“Einmal in die Tiefen der Realität eingetaucht und seine illusionäre Hülle durchbrochen, war ein vollständiges Zurückkehren für mich nicht mehr möglich.”
- 1 -
In meinem Augenwinkel zuckte es schon wieder. Ein harmloser Blick, die Maske weit unter der Nase, das einfarbige schmutzig-blaue T-Shirt spannte sich über den Ansatz eines Bierbauches. “Blüte, Niedergang und Wiederauferstehung des Berliner Hinterhofs”, gegenüber auf dem Sitz vor mir die aktuelle Ausgabe eines Mietermagazins und daneben eben dieser Mann, dieses menschgewordene Wechselspiel aus Kontrolle und zuckendem Loslassen-müssen.
Zurücktreten, loslassen, die Worte auf der Seite vor meinen Augen fokussieren und sich wieder der künstlerischen Wegbeschreibung zu den Pforten der Wahrnehmung widmen. Erneut ein Zucken des Mannes, ein scheinbarer Damm im Fluss.
Und deshalb ein Strom an Gedanken: Ist Liebe möglich, wenn da kein Liebender ist? Wenn Liebe von seinem Podest des höchsten Symbols gerissen wird? Wenn Akte der Liebe zu leeren Handlungen verkommen? Leere und Inhalt - ein Duo der besonders erquickenden Art. Der Platz des Schauspiels verändert den Blickwinkel. Oder macht er blind?
Die S-Bahn erreichte die nächste Station. Mir fiel wieder meine Formulierung von vorhin ein. Der Wunsch nach Liebe als Hollywood-reife Verfilmung wiegt fast stärker als die wahre, unmittelbare Begegnung. Aber eben nur fast. Und in diesem schmalen Lebensraum nährte sich bei mir bereits seit geraumer Zeit ein Verständnis für die scheinbare Wahrheit und als Folge dessen ein immer stärker werdendes Unverständnis. Das letzte Stück des Puzzles wollte einfach nicht passen. Den Weg des politischen Widerstands wählen und es passend machen? Hollywood niederbrennen? Oder doch weiterhin die akribische Suche in mir nach möglichen Begegnungspunkten mit der Puzzle-Stück gewordenen Welt?
Mein Buch längst eingepackt, begleitete mich “Imagine no possessions” aus meinen Apple-Kopfhörern auf dem Gleis bis zum Eingang des Bahnhofs. Hier hatte vor mehr als zwei Jahren etwas angefangen, das bis heute kein Ende gefunden zu haben schien. “It's been three years since I'm knockin' on your door”, noch ein paar Monate und auch diese letzte lyrische Bastion meines Lieblingslieds von Bob Marley konnte erobert werden und eine lange Folge von schmerzhaften Siegen abschließen.
Aber wo hört alt auf und wo fängt neu an? Waren wir noch die gleichen Personen, war das hier überhaupt noch der gleiche Ort? Eine Begegnung nach mehr als zwei Jahren. Ein anderer Ort. Eine andere Person? Eine Vertrautheit, die so unwirklich schien, dass sie mein Konzept von Vertrautheit aus den Angeln meines gedanklichen Drehbuchs hob. Und doch die nicht existente Grenze zwischen alt und neu. Lässt sich diese Grenze setzen? Lassen sich andere zwischen uns entfernen? Das Leben als Tanz von allem. Form durch Grenzen. Da war es wieder: Das Wechselspiel aus Kontrolle und Loslassen-müssen. Die Perspektive als einzige zulässige Konstante.
- 2 -
Einige Tage später sitze ich bei schönstem Juniwetter mit offenem Fenster in meinem Zimmer und versuche die äußere Schönheit auch wieder in mir zu erschaffen.
Die Tränen des gestrigen Abends sind mittlerweile getrocknet und dennoch waren sie nur die sichtbaren Zeichen einer Verletzung, die sich nicht einfach wegwischen ließ. Wofür überhaupt Tränen? Die Brücke zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem? Zwischen Innen und Außen?
Meiner Mutter schien ihre Entgiftungskur deutlich auf die Laune geschlagen zu haben, oder sie hatte mit allem Recht. Dieser Satz beschrieb meine innere Zerrissenheit in seiner unnötigen Einfachheit so gut, dass in mir schon wieder ein Wirbel aus Zweifel, Wut, Stolz und der Sehnsucht nach einer Lösung, einer Einheit aufstieg. Ein Streit als Teil von allem.
