Frauen

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onivido

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König Roderich, Herrscher von Tramsgard, war in jungen Jahren ein leidenschaftlicher Waidmann. Eines Tages verfolgte er einen Hirsch durch den Wald und liess nicht von ihm ab, auch als das gehetzte Tier den Grenzfluss zu Hagenland durchschwamm. Dort erlegte er ihn. Jedoch begab es sich, dass auch Wuiterich, der König von Hagenland, auf der Jagd war. Seine Knechte umzingelten den Eindringling und brachten ihn vor den zürnenden König.

Wilddiebe, gleich welchen Ranges und Namens, wurden mit dem Tode bestraft. Dieses Urteil fällte auch Wuiterich. Jedoch gerührt von der Jugend und dem edlen Gebaren König Roderichs, wollte er dem jungen Herrscher eine Gelegenheit bieten dieses Schicksal abzuwenden.
Deshalb würde er ihm Leben und Freiheit gewähren unter der Bedingung, dass jener bis Jahrefrist die richtige Antwort zu dieser Frage geben würde:
“Was will eine Frau wirklich?”

Roderich bedankte sich und versprach, pünktlich aufs Jahr am Hofe Wuiterichs zu erscheinen und die Frage zu beantworten, oder seinen Kopf auf das Schaffot zu legen, auf dass das Urteil vollstreckt würde.
Zurück in seinem Reich, befragte er Hofräte und Höflinge, Gelehrte und Bauern, Männer und Weiber, Huren und Heilige, Händler und Handwerker, Priester und Pratzer. Alle gaben eine Antwort, doch es war nie dieselbe. Betrübt sah Roderich das Ende der Frist nahen, ohne dass er eine Antwort auf die Frage Wuitrichs finden konnte.
In höchster Not riet ihm seine Mutter, die die im ganzen Lande gefürchtete und gemiedene Hexe Pesadilla zu befragen. Sie war von unflätiger Hässlichkeit, fast allwissend und stank wie die Pest. Man munkelte, sie sei einige Jahrhunderte alt.
Roderich tat wie ihm geraten. Die Hexe versprach ihm die richtige Antwort, jedoch wollte sie als Lohn Herzog Edelbert, den besten Freund des Königs zum Gemahl. Als Roderich dies erfuhr, wollte er lieber sterben. Jedoch Edelbert bekam diese Bedingung zu Gehör. Ihm schien das Opfer nicht zu gross, um das Leben des Königs zu retten und er überredete den Freund einzuwilligen.

Am Hochzeitstag erschien Pesadilla am Hofe des Königs in schmutzige Lumpen gehüllt, nach Jauche stinkend. Während des Hochzeitsmahls umgab sie eine Wolke von Fliegen. Sie rülpste und pfurzte. Spukte auf den Teller. Speichel rann aus ihrem Mundwinkel. Alle geladen Gäste mussten ihre grausige Gegenwart erdulden und waren glücklich, als die Stunde nahte, in der sich das Brautpaar zurückziehen sollte, um die Ehe zu vollziehen.
Edelbert trank eine grossen Becher des stärksten Weins des Königreichs und führte seine Braut ins Hochzeitsgemach. Diese zog sich zurück, um sich für den Austausch ehelicher Zärtlichkeiten vorzubereiten. Edelbert entkleidete sich und harrte seines Schicksals. Mit der Hexe war der Gestank verschwunden. Edelbert nahm tief Atem und es schien ihm als läge Rosenduft in der Luft. Pesadilla kehrte zurück ins Gemach, verwandelt in eine nackte Frau von wunderbarer Schönheit.
Nach einer glücklichen Liebesnacht fragte Pesadilla ihren Gemahl im Morgengrauen, ob sie sich während des Tages, oder des Nachts zur widerlichen Hexe wandeln sollte.
“Tue was dir beliebt “, gab Edelbert zur Antwort.
“Du hast gerade ausgesprochen, was Frauen wirklich wollen”, sagte Pesadilla und war fortan Tags und Nachts das meistbegehrte Weib des Königreichs.
Legt diese Begenheit nicht nahe, dass viele, oder sogar alle schönen Frauen auch widerliche Hexen sein können?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo onivido,

ein nettes Märchen. Aber waren die Frauen denn zu jener vergangenen Zeit schon so emanzipiert wie heute?
Habe ein paar kleine Fehler gefunden, die Du vielleicht noch korrigieren magst.

