Freilandblumen

5,00 Stern(e) 1 Stimme

James Blond

Mitglied
Ich hatte sie in Schutz genommen,
vor Winters frostigem Gebrauch,
jetzt sollten sie zum Frühling kommen
und an die liebe Sonne auch.

Geranien konnten's nicht erwarten,
sie schossen früh ins trübe Licht,
als wär mein Flur ihr stiller Garten,
jedoch ein Garten war er nicht.

Zu dünn geraten waren Stängel,
auch zart und blass der Blätter Dach,
der Wind erkannte flugs die Mängel
und legte gleich die Hälfte flach.

Die Sonne schenkte ihre Strahlen
danach für einen Frühlingstag,
die Blättchen mussten es bezahlen,
zu hart traf sie der Lichteinschlag.

Der Nachwuchs ging gebleicht zu Boden,
gewuchert nur im Schutze geil,
das Freiland greift zu Feldmethoden,
der Gärtner denkt sich seinen Teil.
 

Aufschreiber

Mitglied
Gefällt mir gut. Du hast den Ton zwischen Schmalz und Ironie getroffen, die Stimmung zwischen Hoffnung und Erkenntnis fein umgesetzt.
Genau mein Stil.

Beste Grüße,
Steffen
 
G

Gelöschtes Mitglied 23450

Gast
Ich hatte sie in Schutz genommen
vor Winters frostigem Verbrauch,


Wenn von Freilandblumen die Rede ist, sollte die Flur gemeint sein, also

als wär die Flur ihr stiller Garten,
jedoch ein Garten war sie nicht.


Der Kollege Aufschreiber hats gesagt, dem schließe ich mich an!

Meine letzte Textarbeit - wie angekündigt!

Schönen Tag
Rudi
 

James Blond

Mitglied
Hallo ihr Drei!
Schön, dass ihr zu ein paar freundlichen Worten gegriffen habt. Rudi, ich bedaure deinen Entschluss außerordentlich.

ich lese hier "Flur" als Eingang, Hausflur, Diele ...
Genau, der Hausflur war hier gemeint, in den sich die Geranien zum Überwintern zurückgezogen hatten.

Schön, dass auch die Ironie herausgelesen wurde, was ja nicht immer klappt.
Wie aber steht es mit dem Bild der Gewächshaus-Pflänzchen im Freiland? Ich hatte da so meine Hintergedanken ... ;)

Liebe Grüße
JB
 
Hallo James,

diese Verse gefallen mir auch ausgesprochen gut; und um das (zu frühe) Veröffentlichen derselben scheint es auch inhaltlich zu gehen ... das Gewächshauspflänzchen (= das nicht ausgereifte Gedicht) mag der rauen Natur (= dem kritischen Betrachter oder Rezipienten) noch nicht gewachsen sein ...

Gruß, Artbeck
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Rudi,

das mit "der Flur" kann ich nicht nachvollziehen.
Es geht doch hier um "den Flur" der Wohnung, den "Vorsaal", also Innenraum.
Dort befinden sich die Gewächse, zum Überwintern.

Den "Verbrauch" finde ich gut, weil der "Gebrauch" im Text mir auch ein bisschen unklar ist.

Beste Grüße,
Steffen
 

James Blond

Mitglied
Hallo ihr Lieben!

Ich freue mich über eure Beschäftigung mit dem Text, bin angenehm überrascht!
Es geht doch hier um "den Flur" der Wohnung, den "Vorsaal", also Innenraum.
Ja, der Wohnungsflur war gemeint.
Den "Verbrauch" finde ich gut, weil der "Gebrauch" im Text mir auch ein bisschen unklar ist.
Das stimmt schon, der 'Verbrauch' trifft die Sache weitaus realistischer, allerdings hattest du auch schon angemerkt:
Du hast den Ton zwischen Schmalz und Ironie getroffen,
Und genau dazu wird etwas bereits hier angelegt: Der 'frostige Gebrauch' der Pfanzen durch den Winter ist natürlich stark untertrieben, ein ironischer Euphemismus, der auf die folgende Lesart vorbereiten soll.
Für den Schutz, der geil ist und sich irgendwie an Moneypennys Geranien vorbeigemogelt hat, gibt's extra Applaus.
Nun ja, lieber Hans ... eigentlich war von mir nicht der 'geile' Schutz gemeint, sondern der Pflanzenwuchs - meinetwegen auch auf Moneypennys Fensterbrett. Der 'geile' Wuchs rekurriert auf eine etwas andere, ursprüngliche Bedeutung, die nahezu in Vergessenheit geraten ist:
geil: (von Pflanzen) [allzu] üppig, aber nicht sehr kräftig wachsend; wuchernd
diese Verse gefallen mir auch ausgesprochen gut; und um das (zu frühe) Veröffentlichen derselben scheint es auch inhaltlich zu gehen ... das Gewächshauspflänzchen (= das nicht ausgereifte Gedicht) mag der rauen Natur (= dem kritischen Betrachter oder Rezipienten) noch nicht gewachsen sein ...
Das Bild von den lyrischen Pflänzchen, die im Freiland scheitern, gefällt mir außerordentlich gut, lieber Artbeck. Ich hatte es selbst nicht im Blick. Einen anderen Hinweis gibt ein Begriff in der letzten Strophe ...

Vielen Dank an alle Gärtner!

Grüße
JB
 

molly

Mitglied
Hallo James
Ich hoffe, ich verstehe Dich nicht wieder falsch. Seis drum.
Ich lese, auch junge Menschen müssen sich im Freiland draußen bewähren, man kann sie nicht immer beschützen und der "Gärtner" darf sich sein Teil denken, nicht stets eingreifen.
Liebe Grüße
molly
 
G

Gelöschtes Mitglied 23910

Gast
Immer wieder die Verantwortung für die Welt auf das Grünzeug übertragen, James?
 
G

Gelöschtes Mitglied 24012

Gast
Denkst Du auch an Dich im wieder Erblühen?
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo James,

ich freue mich, dass Du unsere Gedanken aufgegriffen hast. Die letzte Strophe finde ich jetzt tatsächlich besser.

Beste Grüße,
Steffen
 



 
Oben Unten