Machte ich denn wirklich nichts? Sollte ich etwas Richtiges machen? Aber wo war die Grenze zwischen nichts und etwas? Die zwischen etwas Richtigem und etwas Falschem?
Vor mir lag eine ausgesprochen hässliche Krakelei eines Strichmännchens, das seinen unförmigen Kopf in einen Topf gesteckt hatte. Die Sehnsucht nach Kontrolle, nach einem abgesteckten Raum, nach Grenzen.
Und dann auch noch dieser Anruf. Ich hatte ihre Nummer nicht mehr im Kopf und so schoss dieser kleine Funken von Hoffnung in gerade dem Augenblick mit solch einer Kraft in mir empor, in dem ich die unbekannte Nummer sah und den Anruf entgegennahm. Aber die Stimme des Mitarbeiters von der Krankenversicherung war ein unfairer Gegner für dieses Fünkchen gewesen, das sich sogleich wieder in die hintersten Ecken meiner zerrütteten emotionalen Welt zurückzog.
Eigentlich wusste ich, was ich wollte. Ich wollte sie und ich wollte Freiheit. Aber sobald man versuchte, diese Begriffe auf weniger als Ideale herunterzubrechen, rannen sie mir durch die Finger. Ungreifbar. Und war greifen nicht das, was unsere Existenz in der heutigen Welt ausmacht?
Es hatte alles so gut angefangen. Nach sporadischem Schreiben die erneute Kontaktaufnahme von ihr. Und deshalb das, was jetzt sechs Tage später schon wieder so weit entfernt war, wie ein Traum nach dem Aufwachen.
Da war etwas, aber was? Eine Erinnerung. Wir beide im Cabriolet auf dem Weg zum Wannsee. Ihre Frage danach, was Realität eigentlich ist und mein seufzendes Lachen. Ein Traum mit Kontakt zur Außenwelt. Zumindest theoretisch.
Der Sonnenuntergang über dem Wasser und der Baumstumpf, auf dem wir saßen. Ihr nervöses Lächeln und der schnell abgewendete Blick, den ich von früher kannte. Als sie mir von ihrer Wildschwein-Phobie erzählte. Von dem Ende ihrer Beziehung vor drei Monaten. Davon, dass sie jetzt aufgehört habe Hip-Hop-Zigaretten zu rauchen.
Ich verstand sie und wirkte deshalb manchmal so, als würde ich es nicht tun. Ich war wieder mittendrin, voll hineingezogen in meine Welt aus Liebe, Idealen und Kontakt. Diesmal sogar mit einem Zugang zur direkten Erfahrung, zum direkten Begegnen. Ich war nicht mehr der unreife Junge von vor zwei Jahren. Aber was war ich jetzt? Der Beginn meiner realen Erfahrung eines Ideals?
Dann am Ende die Tücke der Kontrolle. Ein geparktes Auto, zwei sich öffnende und schließende Türen, eine Verabschiedung. Und ein Gedanke, eine falsche Vorstellung. “Küss sie” dachte ich und gleichzeitig wäre das ein Damm in dem bis dahin so perfekt fließenden Fluss gewesen. Der Versuch, etwas zu setzen, um irgendwas zu haben. Das Greifen und die sich wegziehende Hand. Ein Wirbel, aus dem meine Frage folgte. Die Frage nach dem, das verschwindet, wenn man es sucht. Dem Sein und eben dem Kuss. Ihr irritiertes Rumgedruckse, ein Witz, eine erneute Verabschiedung. Und dann die ganze Wucht der Unabänderlichkeit der Realität.
- 3 -
Sie war weg. Zumindest die meiste Zeit. Ab und an und meist ohne erkennbaren Grund tanzte sie durch meine Träume oder erschien in dem seltsam wirklich scheinenden Raum meiner eigenen Gedanken.
Manchmal war ich glücklich mit meiner inneren Welt und meiner verträumten Sicht auf den sommerlichen See oder die sich im Wind bewegenden Bäume. Und manchmal zerbrach ich fast daran, dass da nichts mehr zu kommen schien. Nichts mehr von ihr und nichts anderes mehr als dieses gräulich bunte Etwas, das draußen passierte.
Bald zog mich der Sommer in einem Sturm aus Freude und Melancholie in sich hinein. Tagelang, nur ab und an der Moment des kühlen Wassers auf der Haut, das Lachen mit Freunden und das gute Gefühl des völligen Schwitzens beim Sport.
Manchmal war da diese Freiheit. Diese Grenzenlosigkeit, in die kein Begriff gepasst hätte.
