garden bloggers

Naturnah ist das einzig wahre Lässig.
Als Boho-Grüner gardnet man urban;
baut Bio-Gurken und -Radieschen an,
entflieht beim Imkern allem, was zu stressig.

Europaletten, cool gestylt zu Bänken:
mit großen Kissen wird darauf gechillt,
während der Host vegane Patties grillt,
um dazu selbstgebrautes Bier zu schenken.

Ein andrer Garten hinter graden Hecken
folgt scheinbar strengeren Gesetzen:
hier darf kein Unkraut einen Fleck besetzen!
Gepflegter Kies formt Bögen oder Ecken.

Die Lounge aus Polyrattan; kubisch schlicht!
Cocoont wird elegant im Hängesessel!
Terrassenluxus - die Gesellschaftsfessel
"Geschmackskonformität" verbietet "schlicht".

Schaut man genau, erkennt man jedoch eines:
echt "individuell" kann keins von beiden.
Das Angebot scheint breit, jedoch wir leiden
am Glauben, social media wärn was Feines!

Tatsächlich schrumpfen sie die Perspektiven,
verflachen Selbsterfahrungstiefen.
Gaukeln bloß vor, ein jeder kann "unique"
- egal ob Boho- oder Vorstadt-Chique.





.juli_2022

Oho, da hat sich aber jemand geärgert Ich bin jetzt nicht so der Gartentyp, aber dass der Versuch, 'unique' auf die Spitze zu treiben am Ende immer zu Konformität führt, erfärt man auch auf anderen Parteis. Ich dachte immer, ein Stuhl wird individuell durch die Person, die darauf sitzt
Wenn man genau hinschaut, findet man immer das Große im Kleinen und ungekehrt.
Schmissiger Text!

Liebe Grüße
Petra

Hallo Claudia,
ich kann Dich gut verstehen. Wenn ich so an die "Super" Gärten denke, ohne Löwenzahn und Gänseblümchen usw.,erinnere ich mich gern an den Vorgarten meiner Mutter. Er war eigentlich für Blumen gedacht, aber dort wuchsen damals, wie in allen Siedlungsgärten unserer Stadt, Kartoffeln. Das Wort "bio" und "vegan" kannte man damals noch nicht.

Liebe Grüße
Monika

petrasmiles schrieb:

Oho, da hat sich aber jemand geärgert ....dass der Versuch, 'unique' auf die Spitze zu treiben am Ende immer zu Konformität führt, erfärt man auch auf anderen Parteis.

Zum Vergrößern anklicken....

Das stimmt, liebe Petra!

Was ich hier beschreibe, lässt sich natürlich auf viele Lebensbereiche anwenden. "Geärgert" habe ich mich aber nicht - "gewundert" habe ich mich, wie wenig groß die gestalterische Bandbreite bei der Auswahl für Terrassen- und Gartenmöbel im Moment ist. Gartenthema deshalb: wir haben vor eineinhalb Jahren ein Häuschen im Grünen gekauft und ich versuche seitdem - mit mäßigem Erfolg - die Terrasse gemütlich zu machen...ich finde mich in den aktuellen Trends und Angeboten nicht wirklich wieder.
Polyrattan ist eine coole Erfindung - hat aber seit ein paar Jahren den neuen uniformen Terrassen-Kubismus eingeläutet und organisch wirkende Garten- und Terrassenmöbel weitestgehend verdrängt. Alternativen gehen dann entweder in Richtung Landhausgarten mit antiken Möbeln (aus klobigem Holz oder verspielt verschnörkeltem Gusseisen) oder eben Boho-Lässigkeit mit Understatement. Die Nachbargärten der Neubauten bei uns bilden lustigerweise genau das ab, was ich versucht habe, zu beschreiben.
Abgesehen davon finde ich es total schräg, wenn man Palettenmöbel um teures Geld kauft anstatt sie selbst aus gebrauchten zu bauen! Schräger noch die stylischen "Grillkisten", die aus Edelstahl gemacht sind und Bierkiste und transportablen Grill in einem bieten. Die gaukeln bloß eine bestimmte Lebenshaltung (oder Nachhaltigkeit) vor. Sind also genaugenommen ebenso Kitsch wie kunstharzgegossene "Marmorstatuen" im herrschaftlich verspielten Landhausgarten.

