Fort

3,80 Stern(e) 5 Bewertungen

Vera-Lena

Mitglied
Fort

das Grün hat sich zurückgezogen
stumm lebensstill und braun verfärbt
und deine Lippe noch gebogen
hat deiner Worte mich enterbt
ihr Klang ist noch in meiner Nähe
steht eingekoffert hier herum
als ob ein Haar ich von dir sähe
beug ich den Zeigefinger drum
du bist mit Haupt und Hut verschwunden
Sparstrom verbraucht der Lampe Licht
das Braun verklebt die Trennungswunden
leck ich daran schmeckt es mir nicht
 

ENachtigall

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

wieder ist Dir ein eindrucksvolles Gedicht gelungen, dessen Bilder unter die Haut gehen.

An einer Stelle würde ich noch etwas ändern, des Anklangs und der (Doppelbe-)Deutlichkeit wegen:

du bist mit Haupt und Hut verschwunden
Sparstrom verbraucht der Lampe Licht
auf Sparstrom lebt der Lampe Licht

Liebe Grüße von Elke
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Elke,

es freut mich sehr, dass Dich mein Text anspricht. :)
Auch Dein Vorschlag mit den vermehrten Assonanzen gefällt mir sehr gut, nur

sitze ich damit jetzt in der Klemme:

Formal ist der Text so gestaltet, dass die Eingangssilbe der ersten Zeile unbetont ist und die Eingangssilbe der zweiten Zeile ist betont. Das zieht sich durch den ganzen Text. Mit der Zeile

auf Sparstrom lebt der Lampe Licht

würde ich dieses Schema unterbrechen.

Was hältst Du von:

[blue]Sparstrom lebt für der Lampe Licht[/blue]

???????

erwartungsvoll
mit lieben Grüßen
Vera-Lena
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Ver-Lena,

und ich hatte es so gelesen, dass in jeder Zeile - bis auf die von mir zitierte (Sparstrom) - die zweite Silbe betont sei. Probiere es mal. Merkwürdigerweise funktioniert es. Sogar die Zweite "stumm lebensstill..." klingt sehr gut, weil das anklingende stumm mit dem betonten still so gut harmoniert.

Soweit neue Grüße,

Elke
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Elke,

Du hast Recht, es funktioniert auch, wenn man bei jeder Zeile die zweite Silbe betont. Es klingt dann für mein Gefühl nur etwas härter. Jetzt bin ich aber erstaunt.

Ja, dann will ich gerne Deinen Vorschlag übernehmen.

Tausend Dank!

Was für Geheimnisse in so einem Text stecken können!

Abermals liebe Grüße!
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Fort

das Grün hat sich zurückgezogen
stumm lebensstill und braun verfärbt
und deine Lippe noch gebogen
hat deiner Worte mich enterbt
ihr Klang ist noch in meiner Nähe
steht eingekoffert hier herum
als ob ein Haar ich von dir sähe
beug ich den Zeigefinger drum
du bist mit Haupt und Hut verschwunden
auf Sparstrom lebt der Lampe Licht
das Braun verklebt die Trennungswunden
leck ich daran schmeckt es mir nicht
 

ENachtigall

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

das liebe ich; wenn wir Menschen uns noch an solchen kleinen großen Überraschungen freuen können. Es hat auch sein Gutes, wenn man sich manche Materie so peu á peu erschließt.

Warum wartest Du nicht noch ein paar andere Meinungen ab, bevor Du änderst? Ich halte meinen Vorschlag nicht für der Weisheit letzten Schluss ...

Für heute: gute Nacht,

Elke
 

Walther

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

rein metrisch hat ENachtigall recht. Das Gedicht liest sich so ausgewogen und schwingt im Rhythmus. Einzig das doppelte "Braun" erscheint mir noch verbesserungsfähig; sonst ist das Gedicht wirklich gut gelungen.

Grüßend W.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

danke für Deinen Kommentar und Dein Lob!

Das Braun ist nach meinem Verständnis dasselbe, es ist nicht gedoppelt, sonst hätte ich es nicht genommen.

Wenn das lebendige Leben sich zurückzieht, hinterlässt es ja etwas. Das können Erinnerungen sein, letzte Worte, Träume und diese Dinge helfen beim Verheilen der Wunden, aber sie haben natürlich nicht mehr den denselben Geschmack, den sie einst hatten. So habe ich das gemeint.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die geliebte Person davon gegangen oder verstorben ist. Trennungswunden müssen in beiden Fällen verheilen. Das nur nebenbei.

Liebe Grüße! :)
Vera-Lena
 
H

Heidrun D.

Gast
Mir gefällt es auch sehr.

und deine Lippe noch gebogen
hat deiner Worte mich enterbt
finde ich sprachlich ganz wunderbar gelungen.

Ich lese das Gedicht als Abschied von einem Toten. Jener verläuft aber nicht traurig, sondern eher als Heimgang.

Das spiegelt ja auch deine Denkweise wider, nicht wahr?

Liebe Grüße
Heidrun

Die kleine Änderung hat den Text optimiert, finde ich.
 

Vera-Lena

Mitglied
Ja, liebe Heidrun,

das stimmt, das Sterben ist nach meinem Dafürhalten ein Nach-Hause-Gehen.

Vielen Dank für Deinen Kommentar! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
Oben Unten