Ein Kunstwerk ohne Rahmen, ohne Leinwand und ohne Künstler. Die Wahrnehmung selbst floss unbegrenzt und frei.
Aber Begriffslosigkeit wurde bald mein Kampfbegriff und ich fragte mich, ob so ein Leben möglich war. Die Magie des Moments in seiner ganzen Schönheit genießen und dabei nicht verhungern. Ich wollte ein Tänzer des Lichts werden. Einer, der diesen Spagat schaffte. Der in seiner eigenen Welt lebte und dennoch Besuch bekam. Ein wahrer Künstler eben.
Doch jetzt saß ich hier und mir war klar, dass ich den Zugang zu dieser Magie wieder ein Stück weit verloren hatte. Das Leben passierte nicht mehr ungehindert. Ich wollte ihr schreiben, aber tat es nicht. Ich hatte wieder Angst vor meinen eigenen Ideen, meiner eigenen Sicht, meiner Art, die Dinge zu tun. Da war dieser Zweifel. Freier Ausdruck oder Angst. Ich versuchte zu kontrollieren, um keine Angst mehr zu kennen und erschuf sie erst dadurch. Schon die Interpretation als ein Versuch des Festhaltens, des Klammerns, des Nicht-Akzeptierens.
War nicht die so paradox scheinende Lösung meines ganzen selbstgemachten Problems, sich hinzugeben? Sich hingeben diesem erschöpfend endlos scheinenden Strom von gefährlich sprudelnder Lava. Gott zu spielen durch das Verwandeln der Wirklichkeit? Das Baden im kühlen See des eigenen Friedens und die Verbrennungen als tanzende Muster der verklärten Freude.
Wenn ich so über meine Vergangenheit nachdachte, schien alles im Nachgang einen roten Faden zu besitzen. Die gerade Linie und dann die Explosion. Der Stängel und die Blüte. Das alles hatte mit ihr zu tun und doch eigentlich viel mehr mit mir selbst. Mit meinem Weg in dieser Welt. Dem eigenen Sein in mir. Leben als Kunst. Ich musste einfach einen Weg finden, diese innere Welt mit dem Außen in Einklang zu bringen.
-------------------------------------------------------
Angestrebte Endform noch unklar. Geplant ist, diese drei Teile später mal als Art Einleitung für einen Roman zu verwenden.
- 1 -
In meinem Augenwinkel zuckte es schon wieder. Ein harmloser Blick, die Maske weit unter der Nase, das einfarbige schmutzig-blaue T-Shirt spannte sich über den Ansatz eines Bierbauches. “Blüte, Niedergang und Wiederauferstehung des Berliner Hinterhofs”, gegenüber auf dem Sitz vor mir die aktuelle Ausgabe eines Mietermagazins und daneben eben dieser Mann, dieses menschgewordene Wechselspiel aus Kontrolle und zuckendem Loslassen-müssen.
Zurücktreten, loslassen, die Worte auf der Seite vor meinen Augen fokussieren und sich wieder der künstlerischen Wegbeschreibung zu den Pforten der Wahrnehmung widmen. Erneut ein Zucken des Mannes, ein scheinbarer Damm im Fluss.
Und deshalb ein Strom an Gedanken: Ist Liebe möglich, wenn da kein Liebender ist? Wenn Liebe von seinem Podest des höchsten Symbols gerissen wird? Wenn Akte der Liebe zu leeren Handlungen verkommen? Leere und Inhalt - ein Duo der besonders erquickenden Art. Der Platz des Schauspiels verändert den Blickwinkel. Oder macht er blind?
Die S-Bahn erreichte die nächste Station. Mir fiel wieder meine Formulierung von vorhin ein. Der Wunsch nach Liebe als Hollywood-reife Verfilmung wiegt fast stärker als die wahre, unmittelbare Begegnung. Aber eben nur fast. Und in diesem schmalen Lebensraum nährte sich bei mir bereits seit geraumer Zeit ein Verständnis für die scheinbare Wahrheit und als Folge dessen ein immer stärker werdendes Unverständnis. Das letzte Stück des Puzzles wollte einfach nicht passen. Den Weg des politischen Widerstands wählen und es passend machen? Hollywood niederbrennen? Oder doch weiterhin die akribische Suche in mir nach möglichen Begegnungspunkten mit der Puzzle-Stück gewordenen Welt?
