt hatte, sondern der Zufall. Die Tante schneiderte und änderte Kleidungsstücke, die sie oft durchwusch.
Toni ergriff den Rucksack, sah hinein. Er starrte auf die Badezimmerwand, gefolgt von einem Blick in den Sack. Er hob ihn an, drehte ihn in alle Richtung. Es war seiner, ohne Frage, und weniger der Inhalt, der ihn verwunderte. Er leerte ihn aus. Vor ihm auf dem Boden lagen Mädchensachen. Er durchwühlte die Garderobe, fasste sich an die Nase, betastete sein Ohrläppchen und schüttelte den Kopf.
Toni schritt auf Alina zu. Sie beschäftigte sich damit, den Inhalt ihrer Reisetasche in ihren Kleiderschrank zu räumen. Ihre Jeans hatte sie durch eine Latzhose getauscht. Dessen rechter loser Träger bei jeder Rotation gegen die Schranktür schlug.
Er zerrte an seinen nassen Haaren. »Hast du einen Föhn für mich?«
Sie verharrte mit einen Stapel Oberwäsche auf der Hand, wandte ihm ihr Gesicht zu. »Der Rock steht dir echt krass.« Sie kicherte. »Krass grün. Könnte mir gefallen, solange«, sie stöhnte, »ich ihn nicht anziehen muss. Ich mag die Dinger nicht. Echt unpraktisch!«
Sie zuckte mit ihrem Kopf. »Antonia komm mit!«, befahl sie und schritt voran. »Die damische Schuluniform nervt mich eh. Weißt, warum de Junga Hosnn drogn dürfa? Echt ätzend!«
Sie gab ihm nicht den Haartrockner. Sie frisierte ihn. Ihr Geschnatter prasselte auf ihn ein und er sann über die Sachen mit dem Rucksack nach.
Das Brummen des Föhnes verstummt. Toni stellte sich, mit dem Gesicht zugewandt, vor den Badezimmerspiegel und strich mit den Fingern durch sein Haar. »Sieht echt scharf aus!«
»Danke. Ich frisierte gern mei Freindinna.« Sie grinste. »Kimmsd zum Friahstück!«
Er nickte. »Ich komme gleich nach.«
Alina hüpfte die Treppe herunter, stieß auf der letzten Stufe mit Tanja zusammen. Mit einem Faustkick beförderte sie diese abwärts, schrie sie an und zeigte ihr einen Vogel. Woraufhin Tanja sie anblaffte, die Finger gespreizt, ihre Hand vorm Gesicht wedelte, dann ihren Kopf in den Nacken warf und das Haus verlies.
Toni tappte durch das Kinderzimmer, stellte den Rucksack ab. Er schlich an Alinas Kleiderschrank, sah sich um und spähte hinein. Hosen, Pullover und T-Shirt lagen, hingen mehr oder weniger ordentlich in ihm. Keinen einzigen Rock geschweige ein Kleid fand er.
Eine stämmige Dame stand am Herd, knetete einen Teig und begrüßte Toni mit einem fröhlichen: »Grüß Gott.«
Franzi mit bürgerlichen Namen Franziska Obermeier, war eine freundliche und mit ihrer mütterlichen Art, beliebte Frau im Dorf. Arrangierte sich im Landfrauenbund sowie im örtlichen Trachtenverein. Mit ein Grund dafür, dass sie die Traditionen der Gegend pflegte, die sie gerne zu schau trug. Ihre Pensionsgäste erwarteten von ihr ein bäuerliches, niederbayrisches Äußeres, weshalb sie meist in Dirndl ihre Arbeit versah. Ihre zu einem Kranz geflochtenen mahagonibraunen Haare unterstrichen dieses Bild.
Sie bat Toni an den mit einem kräftigen Mahl gedeckt Küchentisch. Alina und ihr Vater unterhielten sich. Er gesellte sich zu ihnen, verstand kein Wort in ihrem Dialekt. Die Augen verdrehend haschte er sich ein Brötchen, schnitt es auf, schmiert Marmelade drüber.
Ein alter Mann mit krummen Rücken, gestützt durch einen Gehstock gleichsam einer Frau mit runzeligen Gesicht, faltigen Fingern sowie Armen, schlich in die Küche. Er setzte sich an Tonis Seite, betrachtete ihn mürrisch. Die Begleiterin schritt zu Alinas Mutter und ging ihr wortlos zur Hand.
Ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, stieß Franziska der anderen in die Seite. »Na Voda moang is de Houchzeid dann kannst du di enlich schlafa legn!«
Der Angesprochene stampfte mit dem Krückstock auf den Boden. »Wos sogt meine missratene Brut?«
Toni schaute beide abwechselnd an, spähte zu Alina, wobei Marmelade von seinem Brötchen auf den Tisch tropfte.
»Dei Tochta meint moang is endlich Houchzeid und ‚s werd Zeid fia di des zeidliche zua segna«, mischte sich die andere ein.
Alina verdrehte zuerst ihre Augen, dann rutschte sie auf Toni zu. »Du verstehst kein Wort«, flüsterte sie ihm zu.
Er nickte und stopfte sich das Brötchen in den Mund.
»Meine Großtante sagt, dass meine Mutter meint, ihr Vater, also mein Großvater, könne nach der Hochzeit endlich das seitliche Segnen«, übersetzte sie.
Toni schlug die Augen auf. »Wie meint sie das?«, flüsterte er mit vollen Mund.
Alina zuckte mir ihren Schultern und lauschte.
»Sie soi liaba aufpassn des ihr vadammta Oida sie ned oamoi mid sein bio kram vagifte. I übalebe sie no a boh Joare. I geh grod mitanand mid am Führa des hob i eahm gschwoan«, blubberte es über die Lippen von Alinas Opa.
»Sie soll lieber aufpassen das ihr verdammter Alter, mein Vater, sie nicht einmal mit seinen Bio-Kram vergiftet. Ich überlebe sie noch ein paar Jahre. Ich gehe zusammen mit dem Führer, das habe ich ihm versprochen«, übersetzte sie erneut.
»Drink dei Bier und Guad«, donnerte die Frau zurück, die der Hausherrin half.
»Tante Gerti möchte, dass Opa sein Bier trinkt.«
Toni griff ans sein Ohrläppchen, kniff ein Auge zu. »Das habe ich verstanden«, zischelte er, rückte näher an Alina heran. »Wer ist Tante Gerti?«
»Opas Schwester!«
Gertrud alias Gerti, Franziskas Tante half ihrer Nichte bei der Bewirtung der Gäste. Sie wohnte mit ihrem Bruder Alfons im ehemaligen Gesindehaus, gegenüber des zu einer Pension ausgebauten Bauernhaus. Mit Hingabe pflegte sie Alfons, hatte nie geheiratet, keine Kinder. Obwohl sie sich mühte, war ihr Ansehen im Ort nicht hoch. Ein Umstand, dem sie ihrem Lebenslauf schuldete.
»‘s is Zeid fia des zwoate Friahstück wo san meine Woasswürschd und de Breseln«, polterte widermal aus Gertruds Mund.
Sie schritt auf den Küchentisch zu, hob den Deckel eines Topfes. Sie fischte mehrere Weißwürste aus dem Gefäß, legte sie auf einen Teller. Dann schnappte sie sich eine Brezel, donnerte diese neben das Bierglas, jenes vor dem verschrumpelten Mann stand.
»Do ess und dring aba sei endlich still!«
Valentin, Alinas Vater erhob sich, zischte dem Alten ein paar Flüche entgegen und verließ die Küche.
»Mama, ich gehe zu den Tieren«, zwitscherte Alina und wandte sich an Toni. »Kimmsd mid?«
Franziska rieb ihre mit Mehl bestäubten Finger an ihrer Schürze ab. »I docht, du hilfst beim Bacha?«
Alina pustete ihre Wangen auf und eilte aus der Küche.
Toni stand auf. »Frau Obermeier ich kann ihnen helfen?«
Er wunderte sich selbst über die Frage. Bei der Tante floh er eher aus der Küche. Nur bei der Spekulation, mit Alina den Hof zu erkunden, und Kot besudelte Tiere zu streicheln, blieb er lieber bei den Damen.
Franziska schritt an ihm vorbei zur Zimmertür, packte eine Schürze von einem Haken, drehte sich zu Toni um. »Damit du dein Gewand nicht versaust, und sag Franzi zu mir, Ontonia.«
Mit Genuss knete er den Teig in Aussicht des fertigen Werkes, seinem geliebten Streuselkuchen.