Jedoch begab es sich, dass auch Wuiterich Komma der König von Hagenland Komma auf der Jagd war.
Wilddiebe, gleich welchen Ranges und Namens Komma wurden mit dem Tode bestraft.
... wollte er dem jungen Herrscher eine Gelegenheit bieten, dieses Schicksal nicht zu erleiden abzuwenden. klingt besser ...
Roderich bedankte sich und versprach Komma pünktlich aufs Jahr am Hofe Wuiterichs zu erscheinen ...
Man munkelte Komma sie sei einige Jahrhunderte alt.
... jedoch wollte sie als Lohn Herzog Edelbert, den besten Freund des Königs Komma zum Gemahl.
Nach einer glücklichen Liebesnacht kein Komma fragte Pesadilla ihren Gemahl im Morgengrauen, ob ...
Legt diese Begebenheit nicht nahe, dass viele kein Komma oder sogar alle schönen Frauen auch widerliche Hexen sein können? Das ist gewiss keine Frage, sondern eine Feststellung, denn das hat jeder schon einmal im Leben erfahren müssen ...;) Vielleicht nicht alle, aber manch eine dieser Schönen weiß um diesen Umstand und nutzt es gnadenlos aus.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

onivido

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
vielen Dank fuers Lesen und dass du dir die Muehe gemacht hast die fehlenden Kommas aufzuzeigen. Ich habe sie alle eingesetzt. Dazu noch eine Frage. Ich dachte vor ODER kommt immer ein Komma. Falsch gedacht?
Auch dieses "Schicksal abzuwenden", habe ich uebernommen.
Gute Nacht///Onivido
 
Hallo Onivido,

mit dem "oder" ist es wie mit dem "und". Bildet es den Auftakt zu einem eigenständigen Satz, der auch für sich alleine stehen könnte, dann kann - ja, auch dann ist es kein Muss, wie ich gelernt habe - man davor ein Komma setzen.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo @onivido

Konig Roderich, Herrscher von Tramsgard
—> König

und liess nicht von ihm ab
—> Schweizer?

Händler und Handwerker , Priester
—> kein Leerzeichen vor dem Komma

diesselbe
—> ein s zu viel

In höchster Not riet ihm seine Mutter, die Hexe Pesadilla zu befragen, die im ganzen Lande gefürchtet und gemieden war. Sie war von unflätiger Hässlichkeit und stank wie die Pest, aber sie war fast allwissend.
—> Wortwiederholungen
Vorschlag:
In höchster Not riet ihm seine Mutter, die die im ganzen Lande gefürchtete und gemiedene Hexe Pesadilla zu befragen. Sie war von unflätiger Hässlichkeit, fast allwissend und stank wie die Pest.

Sie rülpste und pfurzte.
—> furzte

Mit der Hexe war der Gestank verschwunden.
—> Muss das nicht heißen: Bei der Hexe … ?

Legt diese Begenheit nicht nahe, dass viele, oder sogar alle schönen Frauen auch widerliche Hexen sein können?
—> Hm, was ist das? Eine Bewertung des Textes? Erklärung des Autors? Fazit? Die Moral der Geschicht’? Der erhobene Zeigefinger?
Mag ich nicht, muss nicht sein, finde ich.

Und wo ist jetzt die Antwort an/für Wuiterich geblieben? Habe ich da was überlesen? Warum kommt Wuiterich nicht mehr vor?
Oder steht das hier? Am Hochzeitstag erschien Pesadilla am Hofe des Königs
Wer ist da gemeint? Ich ging von Roderich aus, Wuiterich wird ja nicht weiter erwähnt …

