Foulspiel

3,60 Stern(e) 7 Bewertungen
F

Fettauge

Gast
Hallo Anbas,

was will uns dieser Text sagen? Dass er von Vorurteilen ausgeht, ist bereits an der Wortwahl zu bemerken (Giftpfeile, getarnt, Tiefschläge). Offensichtlich nach einer Auseinandersetzung, an der bekanntlich immer zwei beteiligt sind, versucht das Ich gar nicht erst, einen Kompromiss herzustellen, das Ich ist davon überzeugt, sich im unbezweifelbaren, absoluten Recht zu befinden, was weder die Grundlage einer Beziehung sein kann noch für das, was man gemeinhin Goodwill nennt, das Ich ist auf Krawall eingestellt. Kampfbereit hat es sich aufgebaut und erwartet den baldigen Gegenschlag. Das alles lese ich für mich zwischen den Zeilen heraus, ich muss eine Portion Phantasie bemühen, geschrieben hat der Autor dies nicht. Was zu einem guten Gedicht gehört, muss hier ja nicht erwähnt werden, anzunehmen, dass der Autor das selbst weiß.

Gruß, Fettauge
 

poetix

Mitglied
Hallo Andreas,
Situationen, wie du sie beschreibt, gibt es durchaus und sie sind unangenehm, besonders für den aufrichtig denkenden Menschen. Allerdings hört sich die Episode nicht besonders lyrisch an. Vielleicht eignet sie sich eher für Kurzprosa. Aber das ist Geschmackssache.
Viele Grüße
Christoph
 

anbas

Mitglied
Na, das ist ja mal ein Text, bei dem die Meinungen weit auseinander gehen. Finde ich spannend.


@ Fettauge

Schwierig, auf Deine Anmerkungen näher einzugehen, da ich weder erklären noch rechtfertigen will. Andererseits habe ich den Eindruck, dass Du völlig am Inhalt vorbeikommentiert hast, und es somit zu einem Verständnis-Problem gekommen ist. Daher möchte ich schon ein Stück auf Deine Rückmeldung eingehen. Du hast ein Recht darauf, schließlich hast Du Dich ausführlich mit dem Text auseinandergesetzt.

Zunächst gibt es hier kein Lyrisches Ich, das angegriffen wurde. Der Text ist aus der Sicht eines Beobachters geschrieben worden. Anlass waren einige Auseinandersetzungen hier in der LL, die bereits 2-3 Jahre zurück liegen (hat also nicht seinen Ursprung in dem merkwürdigen Klima, das hier zurzeit an manchen Stellen über den grünen Rasen wabert) sowie Konflikte in anderen Bereichen meines näheren Umfeldes. Zu Papier gebracht habe ich diese Gedanken aber erst jetzt. Ich befand mich stets in der Beobachterrolle, habe mir das angesehen und teilweise nur noch mit dem Kopf geschüttelt. Natürlich habe ich mir dann auch irgendwann eine Meinung gebildet oder einen Eindruck von dem gewonnen, was da vor meinen Augen ablief. Doch das war eine Schlußfolgerung aus der Beobachterrolle - klar, auch da kann man daneben liegen :D. Du schreibst selber, dass Du "eine Portion Phantasie bemühen" musstest, um das aus den Zeilen herauszulesen. Mein Eindruck ist der, dass Dich genau diese Phantasie in eine völlig andere Richtung geschickt hat, als sie vom Autor, also mir, gedacht war.

Gut, jetzt kann es natürlich an mir liegen, dass ich mich so unglücklich ausgedrückt habe. - An Auseinandersetzungen sind immer zwei beteiligt, schreibst Du. Stimmt! Doch das trifft auch auf die Auseinandersetzung mit Texten zu. Du schreibst von Vorurteilen - Deine Deutung meines Textes liest sich für mich teilweise wie eine in Stein gemeißelte Wahrheit, die sich aber nur aus Annahmen, Vermutungen, Eindrücken und einer "Portion Phantasie" zusammensetzt. Daraus setzen sich auch Vorurteile zusammen.