Er schob die erste Komposition in den Ofen, da erschien Tanja in der Küche.
Sie schritt auf ihn zu, umarmte ihn und küsste ihm auf den Mund. »Morgen meine Kleine, machst du dich nützlich?« Die Brauen zusammengezogen, die Stirn gefaltet musterte sie ihn. »Das freut mich!«, grummelte sie.
»Franzi hat mir gezeigt, wie man Streuselkuchen backt«, frohlockte er.
Franziska lächelte ihn an. »Dei Tochta is ma a grouse Hilfe. De werd moi a guade Heislfrau. Do kenn i mi aus.«
Tanja flechte die Zähne, wie ein angriffslustiger Wolf. »Darf ich die Bäckerin kurz entführen? Ich möchte ihr was zeigen.«
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Text in Voll unter Segel
Weiberkram
Franziska wusch ihre Hände an der Schürze ab, marschierte zum Küchentisch, griff einige Gläser.
Tanja band ihren Pferdeschwanz neu, lächelte und ging auf sie zu. »Warte Franzi, ich helfe dir!«
Sie stellte die Trinkgefäße wieder ab. »Schläft sie«, flüsterte Franziska.
»Ja! Setzt dich, ich räume ab.«
Franziska schob ihren Rock an die Beine, setzte sich. »Otonia is a richtig siasss Madl.« Sie grinste. »Grod a bissal frech!«
Tanja kniff ihre Augen zusammen und presste die Lippen aufeinander.
»Pardon!« Franziska zuckte mit den Achseln. »Ich vergesse immer, dass du kein Bayrisch verstehst. Sie ist für ihr Alter ganz schön keck.«
Ein Glas in an ihre Brust gedrückt, spielte Tanja an ihrer Halskette und zog ihren Mund schief. »Sprechen wir von Antonia?«
»Lass die Sachen stehen«, forderte sie Tanja auf, »Das bisschen erledigte ich morgen.«
Franziska fasste eine Weinflasche, hielt den Flaschenhals oberhalb eines Weinglases. »Noch einen Schluck?«.
»Gerne«, entgegnete Tanja und setzte sich an Franziskas Seite. Dann stütze sie ihr Kinn auf und betrachtete sie.
»Eins verstehe ich nicht. Warum ist Anton, dein Ex-Mann, nicht mit ihr gegangen, obwohl sie schwanger war?«
Franziska klopfte auf Tanjas Arm, umklammerte mit der anderen Hand das Weinglas. »Ich habe es dir bereits erzählt«, presste sie hervor. »Er hatte nichts mit ihr. Eifersüchtig wollte er mich machen.« Sie senkte den Kopf. »Alle Mannsbilder waren hinter ihr her. Schen war sie mit ihren langen Rabenhaaren« Franziska grinste. »Die waren gefärbt, das sah man. Aber, sie strahlte was mystisches aus.« Franziska vergrub ihr Kinn in den Händen. Ihre Augen leuchteten. »Sie hatte irgendetwas von einer Zigeunerin. In ihren langen schwingenden Rock, ihrer Bluse, dessen Ärmel sie über die Schulter gezogen hatte. Mei, wie sie tanzte. Barfuß am Lagerfeuer mit den Hüften tänzelnd, wie eine aus dem Orient.«
Sie nahm einen Schluck, kratzte sich am Genick. »Kind, musst verstehen, das waren damals verrückte Zeiten. Überall waren diese jungen Leut, in ihren Lagern. Die Welt wollten sie verbessern. Mei, recht hatten sie.«,Sie wandte ihr Gesicht dem Fenster zu. »Der Olde hätte am liebsten son Raket in den Hof gestellt, um den Bolschewisten es Recht zu zeigen.«
Tanja zog die Augenbrauen zusammen und drehte sich eine Locke ins Haar. »Sie war doch schwanger?«
Franziska schlug auf den Tisch. »Die Leut haben es geredet«, schimpfte sie. »I war schwanger vom Vale. In der Scheun sind wir gewesen. I war gramisch auf den Anton. Hätte mich nie der Gerti anvertrauen sollen. Gut ist sie geworden seit damals. Ich habe ihr Vergeben.« Sie rieb ihre Hände, dabei wandte sie ihr Gesicht ab. »Da war die Geschicht von der Amisha.«
