Flucht über die Nordsee 64. Verkauft nach Sibirien

ahorn

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Nach Sibirien verkauft
Er klopfte mit dem Zeigefinger in seine hohle Hand. Genug hatte er gesehen, sich erfreut an dem Schauspiel, was sie ihm geboten hatte. Es war eine sie, egal ob ihre Chromosomen männlich waren. An ihr gespieltes Verlangen, die Inbrunst, die Ektase, die sie vorgaukelte, ergötzten sich die anderen. Denn er sah in ihre Seele, die Augen, die ihm die Angst verrieten, die Scham der Unterwürfigkeit ihm widerspiegelten, den Verlust ihrer Freiheit ihm zeigte.
Er ließ den Blick schweifen, musterte die Frauen in ihren hautengen Uniformen. Die Sklavinnen in ihren geschnürten Korsagen, die ihre Brüste hoben, aber nicht verbargen, stöckelten auf ihren zu hohen Schuhen zu den Tischen. Dann unverhohlen den sabbernden Männern ihre mit Spitze besetzten Strapse, die ihre Stümpfe hielten, darboten. Sie priesen den Herren den überteuerten Schaumwein und ihre geschundenen Körper an.

Er schloss den Spalt im Vorhang und schritt durch den in rotes Licht getauchten Gang. Es war das Tier in ihm gewesen, das Wesen, das von ihm Besitz nahm, wenn er in die Enge getrieben wurde. Es hatte von ihm verlangt, sie zu demütigen, sie auf offenen Bühne zu vergewaltigen. Nicht von eigener Hand, das konnte die Gestalt, eingeschlossen in seinem Körper, nicht, soweit ihn zu bemächtigen war sie nicht imstande. Er verabscheute jeglicher Art von Gewalt. Er verzog sein Kinn, als wäre es in der Lage, die dunkle Macht für immer zu vertreiben.
Die linke Hand drückte die Sonnenbrille auf seine Nase, derweil die andere den Knauf der Tür, auf der ‚PRIVAT‘ geschrieben stand, umfasste.

Ommo spielte mit der Goldkette, die wie eine Trophäe auf seiner behaarten Brust ruhte und wies ihm mit einem Zwinkern den Weg. Die Lippen zu einem kurzen Lächeln verzogen, versteckte er sich am Ende des samtigen Vorhangs, der die Bühne von de Ruiter Reich trennte und drückte sein Gesäß an die Wand.

Das andere Ende des Vorhanges schwang auf. Der junge athletische Mann, der die Frau, die sich Tinette nannte, auf der Bühne genommen hatte, stolperte unter heftigen Schlägen des Opfers ins Büro.
»Du Arsch, du elendiger Mistkerl!« Jerimo wandte sich ihr zu. »Du solltest«, sie ergriff sein Glied, als könnte sie es abreißen, »deinen Schwanz an meiner Pussy reiben und nicht ...« Ihre Hand traf seine Wange.
Ommo schob seinen Chefsessel zurück, stand auf, erfasste einen seidigen cremefarbenen Morgenmantel und schritt, mit einem Grinsen auf den Lippen, zu ihr und lugte hinter den Vorhang. »Ich weiß nicht, was du hast, die Kunden sind begeistert, alle Mädchen versorgt.« Er wandte sich zu Tinette. »Das wolltest du doch.«
Sie schnappte sich den Morgenmantel und verhüllte ihren nackten Körper.
Der Klubbetreiben schritt zurück zu seinem Schreibtisch. »Spaß gemacht hat es dir aber. Richtig in Ektase bist du gefallen«, lobte er, dabei lüftete er sein weißes weitaufgeknüpftes Hemd und fiel auf den Bürostuhl. »Ich weiß, was dir Freude bereitet.«
Sie marschierte zum Schreibtisch, schnappte sich Kleenex aus einer Box. »Er hätte zumindest auf die Bühne wichsen können«, erboste sie sich, schnaufte wie ein Walross und glitt mit den Tüchern über ihren Schritt.

Wie vulgär sie sich benahm, dachte er. Bei ihm auf Etepetete, feine Dame spielen. Hier zeigte sie ihr wahres Gesicht. Er bereute nichts, pflichtete seinem dunklen Ich bei.