Während der sechzehn Jahre Sozialarbeit, in der ich einst Flüchtlinge, Spätaussiedler und andere Zuwanderergruppen betreut habe, habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Fragen zu stellen, mehrmals hinzusehen, sich die Mühe zu machen, die Sichtweise des anderen zu begreifen und erst dann seine Schlüsse zu ziehen. Das ist weiß Gott nicht einfach, und ich rutsche selber immer noch mal wieder ab und (ver-/be-) urteile viel zu früh. Doch insgesamt fahre ich gut damit, diese Erfahrung auch in meine anderen Lebensbereiche zu übernehmen.

Warum erzähle ich das? Vor allem, weil ich mir wünschen würde, zunächst gefragt zu werden, wie etwas gemeint ist, wenn ein Text merkwürdig rüberzukommen scheint, oder dass mir der Eindruck geschildert wird, den der Text beim Lesen auslöst - und das Ganze ohne dass bereits ein Urteil über den Inhalt gefällt wurde. Dann habe ich die Chance, mir den Text noch einmal ansehen zu können, ohne ihn gleich verteidigen zu "müssen".

Ich denke, dabei belasse ich es an dieser Stelle.



@ herziblatti

Dir herzlichen Dank für Deine Rückmeldung und Wertung. Ich habe mich sehr darüber gefreut.



@ Hi Christoph,

Auch Dir danke ich für Deinen Kommentar. Tja, die Frage ob das Lyrik ist... Im Lupanum wird gerade darüber diskutiert, was eigentlich Lyrik ist. Ich muss gestehen, dass solche Diskussionen nicht unbedingt mein Ding sind. Da bin ich dann mehr ein Bauchmensch und fühle mich bei diesen eher intellektuelleren Diskussionen nicht so wirklich zu Hause - aber ich verfolge sie hin und wieder mit Interesse, denn auch Bauchmenschen können lernen ;).


Noch einmal ein Dank in die Runde für die Auseinandersetzung mit diesem Text.


Liebe Grüße

Andreas
 

Label

Mitglied
Lieber anbas

gefällt mir gut dein Gedicht - eine lange Geschichte verdichtet und auf Essenzstärke kondensiert.

besonders gut gefällt mir die zweite Strophe, die das lockdown-dilemma greifbar macht.

Die erste Strophe beschäftigt sich mit der Empfindungswelt dessen, der sich angegriffen fühlt, die zweite versucht den "Täter" zu verstehen, kann aber nur das Tun beschreiben.

Was ich bemerkenswert finde ist, dass dem der von sich und seinen Worten überzeugt ist, durch die Verwendung des Wortes -überzeugt- nach meiner Auffassung Aufrichtigkeit attestiert wird.
Das in Verbindung mit dem Titel erzeugt Spannung, das die umrissene angespannte Stimmung greifbar macht.
ja, gefällt mir

lieber Gruß
Label
 

anbas

Mitglied
Hallo Label,

vielen Dank, Deine Einlassungen gefallen mir. "überzeugt" = "aufrichtig", ein Aspekt, an den ich beim Schreiben nicht gedacht habe, der mir aber gefällt und den ich - im positiven Sinne - interessant finde. Auch das Spannungsverhältnis zwischen Gedicht und Überschrift, war mir nicht so deutlich. Du siehst, ich habe durch Dich noch einiges über mein Gedicht gelernt :D.

Um noch mehr verstehen zu können, müsstest Du mir erklären, was ein "lockdown-dilemma" ist. Habe kurz gegoogelt, aber keine wirkliche Antwort gefunden.

Liebe Grüße

Andreas
 

Label

Mitglied
Hallo anbas

ein lockdown ist eine Situation in der ein Individuum mental gefesselt ist, in ethisch/moralischen Vorstellungen, durch Regelwerke und ähnliches, in diesem Fall in seiner Gefühlswelt.
Dilemma, die ausweglose Situation/Zwickmühle - es treffen zwei unvereinbare Gefühlswelten aufeinander.

ist es jetzt ein wenig deutlicher?

nochmal, mir gefällt dein Gedicht, vielleicht auch weil ich solches so
a - gesehen und
b - schon erlebt habe ;)


dir einen lieben Gruß
Label
 

anbas

Mitglied
Hallo Label,

vielen Dank - ja, jetzt ist es deutlich ... und ich habe noch etwas Neues dazu gelernt ... :).

Liebe Grüße

Andreas
 



 
Oben Unten