Gebrüder Grimm

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Ralf Langer

Mitglied
Gebrüder Grimm

Mein Gruß ist pulverschwer, ist Salve.
Eine Garbe mein Versprechen;
Maschinengewähr.

Pfeile meine Worte
Klingen nicht nur
zugespitzt.

Die Augen kalt.
So viel zu sargen.
Die Essenz ist : ohne dich.

Das Herz lügt
auf der Zunge
trage ich Fluchscharen
und alle Zeit
ein pfählendes Wort.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich bin wahrscheinlich gerade durch die TV-Serien vorbelastet, aber neben den Wortspielchen, betonst Du hier die Action. Und das ist natürlich ein Grundprinzip der Märchen.

Ich rätsle allerdings, ob der Titel so passend ist, denn die beiden Brüder selbst passen mir nicht so recht zum Text.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo lapis,

gut aufgefallen. ich selbst habe lange gehadert
zwischen zwei titeln
A)gebrüder grimm
und
b ) grimms Worte

mir gefiel gebrüder grimm wegen der direkte bedeutung
zum märchen, allerdings hadere ich schon wieder.

letzlich spricht hier der grimm und nicht die gebrüder grimm

auf einer sehr weit hergeholten beinahe nur erdachten schleife
dachte ich an die beiden trabanten des mars:

phobos und daimos : furcht und schrecken

herzlichen dank für die meldung

ich denk da noch einmal drüber nach

ralf
 

Label

Mitglied
Hallo Ralf

auch mir schien der Titel nicht passend.
Dachte mir aber statt dessen Gebrüder Grimmig und schon stimmte es doch.

dir einen lieben Gruß
Label
 
P

penelope

Gast
warum ich an diesem gedicht so lange herumgestrolcht bin, ich weiß es nicht, vielleicht der titel, aber wenn ich dann lese:

"Die Augen kalt./So viel zu sargen."

ein strang, der daherkommt, wie aus gähnender leere, aus dem dann endlich heraus eine gesamtheit hervorbricht, eine gegenständlichkeit, angefüllt durch einen kühlen tonfall, stimmen, wind, der da scheinbar zu schreiben versucht, vielleicht ein wenig lumen, werde ich hineingeschrieben in ein epitaph, und ich weiß gar nicht, was da passiert, habe angst davor, es zu erfahren, weil sich da etwas propagiert, um vom fließfähigen ins regungslose überzugehen...

um dann endlich als geschriebenes sich sichtbar einzugraben und mit einem geflecht von wörtern, anordnungen plötzlich im zentrum einer am ende schönen poesie befindet...

auch wenn die wörter niemals leicht zu tragen sind, hier:

"Das Herz lügt/auf der Zunge/trage ich Fluchscharen/und alle Zeit/ein pfählendes Wort."

lg penelope
 

ENachtigall

Mitglied
Grimm

[blue]Grimm[/blue]

würde mir als Titel völlig ausreichen, weil die Brüder immanent sowieso mit drinstecken.

[blue]Mein Gruß ist
pulverschwer, ist Salve
Meine Garbe ein Versprechen
mit Maschinengewähr[/blue]

Die Garbe: schönes Bild, schwankt nicht, sie zittert eher unmerklich zwischen Geschenk (Gabe) und Blumenstrauß (Getreidebündel), passend zum Gruß.
Maschinengewähr: gewaltiges Bild, wälzt sich hin und her zwischen der Waffe und einem Arsenal diverser Apparate, die breit stehen, jedes Versprechen entweder wahr werden zu lassen (Gewähr) oder zu ahnden. Verleiht somit zusätzlich dem Begriff des Versprechens Zweideutigkeit.

Ich habe nach dem Vergleich Deiner zwei Versuche diesen (oben gezeigten) Vorschlag, um das, was Du m.E. transportieren willst (es ist übrigens wunderbar dicht konzipiert/komponiert), darzustellen.

[blue]Pfeile meine Worte[/blue]: liest sich intuitiv wie ein teile meine Worte und bewirkt eine Steigerung des Schreckens, in der Vorstellung, in die [blue]Klingen[/blue] zu fassen, die folgend beschrieben [blue]nicht nur zugespitzt[/blue] sind. Für alle die, denen der Horror nicht weit genug geht, eine offene Tür zu qualvolleren Fantasien.

Konsequent und meisterhaft hast Du, Ralf, an diesem Konzept "weitergestrickt" und es ist Dir außerordentlich gut gelungen, die ins Groteske entwickelte Brutalität des Medialen-Visuellen neben die Erzählelemente des Naturnahen im Märchen zu bauen, indem Du beides in gewagten Wortschöpfungen miteinander verquickst.

Am Ende dieser Märchenstunde bleibt der Leser mit dem sicheren Gefühl zurück, entweder selbst zum Pfähler oder gepfählt zu werden. Schluss ist´s mit der Beschaulichkeit ratgebender Tiere und entzauberter Prinzen oder Flüche.

Eine wahrlich beängstigende Art, den 200. Jahrestag der Erstausgabe der berühmten Haus- und Kindermärchen der Gebrüder medial zu inszenieren scheint die aktuelle Serie, auf die hier schon Bezug genommen wurde, und die möglicherweise den Anlass zu diesem Gedicht gegeben hat.
Um so mehr überzeugt mich das Gedicht; nicht zuletzt, mir diese televisionäre Brutalberieselung ruhigen Gewissens ersparen zu können.

Danke, Ralf, für dieses poetische Erlebnis einer ganz anderen Art. Und das meine ich in absolut ehrlicher Anerkennung!

Lieben Gruß,

Elke
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo elke,

auch dir herzlichen dank, dass du dieses stück
in dieser tiefe durchdrungen hast.

die garbe : auch einen feuerstoß - meißt drein schuss -
bei einem Gewehr nennt man garbe

ich freue mich, das dieses stück - an dem ich monate lang
gesessen, bzw, das mich monatelang begleitet hat -
das eben dies stück dann doch diese resonanz bei dir gefunden hat.

lg
ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Danke, Ralf, für die Erklärung zu "Garbe"; die Bedeutung kannte ich nicht und konnte sie nicht finden. Vermutet hatte ich schon, dass da was wäre.
Das Gedicht hat Intensität. Eines, das man nicht vergisst.

LG,

Elke
 

HerbertH

Mitglied
Gebrüder Grimm

Mein Gruß ist pulverschwer, ist Salve.
Eine Garbe mein Versprechen;
Maschinengewähr.

Pfeile meine Worte
Klingen nicht nur
zugespitzt.

Die Augen kalt.
So viel zu sargen.
Die Essenz ist : ohne dich.

Das Herz lügt
auf der Zunge
trage ich Fluchscharen
und alle Zeit
ein pfählendes Wort.
Die Schlüsselzeilen hier sind neben den beeindruckenden Wortspielen

Pfeile meine Worte

Die Essenz ist : ohne dich.
Es kocht im LyrI und grausame Wort- und Streitgefechte klingen an.
Worte werden zu Fluchscharen, die Schwerter nicht zu Pflügen umgearbeitet.

Beeindruckend in seiner verbalen Grausamkeit. Das LyrI schlägt zurück, Grimmig (auch als Titel geeignet).

Liebe Grüße

Herbert
 



 
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