Schönen Sonntag und
liebe Grüße, Franklyn
 

onivido

Mitglied
Guten Tag Franklyn,
danke dafuer, dass du dir die Muehe gemacht hast, die Fehler im Text aufzuzeigen. Ich habe alles korrigiert, bis auf: "liess" und
Sie rülpste und pfurzte.
—> furzte
mir gefaellt "pfurzte" besser
und
Mit der Hexe war der Gestank verschwunden.
—> Muss das nicht heißen: Bei der Hexe … ?
Nein! Die Hexe ist verschwunden und MIT ihr der Gestank.
Die Moral der Geschichte? Ich bin vollkommen unmoralisch und es waere Zufall, wenn ich eine moralische Geschichte schreiben wuerde.
Nochmals danke und beste Gruesse///Onivido
 

onivido

Mitglied
Hallo Rainer Zufall, das mit den Kommas werde ich nie hinkriegen. Ich streue sie einfach mal so rein und erwarte , dass einige an die richtige Stelle fallen.
Beste Sonntagnachmittagsgruesse///Onivido
 
Hallo @onivido

danke für deine Rückmeldung.

Die Hexe ist verschwunden und MIT ihr der Gestank.
—> Ah, Ich stand auf dem Schlauch. Klar, die Hexe ist weg und mit ihr der Gestank. Jetzt fiel bei mir der Groschen. Nicht der Gestank der Hexe, sondern die Hexe komplett ist verschwunden.

Wegen „Pfurzen“ merkte ich nur an, weil es in keinem Duden zu finden ist. Also eine Eigenkreation von dir, dichterische Freiheit

Ich habe alles korrigiert, bis auf: "liess" und …
—> Dann also Gruezi in die Schweiz,
Franklyn
 

Hans Dotterich

Mitglied
Das Märchen steckt tatsächlich voller Einsichten, es gefällt mir, muss ich gleich meiner Frau vorlesen.

Ich finde, man könnte die Pointe noch spitzer gestalten.

Edelbert sagt: "Tue was dir beliebt".

Wieso sagt er das? Nun, er kann gar nicht fordern, dass Pesadilla für immer diese schöne Frau bleibt und sich nicht wieder in eine häßliche Hexe zurückverwandelt, denn er selbst hat ja keine Macht darüber. Pesadilla allein entscheidet, und das weiß auch Edelbert genau.

Also bleibt Edelbert diplomatisch und übt auf Pesadilla keinen Druck aus, sondern vertraut ihrem Instinkt.

Andererseits weiß Edelbert aber, dass er für Pesadilla von wenig Nutzen ist, wenn sie sich wieder in die Hexe verwandelt. Einer schönen Frau nützt ein edler Diplomat als Ehemann mehr als einer nicht vorzeigbaren Hexe. Dazu noch ein Diplomat, der in der Gunst des Königs ganz oben steht. Schlau ist sie ja, die Pesadilla, das hat sie gut durchdacht. Sie weiß, was sie will!

Ich würde zwei Dinge folgern:

1. Edelbert wird unter den Frauen im Königreich zum allerbegehrtesten Mann, aber von Pesadilla würde ich als Mann die Finger lassen, wenn ich nicht so ein tüchtiger Diplomat bin wie Edelbert.
2. Wenn sich eine schöne Frau in eine Hexe verwandelt, dann liegt es am Mann.

Grüße

Hans
 

onivido

Mitglied
Hallo Hans, gerade habe ich deinen Kommentar gelesen. Ich schaue nicht mehr sehr oft in die Leselupe.
Der Edelbert gibt auf die Frage Pesadillas die richtige Antwort, weil er keine wirkliche Alternative hat.
Das sollten sich vielleicht einige Ehemaenner zu Nutzen machen.
Gruesse///Onivido
 

John Wein

Mitglied
Frage/Zitat: "Was will eine Frau wirklich?"
Ja hola, mein lieber Onivido, darüber zerbreche ich mir schon seit der Pubertät den Kopf. Nur meiner Mutter war da eine Ausnahme, bei ihr wusste ich immer Bescheid und was die Konsequenzen gewesen wären.
Bei diesem, deinem Märchen habe ich lange nach parallelen Bezügen gesucht, wen z.B. Roderich oder Pesadilla verkörpern würden. Kurzum, ich habe die Nuss nicht geknackt!
Meine Überlegungen kreisten um eine Pesadilla als Transfrau und Roderich als stinknormalem CIsmann. Da erscheint die Frage "was will eine Frau wirklich" nämlich in einem ganz anderen Sonnenlicht.
mit binärem Gruß,
JW
 

onivido

Mitglied
Hola John, ich habe es schon lange aufgegeben zu erforschen , was Frauen wirklich wollen. Ob sie das auch selber wissen? Ich tue einfach (fast) immer was gerade von mir verlangt wird. Nachahmungswuerdig?
Beste Gruesse///Onivido
 

