Frauenschicksale

chachaturian

Mitglied
Frauenschicksale


Endlos die Fahrt
der kalten Züge gen Osten
entlang durch die
verbrannten Orte
blanke Holzplanken
die toten Frauen
luden sie aus
an fernen Stationen
Ruhr und Typhus
zehrten an den
verbliebenen Leibern

Über jene Grenzen
pflügten zuvor
ihre Männer und Väter
mit Eisen und Blut
hinweg über fremde Völker
die braunen Herrentaten
zurückgeworfen
auf die Hungersaat
und bloße Hände
gruben im Schutt
einer ganzen Generation

Panzerrohre steckten sie nieder
immer mehr ging unter
dort wo einst der Vater
als Kind geboren
hatten nicht alle Frauen
die Flucht geschafft
nur einige kehrten zurück
aus jenen Arbeitslagern
und dem geschundenen Land
auf den Knochen ihrer selbst
unzählige Heimatorte verschollen
Danzig und Breslau
ausgelöscht

Sie trugen an der Last
jener erbarmungslosen Wut
für die Taten der anderen
unter Stalin litt man mehrfach
Wanzen und Flöhe
deren Geiseln wurden sie
und viele Kinder
überlebten die Lagerwelt nicht
es gäbe mich nicht
wäre die Flucht mißlungen

Nicht nur deutsche Frauen
wurden vergewaltigt
Häuser und Ernten schwarz
der Hunger hinterließ
seine eigenen Schneisen
und die deutschen Bomben
löschten und löschten
kein Ende schien es zu nehmen
dieses Brennen und Rauben
und Sträflingskleidung
in deutschen KZ’s
von vielen blieb
nicht mal der Rauch

Auch jene Frauen
die zurückkehrten
ins geteilte Deutschland
standen ausgestoßen
in Ost und in West
und die Bruchstücke
schienen ihre eigene Bürde
und ostwärts
gab es nicht nur Millionen
Frauen deren Männer
auf den Schlachtfeldern
zurück geblieben
zuvor und später
hielten Stalins Bluthunde
reichlich Beute

Gefangene gab es
auf beiden Seiten
deutsche Lager
konnten tödlicher sein
gestorben und gestorben
wurde unter allen
Menschenhimmeln
immer wieder hielten die Frauen
die letzten Nachrichten
über ihre Männer
in den zittrigen Händen
oft nicht mal das
endlos die Schicksale
und der Malstrom des Sterbens


7/2007

Entwurfsfassung
http://www.umweltdebatte.de
 

petrasmiles

Mitglied
Wie schon als Kind angesichts des Films 'Die Brücke' erscheint mir alles, was mir erlebbar ist, trivial. Ein Lachen Frevel, Hedonismus ein Verbrechen.
Es ist gut, dass ich heute nicht mehr so denke, denn wir können nicht leben, als würde uns die Vergangenheit führen. Ihre Spuren werden viele Generationen sichtbar bleiben, aber man darf auch die Gnade genießen, in weniger schwere Zeiten hineingeboren zu sein.
Um so wichtiger, wenn Texte wie Deine immer mal wieder daran erinnern, wie es war und sich anfühlte. Vielleicht lehrt das uns Demut nicht gegenüber Gott oder einem Menschen, sondern gegenüber dem Leben. Wir haben uns den Platz nicht ausgesucht, an dem wir gestartet sind, aber wir sind verantwortlich für unser Streben.

Danke für Deinen Text.

Liebe Grüße
Petra
 

chachaturian

Mitglied
AW

Bei der Gnade in weniger schwierige Zeiten hineingeboren zu sein, bin ich mir nicht mehr so sicher. Natürlich waren die damaligen Zeiten direkt mit dem verbrecherisch Mal verbunden. Heute sieht man die tödlichen Folgen erst um eine Generation verschoben. Was wird denn bleiben von dieser Zivilisation? Die ökologische Krise wird alles hinwegfegen, was einst von Wert gewesen sein wird. Egal wie es am Ende aussehen wird, mehrere Milliarden Menschen werden dieser neuen geschichtlichen Katastrophe nicht entkommen. Wie schlimm es wirklich werden wird, kann erst die Rückschau zeigen. Ich bin nur nicht ganz sicher, ob es diese wirklich geben wird.

Schöne Grüße
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo chachaturian,

ich verstehe, was Du meinst, aber ich habe mich auf den persönlichen Handlungsspielraum bezogen, nicht den überpersönlichen.
Ich mag gar nicht daran denken, das Hinweggefegtwerden von einer Naturkatastrophe mit den das tägliche Leben und Überleben determinierenden Faktoren gegeneinander abzuwägen hinsichtlich der Bedeutsamkeit seiner Konsequenzen.

In jedem Falle haben wir nur dieses eine Leben.

Gruß
Petra
 

Nachtigall

Mitglied
Inhaltlich sehr eindrucksstark, doch fast zu sehr vermittelnd, ausgleichend und duldsam.
Eigentlich müßten Frauen absolut untolerant dem Machtstreben der im Grunde wenigen "Herren" gegenüber sein. Das Grauen muß zugeordnet werden und das geschieht.

Liebe Grüße
Alma Marie
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
mir ist es zu weitschweifend, zu wenig konzentriert. Man könnte es in mehrere Teile brechen.

cu
lap
 

chachaturian

Mitglied
Ich glaube die deutschen Frauen in russischen Arbeitslagern hatte nichts mehr zu bestellen. Da wurde mit Waffengewalt dafür gesorgt, daß alles seinen stalinistischen Weg ging.
 

chachaturian

Mitglied
Ich schreibe an einer Erzählung über Sachsenhaus nach 1945 als die Sowjets das Lager weiter nutzten. Diese waren allerdings keine Arbeitslager. Dort wurde nur gehungert und gestorben. Außenkontakt fast null, nur wenige Kassiber sind durchgekommen. Post durfte erst ab 48 geschickt werden. Die Angehörigen wußten nicht, wo die Verschleppten geblieben waren.

Mir war hier wichtig verschiedene Dimensionen zueinander ins Verhältnis zu setzen. In der Tat man kann die Geschichte nur hinnehmen und annehmen und versuchen den Verfälschungen auf die Spur zu kommen.

Es ist also Absicht die verschiedenen Dimensionen ineinander zu verschränken und sie nicht für sich selbst zu stellen, wo sie sich verselbständigen. Und zuweilen gräßliche Feindbilder produzieren. Aber die Wahrheit muß besprochen werden.
 



 
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