Ommo steckte die Hand unter seinen Hosenbund, zog sie heraus und leckte seinen Zeigefinger ab. »War der Höhepunkt.« Er lachte.
Sie schritt um den Bürotisch, stellte sich hinter de Ruiter, vergrub ihre Finger unter seinem Hemd und blickte, dabei warf sie ihre Haare über die Schulter, zu Jerimo, der wie ein erwischtes Schulmädchen seine Scham bedeckte.
»Hast recht so schlecht war der Kleine nicht.« Sie grinste, obwohl ihre Augen die Erniedrigung widerspiegelten. »Ausbaufähig!«

Ommo strich über ihre Hände. »Genau, das mein ich auch. Ab heute jeden Abend!«
Sie blähte ihre Wangen, riss die Augen auf. Ommo drehte sich mit dem Stuhl, zerrte sich dabei aus ihrer Umarmung, schnappte einen Schlüssel und warf ihn Jerimo entgegen. »Zimmer Fünf«, befahl er.
Der Junge fing den Zimmerschlüssel, verließ das Büro durch eine Hintertür.
Die die sich Tinette nannte, schob ihr Gesäß auf die Tischplatte, woraufhin ihr Mantel aufglitt. »Oh! Du hast dazugelernt. Potenziale heben.«


»Na ja! Ich tue, was ich kann.« Ommo strich ihr über ihren Schenkel, beugte sich herab und öffnete eine Schublade. »Für dich!«
Sie nahm die Walter THP entgegen, stopfte sie in die Morgenmanteltasche. »Geht doch!«

Er traute seinen Augen nicht. Was tat der Freund? Er durfte ihr keine Pistole geben. Egal, ob groß oder klein, tödlich auf jedem Fall. Hatte er die Seiten gewechselt? Stand er ihr bei? Eifersucht überkam ihm. Der Drang, das Versteck zu verlassen, ihm dem Freund eine rein zu knallen, überwältigte ihn. Dennoch verharrte er.

Ommo drehte erneut mit seinem Stuhl, ergriff einen zweiten Schlüssel, schmetterte ihn auf den Schreibtisch. »Die Drei!«
Tinette trat in gegen sein Bein. »Spinnst!«
Er lachte. »Vertrag ist Vertrag. Potenziale heben!« – » Pjotr!«

Ein Kerl wie ein Schrank stürmte ins Büro. Auf einen Wink de Ruiters packte das Muskelpaket die Tänzerin am Genick, zerrte sie zur Hintertür.
Ommo riss ihr den Morgenmantel vom Leib. »Und immer schön die Beine breit«, gab er ihr als Tipp mit auf den Weg und hielt sich den Bierbauch vor Lachen.

Nachdem das Türblatt hinter Pjotr in seine Laibung schlug, stürmte er aus dem Versteck und zeigte zur Hintertür. »Was soll das?«

Sie demütigen, erniedrigen war grausam. Er hatte eine Grenze überschritten, aber sie gewaltsam auf den Strich schicken, weder seine, noch - so dachte er immer - die Art des Freundes.

»Setz dich!«, befahl Ommo.
Er kam der Aufforderung nach. Hob den Morgenmantel auf, angelte die Pistole aus der Tasche, steckte sie in seinen Strumpf und hing das seidige Gewand über die Stuhllehne.
»Du hast mir das Kuckucksei ins Nest gelegt.« Ommo wies zum Vorhang. »Warum glaubst du, habe ich meinen Laden renoviert?«
Er griff an die Sonnenbrille, zog die Mundwinkel herunter und hob die Schultern.
»Kleinholz haben sie daraus gemacht!« De Ruiters beugte seinen Oberkörper vor. »Dann kam sie. Sie hätte einen Investor.« – »Sag nichts!« – »Ich stecke mein sauer verdientes Geld nicht in ein Geschäft, das nicht mehr läuft« – »Die fahren alle nach Deutschland.« – »Alle vierzehn Tage machte sie ihren Archwackeltanz und kassierte ab. Den Laden übernehmen!« – »Verstehst!«

Er verstand nicht. Dass sein Freund von einer Bande Schutzgelderpresser überfallen wurde nichts Außergewöhnliches in der Branche. Daher ging er davon aus, dass Ommo nicht das erste Mal betroffen war. Geläutet hatten des Öfteren die Glocken. Spekulationen! Aber sie! Abgründe taten sich vor ihm auf. Erneut ergriff ihm das Gefühl, das Richtige getan zu haben.

