Fortsprung

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anbas

Mitglied
Fortsprung

Ein lebensfroher Hüpfefloh
der floh
vor Hammerschlägen,
wie er dachte.
Ich lachte,
mein Herzschlag war's,
die pure Lust.
Auf meiner Brust,
da hüpfte grad noch lebensfroh
der Floh.
Ich wollt' mich ja beherrschen
und ihn schonen
vor meinen Emotionen.
Doch schon mein Herzschlag
hat ihn gleich vertrieben.
Wir lieben
uns nun rein platonisch
- und das ist überhaupt nicht komisch.
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Hallo Andreas :)

Durchaus nicht so banal, wie ich beim ersten Durchlesen gedacht hatte, da fielen mir vorerst bloß die Kinderreime auf (Reime natürlich, nichts gegen Reime - doch zunaechst schien mir, als waere der Inhalt dem Klang vollkommen untergeordnet). Dies widerlegte sich beim zweiten Lesen, da offenbarte sich mir durchaus ein tiefsinniger Inhalt, kohaerent und lustig. Experimentell ist das Stück wohl wegen seiner experimentellen Art - ich weiß nicht, vielleicht war das einfach ein Versuch von Dir, dich in dieser Weise auszuprobieren, ich weiß nicht.

Thematisiert wird irgendwie die platonische Liebe zwischen dem lyrischen Ich und einem Flo, das jedoch aufgrund der haemmernden Herzschlaege des lyrischen Ichs flüchtet, erschrocken ist, diese für Hammerschlaege haelt usw.

Besonders gefaellt mir die Verwechslung der Hammerschlaege mit den Herzschlaegen :)

Ein amüsantes, leicht vertraegliches und geradezu schönes Werk :)

Liebe Grüße,
Peter
 

anbas

Mitglied
Moin Peter,

schön, dass Dir diese Zeilen gefallen.

Aus meiner Sicht ist dieses Gedicht eine hintergründige Blödelei. Mit Deinen Überlegungen liegst Du schon richtig. Gleichzeitig wollte ich auch einfach mal etwas Unsinn verzapfen :D.

Das Experimentelle ist hier für mich das Spiel mit der Metrik. Sie läuft nicht glatt und statisch, sondern hüpft eben ein wenig. ;)
Insgesamt habe ich mit der Form etwas experimentiert (wie und wann die Reime gesetzt werden, am Schluß wird dieses Schema dann wieder aufgehoben).

Liebe Grüße

Andreas
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Das Experimentelle ist hier für mich das Spiel mit der Metrik. Sie läuft nicht glatt und statisch, sondern hüpft eben ein wenig.
Ach so. Nun ja, es mischt sich kein einziger Daktylus in die Iamben. Das heißt, es läuft glatt. Statische Metrik gibts nicht, sie findet sich in der Zeitdimension, nicht in räumlicher Architektur, wir brauchen also nicht Statiker, sondern Tanzmeister. Haha, natürlich brauchen wir auch die nicht.

Der Wechsel der Zeilenlänge ist überaus wohltuend, auch sonst, immer. Im Bereich moderner gereimter Dichtung ist Ringelnatz darin besonders locker. Die kürzeren Verszeilen sind dann die besonders pointierten.
 
T

Trainee

Gast
Möge diese Liebe immer währen. :rolleyes: ;)

Ein entzückendes Gedicht, das auch gut ins (na, du weißt schon was) gepasst hätte. :)

Herzliche Grüße
Trainee
 

anbas

Mitglied
Hallo mondnein,

vielleicht habe ich mich etwas blöd ausgedrückt. Es geht mir schon um die unterschiedlichen Längen. Auch das Reimschema ist - zumindest für mich - eher experimentell.

Wie auch immer - danke für Deine Rückmeldung und die Wertung!



Hallo Heidrun,

vielen Dank auch an Dich für Deinen Kommentar und die Wertung. Schön, dass diese Zeilen bei Dir ankommen.

Ich finde es übrigens schade, dass es - Du weißt schon was - nicht mehr gibt :D.



Liebe Grüße an Euch beide

Andreas
 

anbas

Mitglied
Liebe Marie-Luise,

na schau mal an, was der olle Goethe so geschrieben hat :D.

Hab Dank für den Hinweis und die Wertung. Ich freue mich, dass Du diesen kleinen Floh ins Herz geschlossen hast.

Liebe Grüße

Andreas
 
T

Trainee

Gast
Um auf den Hofrat zurückzukommen,

der hat sich ja nicht nur mit einem, sondern mit vielen Flöhen beschäftigt. Hoch wissenschaftlich sozusagen.

In seiner juristischen Abhandlung "Die Flöhe (de pulicibus)" - lateinisch-deutsch - legt er auf das Genaueste deren Beschaffenheit dar. Beispielsweise wird im § 2 die Frage geklärt "Wessen Geschlechts pulex (Floh) sei?"
Nun rate mal wessen. :D

Kurzum, wer das herrliche Werklein einmal in einem Antiquariat entdeckt: Sofort zuschlagen! :):)

Am schönsten ist die Hamelner Ausgabe 1964, Verlag C. W. Niemeyer.

Trainee
 
Und kommt vielleicht ein kleiner Floh
Und krabbelt so –
Sei ruhig, Liebchen, das bin ich.
Dein Dieterich.
Dein Dietrich der umflattert dich!!

Auch Wilhelm Busch hat in „Julchen“ den Floh erwähnt.
Im übertragenen Sinne.

Gruß,
Marie-Luise
 

ENachtigall

Mitglied
Lieber Andreas,

Das Experimentelle an diesem Gedicht ist für mich die auf unscheinbare Weise im Titel versteckte message des Fortschritts, der sich manifestiert; lebensgefühlt und kreatürlich liebevoll das Missverständliche integriert und über sich selbst hinauswächst - zum Fortsprung.
Ich könnte auch schlussfolgern: nicht Alles, was uns "entspringt" ist flüchtig (oder so ähnlich) ...
Jedenfalls ein denkwürdig heitres Stück!

Lieben Gruß,

Elke
 

anbas

Mitglied
Liebe Elke,

hier hätte ich nun fast vergessen zu antworten ...:)

Ich danke Dir für Deine Rückmeldung und finde es sehr spannend, was Du in diesen Zeilen entdeckt hast.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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