Für dich

4,10 Stern(e) 7 Bewertungen

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Erinnerst du dich an unsere vier Wände?
Sie sprechen mit mir.
Erzählen alte Geschichten.
Die Rahmen sind leer.
Der Wasserhahn tropft immer noch.
Dein kariertes Hemd hängt im Schrank.
Manchmal rieche ich daran.
Dann wird es eng in mir.
Über uns - verzeih - über mir
Wohnt jetzt ein junger Mann.
Er läuft die Treppen wie du.
Jedes mal renne ich zur Tür und lausche.
Du wolltest doch noch die Bücher abholen.
Die Musik hattest du mir geschenkt.
Sei nicht böse...ich kann sie mir nicht anhören.
Vielleicht…irgendwann.
Ich schreibe jetzt Gedichte - nur für dich.
All die Dinge, die ich hätte sagen sollen.
Das befreit, sagt mein Therapeut.
Doch wie sollen sie mich befreien?
Du wirst meine Worte nie lesen.
 

Jongleur

Mitglied
Hallo Otto,

die Geschichte einer Trennung.

Ab "Der Wasserhahn tropft immer noch" gefällt es mir sehr!
Die Zeilen davor? Sind so allgemein formuliert. "vier Wände" ... eine ziemlich abgegriffene Floskel aus der Alltagssprache, warum nicht "unser Zimmer"? Und das "Erzählen alter Geschichten" greift vor, interpretiert.
Denn aus den folgenden Beschreibungen versteht der Leser, dass alles in diesem Raum dem Lyrischen Ich Geschichten vom und über das Du, über die gemeinsame Zeit erzählt.
Welche Rahmen sind leer?

Zum Schluss des Gedichtes:
Schreibt das Ich über die "Dinge", die es hätte sagen sollen, oder die "Worte"? Oh ich verstehe, "die Worte" werden in der letzten Zeile gebraucht.
Dies doppelte "befreien" klingt mir umständlich und steif und wenig lyrisch.

Das befreit, behauptet der Therapeut.
Ich weiß nur, dass du meine Worte
nie lesen wirst.

Uuh, und es ist traurig, das Gedicht. Wie Trennungsgefühle sind.

Gruß vom Jongleur
 

Perry

Mitglied
Hallo Otto,
eine stumme Zwiesprache mit einer verlorenen Liebe. Mir gefallen die symbolkräftigen Kleinigkeiten und der lakonisch traurige Erzählstil.
LG
Manfred
 



 
Oben Unten