»Schau der Höhepunkt«, warf ihn Ommo aus den Gedanken und drehte seinen Bildschirm derart, dass beide das Schauspiel betrachten konnten.
»Du zeichnest auf, was in deinen Zimmern geschieht.«
De Ruiters zuckte mit dem Kopf. »Ihre Idee! Mehr herausholen«. Er streckte die Zunge heraus und fischte eine Zigarre aus einer Holzkiste, die er sich zwischen die Lippen klemmte.
»Erpressung!«
»Interessiert mich nicht«, nuschelte Ommo. »Heute wollte sie die ersten Bänder. Konnte es mit der Spritze rauszögern, sonst wäre sie gleich abgehauen.« Er biss die Spitze der Zigarre ab. »Vor der Vorstellung!« Er klopfte auf den Bildschirm. »Entschuldige wegen der schlechten Qualität. Man weiß nie, in welche Hände es kommt.«

Ein Mann, wie Pjotrs Zwillingsbruder, schritt gleich John Wayne in El Dorado durch Bild. »Igor!«
»Du kennst Igors Bullterrier?« Ommo schlug gegen seine Stirn. »Ach ja! Du warst es!« Er zündete die Zigarre an, blies eine blaue Wolke durchs Zimmer. »Seitdem braucht er sich keine Gedanken mehr über Familienplanung zu machen.«

Dabei hatte er auf seine Waden gezielt, wollte ihn nur daran hindern zu fliehen. Wie oft hatte ihn Wouters ermahnt auf den Schießstand zu gehen, aber die Zeit ließ es nicht zu.

Das Blatt der Zimmertür knallte gegen die Wand. Die nackte Frau katapultiert von Pjotrs Pranken stürzte vor dem Bullterrier zu Boden, der seinen Handrücken an ihre Wange schmetterte. Er erfasste ihren Oberarm zerrte sie auf das Bett. Sie warf ihren Kopf zur Seite, strampelte mit den Beinen, zuckte mit den Schulterblättern, die er mit seinen Knien bändigte.
Ein untersetzter Mann erschien, öffnete seinen Gürtel und das Tier auf ihren Schultern, spreizte ihre Schenkel.

»Das reicht!« Ommo schaltete den Bildschirm ab. »Ich kann Gewalt nicht ausstehen.«
Er hob die Schulterblätter. »Was hast du mit Igor zu schaffen?«
Vor ein paar Wimpernschlägen sah er wie die Ex-Freundin von zwei Ganoven missbraucht, wie sie es nannten, eingeritten wurde, da machte er sich sorgen um Ommo – richtige Freundschaft gab es eh nur zwischen Männern. Igor war das Letzte, die tiefste Stufe im Rotlicht-Milieu. Er kratzte den letzten Rest zusammen. Zwei Bedienungen stellte er an seine Pferdchen, er schüttelte den Kopf, ein widerlicher Ausdruck für das, was sie tun mussten, eine Frau sein – zumindest ein weibliches Geschlechtsteil – und den Preis nennen. Den Rest füllte er mit Importware auf. Immerhin war er Kaufmann – Importeur für russische Spezialitäten. Nie konnte man ihm was nachweisen. Nicht einmal dann, das kam vor, wenn seine Ware eigenständig das bewachte Lager verließ.
Er kratzte sich am Kinn. »Ist Igor nicht in Hamburg?«
Ommo blies eine Wolke hervor und legte die Füße auf den Tisch. »Juist! Macht jetzt auf Export. Ich hatte was gut bei ihm!«

Welcher Art Schulden Igor bei Ommo hatte, wollte er nicht wissen. »Wie Export?«
De Ruiters platzierte eine quadratische Flasche, auf dem ein Mann im roten Rock und Zylinder vergnügt Schritt auf den Schreibtisch. »Hat einen Oligarchen aufgetan, macht auf Öl und Gas.« Der Verschluss knackte, derweil stellte Ommo zwei Gläser parat. »Die Damen, die er importierte, exportiert er jetzt«, die goldbraune Flüssigkeit rann in die Trinkgefäße, »Nein!« Er erhob den Zeigefinger, verteilte die Trinkgläser. »Vermietet sie an Bohrplattformen.« – » Eher an den Typen, der die Frauen als Sozialleistung den Männern zu Verfügung stellt.« Er schwang sein Glas. »Prost!«

Ommo griff in seine Hemdentasche, warf zwei Geldscheine auf den Tisch. »Mehr war sie nicht Wert!«, erklärte er und nahm einen Schluck. »Einmal besaufen!«
Sein Gegenüber ergriff sein Glas und stieß an. »Dann versaufen wir ihn.«
»Ihn?«

Er verdrehte die Augen. »Sie war ein Mann!«
»Und?«, konterte Ommo. Er schlug an seine Stirn. »Ich versteh! Deshalb?« – »Du pimperst sie, dann erzählt sie dir, dass sie als Mann besser war!«

Auf die Idee war er kurz gekommen, aber bei ihm lag es anders. Seine Wut beschränkte sich einzig und allein darauf, dass sie sich als Tanja ausgegeben hatte. Zumindest es nicht aufgeklärt hatte, nachdem er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Kopuliert hatten sie nie, nur Oral oder ... er bewegte seine Finger. Sie sei noch nicht reif, hatte sie jedes Mal ihm zugeflüstert oder kurz vorher musste sie dringend los, hatte Kopfschmerzen, ihre Tage.

