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... Generell schaut man bei unschönen Dingen lieber weg und das ist nunmal so. Gleichzeitig nehme ich dies aber als Erfolg wahr; dieses Thema grausam, düster und unangenehm zu verdichten.
Das ist dir definitiv gelungen, lieber Chandrian.
Ich behaupte sogar, dein Text ist dermaßen unangenehm gelungen, dass man sich dieser Empfindung nicht entziehen kann und dieses dann dazu führt, dass man die Wirkung des Textes mit seiner Qualität verwechselt (oder beides verschwimmt).
Du hast recht - bei unschönen Dingen schaut man lieber weg. Und "unschön" ist dein Text definitiv - inhaltlich gemeint jetzt. Du hast, wie ich es sehe, nicht viel ausgelassen, das in uns Lesern Abscheu oder zumindest ein starkes Unangenehm-Berührt-Sein erzeugen könnte. Du bedienst die Geruchswelt (sehr wichtig und gut gemacht) ebenso wie unsere innersten Ängste.
Besonders spannend finde ich diesen Teil des Textes und dieses unbarmherzige "grellweiße licht", das einerseits blendet, auf der anderen Seite aber all das Elend und Bedrohliche bis ins Detail ausleuchtet. Und spätestens mit achtzehn muss LyrIch seinen Mann stehen, seine Zukunft planen in einer Welt, in der Kinder zu kriegen wohlüberlegt sein will und in der er bis dorthin schon viel Leid und Grausamkeit erfahren hat...ich war schon halb zwölf
als mir ein grellweisses licht
vor die pupille geschoben wurde
und dann war ich
ein mann
mit achtzehn und der bestimmung
frauen schwanger zu kriegen
reproduktion –: kinder
zu machen
Düster as düster can, sag ich da nur. Hut ab! Der Sinn des Lebens - wie und wo könnte der in einem so feindlichen Umfeld überhaupt gesehen werden?
Und wieder sind wir beim grellweißen Licht...
Das Gedicht stößt den Leser in seiner Grausamkeit ab, wie das Leben es mit dem LyrIch tut. Ein Gedicht als Wagnis - hier hat es sich mMn gelohnt.
"Gern gelesen" kann ich wirklich nicht sagen...aber gern in dessen Tiefen hinabgestiegen und fündig geworden.
LG,
fee