Friss alles

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G. Neville

Mitglied
Hallo Beisl,

hab jetzt alles gefressen. Mehrmals durchgekaut. Zähe Kost. Rätselhaft. Gehirnwindungen ankurbelnd ergo anregend...
Und nun zu meiner Frage: Was bedeutet der Punkt in der ersten Zeile zwischen "Zweifel.ließe" ?

Und generell, was bedeutet eigentlich die obige Funktion "Beobachtende Themen" da sieht man dann so ein Auge-Symbol. Wer beobachtet da wen, und warum, und weshalb?

Gruß
G.Neville

Hab gerade nochmal nachgedacht... Wer nur noch zweifelt, ist am Ende völlig verzweifelt, und somit total handlungsunfähig.

"Der Zweifel zerfrißt ein jeglich Werk."

Paracelsus (1493 - 1541)
 
Hi, es geht um Gegensätze. Im Existenzialismus von Sartre hat alles seinen Platz:--- gut und böse sind einander ausgeliefert. Das eine Element kann ohne das andere nicht sein, genau wie Mephisto im Faust, hat auch jede Persönlichkeit zwei Seiten - zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust. Siehe auch die sadistische Mutter Theresa, die ihre Anvertrauten verprügelt hat. Das heißt nun nicht, dass jeder Mensch seinen Teufel in sich ausleben sollte aber zumindest erkennen soll, dass es immer eine Kehrseite der Medaille gibt und ohne die eine Persönlichkeit immer halbfertig präsentiert wird. Also trau keinen über dreißig, wie es in den 70ern so schön hieß, denn von Geburt an ist zwar das Element der Barmherzigkeit implantantiert, wie es Schopenhauer genannt hat aber danach durch die Sozialistation Stück für Stück abgeschliffen wird.

By the way ....
Mir hat diese Form des englischen Sonetts oder Shakespeare Sonett schon immer gut gefallen. Man hat die Möglichkeit die Conclusio in den letzten zwei Zeilen durch die Überlänge fast prosahaft zu gestalten und kann sich etwas vom Reimzwang heraus bewegen. Das ergibt eine schöne Abwechslung.
Gruß vom Beislhans
 

G. Neville

Mitglied
Danke für Deine lehrreichen Ausführungen. Ich lerne jetzt erst mal, wenn es die Zeit erlaubt, was ein Sonett überhaupt ist. Ich schreibe aus dem Bauch heraus, achte bestenfalls auf Rhythmus sowie Anzahl der Silben.
Hier wird es ganz gut beschrieben: https://wortwuchs.net/sonett/

Gruß
Georg
 
Bei lehrreich denke ich gleich an belehrend und so sollte es nicht rüberkommen.
Das beste ist ...
Ich schreibe aus dem Bauch heraus
es genau so zu machen. Klar braucht man etwas Rüstzeug aber die beste Theorie nützt nix, wenn der Impuls fehlt.
Es gibt hier einige Autoren, die metrisch sehr versiert sind und das auch gerne weiter geben aber der wortfuchs ist natürlich auch hilfreich.
Gruß vom Beislhans
 

G. Neville

Mitglied
Ein Sonett ist wie ein Korsett
Straffe Bänder schnüren ein
Stabile Stäbe vollenden die Pein

Zusammengeschnürt das arme Dichterfleisch... :)
 

James Blond

Mitglied
implantantiert, wie es Schopenhauer genannt hat
Das hat er bestimmt nicht. ;) Entweder 'implementiert' oder 'implantiert'.

Mir hat diese Form des englischen Sonetts oder Shakespeare Sonett schon immer gut gefallen. Man hat die Möglichkeit die Conclusio in den letzten zwei Zeilen durch die Überlänge fast prosahaft zu gestalten und kann sich etwas vom Reimzwang heraus bewegen. Das ergibt eine schöne Abwechslung.
Diese Überlänge in den letzten Versen wäre mir neu. Ich kenne Shakespeare-Sonette nur als 3*4 + 2 Verse, durchgehend 5-hebig jambisch und im Reimschema abab cdcd efef gg. Darüberhinaus ist deine Conclusio eigentlich selbst ein paargereimter Vierzeiler, nur hat hier dann lediglich der letzte Vers ein Länge von 5 Hebungen

Man muss vom Ekel auch probieren,
wenn man dem reinen Wort misstraut.
Vor dem Gewölle sich zu zieren,
heißt doch: - wer nur geschluckt, hat nicht verdaut.