Mein Buch längst eingepackt, begleitete mich “Imagine no possessions” aus meinen Apple-Kopfhörern auf dem Gleis bis zum Eingang des Bahnhofs. Hier hatte vor mehr als zwei Jahren etwas angefangen, das bis heute kein Ende gefunden zu haben schien. “It's been three years since I'm knockin' on your door”, noch ein paar Monate und auch diese letzte lyrische Bastion meines Lieblingslieds von Bob Marley konnte erobert werden und eine lange Folge von schmerzhaften Siegen abschließen.
Aber wo hört alt auf und wo fängt neu an? Waren wir noch die gleichen Personen, war das hier überhaupt noch der gleiche Ort? Eine Begegnung nach mehr als zwei Jahren. Ein anderer Ort. Eine andere Person? Eine Vertrautheit, die so unwirklich schien, dass sie mein Konzept von Vertrautheit aus den Angeln meines gedanklichen Drehbuchs hob. Und doch die nicht existente Grenze zwischen alt und neu. Lässt sich diese Grenze setzen? Lassen sich andere zwischen uns entfernen? Das Leben als Tanz von allem. Form durch Grenzen. Da war es wieder: Das Wechselspiel aus Kontrolle und Loslassen-müssen. Die Perspektive als einzige zulässige Konstante.
- 2 -
Einige Tage später sitze ich bei schönstem Juniwetter mit offenem Fenster in meinem Zimmer und versuche die äußere Schönheit auch wieder in mir zu erschaffen.
Die Tränen des gestrigen Abends sind mittlerweile getrocknet und dennoch waren sie nur die sichtbaren Zeichen einer Verletzung, die sich nicht einfach wegwischen ließ. Wofür überhaupt Tränen? Die Brücke zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem? Zwischen Innen und Außen?
Meiner Mutter schien ihre Entgiftungskur deutlich auf die Laune geschlagen zu haben, oder sie hatte mit allem Recht. Dieser Satz beschrieb meine innere Zerrissenheit in seiner unnötigen Einfachheit so gut, dass in mir schon wieder ein Wirbel aus Zweifel, Wut, Stolz und der Sehnsucht nach einer Lösung, einer Einheit aufstieg. Ein Streit als Teil von allem.
Machte ich denn wirklich nichts? Sollte ich etwas Richtiges machen? Aber wo war die Grenze zwischen nichts und etwas? Die zwischen etwas Richtigem und etwas Falschem?
Vor mir lag eine ausgesprochen hässliche Krakelei eines Strichmännchens, das seinen unförmigen Kopf in einen Topf gesteckt hatte. Die Sehnsucht nach Kontrolle, nach einem abgesteckten Raum, nach Grenzen.
Und dann auch noch dieser Anruf. Ich hatte ihre Nummer nicht mehr im Kopf und so schoss dieser kleine Funken von Hoffnung in gerade dem Augenblick mit solch einer Kraft in mir empor, in dem ich die unbekannte Nummer sah und den Anruf entgegennahm. Aber die Stimme des Mitarbeiters von der Krankenversicherung war ein unfairer Gegner für dieses Fünkchen gewesen, das sich sogleich wieder in die hintersten Ecken meiner zerrütteten emotionalen Welt zurückzog.
Eigentlich wusste ich, was ich wollte. Ich wollte sie und ich wollte Freiheit. Aber sobald man versuchte, diese Begriffe auf weniger als Ideale herunterzubrechen, rannen sie mir durch die Finger. Ungreifbar. Und war greifen nicht das, was unsere Existenz in der heutigen Welt ausmacht?
Es hatte alles so gut angefangen. Nach sporadischem Schreiben die erneute Kontaktaufnahme von ihr. Und deshalb das, was jetzt sechs Tage später schon wieder so weit entfernt war, wie ein Traum nach dem Aufwachen.
Da war etwas, aber was? Eine Erinnerung. Wir beide im Cabriolet auf dem Weg zum Wannsee. Ihre Frage danach, was Realität eigentlich ist und mein seufzendes Lachen. Ein Traum mit Kontakt zur Außenwelt. Zumindest theoretisch.
Der Sonnenuntergang über dem Wasser und der Baumstumpf, auf dem wir saßen. Ihr nervöses Lächeln und der schnell abgewendete Blick, den ich von früher kannte. Als sie mir von ihrer Wildschwein-Phobie erzählte. Von dem Ende ihrer Beziehung vor drei Monaten. Davon, dass sie jetzt aufgehört habe Hip-Hop-Zigaretten zu rauchen.