Tanja kniff ein Auge zu. »Amisha?«
Franziska schlingerte den Kopf, den Hals. »So nannte sie sich. Ihren richtigen Namen kannte keiner.« Sie zupfte an ihrem Glas. »Jedenfalls erzählte meine Schwester überall im Dorf, dass sie es mit dem Leibhaftigen in der Kirch auf dem Altar getrieben hätte.«
Tanja speerte den Mund auf. »Und dann?«,
»Mein Vater hat mich gerufen. Was mir einfiele mit dem Knecht, dem Damischen. Hab ihm gesagt, dass sie de Vale beschworen, und sie ihn verdammt hätte mich ebenfalls auf dem Altar. Bleed wa i.«
»Wo bleibt da übahabt.«
»Wer?«
»De Vale. Da woite doch grod weng des Obstlers zum Donau-Hof.«
»Wie?«
»Egal, de kommt bestimmt gleich. Hat sicher irgendeinen Parteibazi getroffen. Das de Mannsbilder immer mit de Politik. Verstehst? I ned.«
»Was ist aus Amisha geworden?«
»Vertrieben hat der Fone sie. Samt ihrer ganzen Gruppn, mit der Schrotflinte aus dem Dorf getrieben« Sie lächelte. »Die Amisha ist dann mit ihrer Freundin nach Indien. Ihr Karma suchen.« Sie rieb mit dem Zeigefinger an der Nase. »a nett‘s Feundin hat’s gehobt.«
Franziska klopfte auf den Tisch. »Gut mit den oidn Gschichdn.« Sie legte ihre Hand auf Tanjas Schulter. »Nach vorne müssen wir sehen. Mei bin ich froh das mein Bua dich jetzt hat.« Sie grinste. »Du wirst ihm a guts Weib und er dir a gut Mo. Du wirst ihm seine Flausen austreiben, des spür i.« Sie zwinkerte, klatschte sogleich in die Hände. »Wenn erst was Kleines unterwegs ist, dann seid ihr eine richtige Familie. Und dann die Ontonia, wenn dein Tante auf Weltreise geht. Den brauch sie net mehr bei ihrem Vater wohnen. Mei wird des schee.« Franziska stand auf, ergriff ihr Glas und drehte sich wie zum Tanz um ihre Achse.
Tanja zupfte an ihrer Kette. »Franzi ich muss dir auch was sagen.«
Franziska richtet sich auf, lauschte. »Wart«, wisperte sie, hob ihren Zeigefinger. »Da Bua, da Lauscher, den Hias krieg ich auch noch hin«, flüsterte sie.
Sie schlich zur Küchentür, schloss sie lautlos.
Nestbau
Ein paarungswilliges Männchen segelt durch die Nacht auf dem Weg zum Nest des Weibchens. Lange in Zuversicht des Erscheinens, der frohen Botschaft haarte sie aus.
»Mach das Licht aus!«
»Warum?«
»Es soll nicht jeder sehen, dass du da bist.«
Der Mann tippte auf den Lichtschalter, stolperte auf das Bett zu, legte sich zu ihr.
»Las das!«
»Ich dachte?
»Du kannst doch eh nicht. Alles klar mit deiner Tochter?«
»Welcher?«
»Hast du mehrere?«
»Du weißt wie ich das meine. Bei dir ist alles gut gelaufen?«
»Alles nach Plan.«
»Wärme mich. Mir wird kalt!«, erklang die Frauenstimme zittrig. »Ich weiß nicht, ob wir das richtig machen?«
»Schätzchen! Richtig oder falsch! Es ist die einfachste Lösung. Für Sentimentalität gibt es da keinen Platz.«
Er liebkoste ihren Rücke, küsste ihre Schulter.
»Ja! Ja!«, kam es gedehnt über ihre Lippen.
»Hallo! Was machst du da?«
»Wenn du schon bei mir bist«.
Klabautermann
»Do liagt wa in meim Bett!«, schrie ein Mädchen.
Sie stand auf dem Flur direkt an der geöffneten Tür ihres Kinderzimmers und deutete auf ihr Bett.
»Schätzchn sei leis«, flüsterte Franziska, die mit ihr zuvor das Obergeschoss bestiegen hatte, schritt sodann auf sie zu. »Des is de Ontonia. Tanjas Tochta«, tuschelte sie, stellte dabei eine Reisetasche neben dem Kind ab.