Dass gestalterische Bandbreiten im mittelpreisigen Sektor in den letzten Jahren abnehmen - und zwar in vielen Lebensbereichen - führe ich zum Teil auf die Dynamik der social media zurück. Dort wird multipliziert, was "angesagt" ist und womit Influencer und deren Follower punkten können - und die befüttern eben zum Großteil die aktuellen Trends anstatt neue zu setzen. Man sieht also mehr desselben und nicht mehr Vielfalt. Zumindest meine ich, das so zu beobachten.

Servus, liebe Monika!

molly schrieb:

...erinnere ich mich gern an den Vorgarten meiner Mutter. Er war eigentlich für Blumen gedacht, aber dort wuchsen damals, wie in allen Siedlungsgärten unserer Stadt, Kartoffeln. Das Wort "bio" und "vegan" kannte man damals noch nicht.

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Ja, einen solchen Siedlungsgarten hatte die Oma meines Mannes auch noch - und der hatte weit mehr Charme und Lebendigkeit als die geschniegelten, "perfekten" Gärten, die heute anscheinend in erster Linie als Statussymbol dienen.
Das Label "vegan" wird ja heute aus Marketinggründen auf so viele Produkte geklatscht, die sowieso mit Hausverstand als "frei von" einzuordnen wären...und auch "bio" ist für viele mehr Lifestyle als vernunftgeborene Maßnahme...schräg, wohin sich die Menschheit so entwickelt in den letzten Jahren, oder?

Danke für die lieben Zeilen zu meinem kleinen, gereimten "Erguss".
Hab mich sehr gefreut!

Lieber Gruß,
Claudia


PS: Hängesessel find ich übrigens echt angenehm und cool! lol

Hallo fee_reloaded,

Genau so läuft das oft ab. Zu (hier speziell) unserem Glück haben wir unseren Garten in einem Verein, wo es die echte Vielfalt noch gibt.
Man sieht aber selbst hier gelegentlich die "Influencer-Followers", die ihr Stückchen Land im Prinzip vom Paradies zum Kult transformieren.

Dein Gedicht jedenfalls hat mir sehr gut gefallen.

Beste Grüße,
Steffen

Liebe fee reloaded (für den Unterstrich brauche ich fünf Minuten, bis ich den gefunden habe!),

da fehlt jetzt nur noch das 100%-ökologische Körnerfutter, auch für die Gäste, dazu das Mineralwasser - na klar, aus den Dolomiten - und dann natürlich alles absolut rauchfrei, inklusive etwaigem bösen Pfeifenqualm, selbstverständlich. Denn wir wollen ja alle mindestens 200 Jahre alt werden, selbstredend bei bester Gesundheit. Das ist doch normal, da muss man etwas dafür tun, das gehört doch alles zusammen! Hach, was sind wir doch hip, woke und was-weiß-ich!

Ein Text nach meinem Geschmack! So, und jetzt ein Zwiebelschnitzel, danach ein Pfeifchen zur Verdauung.....eine weitere sportlichere Betätigung braucht es dann nicht. Da oben hätte man vielleicht für Zeitgeist-Verweigerer wie mich wenigstens noch einen Terracotta-Aschenbecher mit Aufkleber "NO!" dazustellen können.
Toller Text! Mit Gruß, klaus k.

Klaus K. schrieb:

Hach, was sind wir doch hip, woke und was-weiß-ich!

Ein Text nach meinem Geschmack! So, und jetzt ein Zwiebelschnitzel, danach ein Pfeifchen zur Verdauung.....eine weitere sportlichere Betätigung braucht es dann nicht. Da oben hätte man vielleicht für Zeitgeist-Verweigerer wie mich wenigstens noch einen Terracotta-Aschenbecher mit Aufkleber "NO!" dazustellen können.
Toller Text! Mit Gruß, klaus k.

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Besten Dank, lieber klaus k.!

Freut mich, dass es dir so gut gefällt!
Ich hätte die Schilderungen der jeweiligen Garten-Fraktionen locker noch um jeweils zwei Strophen ausbauen können...ich weiß. Du hast da definitiv einiges aufgezählt, das da mit reinpasst und die Bilder so richtig rund und stimmig macht.
Aber in der Kürze liegt die Würze und zuviel der Aufzählung hätte das Gedicht dann doch in ein Gejammer verwandelt, finde ich. Das Weglassen fiel - wie so oft - nicht leicht...