Hans Dotterich

Mitglied
Wir müssen uns davor hüten, die Frage Wuiterichs misszuverstehen. "Was will eine Frau wirklich?" passt meiner Ansicht nach nicht in die Epoche, in der Männer wie Roderich, Wuiterich und Edelbert das Sagen hatten. Wie kommt Wuiterich darauf? Er ist der Boss. In einer feudalistischen Gesellschaftsordnung stellt sich dieses Problem gar nicht. Die Frage nach dem Willen einer politisch und gesellschaftlichen in Abhängigkeit gehaltenen Gruppe wie den Frauen kann nicht aufkommen und nicht verstanden werden. Um sie zu stellen, muss man die Gesellschaftsordnung selbst in Frage stellen, müssten die Frauen die Rahmenbedingungen ihrer Abhängigkeit zuerst selbst reflektieren.

"Was eine Frau will". So könnte ein Leitartikel in der "Emma" heißen, oder, verballhornt, ein oder zwei Jahrzehte später ein kunterbunter, erotisierender Aufmacher in der Burda-Presse, umrahmt von fünf dickbusigen Blondinen. Heute, wo wir willfährig gendern und gegendert werden, ist diese Frage dagegen schon wieder so platt wie eine Flunder.

Wuiterich würde vor die Inquisition geladen werden, wenn er damals diese Frage öffentlich stellte.

Pesadilla dagegen darf sie formulieren. Sie ist ohnehin eine Außenseiterin und als Hexe gebrandmarkt. Wir wissen aber, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Hat Pesadilla diese Frage dem einfältigen Wuiterich ins Ohr geflüstert, damit er sich und seines- und unseresgleichen blamiert, frage ich mich? Wenn ja, dann wäre sie bereits eine emanzipierte Frau. Und damit tatsächlich eine "Hexe" im Sinne der feudalistischen Gesellschaft.

Grüße

Hans
 

onivido

Mitglied
Hallo Hans, ich weiss es nicht. Ich habe damals nicht gelebt, aber ich koennte mir durchaus vorstellen, dass Maenner sich immer diese Frage gestellt haetten. Sollte es nicht so sein, dann ist das in diesem Text egal. Es ist ja nur ein Maerchen und es gibt auch gar keine Hexen. Oder doch?
Beste Gruesse///Onivido
 

Hans Dotterich

Mitglied
Hallo Onivido,

Nun, auch ich selbst habe keinerlei Erfahrung vorzuweisen, wie es damals war, in der Realität, und ob es Hexen tatsächlich gab, würde ich auch verneinen.

Aber es gibt die Figur der Hexe in der Literatur und in den Medien: im Märchen, im Film, in der politischen Diskussion. Sie sind Teil unserer Vorstellungswelt und können je nach Kontext ganz unterschiedliche Eigenschaften haben. Es ist ein Wesen, das gegen geltende Konventionen verstößt und dem man eine feminine Identität zuschreibt. Und das interessiert mich natürlich als Leser und Textinterpret.

Das ist ja auch der Grund, weshalb ich in der Leselupe schreibe. Inhaltliche Details sind mir an und für sich egal, aber an Texten herumzudoktorn macht Spaß!

Dein Märchen ist deshalb so interessant, weil man es in verschiedenen Kontexten verstehen kann. Oberflächlich ist es eine Fabel aus einer lange zurückliegenden Epoche. So erzählen wir es ja auch Kindern.

Objektiv aber geht es in der Story um die Lösung eines Konflikts unter drei Männern. Doch die Lösung schafft ein ganz andersartiges Wesen, dem die Männer intensive Hass-Liebe entgegenbringen. Das wiederum, und darüber zu schreiben, ist ein höchst zeitloses Thema.

Du könntest das Drama mühelos in die New Yorker U-Bahn verlegen, mit drei schrägen Junkies und einer steinharten Ledertussi besetzen.

Grüße

Hans
 



 
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