Frühling (Triolett)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Froh zu sein be Froh zu sein be Froh zu sein be Froh zu sein be

Eine nette musikalische Form mit inneren Symmetrien, Versschleifen, blütenhaft, ich kannte was Ähnliches zunächst von Trakl - "Verflossen ist das Gold der Tage" - dort ists der Herbst, bei Dir der Frühling.

"Frohsinn lächelt ..." klingt ein bißchen blöd. Kann aber die Frühjahrsmüdigkeit oder das Naive ins Lied bringen, ironische Selbstabbildung des kindlichen Dichtergemüts. Denn "Sonne Mond und Sterne" sind ja gewiß bewußt naiv hineingeschnitten. Was den Frühling angeht, so steigt ja allein die Sonne, die Sterne kreisen immer gleich hoch um den Polarstern, der Mond läuft mal hoch mal tief unabhängig von den Jahreszeiten, denn die sind sonnenbezogen, der Mond aber nicht.

"und die Liebe mehrt sich auch" - führt nicht vielmehr Liebe zur Vermehrung der einander Liebenden? Oder ist es eine Anspielung auf den urkomischen Vers des Matthias Claudius: "Und unsern kranken Nachbarn auch"?, so nach dem "Mond"?
Ich sage nicht Nein.
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Mondnein,
danke dir für deine detaillierte Betrachtung!
Die von dir gelieferten Stichworte "kindliches Dichtergemüt" und "naiv hineingeschnitten" benennen die Fährte, der der Autor gefolgt ist.
Dir einen schönen Frühlingstag!
wüstenrose
 

molly

Mitglied
Hallo wüstenrose,
dieses Triolett habe ich sehr gern gelesen, es ist ein hübsches Spiel mit Worten und passt zum Frühling. :)

Hallo mondnein,
hast Du schon ein Triolett oder ein Elfchen geschrieben?


Schönen Sonntag für alle

molly
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
ja, hier frisch improvisiert:

Ich tanze mit in deinem Tanz
Im Iamben-Iamben-Dreierschritt
Ich knüpf aus Löwenzahn den Kranz
Und tanz mit dir in deinem Tanz
Knüpf Schritte, Blumen, Blick und Glanz
Und kreis im Kreise mit dir mit
Ja tanz mit mir in meinem Tanz
Den vers-gekränzten Dreierschritt
 

wüstenrose

Mitglied
deine Improvisation, Mondnein, obgleich aus flüchtiger Feder stammend, transportiert doch schön die Leichtigkeit und den Taumel, welche gerade aus dieser Form spielerisch erwachsen können.

Wie ich sehe, hast du auch unter "Theoretisches" Gedanken zum Triolett eingestellt und wem die Form gefällt, der findet in den dortigen Kommentaren schöne Beispiele der "Altmeister" (Hagedorn, Chamisso...)
 
F

Fettauge

Gast
Liebe Wüstenrose,

das hast du prima hingekriegt. Schön auch, dass du uns das eher seltene Triolett herzeigst. Dumm nur, dass du Trochäen einsetzt, das Triolett verlangt, strenggenommen, weil die Franzosen, von denen das Triolett kommt, auf Jamben stehen, das jambische Versmaß. In acht Zeilen kann man nicht allzuviel unterbringen, inhaltlich lebt dein Frühlingstriolett vom Üblichen, das niemanden überrascht. Aber es ist hübsch geworden, was will man mehr verlangen.

Liebe Grüße, Fettauge
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Fettauge,
danke für die wohlwollende Betrachtung.

Jamben bzw. Trochäen - ehrlich gesagt, ich habe mich mit diesen Gesichtspunkten überhaupt nicht herumgeschlagen, sondern eher "drauflosgewerkelt".
Ja, ich denke, es ist "hübsch" geworden, es bewegt sich bewusst im gängigen Frühlingskontext, es will keine Innovation, es will den Zauber, der dieses Jahr schon wieder dem des Vorjahrs gleicht (und dabei doch unwiderstehlich ist), reproduzieren.

lg wüstenrose
 
F

Fettauge

Gast
Frühling

Liebe Wüstenrose,

dass du "drauflos gewerkelt" hast, habe ich bemerkt. Was aber dem Text für den, der die Anforderungen an ein Triolett nicht oder nicht genau kennt, nicht von Belang ist.

Ich schick dir mal ein Triolett von mir zum Vergleich, es ist "klassisch" in dem Sinne, dass ich versucht habe, alle Elemente darin unterzubringen:

Meine Straßenamsel (Triolett)

Die Straßenamsel weckt mich jeden Morgen.
Sehr pünktlich sitzt sie auf dem Ahornast,
versüßt den Kopfschmerz mir und meine Sorgen.
Die Straßenamsel weckt die Stadt am Morgen.
Im ersten Grün sitzt sie, nur halb verborgen,
verlässt nie ihren Stammplatz Ahornast.
Der Straßenamsel Lied tönt durch den Morgen,
verträumt singt sie dort auf dem Ahornast.

Folgende Anforderungen:

- Jambus (Anzahl der Hebungen: 4 bis 5)
- Reimschema: abaaabab. Das hast du im wesentlichen eingehalten, aber nicht die Besonderheiten. Die bestehen darin,
dass z. B. die drei Kehrreimzeilen nicht wirkliche Kehrreimzeilen sein sollen, also nicht 100prozentig identisch, sondern leicht variiert wiederkehren sollen. Wobei sich nicht, wie ich es hier gemacht habe, die B-Zeile immer auf dasselbe Wort (Ahornast) reimen muss.

Ansonsten finde ich dein Gedichtchen ganz in Ordnung, wie gesagt, es ist hübsch, optimistisch. Und das reicht.

Liebe Grüße, Fettauge
 

wüstenrose

Mitglied
somit besten Dank, Fettauge, für die weiterführenden formalen Betrachtungen / Informationen. Sollte es mich wieder mal jucken, ein Triolett zu schreiben, so werde ich abwägen, ob (ausgehend vom Thema / von der Grundidee) eine eher nonchalante Herangehensweise oder formale Akkuratesse (das meine ich nicht abwertend) angesagt ist. Und deine Ausführungen dann zu Rate ziehen. In jedem Falle ist es von Vorteil, die "klassische Form" gründlich zu kennen, ehe man daran geht, neue Wege einzuschlagen (da wünsche ich mir manchmal einfach etwas mehr Zeit und Stille, um in dies oder jenes eintauchen zu können...)

Dein Triolett: nun, es gefällt mir sehr gut. Die Autorin hält sich erfreulicherweise nicht gar zu sehr bedeckt (soll das eine Anspielung sein?) und gewährt - frei von selbst auferlegter Mäßigung - Einblick in zarte Gefühlslagen: ein Schwingen zwischen Benommenheit und Lebensfreude.

lg wüstenrose
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
gottseidank, ich bin gerade noch knapp A.s Lob entronnen

Ich tanz nicht mehr in diesem Tanz
Wenn A. mir auf die Füße tritt
Ich knüpf nicht mehr den Blumenkranz:
"Anforderung" - ist das noch Tanz?
Den fette Suppenaugen-Glanz
Spül ich jetzt ab. Ich spiel nicht mit
Beim Hofappell, beim Hampeltanz
Leck mich im A., küß mich im Schritt
 

wüstenrose

Mitglied
Verflossen ist der Reiz der Zeilen
statt zartem Getändel
Fehde und Händel
statt zartem Getändel
gereizte Zeilen


Fehde und Händel - soweit sie mit dem vorliegenden Thema nichts zu tun haben - bitte woanders austragen.
 



 
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