Hey R!
Hier komm ich zu etwas gemischten Leseresultaten:
Den Schluss ("alles was blieb / was zurück blieb / was verloren geht // weniger als die Antwort") finde ich in seinen sprachlichen Auflösungserscheinungen schlicht grandios. Großes Kino. Jubel.
Die "Verlangen-Strophe" erscheint mir demgegenüber, vor allem mit dem "hinüber ins jenseits" schon als etwas "zu dick aufgetragen". (Nebenbefundlich: Ist die uneinheitliche Groß/Kleinschreibung der Substantive ein absichtsvoller Störeffekt oder "aus Versehen" passiert?)
Die "ruft hin"-Strophe kommt mir sogar noch etwas Pathos-getränkter vor, wirkt beinahe schon grob.
Bei der "ausgesperrt"-Strophe kann ich dann das "entborgen" nicht so recht deuten. Aufgrund der Beiordnung durch das "und" müsste das "entborgen" eigentlich grammatisch mit dem "ausgesperrt" korrespondieren, was es offensichtlich nicht tut. Ist das ein Druckfehler oder eine gewollte Sprachzerhackung?
Was ich dann wieder eindeutig mag, ist das paradoxe "Es darf kein Geheimnis bleiben", weil das auch im Fortgang des Gedichts nochmals auftauende "es" ja gerade geheimnisvoll bleibt. Das ist ein schöner Augenzwinkereffekt. Inosfern hätte ich diese Zeile eigentlich auch als Titel des Gedichts bevorzugt.
Das "Gebirg", der eigentliche Titel kommt mir hingegen aufgrund des fehlenden "e" ziemlich gekünstelt vor. Ist das eine Anspielung auf irgend etwas? Man könnte evtl. an Büchners Lenz denken:
Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Aber so richtig sympathisch wird mir der Titel auch dadurch nicht.
Ändert alles aber nichts am großartigen Finale. Ich jubele immer noch.
LG!
S.