"Woke" und "Wokeness" sind meine absoluten Un-Wörter und -Dinge zur Zeit. Alles braucht heutzutage ein Label, damit man sich als guter, aufgeweckter Mensch profilieren kann. Die Aufgeregtheit um die eigene Person, die das produziert, ist ein sicheres Indiz dafür, dass es dabei wohl eher nicht um ein wahrhaftig empfundenes Anliegen geht. Das kann man nämlich leise und im Stillen umsetzen, indem man Taten setzt, anstatt sich laut in Szene zu setzen.
Ich finde es schade, wie diese Aufreger-Kultur aus eigentlich guten Ansätzen immer gleich mühsame und polarisierende Extreme produziert. Womit wir wieder bei den social media wären...

Hab mich sehr über deine Zeilen gefreut, klaus! Danke nochmal!

PS: "fee" allein reicht übrigens völlig - und ich höre auch auf Claudia (das "reloaded" kam in einem anderen Forum mal aus forentechnischen Gründen einer Account-Reaktivierung nach längerer Pause zustande und ich hab's behalten).

Aufschreiber schrieb:

Genau so läuft das oft ab. Zu (hier speziell) unserem Glück haben wir unseren Garten in einem Verein, wo es die echte Vielfalt noch gibt.
Man sieht aber selbst hier gelegentlich die "Influencer-Followers", die ihr Stückchen Land im Prinzip vom Paradies zum Kult transformieren.

Dein Gedicht jedenfalls hat mir sehr gut gefallen.

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Herzlichen Dank, lieber Steffen! Das freut mich!

Ja, es gibt sie noch - die Vielfalt in Gärten. Vor allem in denen, die schon vor längerer Zeit angelegt wurden und richtig genutzt und "bewohnt" werden - und zwar von Besitzern ebenso wie von tierischen Besuchern.
Wir haben einen solchen auf der anderen Seite unseres Hauses genau gegenüber von den "Ausstellungsraum-Gärten" , die ich im Gedicht beschrieben habe. Viele, alte, krumm gewachsene Bäume mit Höhlen für Spechte und Stare, ein Eckchen für Gemüse, eins für das große Vogelfutterhäuschen, viele Nistkästen, ungemähte Ecken mit Wiesenblumen, ein großer Komposthaufen ganz ohne Beschleunigungsbehälter, Altholzstapel, Hühner, Eichhörnchen, Katzen, Igel, die dort einen Unterschlupf finden können, Stauden, die Farbtupfen setzen und der Übergang von der Terrasse zum Garten ist bereits schön eingewachsen und fließend und die Gartenbank hat schon schöne Patina (echte!) angesetzt....

Ich merke selbst, dass ich mich den aktuellen Trends nicht immer gleich gut entziehen kann. Sie sind so allgegenwärtig...und es ist auch nicht alles schlecht. Der Hängesessel, der bald in meinem Garten einzieht, setzt jedenfalls eine deutliche Zeit(geist)marke. Mal sehen, wie ich den gut integriere - ganz ohne Lounge-Möbel und Terrassenteppich...

Liebe Grüße und danke fürs Lob!

Claudia

Hach liebe Fee, was bin ich froh, dass unser Vorbesitzer alles getan hat, um mit Bäumen und Lavendel diese Unart mit Wurzelfolie und Kiesstreu im Samurai Look, samt geschnippelten Bux zu verhindern.
Ich könnte mir aber dich auf der Terasse als Cocooningmodel im Woodstock Look mit Bandana, lässig schaukelnd sehr gut vorstellen. Auf dem Tisch gekonnt achtlos drappiert, Blobergers "Garten für intelligente Faule" - daneben ne Flasche Gin mit Eiswürfeln und leise Musik von Madonna.
Flüssig geschrieben, gute Prosodie, einzig Boho müsste ich als Modemuffel googeln. Widda wos glernt.
Beislgrüße

hans beislschmidt schrieb:

Ich könnte mir aber dich auf der Terasse als Cocooningmodel im Woodstock Look mit Bandana, lässig schaukelnd sehr gut vorstellen. Auf dem Tisch gekonnt achtlos drappiert, Blobergers "Garten für intelligente Faule" - daneben ne Flasche Gin mit Eiswürfeln und leise Musik von Madonna.

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Grins, Hans,

der Garten für intelligente Faule - genau meins! Ich fühle mich ertappt.
Gin kann ich nicht bieten, dafür aber Limoncello. Im "achtlos Drapieren" bin ich übrigens echt gut. Mein Zuhause ist daher auch nicht staubig, sondern vintage.

Lieber feen-gruß! xxx