»Sprich Deutsch mit mir«, wisperte das Mädchen. Ihre Stirn fiel in Falten. »Tanja hat eine Tochter?« Sie kratze sich am Nacken. »Ich dachte, sie hat einen Bruder?«
Franziska stöhnte, verdrehte die Augen. »Hat sie. Der hat an Gripp oder so. Hom mia est gestan erfahrn!«
Das Mädchen stampfte mit einem Fuß auf. »Warum schläft sie in mein Bett?«
Franziska deutete auf Toni, der im Schlaf sich wendete. »Grod de Nochd. I hob für se an Luftmatratze hervorgeholt«, flüsterte sie und legte die rechte Hand auf ihre Schulter.
Alina ballte eine Faust. »Trotzdem ist das mein Zimmer!«
»Sei liab zua ihr. Des Heisl is voi! Und ...«, Franziska atmete durch. »Sie hat es nicht einfach, wusste ned einmal, ob se zur Hochzeit ihr Muada keman durft.« Sie schüttelte ihren Kopf. »Ihr Vater soll a Tyrann sen.« Sie richtete sich auf. »Sagt Stephen!«
Torbens Körper schwankte wie bei Windstärke fünf, obwohl die See glatt vor ihm lag. Er raffte das Segel, damit das Schlingern aufhörte. Ohne Erfolg. Er kämpfte sich zum Ruder vor. Eine Stimme erklang, wie aus dem Nichts. Wer rief ihn? Er war allein auf dem Boot.
»Hey! Hey!«, drang an sein Ohr.
War es der Klabautermann, der ihn warnte? Ihn vor Unheil zu beschützten.
»Hey! Hey!«
Immer hörbarer vernahm er den Ruf. Zunehmend heftiger wühlte die See. Er sah zum Mast. Ein Mädchen mit rundem, sommersprossigen Gesicht, langen rotbraunen Zöpfen, die seitlich an ihrem Kopf baumelten, rief seinen Namen. War das sein Name?
»Antonia aufstehen!«
Er schlug die Augen auf. Düsternis überkam ihm, dann erhellt der Tag seine Netzhaut. Toni sah sich um. Es war nicht in seinem Zimmer, nicht in seiner Koje. Ein Mädchen, dessen Gesicht er im Traum gesehen hatte, saß neben ihm, wippte ausgelassen mit ihrem Hintern.
»Du liegst in meinem Bett!
»Wenn du weiter hüpfst nicht mehr lange.« Er gähnte. »Wie spät ist es?«
Sie spähte zum Fenster und gluckste: »Fast Mittag.«
Er zog seine Mundwinkel hinauf. »Welche Uhrzeit haben wir?«
»Neun!«
Toni tippte an seine Schläfe. »Ist das Mittag?«
Die Arme verschränkt, wandte sie ihren Blick ab. »Habe ja fast gesagt. Kommst wohl aus der Stadt. Bei uns steht man früh auf. Gleich nach dem Gocklenschrei.«
»Gocklenschrei?«
»Hahnenkrähen! Kannst du koa deitsch.«
Toni trocknete sich ab. Die morgendliche Dusche hatte ihm seine Kräfte geweckte. Ein gesicherter Start für den schwersten Törn seines Lebens. Der eine Tag mit der Schwester hatte ihm zugesetzt. Jetzt nahm er die Kampfansage an, vier Tage die Rolle eines braven Mädchens, er verdrehte seine Augen, einer braven Tochter zu spielen.
Warum war er nur so doof gewesen? Hatte dem Reiz nicht widerstanden? Es war nicht das Schicksal, dass ihn gepackt hatte, sondern der Zufall. Die Tante schneiderte und änderte Kleidungsstücke, die sie oft durchwusch.
Toni ergriff den Rucksack, sah hinein. Er starrte auf die Badezimmerwand, gefolgt von einem Blick in den Sack. Er hob ihn an, drehte ihn in alle Richtung. Es war seiner, ohne Frage, und weniger der Inhalt, der ihn verwunderte. Er leerte ihn aus. Vor ihm auf dem Boden lagen Mädchensachen. Er durchwühlte die Garderobe, fasste sich an die Nase, betastete sein Ohrläppchen und schüttelte den Kopf.