Ommo lachte. »Also ich habe keinen Unterschied bemerkt.«
»Hast du mir ihr?«
De Ruiters tippte an seine Schläfe. »Mit der nicht! Mit Ayleen.«
»Ayleen?«
»Hast du das nicht gewusst?«
»Was!«
»Ayleen war nicht immer eine Frau.«
Er blähte seine Wangen, sah Ommo mit aufgerissenen Augen an und schüttete sich einen schluck Whiskey in den Mund.
»Sie hat vor ein paar Jahren als Barmann für mich gearbeitet. Die Mädchen haben ihm vorgeschwärmt, wie viel sie an einem Abend verdienen.« – »Dann kam er nach einem halben Jahr zurück. Als Ayleen!«
Er schüttelte den Kopf. »Ach! Was erzählst du. Das geht gar nicht. Psychologische Gutachten, Auflagen das dauert Jahre bis aus ...«
Ommo grinste. »Aber nicht in Thailand« Er rieb den Daumen am Zeigefinger. »Investition hatte er es genannt.« Er klemmte den rechten Daumen zwischen Ring- und Zeigefinger. »War mit seiner Freundin rüber. Offiziell heißt er weiterhin Jonas.«
»Freundin?«
»Du meinst!« – »Ne! Schwul war er nicht – eher das Gegenteil. Sagte dir gerade ein Investment. Meine Mädchen lassen sich die Brüste aufpumpen und er ...« Ommo fuhr mit der Hand über den Schritt, dabei bewegte er seine Finger wie eine Schere und spülte Whiskey in seine Kehle. »Nicht das erste Mal, dafür freiwillig«, brummelte er fast unhörbar ins Glas.

Er würgte. Nicht, weil er einmal mit Ayleen ... das Geschäft widerte ihn an. Dass Frauen, des Geldes wegen, ihren Laib verkauften, diesen dafür manipulierten. Aber Männer?

Ommo schenkte nach, stieß mit seinem Glas an das des Gastes. »Mal ehrlich! Hast du es nicht gewusst?« Er klopfte mit der Zunge gegen die Innenwand seiner Wange. »Ihr wart sehr eng miteinander. Ein guter Fang für sie. Bist ja nicht Arm.« – »Also ich für mein Teil«, er wies durch das Büro, »musste schwer schuften - nicht nur zum Hobby.«
Er klopfte an seine Sonnenbrille. »Mir zu jung das Ding. War mir schnell klar, dass sie an mein Erbe wollte«, log er.
Sie hatte ihn verlassen, weil er von ihr verlangte, nicht mehr anschaffen zu gehen. Er war nie ein guter Missionar.

»Jetzt hat sie ihren Traumprinz, sogar«, Ommo griff an seine Brust, »zwei Rippen hat sie sich entfernen lassen. Der Typ steht auf Burlesque wie«, er klopfte auf die Geldscheine. »Investition!«
Ommo nahm einen Schluck. »So ein reicher Fatzke aus Norddeutschland.« Er verschränkte die Arme am Genick. »Sie war letztens hier. Wenn sie ihre Papiere hat, läuten die Hochzeitsglocken.« Er grinste. »Kriegst bestimmt eine Einladung. Solange arbeitete sie freischaffend, aber nur mit Frauen.« – »Sie steht halt auf Titten!«

Pjotr stampfte durchs Büro. »Wa-re-packt«, grummelte er in seiner einsilbigen Sprache und verließ den Raum.

Bei dem Anblick kam ihm wieder Igors Männer in den Sinn und warum sie im Club waren. Es gab Gruppen im Milieu, die verstanden keinen Spaß. Erst recht nicht, wenn ein Kunde Mitglieder der Führungsebene beseitigte. Und das musste sie gewesen sein. Frauen galten für sie nichts, keine Menschen eher Sklaven. Es sei denn, die ganz oben waren weiblichen Geschlechts.