Auch die ersten 12 Verse sind auch nicht alle jambische 5-Heber:

gäb' es dann noch, um dich zu erfreuen?
Willst du leben wie der Philosoph im Faß?


und vollgefressen Hungers sterben -

auch kleines Glück bringt oft Verderben.


wenn ausgekotzt, was nicht mehr schmeckt.


Inhaltlich knüpft es aber an sonetthafte Gedankengänge an: Weder im Verzicht noch im Blick auf das Unerreichbare liegt der Genuss, sondern in der Bereitschaft zum Probieren des Naheliegenden. So habe ich es wenigstens für mich gedeutet.
Wenn es ein Sonett werden soll, dann muss Hans aber noch mal ran. :)

Grüße
JB
 
dann muss Hans aber noch mal ran. :)
Also gut James, ich war mit Mr. Q unten in der Asservatenkammer und habe die Shakespeare Kisten rausgekramt. Neben den bekannten Begriffen und Formen gibt es das berühmte Spenser Sonett und tatsächlich war mir das, obwohl länger her, noch gegenwärtig.
.
Eine wichtige Variante des englischen Sonetts ist das sogenannte Spenser-Sonett, das die äußerliche Gleichartigkeit der drei Quartette auch inhaltlich realisiert, indem sie durch Reimwechsel verknüpft werden. Es kann aber auch in den drei Quartetten ein Problem oder eine Situation aufgebaut bzw. beschrieben werden, was dann im abschließenden Reimpaar pointiert aufgelöst wird.
abab bcbc cdcd ee ....
.
Eine Vorgabe über die Anzahl der Hebungen könnte ich nicht finden, ebenso den zwingenden jambischen Auftakt. Auch über die Länge des letzten Couplets fand ich keine Eindeutigkeit.
Möglich, dass ich und Wiki sich da täuschen, wenn ja - hast du vielleicht die besseren Quellen.
Bleibt noch der olle Schopenhauer und seine mangelhafte Rechtschreibung.... hehe Danke für den Hinweis.
Deine metaphorische Aussage ist brilliant, so kurz und knackig hätt ich das nicht hingekriegt.
Ich könnte mich jetzt hinsetzen und alles durchgängig fünfhebig texten mit allerlei ach und oh aber ich bin eigentlich mit deiner "sonettartigen" Zuweisung ganz zufrieden. Es darf beim Hans, wie du ja weißt, auch mal ungerade sein.
Mein verstorbener Kumpel, Freund und Komponist Fritz Maldener sagte beim Komponieren am Computer immer "Du muscht klenne Fehler ninmache, das wirkt dann menschlicher".
Gruß vom Beislhans
 

James Blond

Mitglied
Nein, nein, lieber Hans,
ich will mich ja keineswegs in deine leckere Fressempfehlung verbeißen, es steht ja auch nicht mal dran, dass hier ein Sonett drehen soll!

Allein, ich bin verunsichert über unsere unterschiedliche Lesart des selben Wiki-Textes. Ich schrieb ja bereits, dass dein Gedicht thematisch recht sonett-konform daherkommt. Das Spencer-Sonett baut darüberhinaus eine Brücke zwischen den drei Quartetten durch jeweils ein gemeinsames Reimpaar. Und das traditionelle, ordinäre, italienische oder englische Sonett besteht aus 14 fünfhebigen Jamben. Über abweichende Längen innerhalb eines Sonetts habe ich bisher nichts gefunden, aber immer geglaubt, dass man hier - bei aller Variation - ein einmal gewähltes Metrum bis zum Ende durchhält.

Das kann sich natürlich - ohne mein Wissen - inzwischen geändert haben, vermutlich gilt ja längst auch nicht mehr das 14-zeilige Gebot. Vermutlich ist heutzutage irgendwie alles Sonett und das, was kein Sonett ist, ist auch Sonett. Ob ich's nun versteh oder nicht, längst lauf ich der Zeit nur noch per pedes nach ...

Liebe Grüße
JB

PS: Isch 'ab nischts geschn Fehla
 



 
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