Toni schritt auf Alina zu. Sie beschäftigte sich damit, den Inhalt ihrer Reisetasche in ihren Kleiderschrank zu räumen. Ihre Jeans hatte sie durch eine Latzhose getauscht. Dessen rechter loser Träger bei jeder Rotation gegen die Schranktür schlug.
Er zerrte an seinen nassen Haaren. »Hast du einen Föhn für mich?«
Sie verharrte mit einen Stapel Oberwäsche auf der Hand, wandte ihm ihr Gesicht zu. »Der Rock steht dir echt krass.« Sie kicherte. »Krass grün. Könnte mir gefallen, solange«, sie stöhnte, »ich ihn nicht anziehen muss. Ich mag die Dinger nicht. Echt unpraktisch!«
Sie zuckte mit ihrem Kopf. »Antonia komm mit!«, befahl sie und schritt voran. »Die damische Schuluniform nervt mich eh. Weißt, warum de Junga Hosnn drogn dürfa? Echt ätzend!«
Sie gab ihm nicht den Haartrockner. Sie frisierte ihn. Ihr Geschnatter prasselte auf ihn ein und er sann über die Sachen mit dem Rucksack nach.
Das Brummen des Föhnes verstummt. Toni stellte sich, mit dem Gesicht zugewandt, vor den Badezimmerspiegel und strich mit den Fingern durch sein Haar. »Sieht echt scharf aus!«
»Danke. Ich frisierte gern mei Freindinna.« Sie grinste. »Kimmsd zum Friahstück!«
Er nickte. »Ich komme gleich nach.«
Alina hüpfte die Treppe herunter, stieß auf der letzten Stufe mit Tanja zusammen. Mit einem Faustkick beförderte sie diese abwärts, schrie sie an und zeigte ihr einen Vogel. Woraufhin Tanja sie anblaffte, die Finger gespreizt, ihre Hand vorm Gesicht wedelte, dann ihren Kopf in den Nacken warf und das Haus verlies.
Toni tappte durch das Kinderzimmer, stellte den Rucksack ab. Er schlich an Alinas Kleiderschrank, sah sich um und spähte hinein. Hosen, Pullover und T-Shirt lagen, hingen mehr oder weniger ordentlich in ihm. Keinen einzigen Rock geschweige ein Kleid fand er.
Eine stämmige Dame stand am Herd, knetete einen Teig und begrüßte Toni mit einem fröhlichen: »Grüß Gott.«
Franzi mit bürgerlichen Namen Franziska Obermeier, war eine freundliche und mit ihrer mütterlichen Art, beliebte Frau im Dorf. Arrangierte sich im Landfrauenbund sowie im örtlichen Trachtenverein. Mit ein Grund dafür, dass sie die Traditionen der Gegend pflegte, die sie gerne zu schau trug. Ihre Pensionsgäste erwarteten von ihr ein bäuerliches, niederbayrisches Äußeres, weshalb sie meist in Dirndl ihre Arbeit versah. Ihre zu einem Kranz geflochtenen mahagonibraunen Haare unterstrichen dieses Bild.
Sie bat Toni an den mit einem kräftigen Mahl gedeckt Küchentisch. Alina und ihr Vater unterhielten sich. Er gesellte sich zu ihnen, verstand kein Wort in ihrem Dialekt. Die Augen verdrehend haschte er sich ein Brötchen, schnitt es auf, schmiert Marmelade drüber.
Ein alter Mann mit krummen Rücken, gestützt durch einen Gehstock gleichsam einer Frau mit runzeligen Gesicht, faltigen Fingern sowie Armen, schlich in die Küche. Er setzte sich an Tonis Seite, betrachtete ihn mürrisch. Die Begleiterin schritt zu Alinas Mutter und ging ihr wortlos zur Hand.
Ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, stieß Franziska der anderen in die Seite. »Na Voda moang is de Houchzeid dann kannst du di enlich schlafa legn!«
Der Angesprochene stampfte mit dem Krückstock auf den Boden. »Wos sogt meine missratene Brut?«
Toni schaute beide abwechselnd an, spähte zu Alina, wobei Marmelade von seinem Brötchen auf den Tisch tropfte.
»Dei Tochta meint moang is endlich Houchzeid und ‚s werd Zeid fia di des zeidliche zua segna«, mischte sich die andere ein.
Alina verdrehte zuerst ihre Augen, dann rutschte sie auf Toni zu. »Du verstehst kein Wort«, flüsterte sie ihm zu.