»Was hast du vor zu unternehmen?«
Ommo zog den linken Mundwinkel empor, sein Goldzahn blinkte. »Weswegen?«
»Die Schutzgeldmafia!«
Tief einatmend tippte de Ruiters auf seine goldene Markenuhr. »In zwei Stunden und zehn Minuten gebe ich den Schlüssel ab.«
»Wie?«
Der Clubbesitzer kräuselte die Stirn. »Ich habe den Laden verkauft.«Er rieb die Lippen. »Verschenkt mit allem Drum und Dran inklusive Verbindlichkeiten«, trällerte er. »Diese Sache mit der Tinette eher ein Abschiedsgeschenk.«
»An wen?«
»Pjotr! Sollen die Russen sich gegenzeitig totschlagen.«

Die Hintertür glitt auf, Jerimo glitt durch den Spalt, schlich, vollständig bekleidet, zum Schreibtisch und übergab Ommo den Zimmerschlüssel.

»Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«, fuhr ihn de Ruiters an.
»Ich habe mich mit Ayleen unterhalten«, entschuldigte er sich und verdeckte seine Lippen. »Ups!«
»Ayleen ist hier?«
»Wegen der …«Erneut versuchte er seine Worte, zurück in den Mund zu schieben.
Ommo senkte den Kopf und sah ihn an. »Jerimo!«
»Du weißt, dass ich keine Geheimnisse behalten kann«, wisperte Jerimo. »Die Mädels und ich habe eine kleine Party für dich in ‚De Rode Tulp‘ vorbereitet«Er grinste. »Sind alle da.«

Er wies zum Vorhang. »Und wer?«
»Frag Pjotr«, blies Ommo in sein Glas. »Ich habe allen Mädchen einen seriösen Beruf vermittelt. Du hast immer Recht gehabt.«Er schlug auf den Schreibtisch. »Prostitution verbitten das einzige Mittel.«
»Außer Chantal«, warf Jerimo ein.
»Na ja, sie ist unverbesserlich!«
»Und …«, setzte sein gegenüber ein.
»Schnauze«, harschte de Ruiters.

Er kratze sich hinterm Ohr, strich mit den Fingerspitzen über die Sonnenbrille. »Wie lange kennen wir uns?«
De Ruiters wandte seinen Oberkörper, tippte auf den Wandkalender. »Fast auf den Tag vor zwölf Jahre. Ich erinnere mich genau an diesen Tag, wie deine Band meinen Laden demolierte.« Er schwang zurück. »Hatte gerade aufgemacht.« - »Ein einfacher Klub mit erotischen Theatervorführung, nicht einmal Zimmer hatte ich damals.«
»Stimmt! Meine letzte Großrazzia bei der Sitte.« Er pochte auf den Schreibtisch. »Aber entschuldigt, habe ich mich gleich am nächsten Tag bei dir.«
»Bist halt ein Netter«, lobte Ommo. »Deiner Medusa hast du bis jetzt nur die Schlangenhaare frisiert.«
»Genau! Bis jetzt!«Er presste den Zeigefinger gegen den Daumen. »Ganz dich bin ich dran.«Das Gesicht verzogen, strich er mit der Handkante über seinen Hals. »Kopf ab!«
»Dann passe auf das du ihr nicht in die Augen schaust«, hauchte Ommo. Es klang wie eine Warnung.
Er hob die Sonnenbrille. »Bin gerüstet!«
»Im Stechen bin ich besser!«, blinzelte de Ruiters.

Ommo stand auf und schlug seinem Freund auf die Schulter. »Komm las uns zur Party!«
»Aber!«, stotterte Jerimo.
De Ruiters stieß ihn in die Rippen. »Dann fangen wir eher an!« Er ergriff die Geldscheine und stopfte sie seinen Freund in die Hemdtasche. »Die Tinnette versaufen wir ein anderes Mal.«

Der Eingeladene stemmte sich hoch. »Neue Pläne – beruflich!«
»Privatier«, antwortete Ommo. »Die Koffer sind gepackt. Ab an die Cote-Azur!«
»Mit deiner neuen Freundin?«
De Ruiters steckte das Hemd in seine Hose. »Meiner Zukünftigen! Den Hafen der Ehe ansteuern!«
»Wie heißt deine Auserkorene?«
»Janet – steiler Zahn! Habe sie in München auf dem Bahnhofsparkplatz kennengelernt, hatte sich ihr Strumpfhöschen aufgerissen. Konnte sie so nicht mit dem Zug fahren lassen. Da habe ich sie nach Hause gebracht.« Ommo hob den Zeigefinger. »Rechtsanwältin!«

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