Ich verstand sie und wirkte deshalb manchmal so, als würde ich es nicht tun. Ich war wieder mittendrin, voll hineingezogen in meine Welt aus Liebe, Idealen und Kontakt. Diesmal sogar mit einem Zugang zur direkten Erfahrung, zum direkten Begegnen. Ich war nicht mehr der unreife Junge von vor zwei Jahren. Aber was war ich jetzt? Der Beginn meiner realen Erfahrung eines Ideals?
Dann am Ende die Tücke der Kontrolle. Ein geparktes Auto, zwei sich öffnende und schließende Türen, eine Verabschiedung. Und ein Gedanke, eine falsche Vorstellung. “Küss sie” dachte ich und gleichzeitig wäre das ein Damm in dem bis dahin so perfekt fließenden Fluss gewesen. Der Versuch, etwas zu setzen, um irgendwas zu haben. Das Greifen und die sich wegziehende Hand. Ein Wirbel, aus dem meine Frage folgte. Die Frage nach dem, das verschwindet, wenn man es sucht. Dem Sein und eben dem Kuss. Ihr irritiertes Rumgedruckse, ein Witz, eine erneute Verabschiedung. Und dann die ganze Wucht der Unabänderlichkeit der Realität.
- 3 -
Sie war weg. Zumindest die meiste Zeit. Ab und an und meist ohne erkennbaren Grund tanzte sie durch meine Träume oder erschien in dem seltsam wirklich scheinenden Raum meiner eigenen Gedanken.
Manchmal war ich glücklich mit meiner inneren Welt und meiner verträumten Sicht auf den sommerlichen See oder die sich im Wind bewegenden Bäume. Und manchmal zerbrach ich fast daran, dass da nichts mehr zu kommen schien. Nichts mehr von ihr und nichts anderes mehr als dieses gräulich bunte Etwas, das draußen passierte.
Bald zog mich der Sommer in einem Sturm aus Freude und Melancholie in sich hinein. Tagelang, nur ab und an der Moment des kühlen Wassers auf der Haut, das Lachen mit Freunden und das gute Gefühl des völligen Schwitzens beim Sport.
Manchmal war da diese Freiheit. Diese Grenzenlosigkeit, in die kein Begriff gepasst hätte.
Ein Kunstwerk ohne Rahmen, ohne Leinwand und ohne Künstler. Die Wahrnehmung selbst floss unbegrenzt und frei.
Aber Begriffslosigkeit wurde bald mein Kampfbegriff und ich fragte mich, ob so ein Leben möglich war. Die Magie des Moments in seiner ganzen Schönheit genießen und dabei nicht verhungern. Ich wollte ein Tänzer des Lichts werden. Einer, der diesen Spagat schaffte. Der in seiner eigenen Welt lebte und dennoch Besuch bekam. Ein wahrer Künstler eben.
Doch jetzt saß ich hier und mir war klar, dass ich den Zugang zu dieser Magie wieder ein Stück weit verloren hatte. Das Leben passierte nicht mehr ungehindert. Ich wollte ihr schreiben, aber tat es nicht. Ich hatte wieder Angst vor meinen eigenen Ideen, meiner eigenen Sicht, meiner Art, die Dinge zu tun. Da war dieser Zweifel. Freier Ausdruck oder Angst. Ich versuchte zu kontrollieren, um keine Angst mehr zu kennen und erschuf sie erst dadurch. Schon die Interpretation als ein Versuch des Festhaltens, des Klammerns, des Nicht-Akzeptierens.
War nicht die so paradox scheinende Lösung meines ganzen selbstgemachten Problems, sich hinzugeben? Sich hingeben diesem erschöpfend endlos scheinenden Strom von gefährlich sprudelnder Lava. Gott zu spielen durch das Verwandeln der Wirklichkeit? Das Baden im kühlen See des eigenen Friedens und die Verbrennungen als tanzende Muster der verklärten Freude.
Wenn ich so über meine Vergangenheit nachdachte, schien alles im Nachgang einen roten Faden zu besitzen. Die gerade Linie und dann die Explosion. Der Stängel und die Blüte. Das alles hatte mit ihr zu tun und doch eigentlich viel mehr mit mir selbst. Mit meinem Weg in dieser Welt. Dem eigenen Sein in mir. Leben als Kunst. Ich musste einfach einen Weg finden, diese innere Welt mit dem Außen in Einklang zu bringen.
-------------------------------------------------------
Angestrebte Endform noch unklar. Geplant ist, diese drei Teile später mal als Art Einleitung für einen Roman zu verwenden.