Er nickte und stopfte sich das Brötchen in den Mund.
»Meine Großtante sagt, dass meine Mutter meint, ihr Vater, also mein Großvater, könne nach der Hochzeit endlich das seitliche Segnen«, übersetzte sie.
Toni schlug die Augen auf. »Wie meint sie das?«, flüsterte er mit vollen Mund.
Alina zuckte mir ihren Schultern und lauschte.
»Sie soi liaba aufpassn des ihr vadammta Oida sie ned oamoi mid sein bio kram vagifte. I übalebe sie no a boh Joare. I geh grod mitanand mid am Führa des hob i eahm gschwoan«, blubberte es über die Lippen von Alinas Opa.
»Sie soll lieber aufpassen das ihr verdammter Alter, mein Vater, sie nicht einmal mit seinen Bio-Kram vergiftet. Ich überlebe sie noch ein paar Jahre. Ich gehe zusammen mit dem Führer, das habe ich ihm versprochen«, übersetzte sie erneut.
»Drink dei Bier und Guad«, donnerte die Frau zurück, die der Hausherrin half.
»Tante Gerti möchte, dass Opa sein Bier trinkt.«
Toni griff ans sein Ohrläppchen, kniff ein Auge zu. »Das habe ich verstanden«, zischelte er, rückte näher an Alina heran. »Wer ist Tante Gerti?«
»Opas Schwester!«
Gertrud alias Gerti, Franziskas Tante half ihrer Nichte bei der Bewirtung der Gäste. Sie wohnte mit ihrem Bruder Alfons im ehemaligen Gesindehaus, gegenüber des zu einer Pension ausgebauten Bauernhaus. Mit Hingabe pflegte sie Alfons, hatte nie geheiratet, keine Kinder. Obwohl sie sich mühte, war ihr Ansehen im Ort nicht hoch. Ein Umstand, dem sie ihrem Lebenslauf schuldete.
»‘s is Zeid fia des zwoate Friahstück wo san meine Woasswürschd und de Breseln«, polterte widermal aus Gertruds Mund.
Sie schritt auf den Küchentisch zu, hob den Deckel eines Topfes. Sie fischte mehrere Weißwürste aus dem Gefäß, legte sie auf einen Teller. Dann schnappte sie sich eine Brezel, donnerte diese neben das Bierglas, jenes vor dem verschrumpelten Mann stand.
»Do ess und dring aba sei endlich still!«
Valentin, Alinas Vater erhob sich, zischte dem Alten ein paar Flüche entgegen und verließ die Küche.
»Mama, ich gehe zu den Tieren«, zwitscherte Alina und wandte sich an Toni. »Kimmsd mid?«
Franziska rieb ihre mit Mehl bestäubten Finger an ihrer Schürze ab. »I docht, du hilfst beim Bacha?«
Alina pustete ihre Wangen auf und eilte aus der Küche.
Toni stand auf. »Frau Obermeier ich kann ihnen helfen?«
Er wunderte sich selbst über die Frage. Bei der Tante floh er eher aus der Küche. Nur bei der Spekulation, mit Alina den Hof zu erkunden, und Kot besudelte Tiere zu streicheln, blieb er lieber bei den Damen.
Franziska schritt an ihm vorbei zur Zimmertür, packte eine Schürze von einem Haken, drehte sich zu Toni um. »Damit du dein Gewand nicht versaust, und sag Franzi zu mir, Ontonia.«
Mit Genuss knete er den Teig in Aussicht des fertigen Werkes, seinem geliebten Streuselkuchen.
Er schob die erste Komposition in den Ofen, da erschien Tanja in der Küche.
Sie schritt auf ihn zu, umarmte ihn und küsste ihm auf den Mund. »Morgen meine Kleine, machst du dich nützlich?« Die Brauen zusammengezogen, die Stirn gefaltet musterte sie ihn. »Das freut mich!«, grummelte sie.
»Franzi hat mir gezeigt, wie man Streuselkuchen backt«, frohlockte er.
Franziska lächelte ihn an. »Dei Tochta is ma a grouse Hilfe. De werd moi a guade Heislfrau. Do kenn i mi aus.«
Tanja flechte die Zähne, wie ein angriffslustiger Wolf. »Darf ich die Bäckerin kurz entführen? Ich möchte ihr was zeigen.«
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