Frei sein

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morgenklee

Mitglied
Nur in Freiheit

Wenn ein Viertel der Hähne
doch Schwäne
wären -
und Bären
so leicht wie Pelikane -
dann wäre das Tierreich
die reinste "Schikane".

Wenn ein Fünftel der Hennen
zu flennen
anfängen -
dann sängen
die Meisen
auf ihren Reisen
Trompeten-Soli.
Und der Koli-
bri tränke Bier
am Klavier.
Begleitet von einem
Bassgeigen-Stier.

Der allerdings
kann nun gar nicht fliegen.
Aber im Zweikampf
fast jeden besiegen.

Wenn ein Viertel der Hähne
auf Sägespäne
wohnt und d'rauf scharrt,
Ist das Leben sehr hart.
Denn nur im Freien
gedeihen
Gedanken -
hier gibt es keine
Gitter und Schranken.
 

Tula

Mitglied
Hallo morgenklee

Dieses gefällt mir durchaus, sprachlich und der Hintersinn der letzten Strophe.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Morgenklee,

ich beschränke mich hier mal auf die Grammatik, weil ich mit derart gewaltsam umgebrochenen Zeilen nicht viel anfangen kann, ich find sie einfach zu anstrengend zum Lesen.

Die ersten beiden Strophen stehen im Konjunktiv II, bei der letzten Strophe wechselst Du dann des Reimes wegen in den Indikativ. Ich finde, Du solltest Dich für eine durchgehende Form entscheiden.

Ein Viertel / ein Fünftel benötigt übrigens in den meisten Fällen ein Verb im Singular, so dass die Reime (zumindest grammatikalisch) nicht funktionieren.

Wenn ein Viertel der Hähne doch Schwäne wären (korrekt, weil sich das Verb auf Schwäne bezieht)
Wenn ein Fünftel der Hennen zu flennen anfänge[red]n[/red]
Wenn ein Viertel der Hähne auf Sägespäne[blue]n[/blue] wohnt[blue]e[/blue] und d'rauf scharrt[blue]e[/blue]

Alles in allem finde ich das Ganze sprachlich etwas verunglückt. Aber das mögen Andere anders sehen.

Gruß Ciconia
 

Tula

Mitglied
Ich habe dieses wie einen kleinen Ringel gelesen, nicht flüssig. Ich denke daher, bei diesem kommt der Spaß bei einem lauten Vortrag gut durch

Tula
 

morgenklee

Mitglied
Frei sein / Antwort

Hallo Ciconia,

recht so! Wir sollten uns sozusagen "stellen". Und das bedeutet eben auch, hart kritisiert zu werden. Aber fair. Und das hast Du gemacht. Ich akzeptiere das ohne "Wenn und Aber".
Unter Kabarettisten sagt man ja, "für einen Gag würde man die Großmutter verkaufen". Zuweilen scheint das verlockend zu sein. Aber: Auch ein sog. "verqueres" Gedicht sollte nicht - sozusagen "aus Versehen" oder aus mangelnden Grammatik-Kenntnissen "verquer" verfasst werden.
Marcel Reich-Ranicki hat mal - richtigerweise - darauf hingewiesen, dass man nicht "schlecht" schreiben müsse, um über das "Schlechte" zu schreiben.
Ich sehe die 'Leselupe' (der Titel hat m.E. nicht zufällig etwas mit einem "Vergrößerungsglas" zu tun) als ein Labor des Versuchens, des Probierens und des Übens an. Und insofern verweist dieses Labor auch auf handwerkliche und mentale Fehler. Aber - mit anderen Anordnungen - lässt sich, statt Porzellan, eben auch Gold gewinnen.
Nur dem "Absoluten" gegenüber sollte man misstrauisch bleiben (wir erleben das zur Zeit in einigen Ländern), aber mit dem "vagen Vielleicht" können wir offen und ehrlich den Diskurs wagen.
 

morgenklee

Mitglied
Frei sein Antwort an Tula

Ja, Tula!
Nach erster kühler Begegnung ... fange ich an zu lächeln. Lyrik kann großartig sein (ich nenne nur S. Kirsch und G. Kunert). Aber sie kann eine Leserin/einen Leser auch zum Schmunzeln, zum Lächeln und zum Lachen bringen:

Hier ein Beispiel von Hans Bötticher*:

DIE AMEISEN

In Hamburg lebeten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh
Und da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.

So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.

* Der sich später Joachim Ringelnatz (11183-1934) nannte
 



 
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